Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin veranstaltet in Deutschland Aufführungen des Sprech- und Musiktheaters. Die Beklagte führte für die Klägerin am 28. 9. 1999 die Oper „La Boheme" und am 2. 1. 2000 die Operette „Die Fledermaus" auf, wofür sie ein Honorar von DM 23.750 bzw DM 19.990 erhielt. Dieses Honorar wurde von der Klägerin aufgrund einer von der Beklagten vorgelegten Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs 3 dEStG in voller Höhe an die Beklagte ausbezahlt. Diese Freistellung zugunsten der Beklagten erfolgte jedoch unter der Bedingung, dass diese nachweist, ihrerseits den Steuerabzug durchzuführen, soweit sie die von der Klägerin als Vergütungsschuldnerin erhaltenen Vergütungen an beschränkt steuerpflichtige Dritte weiterleitet. In der Folge trat das Finanzamt Weiden wiederholt an die Klägerin heran und forderte die Erbringung des Nachweises, wonach die Beklagte die Bedingungen zum Freistellungsbescheid erfüllt habe. Mit Telefax vom 16. 2. 2001 (Beil M) übermittelte die Beklagte der Klägerin ein Schreiben an das Finanzamt zur Kenntnis und führte dazu aus, dass es ungeachtet dieses Schreibens klar sein sollte, dass die Beklagte die Klägerin selbstverständlich von einer Steuer nach § 50a Abs 4 dEStG freihalte. Sollte also von dem Finanzamt eine Steuerforderung gestellt werden, möge die Beklagte umgehend davon informiert werden, damit sie diese regulieren könne. Die Klägerin führte daraufhin am 23. 2. 2001 die Abzugssteuer nach § 50a Abs 4 dEStG in Höhe des Klagsbetrages an das Finanzamt Weiden ab. Diesen Umstand teilte die Klägerin in der Folge der Beklagten mit und begehrte mit weiteren Schreiben (Beil N bis R) von der Beklagten die Erstattung des bezahlten Betrages. Die Beklagte übermittelte daraufhin mit Telefax vom 21. 11. 2001 (Beil S) der Klägerin ihr Schreiben an das Finanzamt Weiden vom gleichen Tag und führte dazu aus, dass sie, sollte das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung ablehnen, der Klägerin den Betrag erstatten werde, um die finanzielle Seite geregelt zu haben. Andernfalls erübrige sich dies, da die Klägerin dann direkt vom Finanzamt die Steuer zurückerhalte.
Mit Schreiben vom 18. 2. 2002 (Beil X) teilte das Finanzamt Weiden der Beklagten mit, dass ihrem Einspruch vom 21. 11. 2001 gegen die Anmeldungen über den Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkte Steuerpflichtige nach § 50a Abs 4 dEStG für das dritte Kalendervierteljahr 1999 und das erste Kalendervierteljahr 2000 vom 22. 2. 2001 auch bei neuerlicher Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht entsprochen werden könne. Vom Finanzamt Weiden wurden in der Folge am 10. 9. 2002 entsprechende Steuerbescheinigungen über einbehaltenen und abgeführten Steuerabzug und Solidaritätszuschlag nach § 50a Abs 4 dEStG ausgestellt (Beil A und B). Mit Einspruchsentscheidung vom 9. 11. 2004 (Beil C 1) wies das Finanzamt Weiden einen Einspruch der Beklagten gegen den Verwaltungsakt vom 9. 10. 2003, mit dem das Finanzamt die Zustimmung zu den berichtigten Anmeldungen für das dritte Kalendervierteljahr 1999 und das erste Kalendervierteljahr 2000 über den Steuerabzug nach § 50a Abs 4 Nr 1 dEStG versagt hat, als unbegründet zurück. Die Beklagte erhob gegen diese Einspruchsentscheidung Klage beim Finanzgericht Nürnberg. Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch anhängig.
Die Klägerin begehrt nunmehr den Rückersatz der von ihr für die Beklagte an das Finanzamt Weiden geleisteten Abzugssteuer insbesondere mit der Begründung, die Beklagte habe in ihren Schreiben vom 16. 2. 2001 und 21. 11. 2001 ihre Verpflichtung zum Rückersatz der Steuer ausdrücklich anerkannt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete insbesondere ein, die Klägerin wäre lediglich verpflichtet gewesen, gemäß § 50a Abs 4 dEStG eine Steuer in Höhe von EUR 11,28 gegenüber dem Finanzamt anzumelden, weil das tatsächlich durchgeführte Freistellungsverfahren gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße. Im Übrigen habe sie sich gegenüber der Klägerin nur zur Zahlung von Beträgen verpflichtet, welche vom Finanzamt der Klägerin vorgeschrieben werden. Diese Zahlungsverpflichtung komme nicht zum Tragen, weil die Selbstanmeldung durch die Klägerin ohne Rechtsverpflichtung erfolgt sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seiner rechtlichen Beurteilung habe die Beklagte mit den erwähnten Schreiben vom 16. 2. 2001 (Beil M) und vom 21. 11. 2001 (Beil S) ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin unabhängig vom Ausgang des finanzrechtlichen Verfahrens ausdrücklich anerkannt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge. Es legte in seinen Rechtsausführungen dar, dass auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nach Art 4 EVÜ deutsches Sachrecht anzuwenden sei. Die Klägerin habe ihre Forderung inhaltlich auch auf ein Schuldversprechen iSd § 780 BGB gestützt. Die Beklagte habe sich zwar im Schreiben vom 16. 2. 2001 (Beil M) grundsätzlich bereit erklärt, die Klägerin von einer Steuer nach § 50a Abs 4 dEStG freizuhalten, ihre Bereitschaft allerdings von der Stellung einer Steuerforderung durch das zuständige Finanzamt abhängig gemacht. Da die Klägerin jedoch bloß über Drängen durch ihr Finanzamt - ohne Erlassung eines entsprechenden Haftungsbescheides - die Steuer angemeldet und abgeführt habe, könne sie sich insoweit nicht mit Erfolg auf ein Schuldversprechen berufen. Hingegen sei der Beklagten im Zeitpunkt ihres Schreibens vom 21. 11. 2001 (Beil S) bereits die Steueranmeldung durch die Klägerin bekannt gewesen. Die Beklagte habe sich in Kenntnis dieses Umstandes bereit erklärt, die von der Klägerin abgeführte Steuer zu erstatten, wenn das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung ablehne. Diese Bedingung sei in weiterer Folge eingetreten, weil das Finanzamt die Rückerstattung der Steuer abgelehnt habe, weshalb die Beklagte eine Klage beim Finanzgericht habe einbringen müssen. Die Klägerin könne sich daher mit Erfolg auf das im Schreiben vom 21. 11. 2001 enthaltene Schuldversprechen der Beklagten berufen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Rückersatzes von Steuerbeträgen nach dem dEStG sowie zu Schuldversprechen nach § 780 BGB fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Ist ausländisches Recht anzuwenden, so kann das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für sich allein die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht begründen. Gemäß § 3 IPRG ist fremdes Recht wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO kann zwar auch bei Maßgeblichkeit eines fremden Rechts zulässig sein, wenn durch eine Abweichung der inländischen Gerichte von gefestigter fremder Rechtsprechung und Lehre die Rechtssicherheit gefährdet wird. Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt allerdings nicht die Aufgabe zu, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechts in seinem ursprünglichen Geltungsbereich zu gewährleisten, weil ihm insoweit nicht die dem § 502 Abs 1 ZPO zugrundegelegte Leitfunktion zukommt (vgl die Entscheidungsnachweise in RIS-Justiz RS0042948).
Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist unbestritten deutsches Sachrecht anzuwenden. Ein abstraktes (schuldbegründendes, konstitutives, selbstständiges) Schuldanerkenntnis iSd §§ 780, 781 BGB liegt vor, wenn es vom Anerkennenden schriftlich abgegeben wird und wenn die mit ihm übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund gelöst und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck kommenden Leistungswillen des Anerkennenden gestellt werden soll. Über diese selbstständige Natur des Versprechens müssen sich die Vertragspartner einig sein. Dies ist durch Auslegung anhand der schriftlichen Erklärung zu ermitteln. Eine Vermutung für ein abstraktes Leistungsversprechen besteht dabei nicht. Allerdings stellt es ein Indiz für eine selbstständige Verpflichtung dar, wenn der Schuldgrund in der Urkunde nicht oder nur in allgemeiner Form erwähnt wird. Hingegen ist ein selbstständiger Verpflichtungswille im Zweifel nicht anzunehmen, wenn in der schriftlichen Erklärung ein bestimmter Schuldgrund angegeben ist (Kolb in Geigel, Der Haftpflichtprozess24 [2004] 1593 Rn 2 mwN). Fehlt bei einem abstrakten (schuldbegründenden, konstitutiven, selbstständigen) Schuldanerkenntnis iSd §§ 780, 781 BGB ein gültiges Grundgeschäft oder ist die Zweckerreichung unmöglich oder die Zweckvereinbarung ungültig, so ist der Empfänger um das Schuldanerkenntnis ungerechtfertigt bereichert. Der Schuldner kann in diesem Fall gemäß den §§ 812 Abs 2 und 821 BGB entweder Befreiung von der Schuld verlangen oder die Erfüllung einredeweise verweigern (Sprau in Palandt, BGB65 § 780 Rn 1b).
Im Unterschied zu diesem sogenannten konstitutiven Schuldanerkenntnis stellt das deklaratorische (schuldbestätigende, kausale) Anerkenntnis den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage, sondern verstärkt diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes dadurch, dass es ihn Einwänden des Anspruchsgegners gegen den Grund des Anspruchs entzieht. Entzogen werden dem Anspruchsgegner Einwendungen und Einreden, die bei Abgabe der Erklärung bestanden und ihm bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete. Zweck eines solchen Anerkenntnisses ist es, das Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es (insoweit) endgültig festzulegen. Die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses setzt insbesondere voraus, dass diese Rechtsfolgen der Interessenslage der Beteiligten, dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Die Parteien müssen sich über Streitpunkte oder Ungewissheiten geeinigt haben, die aus ihrer Sicht nach den Umständen des Einzelfalls klärungs- und regelungsbedürftig waren. Die Wertung einer Erklärung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist im Wesentlichen Sache der tatrichterlichen Feststellung und Auslegung und damit des Einzelfalls (Kolb in Geigel aaO 1594, Rn 4 ff mwN). Eine Kondiktion ist in diesem Fall nicht möglich, da das deklaratorische Anerkenntnis gerade den Sinn haben soll, ohne Rücksicht auf das Bestehen der Schuld für die Zukunft eine klare Beweis- und Rechtslage zu schaffen (Sprau in Palandt aaO § 812 Rn 6 mwN).
Die geschilderten Erklärungen der Parteien in der Korrespondenz sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass zwischen ihnen unterschiedliche Auffassungen über die Frage der Zahlungsverpflichtung für die vom Finanzamt geforderte Abzugssteuer bestanden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, insbesondere die von der Beklagten in ihrem Telefax vom 21. 11. 2001 (Beil S) in Kenntnis der von der Klägerin bereits erfolgten Steueranmeldung und Steuerabführung ausdrücklich erklärte Zusage, der Klägerin die von ihr abgeführte Steuer zu erstatten, wenn das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung ablehne und die Klägerin daher die Steuer nicht direkt vom Finanzamt zurückerhalte, stelle ein (deklaratorisches) Anerkenntnis der Zahlungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin für den hier auch tatsächlich eingetretenen Fall der Ablehnung einer Rückerstattung der Steuer an die Klägerin durch das Finanzamt dar, steht mit den oben dargelegten Rechtsgrundsätzen im Einklang. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits im Telefax vom 16. 2. 2001 (Beil M) ihre Zahlungspflicht im Falle einer Steuerforderung durch das Finanzamt anerkannt hatte, worauf sich auch die Klägerin in der nachfolgenden Korrespondenz ausdrücklich gestützt hat. Bei der Frage der maßgeblichen Auslegung des Parteiwillens handelt es sich überdies um eine Rechtsfrage, der keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Eine im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifenden Fehlbeurteilung wird von der Revisionswerberin jedenfalls nicht aufgezeigt.
Die Revision der Beklagten ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, diente ihre Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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