OGH 10ObS101/12v

OGH10ObS101/12v10.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Sommer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch die Sachwalterin Dr. M*****, diese vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 34 Cgs 77/04h des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. April 2012, GZ 7 Rs 4/12f-57, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger strebt die Wiederaufnahme des auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension gerichteten Verfahrens 34 Cgs 77/04h des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht an, weil ihm iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ein neues Beweismittel bekannt geworden sei. Er habe den Befund der hämatologischen Ambulanz des LKH-Universitätsklinikums Graz vom 25. 4. 2005 erst am 17. 1. 2008 erhalten. Im März 2008 habe er erfahren, dass er an Lymphdrüsenkrebs (Morbus Hodgkin) leide. Er sei auch darüber informiert worden, dass sich das Bestehen dieser Erkrankung bereits aus dem Befund vom 25. 4. 2005 ableiten lasse und die Krankheit auch schon zu diesem Zeitpunkt bestanden habe. Die Vorlage und Benützung dieses Befundes im Verfahren wegen Berufsunfähigkeitspension hätte einen für ihn günstigeren Verfahrensausgang erbracht.

Das Erstgericht wies nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens die Wiederaufnahmsklage ab. Es stellte fest, dass die im Befund vom 25. 4. 2005 enthaltenen Laborwerte keine Rückschlüsse auf das Auftreten der Krankheit Morbus Hodgkin zuließen. Die unspezifischen Veränderungen des Differentialblutbildes kämen sowohl bei hämatologischen Erkrankungen als auch bei harmlosen Infekten vor. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass ausgehend von diesen Feststellungen der Befund nicht geeignet sei, die Beweiswürdigung im Hauptprozess konkret zu beeinflussen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Ist die Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Wiederaufnahmsklage nach diesbezüglich abstrakter Prüfung zu bejahen, so sind im Wiederaufnahmeverfahren die neuen Beweismittel über ihre abstrakte Eignung zur Herbeiführung einer Änderung der im Hauptprozess ergangenen Entscheidung hinaus im Wege einer eingeschränkten Beweiswürdigung auch noch dahin zu prüfen, ob ihre Nichtberücksichtigung im Hauptprozess gegen die materielle Wahrheitsfindung und die Vollständigkeit der Urteilsgrundlage verstößt, bzw ob sie geeignet war, die Beweiswürdigung im Hauptprozess konkret zu beeinflussen. Dabei ist zu untersuchen, ob dem betreffenden Beweismittel die konkrete Eignung zukommt, allenfalls eine für den Kläger günstigere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen (RIS-Justiz RS0044687 [T3, T4]; Jelinek in Fasching/Konecny 2, § 530 ZPO, Rz 190 mwN). Dies wird das Gericht in der Regel erst dann entscheiden können, wenn es den angebotenen Beweis im Verfahren über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme aufgenommen hat (RIS-Justiz RS0044560). Es muss die Richtigkeit der Behauptungen über das Vorliegen der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Umstände bewiesen werden (RIS-Justiz RS0044478 [T2]).

2. Im vorliegenden Fall setzt die Bewilligung der Wiederaufnahme demnach voraus, dass sich die Behauptung als richtig herausstellt, das Bestehen der Lymphdrüsenkrebserkrankung lasse sich bereits aus dem Befund vom 25. 4. 2005 ableiten. Dies ist aber nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichts - an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist - nicht der Fall. Damit ist aber auch die schon im Aufhebungsverfahren zu prüfende Richtigkeit der Behauptungen über das Vorliegen des als Wiederaufnahmegrund geltend gemachten Umstands nicht bewiesen (RIS-Justiz RS0044560 [T7]).

Die Einschätzung des Berufungsgerichts, wonach der Befund vom 25. 4. 2005 daher konkret nicht geeignet sei, eine für den Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung herbeizuführen, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang.

3. Zur Gänze unverständlich bleibt der Hinweis auf eine „Berufskrankheit“, zumal Gegenstand des Verfahrens dessen Wiederaufnahme begehrt wird, nicht die Gewährung einer Versehrtenrente, sondern eine Leistung aus der Pensionsversicherung (Berufsunfähigkeitspension) ist.

Die Revision ist deshalb zurückzuweisen.

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