Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich des rechtskräftig gewordenen Teils lauten:
„1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem 1. 6. 2006 zu gewähren, besteht dem Grunde nach zu Recht.
2. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger ab 1. 6. 2006 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Zahlung von 500 EUR monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats.
3. Das Mehrbegehren auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension für den Zeitraum vom 1. 9. 2004 bis 31. 5. 2006 wird abgewiesen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters die mit 889,34 EUR (darin 148,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 485,85 EUR (darin 80,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters die mit 333,12 EUR (darin 55,52 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 21. 5. 1949 geborene Kläger absolvierte eine Spenglerlehre, die er mit der Gesellenprüfung erfolgreich abschloss. Seit Mai 1980 war er bei der Linz L***** GmbH zunächst in der Bekohlung, ab Dezember 1989 als REA-Rundgeher und von Oktober 1993 bis Jänner 2002 als REA-Wartefahrer in der Rauchgasreinigung (durchgehend) beschäftigt. Von Oktober 2002 bis September 2003 war er als Spengler bei verschiedenen Dienstgebern tätig und bezog zwischenzeitig Arbeitslosengeld bzw Krankengeld.
Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit als Rundgeher war die erfolgreiche Absolvierung von Kursen und Prüfungen für Dampfmaschinen- und Dampfturbinenwärter. Weiters erfolgte eine praktische Einschulung und Einweisung des Klägers. Die Tätigkeit als Rundgeher bestand in der Kontrolle der Anlagen vor Ort, dem Starten der Nebenanlagen wie Trockner oder Vakuumanlage, der Überwachung der Abwasserreinigungsanlage, dem Spülen von Messungen, dem Verladen von Gips auf einen LKW sowie der Reinigung der Gebläsebehälter und der Brenner bei Abstellung und Revision der Anlage. Bei der Tätigkeit als Rundgeher, welche weit überwiegend im Gehen zu verrichten war, handelte es sich inhaltlich weit überwiegend (ca 80 %) um eine Überwachungstätigkeit, wobei die Überwachung direkt bei der Anlage in Hitze und Staub stattfand. Es stand hiebei das Verrichten einfachster Tätigkeiten an der Anlage, die keine höheren geistigen Anforderungen stellten, im Vordergrund.
Als im Betrieb die Stelle eines Wartefahrers frei wurde, übernahm der Kläger diese betriebliche Aufstiegsposition, welche auch kollektivvertraglich und hinsichtlich des Entgelts höher eingestuft ist. Für die Tätigkeit als Wartefahrer war Voraussetzung, dass der Kläger eine Facharbeiterprüfung abgelegt und bereits die Tätigkeit als Rundgeher ausgeübt hatte. Weiters erfolgte für diese neue Aufgabe eine drei- bis sechsmonatige Einschulung. Die Tätigkeit des Klägers als Wartefahrer bestand in der Überwachung der Anlage über Bildschirm von der Steuerungszentrale aus, deren Steuerung durch den Computer sowie dem Eingreifen bei Grenzwertüberschreitungen. Auftretende Störungen wurden vom Kläger nach Möglichkeit mittels Computer behoben; andernfalls erteilte er einen entsprechenden Kontrollauftrag an den Rundgeher vor Ort. Wenn die Anlage nicht in Betrieb war, half der Kläger weiterhin bei Reinigungs- und Revisionsarbeiten mit. Bei der Tätigkeit als Wartefahrer handelt es sich um eine in einem klimatisierten, geschlossenen Raum überwiegend im Sitzen ausgeübte Bildschirmtätigkeit mit erhöhten Anforderungen an Konzentration und Aufmerksamkeit.
Der Kläger, der sowohl die Tätigkeit als Rundgeher als auch die Tätigkeit als Wartefahrer vollzeitig im Schichtbetrieb ausübte, ist aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls nur mehr in der Lage, leichte Arbeiten bei einem möglichst regelmäßigen Wechsel (zwei Drittel der Arbeiten im Sitzen und ein Drittel im Stehen) durchzuführen. Die Arbeiten im Sitzen sind auf zwei Stunden, jene im Stehen und/oder Gehen auf eine Stunde zu limitieren. Auszuschließen sind Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten; Arbeiten mit häufigen Bücken bis zum Boden; Überkopfarbeiten; Arbeiten in knieender oder hockender Stellung; Arbeiten mit häufigem Treppensteigen; Arbeiten mit einseitiger Belastung des linken Beines (mechanischer Fußantrieb udgl); Arbeiten in vornüber geneigter Körperhaltung von etwa 30 oder 40 Grad oder auch in anderen unphysiologischen Zwangshaltungen; Arbeiten, die mit stärkeren Erschütterungen des ganzen Körpers einhergehen; Arbeiten mit Kälte- und Nässeexposition; Arbeiten, die ein besonders rasches Arbeitstempo verlangen; Arbeiten unter stärkerem Zeitdruck; Tätigkeiten mit stärkeren psychischen Belastungen; Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit; Arbeiten mit intensivem Parteien- und Kundenverkehr; Arbeiten mit belastender Kommunikation, erhöhter Verantwortung, Eigeninitiative, Durchsetzungs- und Entscheidungsbereitschaft sowie erhöhtem Regulationsaufwand; Arbeiten, die über eine leichte geistige Arbeit hinausgehen sowie Tätigkeiten, die mit einer erhöhten Problemlösungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer verbunden sind. Der Kläger ist nicht umschulbar, aber anlernbar und unterweisbar; er ist auch unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen einordenbar. Bei Einhaltung des Leistungskalküls sind Krankenstände von fünf Wochen pro Jahr zu erwarten, wobei darin Kuraufenthalte und Heilverfahren bereits enthalten sind. Der Kläger kann öffentliche Verkehrsmittel jederzeit benützen, hinsichtlich des Anmarschwegs bestehen keine Einschränkungen.
Wegen der dargestellten Einschränkungen kann der Kläger die Tätigkeit des Rundgehers und Wartefahrers auch unter Berücksichtigung zumutbarer Änderungen nicht mehr verrichten. Er kann jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch verschiedene Verweisungstätigkeiten ausüben.
Mit Bescheid vom 27. 12. 2004 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 27. 8. 2004 auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension ab.
Das Erstgericht wies die dagegen erhobene, auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem Stichtag 1. 9. 2004 gerichtete Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Berufsunfähigkeit des Klägers aufgrund der von ihm tatsächlich verrichteten Tätigkeiten als Arbeiter inhaltlich nach der Bestimmung des § 255 ASVG zu beurteilen sei und er bis zur Vollendung des 57. Lebensjahrs (somit bis 30. 5. 2006) noch im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG verweisbar sei. Ab 1. 6. 2006 sei auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 255 Abs 4 ASVG zu prüfen. Der Kläger habe zwar die Tätigkeiten als Rundgeher und Wartefahrer in maßgebendem Zeitraum der letzten 180 Kalendermonate vor dem Stichtag 1. 6. 2006 durch insgesamt 127 Kalendermonate hindurch ausgeübt. Da es sich bei diesen Tätigkeiten jedoch um im einzelnen unterschiedliche Tätigkeiten handle, bestehe auch ab 1. 6. 2006 kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension.
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger insoweit Berufung, als sein Begehren auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension auch für den Zeitraum ab Vollendung des 57. Lebensjahrs (Stichtag 1. 6. 2006) abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht gab seiner Berufung keine Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen nach § 255 Abs 4 ASVG zum Stichtag 1. 6. 2006 nicht erfülle, weil es sich bei den beiden von ihm ausgeübten Tätigkeiten als Rundgeher und Wartefahrer nicht um „eine" Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG handle. Auch wenn das arbeitskulturelle Umfeld, der Dienstgeber und die (zuletzt mittels Computer) zu überwachende Anlage unverändert geblieben seien und die vom Kläger zuerst ausgeübte Tätigkeit als Rundgeher Voraussetzung für die von ihm später ausgeübte Tätigkeit als Wartefahrer gewesen sei, hätte sich doch die von ihm jeweils ausgeübte Überwachungstätigkeit nach den getroffenen Feststellungen insbesondere in Bezug auf die damit verbundenen Anforderungen, die Arbeitshaltung und den Arbeitsort entscheidend geändert.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, wie eine mit einem beruflichen Aufstieg verbundene Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit dem Kriterium der „einen" Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG zu beurteilen sei, noch nicht vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens - gemeint:
ab dem Stichtag 1. 6. 2006 - abzuändern.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.
Der Kläger macht geltend, dass bei der Beurteilung des Kriteriums „einer Tätigkeit" im Sinne des § 255 Abs 4 ASVG auch die berufliche Entwicklung des Versicherten zu berücksichtigen sei. Es dürften daher zwangsläufig oder typisch eintretende Veränderungen der Arbeitsaufgaben nicht zum Verlust der Begünstigung der maßgeblichen Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG führen. Er habe sich beruflich dahin orientiert, beim selben Dienstgeber eine höherwertige, verantwortungsvollere und darüber hinaus auch höher entlohnte Tätigkeit zu erlangen. Damit verbunden sei auch der Wunsch gewesen, sich in Hinkunft körperlich nicht mehr in dem Ausmaß wie bei seiner bisherigen Tätigkeit anstrengen zu müssen. Es sei zwar richtig, dass nicht jeder berufliche Aufstieg als Fortführung der „einen Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG gesehen werden könne. Der Kläger sei aber im maßgebenden Beobachtungszeitraum 127 Kalendermonate hindurch beim selben Dienstgeber, an der gleichen Anlage, im Schichtbetrieb, teilweise - wenn auch begrenzt - mit sogar gleichen Tätigkeiten (Reinigungs- und Revisionsarbeiten) befasst gewesen, wobei beide Tätigkeiten letztlich überwiegend in der Kontrolle und Überwachung der Anlage bestanden hätten. Demgegenüber träten die mit den beiden Tätigkeiten verbundenen teils unterschiedlichen physischen und psychischen Anforderungen in den Hintergrund. Er erfülle daher auch nach der Intention des Gesetzgebers die Voraussetzungen für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension nach der hier maßgebenden Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG ab dem Stichtag 1. 6. 2006. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Im Revisionsverfahren ist zwischen den Parteien nur mehr strittig, ob der Kläger im 15-jährigen Beobachtungszeitraum vor dem für die Gewährung der von ihm begehrten Pensionsleistung maßgebenden Stichtag (1. 6. 2006) mindestens 120 Kalendermonate hindurch „eine" Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 4 ASVG ausgeübt hat. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung unbestritten nur dann, wenn die von ihm im maßgebenden Zeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Rundgeher und Wartefahrer als „eine Tätigkeit" im Sinn der erwähnten Gesetzesbestimmung zu werten sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats dürfen beim Kriterium „eine Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG nicht allzu strenge Maßstäbe angelegt werden, um nicht von vornherein die Neuregelung nur in Ausnahmefällen anwendbar werden zu lassen (SSV-NF 18/8 mwN ua; RIS-Justiz RS0117063). Unter dem Begriff der „einen" Tätigkeit ist daher nicht nur eine einzige (einheitliche) Tätigkeit zu verstehen, sondern es können auch bei mehreren ausgeübten Tätigkeiten - unter Bedachtnahme auf die wesentlichen Tätigkeitselemente (den Kernbereich) - sehr ähnliche Tätigkeiten zu einer Tätigkeit zusammengefasst werden (SSV-NF 18/8 mwN ua). Die Vorinstanzen haben unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung eine „Einheitlichkeit" der Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG unter Hinweis auf unterschiedliche wesentliche Elemente der beiden vom Kläger verrichteten Tätigkeiten verneint. Mit der neuen Regelung des § 255 Abs 4 ASVG soll bei der Anspruchsprüfung allerdings auch die berufliche Entwicklung des Anspruchswerbers berücksichtigt werden (vgl dazu die in der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 31. 5. 2000 mit Stimmenmehrheit angenommene Ausschussfeststellung - AB 187 BlgNR 21. GP 3). Das Abstellen auf konkrete Verrichtungen birgt nämlich die Gefahr, dass Veränderungen in der beruflichen Tätigkeit dazu führen, die „Gleichheit" der Tätigkeit zu verneinen. Die Berücksichtigung der beruflichen Entwicklung des Versicherten kann daher dazu führen, dass die „Einheitlichkeit" einer Tätigkeit auch dann bejaht wird, wenn die vom Versicherten verrichtete Arbeit beispielsweise durch technische Hilfsmittel leichter und damit die körperliche Beanspruchung reduziert wird (zB durch den Einsatz von computergesteuerten Maschinen in der maschinellen Fertigung - vgl Röhrenbacher, Gedanken und Überlegungen zum neuen Invaliditätsbegriff, SozSi 2001, 846 ff [850]). Diese „eine" Tätigkeit kann aber auch dann noch vorliegen, wenn beispielsweise eine Neuverteilung der Arbeitsaufgaben infolge Rationalisierungsmaßnahmen zu einer erhöhten Belastung des Versicherten führt. Da sich nunmehr die Beurteilung der Einheitlichkeit der Tätigkeit auf einen Zeitraum von (jedenfalls) zehn Jahren erstreckt, dürfen in der Arbeitswelt zwangsläufig oder typischerweise eintretende Veränderungen der Arbeitsaufgaben nicht zum Verlust der Begünstigung führen (10 ObS 123/05v = ARD 5673/11/2006; SSV-NF 18/8 jeweils unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen von Schrammel, Der Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsbegriff nach dem SVÄG 2000, ecolex 2000, 886 ff [888]).
In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 280/03d (= SSV-NF 18/8) ausgeführt, dass bei der Beurteilung der „Einheitlichkeit" einer Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG neben der Frage der Übereinstimmung der wesentlichen Tätigkeitsmerkmale auch dem Umstand, dass etwa der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen zu einer Änderung seiner bisherigen Tätigkeit und damit zu einer Reduzierung seiner körperlichen Beanspruchung gezwungen war, Bedeutung zukommt. In der Entscheidung 10 ObS 123/05v (= ARD 5673/11/2006) wurde das Vorliegen einer „einheitlichen" Tätigkeit eines Versicherten, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag für zwei verschiedene Dienstgeber Geldzählmaschinen bedient und Geldtransporte durchgeführt hatte, auch in dem Fall bejaht, dass bei der einen Firma das Bedienen der Geldzählmaschinen überwog, während bei der anderen Firma die Fahr- und Ausliefertätigkeit im Vordergrund stand. In der Entscheidung 10 ObS 61/03y (= SSV-NF 17/45) wurde ausgesprochen, dass die Tätigkeit eines Wacheorgans und jene eines Tagportiers zur Berufsgruppe der Aufsichts- und Bewachungstätigkeiten gehören und das gleiche Arbeitsmilieu aufweisen, weshalb sie trotz unterschiedlicher Verwendungen und Aufgabenschwerpunkte des Versicherten als „eine Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG zu sehen sind.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass es sich bei den vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten eines Rundgehers und Wartefahrers im Wesentlichen jeweils um die Überwachung einer Rauchgasanlage handelte, wobei die eine Tätigkeit vor Ort stattgefunden hat, während die andere Tätigkeit aus einer Steuerungszentrale erfolgte. Bei der Tätigkeit des Wartefahrers handelt es sich um eine klassische Aufstiegsposition für den Rundgeher. Der berufliche Aufstieg des Klägers bei seinem Dienstgeber vom Rundgeher zum Wartefahrer entspricht daher einem gängigen Berufsverlauf, wobei es für eine Aufstiegsposition auch durchaus typisch ist, dass die manuelle Belastung abnimmt und der Verantwortungsbereich sowie die Anforderungen an Konzentration und Aufmerksamkeit zunehmen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine „einheitliche" Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG vorliegt, ist daher nach zutreffender Rechtsansicht des Klägers auch seine berufliche Entwicklung entsprechend zu berücksichtigen, weshalb eine mit einem beruflichen Aufstieg typischerweise verbundene Veränderung der Arbeitsaufgaben nicht automatisch zum Verlust der Begünstigung des Tätigkeitsschutzes nach § 255 Abs 4 ASVG führen darf. Es trifft nun zwar zweifellos zu, dass ein beruflicher Aufstieg oftmals auch mit einer wesentlichen Änderung des bisherigen Aufgabenbereichs verbunden sein wird, sodass von einer „Einheitlichkeit" mit der bisherigen Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG nicht mehr die Rede sein kann. Im vorliegenden Fall steht jedoch im Vordergrund, dass sowohl die Tätigkeit eines Rundgehers als auch jene eines Wartefahrers die Kontrolle und Überwachung einer Rauchgasanlage zum wesentlichen Inhalt hat, der Kläger diese Tätigkeiten sowie die damit verbundenen Reinigungs- und Revisionsarbeiten beim selben Dienstgeber, im gleichen arbeitskulturellen Umfeld, an der gleichen Anlage, jeweils in Schichtarbeit verrichtet hat. Dem gegenüber tritt der Umstand, dass durch den beruflichen Aufstieg gewisse Änderungen in seiner Überwachungstätigkeit insbesondere in Bezug auf Anforderungen, Arbeitshaltung und Arbeitsort eingetreten sind, in den Hintergrund. Die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten als Rundgeher und Wartefahrer fallen daher bei der gebotenen weiten Auslegung unter den Begriff der „einen Tätigkeit" im Sinn des § 255 Abs 4 ASVG. Da der Kläger unbestritten nicht mehr in der Lage ist, diese beiden bisher ausgeübten Tätigkeiten - auch unter Berücksichtigung zumutbarer Änderungen dieser Tätigkeiten - weiter zu verrichten, besteht sein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension ab dem Stichtag 1. 6. 2006 zu Recht; dass die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für die vom Kläger begehrte Pensionsleistung vorliegen, wurde von der beklagten Partei nicht bestritten.
In Stattgebung der Revision des Klägers war daher das angefochtene Urteil im Sinne einer Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension ab 1. 6. 2006 abzuändern, weshalb der beklagten Partei gemäß § 89 Abs 2 ASGG unter sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO auch die Erbringung einer vorläufigen Zahlung aufzutragen war. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG. Der im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Schriftsatz des Klägers vom 15. 3. 2006 war mangels Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht zu honorieren, weil das darin enthaltene Vorbringen auch erst in der darauffolgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 22. 3. 2006 vorgetragen hätte werden können.
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