OGH 10ObS118/13w

OGH10ObS118/13w19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, wegen Wochengeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2013, GZ 12 Rs 54/13t‑9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Februar 2013, GZ 36 Cgs 103/12d‑5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin an Kosten des Revisionsverfahrens 186,84 EUR (darin enthalten 31,14 EUR USt) binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezog vom 1. 1. 2012 bis 29. 2. 2012 Notstandshilfe in Höhe von 18,52 EUR täglich. Infolge Einrechnung des Einkommens ihres Partners betrug die Notstandshilfe vom 1. 3. 2012 bis 30. 4. 2012 nur mehr 16,77 EUR täglich und vom 1. 5. 2012 bis 6. 5. 2012 3,09 EUR täglich. Ab dem 7. 5. 2012 befand sich die Klägerin im Mutterschutz. Sie hatte vom Arbeitsmarktservice T***** lediglich eine Mitteilung über die Höhe ihres Notstandshilfebezugs erhalten. Die Erlassung eines Bescheids hat sie nicht beantragt.

Mit Bescheid vom 19. 7. 2012 lehnte die beklagte Gebietskrankenkasse die Zahlung des beantragten Wochengeldes in Höhe von 33,33 EUR täglich ab und gewährte an Wochengeld 17,33 EUR täglich. Aus der Begründung des Bescheids ergibt sich, dass diese Höhe ‑ ausgehend von der der Klägerin gewährten Notstandshilfe ‑ im Wege des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 41 Abs 1 AlVG iVm § 162 ASVG ermittelt wurde. Anstatt des um 80 % erhöhten Letztbezugs an Notstandshilfe (dies wären 5,56 EUR) ergebe sich aufgrund des Günstigkeitsvergleichs mit dem durchschnittlichen Notstandshilfebezug im Zeitraum Februar, März und April ein tägliches Wochengeld von 17,33 EUR (1.560,05 EUR geteilt durch 90 Tage ergibt 17,33 EUR).

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage macht die Klägerin zusammengefasst geltend, ohne Anrechnung des Partnereinkommens hätte die Notstandshilfe auch ab 1. 3. 2012 täglich 18,52 EUR betragen. Die Berücksichtigung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe bewirke eine fast ausschließliche Benachteiligung von Frauen, sodass diese Form der Berechnung eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstelle, die gegen Art 4 der RL 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit verstoße. Werde das Partnereinkommen zusätzlich auch bei der Berechnung des ‑ ausschließlich von Frauen bezogenen Wochengeldes ‑ berücksichtigt, führe dies zu einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Nicht nur das Arbeitsmarktservice hätte das Partnereinkommen bei der Errechnung der Notstandshilfe unberücksichtigt lassen müssen, sondern auch die beklagte Partei bei Errechnung des Wochengeldes. Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe verneint habe, sei für die Berechnung des Wochengeldes der Krankenversicherungsträger zuständig. Auch dieser habe die RL 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit selbst unmittelbar anzuwenden.

Die beklagte Partei beantragte die Klageabweisung. Die Frage, ob das Partnereinkommen auf die Höhe der Notstandshilfe angerechnet werde, falle in die Entscheidungskompetenz des Arbeitsmarktservice und stelle eine Vorfrage für das Sozialgerichtsverfahren dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe nicht gemeinschaftsrechtswidrig, weil Zweck der Notstandshilfe die Existenzsicherung sei, weshalb es gerechtfertigt sei, anderweitig zur Verfügung stehende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Im sozialgerichtlichen Verfahren sei bei der Errechnung des Wochengeldes auf Basis der gewährten Notstandshilfe gemäß § 41 AlVG vorzugehen. Aufgrund des vorzunehmenden Günstigkeitsvergleichs komme der Klägerin Anspruch auf Wochengeld in der Höhe von nur 17,33 EUR täglich zu, sodass der bekämpfte Bescheid der Rechtslage entsprochen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den eingangs festgestellten Sachverhalt hinaus fest, dass von der Ablehnung des Antrags auf Notstandshilfe im ersten Halbjahr 2012 wesentlich mehr in Lebensgemeinschaft befindliche bzw verheiratete Frauen als Männer betroffen gewesen seien. Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei die Anrechnung des Partnereinkommens auf die Notstandshilfe nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Gemeinschaftsrechtswidrig könnte allenfalls die Verknüpfung von Wochengeldberechnung und Notstandshilfebezug sein. Die RL 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit sei jedoch auf den Versicherungsfall der Mutterschaft nicht anwendbar, auch wenn dieser Versicherungsfall im ASVG unter die Krankenversicherung falle. Weder Mutterschaft noch Schwangerschaft seien aber eine Krankheit im Sinn des ASVG bzw des Art 3 Abs 1 lit a der RL 79/7/EWG . Aufgrund des Grundsatzes der Gewaltentrennung und der Bindungswirkung rechtskräftiger verwaltungsbehördlicher Entscheidungen habe eine Verwaltungsbehörde ‑ und nicht ein Gericht ‑ über die sekundären Auswirkungen der Berücksichtigung des Partnereinkommens bei Berechnung der Notstandshilfe zu entscheiden. Auch wenn im vorliegenden Fall kein rechtskräftiger Bescheid des Arbeitsmarktservice vorliege, könne die unterlassene Berufung auf das Gemeinschaftsrecht durch die Klägerin gegenüber dem Arbeitsmarktservice nicht dazu führen, dass nun ein Gericht über eine in die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsbehörde fallende Frage zu entscheiden habe. Eine Unterbrechung des Gerichtsverfahrens habe nicht zu erfolgen, weil keine der in § 74 Abs 1 ASGG genannten Vorfragen vorliege und auch kein Fall für eine analoge Anwendung des § 74 Abs 1 ASGG. Eine Unterbrechung nach § 190 ZPO komme nicht in Betracht, da kein Verwaltungsverfahren anhängig sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Anknüpfung des Wochengeldes an den Notstandshilfebezug und die damit verbundenen Auswirkungen der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Berechnung der Notstandshilfe noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe. Die Frage, ob dann wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ kein rechtskräftiger Bescheid des Arbeitsmarktservice über die Höhe der Notstandshilfe vorhanden ist, die Gerichte bei Berechnung des Wochengeldes zur eigenständigen Beurteilung verpflichtet seien oder nicht, könne auf sich beruhen. Wie bereits das Erstgericht ausgeführt habe, erfasse nämlich die RL 79/7/EWG den Versicherungsfall der Mutterschaft nicht, weil in deren Art 3 Abs 1, der den sachlichen Anwendungsbereich regle, alle jene Risiken aufgezählt seien, auf die die Richtlinie Anwendung finde. Dies seien Krankheit, Invalidität, Alter, Arbeitsunfähigkeit und Berufskrankheit sowie Arbeitslosigkeit (lit a) sowie Sozialhilferegelungen, soweit sie die genannten Systeme ergänzen oder ersetzen (lit b). Da Schwangerschaft bzw Mutterschaft nicht genannt seien, sei das Wochengeld vom sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie nicht erfasst. Schwangerschaft und Mutterschaft stellten auch weder nach innerstaatlichem Recht noch nach Unionsrecht eine Krankheit dar. Ob im innerstaatlichen Recht Leistungen aufgrund der Mutterschaft über den Krankenversicherungsträger zur Auszahlung gelangen, sei nicht maßgeblich, weil die Modalitäten der Gewährung einer Leistung auf die Frage des Anwendungsbereichs einer Richtlinie keine Auswirkung zeitigen. Die RL 92/85/EWG („Mutterschaft-RL“), auf die sich die Klägerin erstmals in ihrer Berufungsschrift gestützt habe, sei mangels Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht anwendbar. Auch wenn das Wochengeld an eine Erwerbstätigkeit anknüpfe und Einkommensersatzfunktion habe, bestünden gegen die Berücksichtigung des Partnereinkommens bei Festsetzung der Höhe des Wochengeldes in Richtung Gleichheitswidrigkeit keine Bedenken.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde.

Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, die Frage der Berechnung der Notstandshilfe sei klar unter die RL 79/7/EWG zu subsumieren. Aus der Verknüpfung der Bestimmungen zur Berechnung des Wochengeldes mit jenen zur Berechnung der Notstandshilfe könne sich sehr wohl eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ergeben, weil es zur Übertragung geschlechtsdiskriminierender Elemente auf das Wochengeld komme. Werden - wie bei der Notstandshilfe und dem daran anknüpfenden Wochengeldanspruch - mehrere Bereiche der sozialen Sicherheit „vermengt“, sei im Zweifel von der Anwendbarkeit der RL 79/7/EWG auszugehen. Während es sich bei der Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Anrechnung des Partnereinkommens um eine Frage der mittelbaren Diskriminierung handle, für die es Rechtfertigungsgründe geben mag, sei diese Rechtsfrage bei der Berechnung des Wochengeldes unter dem Aspekt der unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Anwendungsbereich der RL 79/7/EWG von den dazu zuständigen Gerichten zu prüfen. Eine unmittelbare Diskriminierung sei deshalb gegeben, weil vom Wochengeld nur Frauen betroffen seien. Die Gerichte seien verpflichtet, unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht selbst anzuwenden. Sollte dieser Auslegung nicht gefolgt werden, werde die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Frage angeregt, ob das Wochengeld in den Anwendungsbereich der RL 79/7/EWG falle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1.1. Ob für einen bestimmten Zeitraum ein Anspruch auf eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung ‑ somit auch auf Notstandshilfe ‑ und allenfalls in welcher Höhe besteht oder bestanden hat, ist nicht vom Gericht, sondern von der zuständigen Organisationseinheit des Arbeitsmarktservice, eines Dienstleistungsunternehmens des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs 1 AMSG), zu entscheiden (10 ObS 172/04y, SSV-NF 19/20).

1.2. Der Anspruch auf Notstandshilfe setzt neben der Erschöpfung des Arbeitslosengeldes oder des Übergangsgeldes und der Antragstellung voraus, dass sich der Arbeitslose, der der Vermittlung zur Verfügung steht, in einer Notlage befindet (§ 33 Abs 1 und 2 AlVG). Eine Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist (§ 33 Abs 3 AlVG). Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des (der) mit dem (der) Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Ehegattin), eingetragenen Partners (Partnerin), Lebensgefährten (Lebensgefährtin) zu berücksichtigen (§ 36 Abs 2 AlVG). Weiters enthält § 36 Abs 2 AlVG eine Verordnungsermächtigung zur näheren Determinierung des Begriffs „Notlage“, wobei die Berücksichtigung von Partnereinkommen zu beachten ist (§ 36 Abs 3 AlVG). Die Notstandshilfeverordnung sieht in ihrem § 2 Abs 1 vor, dass eine Notlage dann vorliegt, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seines Ehepartners bzw Lebensgefährten zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse nicht ausreicht. Nach § 6 der Notstandshilfeverordnung ist der die dort genannte Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens des Partners auf die Notstandshilfe anzurechnen.

1.3. Nach Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit umfasst der Grundsatz der Gleichbehandlung den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen, die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge, die Berechnung der Leistungen einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen.

1.4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Berücksichtigung von Einkünften des im gemeinsamen Haushalt lebenden Partners bei Ermittlung der Notlage mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nichts zu tun. Die Regelungen über die Notlage dienten als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Notstandshilfe dem sozialpolitischen Ziel, Personen, die ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft hätten, ohne wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu sein, im Falle einer Notlage ein Mindesteinkommen in Abhängigkeit von der Höhe des Arbeitslosengeldes zu sichern. Die Berücksichtigung von Einkünften des im gemeinsamen Haushalt lebenden Partners bei Ermittlung der Notlage diene diesem sozialpolitischen Ziel, welches nicht im Zusammenhang mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts stehe. Die Regelung des Art 4 Abs 1 der RL 79/7/EWG werde demnach auch dann nicht verletzt, wenn aufgrund der Berücksichtigung des Partnereinkommens innerhalb des Kreises der in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten wesentlich mehr Frauen als Männer keine Notstandshilfe erhalten sollten (VwGH 14. 1. 2004, 2002/08/0202; VwGH 21. 4. 2004, 2003/08/0118).

1.5. Der Verfassungsgerichtshof hat eine Staatshaftungsklage wegen Verlustes der Notstandshilfe aufgrund Anrechnung des Partnereinkommens mit der Begründung abgewiesen, dass kein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie gegeben sei. Infolge vertretbarer Rechtsauffassung habe keine Vorlagepflicht des Verwaltungsgerichtshofs an den EuGH bestanden (VfGH 13. 10. 2004, A 5/04).

2. Bei dem von der Klägerin im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Wochengeldanspruch handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit über den Bestand bzw den Umfang eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen, also um eine Sozialrechtssache iSd § 65 Abs 1 Z 1 ASGG, die in die sachliche Zuständigkeit der Gerichtshöfe erster Instanz als Arbeits- und Sozialgerichte fällt.

2.1. Ein Wochengeldanspruch besteht auch für Bezieherinnen von Notstandshilfe. Die Höhe des Wochengeldes für Arbeitslose sowie für Bezieher von Notstandshilfe ist in § 41 Abs 1 Satz 2 AlVG geregelt. Danach ist das Wochengeld für Bezieherinnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe abweichend vom ASVG mit 180 % des (Arbeitslosen‑ bzw Notstandshilfe‑)Bezugs zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls zu bemessen.

2.2 Nach der Spezialbestimmung des § 41 Abs 1 Satz 3 AlVG hat die Wochengeldberechnung dann, wenn es für die Bezieherinnen der Notstandshilfe günstiger ist, mit der Maßgabe nach § 162 Abs 3 ASVG zu erfolgen, dass für Zeiten des Bezugs einer Leistung nach dem AlVG die jeweils bezogene Leistung als Arbeitsverdienst heranzuziehen ist. Für die in § 41 Abs 1 Satz 3 AlVG vorgesehene Vergleichsrechnung ist demnach auf die von der Klägerin im Beobachtungszeitraum Februar, März und April bezogene Notstandshilfe abzustellen.

2.3. Der Wochengeldanspruch der Klägerin knüpft somit sowohl im Fall der Berechnung nach § 41 Abs 1 Satz 2 AlVG als auch im Fall der Berechnung nach § 41 Abs 1 Satz 3 AlVG an den „Leistungsbezug“ nach diesem Bundesgesetz bzw an die in diesem Bundesgesetz „jeweils bezogene Leistung“ an. Damit bemisst sich der Wochengeldanspruch der Klägerin nach dem konkreten Leistungsbezug (an Notstandshilfe) nach dem AlVG und nicht nach einem allfällig gebührenden (höheren) Anspruch auf Notstandshilfe. Dies ist auch insofern sachlich nachvollziehbar, als das Gericht nicht für die Überprüfung der Richtigkeit der Höhe einer gewährten Notstandshilfe zuständig ist. So stellt der Gesetzgeber etwa auch beim Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in § 2 Abs 1 Z 1 KBGG auf den tatsächlichen Bezug der Familienbeihilfe ab, weil er vermeiden möchte, dass die Frage der Anspruchsberechtigung auf Familienbeihilfe von den Sozialgerichten im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld anders als von den dafür zuständigen Finanzämtern gelöst wird (EB zur RV 229, 23. GP 4, abgedruckt in Ehmer/Lamplmayr/Mayr ua, KBGG2, 49 f).

3.1. Die Klägerin hat sich vor der Verwaltungsbehörde mit der Zustellung einer Mitteilung nach § 47 Abs 1 AlVG zufrieden gegeben und nicht die Ausstellung eines Bescheids verlangt (VwGH 99/08/0023; Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Bd I, § 47 Rz 809 ff). Dennoch stellt sie im vorliegenden Rechtsstreit die Höhe der Notstandshilfe in Frage und macht ua geltend, die Berücksichtigung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe bewirke eine fast ausschließliche Benachteiligung von Frauen, sodass diese Form der Berechnung eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstelle, die gegen Art 4 der RL 79/7/EWG verstoße. Diese Frage, fällt aber ‑ wie bereits ausgeführt ‑ allein in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde (siehe VwGH 14. 1. 2004, 2002/08/0202; VwGH 25. 5. 2011, 2007/08/0035).

3.2. Will ein Versicherter zur Durchsetzung seines Anspruchs auf eine (höhere) Notstandshilfe gegenüber dem Arbeitsmarktservice die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts für sich ins Treffen führen, steht es ihm auch noch nach Erhalt der Mitteilung gemäß § 47 Abs 1 AlVG frei, bei der zuständigen Geschäftsstelle die Ausstellung eines Bescheids zu beantragen und auf die Anwendung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts bereits im Verwaltungsverfahren zu dringen. Ein derartiges Begehren ist nicht fristgebunden (VwGH 99/08/0023; Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Bd I, § 47 Rz 809 ff). Diese Vorgangsweise hat die Klägerin aber nicht gewählt. Sie kann die ‑ ihrem Rechtsstandpunkt nicht Rechnung tragende ‑ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht dadurch umgehen, dass sie diese Frage nicht im dafür vorgesehenen Verfahren über die Gewährung der Notstandshilfe, sondern erst im Verfahren über die Höhe des Wochengeldbezugs geltend macht.

4. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber auf die Problematik der Anrechnung des Partnereinkommens für den Anspruch auf Wochengeld für Bezieherinnen von Notstandshilfe durch die mit dem SRÄG 2006, BGBl I 2006/131, erfolgte Änderung des § 41 AlVG ohnedies reagiert hat. Die Gesetzesmaterialien (RV 1408 BlgNR 22. GP 8) führen dazu aus:

Das Wochengeld ist für Bezieherinnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe abweichend zum ASVG im Arbeitslosenversicherungsgesetz (§ 41 AlVG) geregelt und immer mit 180 % des Bezugs zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zu bemessen. Die Bundesarbeitskammer hat aufgezeigt, dass in Einzelfällen, in denen wegen der Anrechnung eines Partnereinkommens nur ein sehr geringer Notstandshilfebezug gebührt, auch die pauschalierte Wochengeldbemessung mit 180 % zu keiner nennenswerten Steigerung des Einkommens führt. Nach der grundsätzlichen Systematik des ASVG ist das Wochengeld eine Einkommensersatzleistung, welche sich am Einkommen der letzten drei Kalendermonate vor dem Eintritt des Versicherungsfalles orientiert. Um in den oben dargestellten Einzelfällen die Situation der betroffenen Notstandshilfebezieherinnen zu verbessern, soll eine Vergleichsrechnung nach der Bemessungsregelung des ASVG durchgeführt werden, wobei die im Bemessungszeitraum liegenden Bezüge nach dem KBGG, AlVG und KGG im Sinne der Orientierung an den tatsächlichen durchschnittlichen Einkommensverhältnissen der letzten drei Monaten in dieser Vergleichsrechnung nicht aufgewertet werden.

5. Die von der Klägerin gewünschte Zugrundelegung der „ungeschmälerten“ Notstandshilfe (ohne Einrechnung des Partnereinkommens) bei Berechnung des Wochengeldanspruchs ist demnach nicht vertretbar. Der Wochengeldanspruch bemisst sich vielmehr nach dem konkreten Leistungsbezug (an Notstandshilfe). Die Frage, ob der Klägerin im Hinblick auf Art 4 der RL 79/7/EWG und die von ihr behauptete mittelbare Diskriminierung allenfalls ein höherer Anspruch auf Notstandshilfe zusteht, ist im Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice zu klären.

6. Soweit die Klägerin ‑ ungeachtet dieser Situation ‑ geltend macht, nicht nur die Berechnung der Notstandshilfe, sondern auch die Berechnung des Wochengeldes wäre von der RL 79/7/EWG erfasst, weshalb sie Anspruch darauf habe, dass das Gericht im sozialrechtlichen Verfahren bei der Berechnung des Wochengeldanspruchs die „ungeschmälerte“ Notstandshilfe (ohne Einrechnung des Partnereinkommens) zu Grunde lege, andernfalls eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts iSd Art 4 Abs 1 der RL gegeben wäre, ist dem überdies Folgendes entgegenzuhalten:

6.1. Die Richtlinie 79/7/EWG hat zum Ziel, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung iSv Art 3 schrittweise verwirklicht wird (Art 1). Gemäß Art 3 Abs 1 lit a findet sie Anwendung auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen die Risiken Krankheit, Invalidität, Alter, Arbeitsunfall und Berufskrankheit sowie Arbeitslosigkeit bieten, weiters auf Sozialhilferegelungen, soweit sie die unter Buchstabe a genannten Systeme ergänzen oder ersetzen sollen (Art 3 Abs 1 lit b). Wie der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, fällt eine Leistung nur dann in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, wenn sie sich in ein gesetzliches System des Schutzes gegen eines der aufgeführten Risiken einfügt, Teil eines solchen Systems ist oder eine Form der Sozialhilfe mit dem gleichen Ziel darstellt (EuGH, 16. 7. 1992, C‑63/91 und C‑64/91, Jackson und Cresswell Rn 15 mwN ua). Der EuGH hat mehrfach betont, dass es dabei nicht auf die Modalitäten der Leistungsgewährung ankommt, sondern ausschlaggebend sei, dass die Leistung unmittelbar und effektiv mit dem Schutz gegen eines der in Art 3 Abs 1 der Richtlinie angeführten Risiken zusammenhängt (EuGH 16. 12. 1999, C-382/98 , Taylor Rn 18 mwN, Rn 20).

6.2. In Art 3 Abs 1 der RL sind Schwangerschaft und Mutterschaft nicht genannt. Wie bereits die Vorinstanzen erkannten, handelt es sich bei den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft um eigenständige gesetzliche Systeme, die von Art 3 der RL schon grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie einbezogen werden (Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht6, Art 4 RL 79/7/EWG Rz 7).

Aus Art 4 Abs 2 der RL 79/7/EWG , nach dem der Grundsatz der Gleichbehandlung den Bestimmungen zum Schutz der Frau wegen Mutterschaft nicht entgegensteht, ergibt sich nichts anderes. Dieser Regelung kommt lediglich die Funktion zu, besondere Schutzvorschriften für Mutterschaft und Schwangerschaft, die in die allgemeinen Systeme des Art 3 der Richtlinie integriert sind, zuzulassen (Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht6, Art 4 RL 79/7/EWG Rz 7). Es geht um solche (mitgliedstaatlichen) Maßnahmen, die die Förderung der Chancengleichheit zum Gegenstand haben.

6.3. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist das Wochengeld auch nicht dem in Art 3 Abs 1 der RL 79/7/EWG genannten Risiko bei „Krankheit“ zurechenbar, sondern dem System von Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, dem Eigenständigkeit zukommt. Der Begriff Leistungen bei Krankheit oder Mutterschaft ist nicht unter Zugrundelegung der entsprechenden Kriterien des nationalen Rechts auszulegen, sondern vielmehr gemeinschaftsrechtlich zu bestimmen, da er, um zweckbezogen wirken zu können, nicht am unterschiedlichen Verständnis der einzelnen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer jeweiligen Versicherungszweige und Akteure scheitern darf. Kennzeichnend für eine Leistung bei Krankheit ist, dass sie das Risiko eines krankhaften Zustands abdeckt, der dazu führt, dass der Betroffene seine Tätigkeiten vorübergehend aussetzt (EuGH, Rs C‑503/09, Stewart, Rn 37).

Dass Schwangerschaft bzw Mutterschaft nicht Krankheit gleichzuhalten ist, ergibt sich für das Unionsrecht explizit aus der Erklärung des Rates und der Kommission vom 19. Oktober 1992 zu Art 11 Nummer 3 der Richtlinie 92/85/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr L 348 vom 28. 11. 1992 S 8). In dieser Erklärung wird festgehalten, dass bei der Festlegung der Höhe der Leistungen nach Art 11 Nummer 2 Buchstabe b) und Nummer 3 (über den Mutterschaftsurlaub) lediglich aus technischen Gründen auf die Leistungen Bezug genommen wird, die die Arbeitnehmerin im Falle einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen erhalten würde. Diese Bezugnahme bedeute keineswegs die Gleichstellung von Schwangerschaft und Geburt mit Krankheit. Weiters wird ausgeführt, dass die nationalen Sozialversicherungsvorschriften aller Mitgliedstaaten vorsehen, dass während einer krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz eine Leistung gezahlt wird. Die in den gewählten Formulierungen hergestellte Verbindung mit diesen Leistungen solle lediglich dazu dienen, einen konkreten, festen Bezugsrahmen in allen Mitgliedstaaten für die Festlegung des Mindestbetrags der zu zahlenden Mutterschaftsleistung vorzusehen.

Auch nach dem innerstaatlichem (österreichischem) Recht ist die Mutterschaft als selbstständiger Versicherungsfall konzipiert, da sie zwar ‑ ähnlich einer Krankheit ‑ die Berufsarbeit unterbricht und eine ärztliche Behandlung erforderlich machen kann, wegen der Normalität ihres Auftretens aber nicht als Krankheitsfall einzustufen ist. Der Versicherungsfall der Mutterschaft umfasst Schwangerschaft, Entbindung und die sich daraus ergebenden Folgen, soweit diese Folgen nicht als Krankheit oder als krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit anzusehen sind (Tomandl, SV-System 21.Erg-Lfg 264/24). Das Wochengeld soll (im Bereich der unselbstständig Erwerbstätigen) den durch die Mutterschaft erlittenen Entgeltverlust ersetzen. Dass das Wochengeld systematisch im ASVG in dessen zweiten Teil „Leistungen der Krankenversicherung“ im 7. Unterabschnitt „Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft“ geregelt ist und vom Krankenversicherungsträger zur Auszahlung gebracht wird (siehe aber § 168 ASVG), stellt einen rein innerstaatlichen formalen Aspekt bzw eine Modalität der Leistungsgewährung dar, der nicht ausschlaggebend dafür sein kann, das Wochengeld gemeinschaftsrechtlich als Leistung anzusehen, die unmittelbar und effektiv mit dem Schutz gegen eines der in Art 3 Abs 1 der RL 79/7/EWG angeführten Risiken zusammenhängt.

Soweit die Revisionswerberin geltend macht, die Frage der Berechnung der Notstandshilfe falle eindeutig unter die RL 79/7/EWG , aus der Verknüpfung der Bestimmungen zur Berechnung des Wochengeldes mit jener zur Berechnung der Notstandshilfe könne sich sehr wohl eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ergeben, weil es zur Übertragung geschlechtsdiskriminierender Elemente auf das Wochengeld komme und es sei „im Zweifel“ von der Anwendbarkeit der RL 79/7/EWG auszugehen, wenn ‑ wie bei der Notstandshilfe und dem daran anknüpfenden Wochengeldanspruch ‑ mehrere Bereiche der sozialen Sicherheit „vermengt“ würden, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des EuGH auch der Umstand, dass einige der in Art 3 Abs 1 der RL 79/7/EWG genannten Risiken im Hinblick auf die gewährte Höhe der Zuwendung berücksichtigt wurden, nicht ausreicht, um diese Zuwendung in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen (EuGH, 16. 7. 1992, C‑63/91 und C‑64/91, Jackson und Bresswell, RN 19 mwN). Es kann daher der bloße Rückgriff auf Kriterien, die mit einem der von dieser Richtlinie betroffenen Risiken in Zusammenhang stehen, nicht bewirken, dass eine Leistung, die selbst keinen Schutz gegen eines dieser Risiken bietet, in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt. Es ist die Leistung oder die Regelung selbst, die unmittelbar und effektiv mit diesen Risiken in Zusammenhang stehen muss. Das Wochengeld soll, wie bereits erwähnt, den durch die Mutterschaft erlittenen Entgeltverlust ersetzen und schützt daher nicht unmittelbar und effektiv gegen eines der in in Art 3 Abs 1 der RL 79/7/EWG aufgeführten Risiken, insbesondere auch nicht gegen das von der Revisionswerberin allein ins Treffen geführte Risiko der Krankheit.

Die Anwendbarkeit der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten RL 79/7/EWG auf die Berechnung des Wochengeldes wäre daher aufgrund der dargelegten Erwägungen zu verneinen. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage und die bereits vorliegende Rechtsprechung des EuGH, zum sachlichen Anwendungsbereich der RL 79/7/EWG wäre auch die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang angeregte Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht erforderlich. Es würden sich daher auch die Frage des persönlichen Geltungsbereichs der RL 79/7/EWG für Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit wegen Mutterschaft unterbrechen, nicht mehr stellen (vgl dazu Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht 6. Auflage Art 2 RL 79/7/EWG Rz 8 mwN).

7.1. Soweit die Ausführungen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollten, dass sie die von ihr behauptete unmittelbare Diskriminierung aus allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts ableiten will, wäre auch diesem Ansatz nicht zu folgen:

Auf der Grundlage des Art 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), der durch die einschlägigen Antidiskriminierungsrichtlinien konkretisiert wird, schreibt das Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union vor, dass Personen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, ähnlich behandelt werden müssen und nicht benachteiligt werden dürfen, nur weil sie ein bestimmtes Merkmal aufweisen, das einen Schutzgrund darstellt. Damit wird die unmittelbare Diskriminierung angesprochen. Eine solche liegt dann vor, wenn eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu einer Person in einer sachlich ähnlichen Situation (Vergleichsperson) gegeben ist, wobei die Ursache dafür im Schutzgrund besteht. Es ist somit ein kausaler Zusammenhang zwischen der nachteiligen Behandlung und dem Schutzgrund erforderlich. Eine nachteilige Behandlung kann somit (abhängig von der Rechtfertigung) dann zu einer unmittelbaren Diskriminierung führen, wenn die betroffene Person weniger günstig behandelt wird als eine andere Person in einer ähnlichen Situation. Der Hauptunterschied zwischen beiden Personen muss im Schutzgrund bestehen (8 ObA 68/13b).

7.2. Die Klägerin sieht die Besonderheit ihrer Situation in ihrer Schwanger‑ bzw Mutterschaft. Der Hauptunterschied, der sie zur „Betroffenen“ macht, liegt somit in ihrer Schwanger‑ bzw Mutterschaft. Stützt sie sich auf eine Diskriminierung als Schwangere bzw Mutter ist Vergleichsperson eine nicht schwangere Frau bzw eine Frau, die kein Kind geboren hat.

7.3. Die von der Klägerin angegriffenen Regelungen des § 36 Abs 2 und 3 AlVG und der §§ 6 ff der Notstandshilfeverordnung über die Anrechnung von Einkommen des Ehepartners bzw des Lebensgefährten gelten aber gleichermaßen für schwangere wie nicht schwangere Frauen. Vor Eintritt der Schwangerschaft bis zum Beginn des Wochengeldbezugs (acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung) galten sie auch für die Klägerin. Knüpft die Höhe des Wochengeldbezugs an den Letztbezug an Notstandshilfe an, fehlt es damit schon an einer Ungleichbehandlung. Die Klägerin wird als Schwangere nicht weniger günstig behandelt, als als Nichtschwangere, sodass sie sich nicht auf eine unmittelbare Diskriminierung berufen kann. Vielmehr will sie mit ihrem Hinweis auf die Schwangerschaft für den Zeitraum des Wochengeldbezugs eine günstigere Behandlung als zuvor erreichen.

Auch unter diesem Aspekt wäre die behauptete unmittelbare Diskriminierung somit zu verneinen und die Höhe des Wochengeldes für Notstandshilfebezieherinnen nur nach dem innerstaatlichen Recht zu beurteilen.

Die Revision bleibt somit erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt, entspricht es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin angesichts ihrer aktenkundigen Einkommensverhältnisse den Ersatz der Hälfte der Revisionskosten zuzusprechen (RIS-Justiz RS0085871).

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