OGH 10Ob8/12t

OGH10Ob8/12t13.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Parteien 1. K***** L*****, 2. M***** L*****, beide *****, vertreten durch Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OG in Oberwart, gegen die beklagten und widerklagenden Parteien 1. Ing. Mag. Dr. F***** G***** B*****, 2. R***** B*****, beide *****, vertreten durch Mag. Christoph Hatvagner, Rechtsanwalt in Oberwart, wegen Feststellung und Einwilligung (Klage) sowie Entfernung und Unterlassung (Widerklage), über die Revision der beklagten und widerklagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 30. September 2011, GZ 13 R 159/11x-23, womit das Urteil des Bezirksgerichts Oberwart vom 30. Juni 2011, GZ 2 C 23/11i-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten und widerklagenden Parteien sind schuldig, den klagenden und widerbeklagten Parteien die mit 1.125,34 EUR (davon 187,55 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision der Kläger nicht zulässig:

Nach § 1488 ABGB verjährt das Recht der Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend macht. Das Berufungsgericht hat die Revision nachträglich mit der Begründung für zulässig erklärt, dass aufgrund fehlender Definition von gewöhnlicher Sorgfalt bzw gehöriger Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit § 1488 ABGB in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht gesichert sei, ob für den Beginn der Verjährungsfrist objektive oder subjektive Wahrnehmbarkeit des Hindernisses erforderlich sei.

Die jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stellt für den Beginn des Fristenlaufs nicht darauf ab, wann der Berechtigte das Hindernis für die Ausübung der Dienstbarkeit wahrgenommen hat. Es genügt vielmehr, dass der Dienstbarkeitsberechtigte das Hindernis, das die Ausübung seiner Dienstbarkeit unmöglich macht oder doch beeinträchtigt, bei gewöhnlicher Sorgfalt hätte wahrnehmen können (5 Ob 565/84, SZ 58/98 mwN; 10 Ob 144/99w, SZ 72/136; 7 Ob 146/01y; 10 Ob 118/05h; 4 Ob 84/05i; 3 Ob 47/07v), wobei manche Entscheidungen statt des Begriffs „gewöhnliche Sorgfalt“ den der „gehörigen Aufmerksamkeit“ verwenden (1 Ob 15/94; 1 Ob 2188/96p). Die Entscheidungen 2 Ob 529/90 und 4 Ob 2310/96a lassen die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Belastete „die Ausübung des Rechts für den Berechtigten wahrnehmbar unmöglich macht oder (manifest) beeinträchtigt“. Die Abwesenheit des Berechtigten hindert den Rechtsverlust nicht (4 Ob 84/05i; 5 Ob 565/84). Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung kommt es daher nicht auf die tatsächliche Kenntnis des Berechtigten, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei gewöhnlicher Sorgfalt (= gehörige Aufmerksamkeit) an (4 Ob 84/05i).

Die angefochtene Entscheidung steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Die Frage, wann der Berechtigte nach den Umständen des konkreten Falls das Hindernis bei gewöhnlicher Sorgfalt (gehöriger Aufmerksamkeit) hätte wahrnehmen können, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, das ihr regelmäßig keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt. In der Entscheidung 5 Ob 565/84 hat der Oberste Gerichtshof an der jüngeren Rechtsprechung zum Beginn des Laufs der Verjährungsfrist festgehalten und die Frage nicht behandelt, ob im dortigen Fall die nur einmal im Jahr anwesende Servitutsberechtigte das Hindernis bei gewöhnlicher Sorgfalt schon vor der Kenntniserlangung hätte wahrnehmen können. Die vom Berufungsgericht und dem Revisionswerber gesehene Judikaturdivergenz besteht nicht.

Unzutreffend ist die Ansicht der Revisionswerber, die Kläger hätten kein konkretes Vorbringen zum Beginn des Fristenlaufs erstattet. Sie haben behauptet, dass die Beklagten seit Mitte 2007 Kenntnis vom errichteten Hindernis hatten (ON 4, S 1).

Weder das Erstgericht noch das Berufungsgericht sind von einem Beginn des Fristenlaufs mit der Errichtung des Hindernisses im Jahr 2006 ausgegangen, sondern von der Wahrnehmbarkeit des Hindernisses durch die Revisionswerber bei gehöriger Aufmerksamkeit Mitte 2007.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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