Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.135,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.522,50 Umsatzsteuer, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Treuhänderin des in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften ehemaligen Leiters eines staatseigenen Betriebes Dr. Günther F. hinsichtlich dessen Geschäftsanteil an der in Liquidation befindlichen E***** Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung (in Hinkunft kurz GmbH). Der klagenden Partei wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. 9. 1994 zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Judikatsschuld gegen Dr. Günther F. die Exekution durch Pfändung sämtlicher diesem zustehenden Ansprüche gegen die Beklagte aus dem Treuhandverhältnis, insbesondere auf Rechnungslegung und Rückübereignung des treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils, der einer zur Gänze bar eingezahlten Stammeinlage von S 157.000 entspricht, und die Ermächtigung, diese Ansprüche im Namen des Verpflichteten geltend zu machen, bewilligt. Diese Exekutionsbewilligung wurde der GmbH am 10. 11. 1994, dem Verpflichteten am 3. 12. 1994 und der Beklagten am 11. 11. 1994 zugestellt und von keiner Seite angefochten.
Im April 1997 stellte die klagende als betreibende Partei beim Exekutionsgericht (Bezirksgericht Döbling zu 10 E 10294/94m) den Antrag, der Beklagten als Drittschuldnerin den Auftrag zu erteilen, den von ihr für den Verpflichteten Dr. F. treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil an die klagende Partei herauszugeben und diese zu ermächtigen, den Geschäftsanteil im Namen und auf Rechnung des Verpflichteten entgegen zu nehmen und der Verwertung gemäß § 76 Abs 2 GmbHG zuzuführen; über diesen Antrag wurde nicht entschieden. Nachdem in einer Tagsatzung vom 22. 9. 1997 eine Einigung über den Schätzwert des Geschäftsanteils nicht möglich war, legte das Exekutionsgericht mit Beschluss vom 30. 10. 1997 auf Antrag der klagenden Partei den Schätzwert mit S 104.822,37 fest, es räumte der GmbH die Möglichkeit ein, binnen 14 Tagen einen Käufer namhaft zu machen, ansonsten erfolge der Verkauf nach der EO. Am 24. 8. 1998 verständigte der mit dem Verkauf betraute Gerichtsvollzieher die Parteien davon, dass der Verkauf des Geschäftsanteils am 6. 10. 1998 beim Bezirksgericht stattfinden werde. Die klagende Partei erklärte sich bereit, den Geschäftsanteil um S 131.100 zu übernehmen und stellte zugleich den Antrag, ihr "die Übernahme gemäß § 271 EO" des Geschäftsanteils zu bewilligen, wobei sie "der Vorsicht halber" festhielt, dass sie durch die Exekutionsführung nicht darauf verzichte, den Geschäftsanteil auf Grund des Treuhandverhältnisses zum Verpflichteten herauszuverlangen. Diesen Antrag bewilligte das Exekutionsgericht am 16. 9. 1998. Es trug der klagenden (betreibenden) Partei auf, den Übernahmspreis und die Kosten binnen 14 Tagen zu erlegen; diese erlegte den geforderten Betrag von S 168.224,80 am 13. 10. 1998.
Mit der vorliegenden, bereits am 28. 4. 1998 überreichten Drittschuldnerklage macht die klagende Partei geltend, die Beklagte habe zwar ihre Treuhänderstellung für Dr. Günther F. bestätigt, jedoch nicht Rechnung gelegt und auch die Herausgabe des von ihr treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils verweigert. Für die Übertragung des Geschäftsanteils an die klagende Partei sei ein Notariatsakt erforderlich. Sie stellt das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, a) über ihre Tätigkeit als Treuhänderin des Dr. Günther F. Rechnung zu legen, b) mit Willenserklärung den Geschäftsanteil an Dr. Günther F. zu übertragen und zu übergeben und
c) einen Notariatsakt über die Beurkundung der Übertragung und Übergabe des Geschäftsanteils an Dr. Günther F. zu errichten, wobei die klagende Partei jeweils im Namen und mit Rechtswirksamkeit für Dr. Günther F. handle.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei nach dem Wortlaut der Exekutionsbewilligung nicht verpflichtet, den Geschäftsanteil an die klagende Partei abzutreten. Die rechtlich einwandfreie Übertragung sei im Exekutionsverfahren zu erwirken. Sollte sie zur Rechnungslegung verpflichtet sein, habe sie diese Pflicht bereits erfüllt. Das Exekutionsgericht habe den Schätzwert des Geschäftsanteils mit S 104.822,37 festgesetzt und den Verkauf ohne Zustimmung der Gesellschaft angedroht, wenn diese nicht selbst binnen 14 Tagen einen Käufer namhaft mache. Die klagende Partei habe einen Übernahmsantrag nach § 271 EO gestellt, der am 16. 9. 1998 bewilligt worden sei, und letztlich auch den Betrag von S 168.224,80 als Übernahmspreis samt Kosten gezahlt. Weitere Handlungen der Beklagten seien daher für die Übertragung des Geschäftsanteils nicht mehr nötig.
Das Erstgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren zu a) statt, wies aber die Begehren auf Abgabe einer Willenserklärung (Übertragung des Geschäftsanteils) und Unterfertigung eines Notariatsaktes ab.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer vollen Klagestattgebung ab. Das Rechnungslegungsbegehren sei nach wie vor berechtigt; die bloße Überlassung von Belegen zur Einsicht genüge nicht. Die Exekutionsführung auf einen treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil einer GmbH habe in zwei Schritten zu erfolgen:
Zunächst seien auf Grund eines Exekutionstitels die Rechte des Verpflichteten gegen seinen Treuhänder zu pfänden; erst nach Überweisung des Herausgabeanspruchs stehe die Exekution gegen den Treuhänder offen. Der betreibende Gläubiger habe aber keinen direkten Zugriff auf den treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil (3 Ob 14/95 = GesRZ 1995, 195). Leiste der Treuhänder nicht freiwillig, sei er mittels Drittschuldnerklage - wie im vorliegenden Fall - auf Übertragung des Geschäftsanteils zu belangen (SZ 8/114). Dieser könne erst nach Übertragung ins Eigentum des Verpflichteten nach den Regeln der Exekutionsordnung verwertet werden (§ 332 EO bzw § 76 Abs 4 GmbHG). Die Beklagte bestreite weder ihre Treuhänderstellung noch ihre Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils an ihren Treugeber Dr. F., sondern ziehe sich zu Unrecht auf einen rein formalen Standpunkt zurück. Die Übertragung des Geschäftsanteils ins Eigentum bedürfe aber eines Verpflichtungs- und eines Verfügungsgeschäftes. Wenngleich gewisse Ausnahmen von der Notariatsaktspflicht nach § 76 Abs 2 GmbHG anerkannt seien, bezögen sich diese nur auf eine allfällige Verpflichtung zur Übertragung, nicht aber auf das Verfügungsgeschäft an sich (SZ 61/153 = GesRZ 1988, 229; 6 Ob 100/97t; 2 Ob 535/93; Koppensteiner, GmbHG2 Rz 26 zu § 76; Kostner/Umfahrer, GmbH5 Rz 726; Umfahrer in Apathy, Treuhandschaft, 85). Erst für die nachfolgende exekutive Verwertung des einmal im Eigentum des Verpflichteten stehenden Geschäftsanteils durch Verkauf bedürfe es keines Notariatsaktes mehr. Mit der vorliegenden Drittschuldnerklage werde aber erst die rechtsgeschäftliche Übertragung des Geschäftsanteils an den Treugeber (Verpflichteten) begehrt. Eine solche Klage könne auf Abgabe einer Willenserklärung und Unterfertigung eines Notariatsaktes lauten (SZ 61/153). An der Berechtigung des Klagebegehrens änderten letztlich auch die Vorgänge im Exekutionsverfahren (10 E 10294/94m des Bezirksgerichtes Döbling) nichts: Dort sei nämlich ein noch gar nicht im (rechtlichen) Eigentum des Verpflichteten stehender Geschäftsanteil "verwertet" worden. Abgesehen davon, dass dieser Beschluss noch gar nicht rechtskräftig sei, könnte die Zahlung des Übernahmspreises für einen (noch) nicht im Eigentum des Verpflichteten stehenden Geschäftsanteil - wenn überhaupt - höchstens bei Gutgläubigkeit des Erwerbers eine Art originären Eigentumserwerb bewirken. Bei Schlechtgläubigkeit wäre ein Eigentumserwerb nicht einmal durch Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren von Liegenschaften möglich. Die klagende Partei habe aber stets gewusst, dass nicht der Verpflichtete, sondern die Beklagte Eigentümerin des Geschäftsanteils sei; sie könne daher - auf Grund der Ermächtigung in der Exekutionsbewilligung - den Übertragungsanspruch im Namen des Verpflichteten durch die vorliegende Drittschuldnerklage geltend machen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Rechtsfrage, welche Auswirkung die vorausgreifende Verwertung und "Übernahme" eines vom Drittschuldner treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils an einer GmbH durch den betreibenden Gläubiger auf den zugleich gegen die Treuhänderin anhängigen Drittschuldnerprozess auf Übertragung dieses Geschäftsanteils habe, vom Obersten Gerichtshof - soweit überblickbar - noch nicht beantwortet worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof erachtet die Begründung des Berufungsgerichtes für zutreffend, so dass es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegen zu halten:
1. Zum Rechnungslegungsbegehren:
Die Beklagte hat ihre Rechnungslegungspflicht aus dem Treuhandverhältnis gegenüber dem Treugeber nie bestritten, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, sie habe bereits "ausführlich, umfassend, ordnungsgemäß und vollständig" Rechnung gelegt und diese Rechnungslegung durch entprechende Unterlagen belegt. Dem gegenüber sind die Vorinstanzen aber zutreffend und übereinstimmend von einer Berechtigung des Rechnungslegungsbegehrens auch bei Schluss der Verhandlung ausgegangen. Die Revisionsausführungen der Beklagten über ihre inzwischen erfolgte Beschäftigung mit der Frage der (ihrer Ansicht nach marginalen) Zinsen und Überweisungsspesen verstoßen gegen das Neuerungsverbot. Wie in der Revisionsbeantwortung treffend bemerkt wird, hätte es allerdings - wäre die Rechnungslegung tatsächlich vollständig gewesen - keiner Angabe der Details betreffend die Verzinsung und Spesen erst in der Revision bedurft.
2. Zu den Begehren auf Abgabe einer Willenserklärung betreffend die Übertragung des Geschäftsanteils und Abschluss eines Notariatsaktes über die Beurkundung dieser Übertragung:
Das Erstgericht wies diese Begehren ab, weil auf den Geschäftsanteil einer GmbH nach § 331 EO Exekution zu führen sei und die Übernahme keines Notariatsaktes bedürfe. Die Bestimmung des § 76 Abs 2 GmbHG gelte nur für Rechtsgeschäfte. Dem hat aber schon das Berufungsgericht zutreffend entgegen gehalten, dass dem betreibenden Gläubiger (hier der klagenden Partei) ein direkter Zugriff auf den von einem Dritten treuhändig gehaltenen Geschäftsanteil verwehrt ist und dann, wenn der Verpflichtete Treugeber ist, der Gläubiger nur dessen Anspruch auf den Geschäftsanteil gegen den Treuhänder pfänden kann (GesRZ 1995, 195 mwN). Leistet der Treuhänder als Drittschuldner nicht freiwillig, ist er mittels Drittschuldnerklage auf Übertragung des Geschäftsanteils zu belangen (SZ 8/114). Erst nach der Übertragung des Geschäftsanteils ins Eigentum des Verpflichteten kann dieser nach Zwangsvollstreckungsrecht verwertet werden. Die Revisionswerberin lässt offenbar den Unterschied zwischen der Pfändung und Verwertung eines Geschäftsanteils selbst und der Pfändung und Verwertung des Anspruchs auf Herausgabe des Geschäftsanteils gegen den Treuhänder außer Acht.
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revisionswerberin, die klagende Partei habe den Geschäftsanteil bereits auf Grund des Exekutionsverfahrens erworben, weshalb ihr das Rechtsschutzinteresse an der weiteren Verfolgung ihrer Klagebegehren fehle. Im Zeitpunkt der Verwertung war nach den Feststellungen nicht der Verpflichtete Dr. F., sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - die Beklagte als Treuhänderin Eigentümerin des Geschäftsanteils. Auf Grund der Ermächtigung in der Exekutionsbewilligung vom 22. 9. 1994 war daher die klagende Partei berechtigt, den Übertragungsanspruch im Namen des Verpflichteten mit vorliegender Drittschuldnerklage zu verfolgen. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass die Rückübertragung des Eigentums als Verfügungsgeschäft eines Notariatsaktes bedarf; anderes gilt nach der neueren Rechtsprechung lediglich für die Verpflichtung zur Rückübertragung von treuhändig gehaltenen Geschäftsanteilen (SZ 61/153; 6 Ob 100/97t; JBl 2000, 385 ua; Koppensteiner, GmbHG2 Rz 22 zu § 76 mwN). Zwar ist nach der Rechtsprechung auch für die exekutive Verwertung eines Geschäftsanteils die Errichtung eines Notariatsaktes nicht erforderlich, weil der Zuschlag bzw der Beschluss des Exekutionsgerichtes, mit dem es die Übernahme oder Übertragung aus freier Hand genehmigt, genügen und insoweit kein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und dem Erwerber geschlossen werden muss (SZ 24/245; ebenso Reich-Rohrwig, Das öst. GmbH-Recht1 II 638). Dies gilt aber wohl nur für eine direkte exekutive Verwertung eines im Eigentum des Verpflichteten stehenden Geschäftsanteils, nicht aber für die Durchsetzung des Rückübertragungsanspruchs gegen einen Treuhänder. Das bereits mehrfach genannte Exekutionsverfahren (10 E 10294/94m des Bezirksgerichtes Döbling) ist kein gegen die Beklagte, sondern gegen den Verpflichteten Dr. F. gerichtetes Verfahren, sodass auch die dortigen rechtlichen Vorgänge hier nicht näher zu beurteilen sind, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ein anderer Anspruch ist.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die vorausgreifende Verwertung und "Übernahme" des von der Beklagten als Drittschuldnerin treuhändig gehaltenen Geschäftsanteils durch die klagende Partei als Gläubigerin dem zugleich gegen die Beklagte gerichtsanhängigen Prozess mit dem Ziel der Übertragung dieses Geschäftsanteils zunächst ins Eigentum des Verpflichteten nicht entgegen steht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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