Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.063,80 (darin enthalten EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).
Der Beklagte verweigert der klagenden Werkunternehmerin die Bezahlung ihres Werklohns für zusätzliche Leistungen im Rahmen der Sanierung des Terrazzo- bzw Marmorbodens in seinem Cafe-Restaurant.
Vorauszuschicken ist, dass die maßgeblichen Bestimmungen des ABGB, insbesondere die §§ 932 und 1167 hier noch in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (BGBl I 48/2001) anzuwenden sind, weil der gegenständliche Werkvertrag noch vor dem 1. 1. 2002 geschlossen wurde (7 Ob 33/04k).
Es ist sowohl dem Käufer einer Sache als auch dem Besteller eines Werkes zum Schutze seines Gewährleistungsanspruchs (§§ 932, 1167 ABGB) gestattet, den Vollzug der Gegenleistung so lange hinauszuschieben, bis der andere Teil seinen Verpflichtungen voll entsprochen hat (RIS-Justiz RS0019891). Bis zur Behebung der Mängel darf der Besteller den gesamten aushaftenden Betrag zurückbehalten (RIS-Justiz RS0021872). Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers soll den Unternehmer zur geschuldeten Verbesserung seines mangelhaften Werkes bestimmen (RIS-Justiz RS0021925). Es findet allerdings seine Grenze im Schikaneverbot (SZ 53/7 uva; zuletzt 6 Ob 147/04t). Das Zurückbehaltungsrecht betreffend den Werklohn bis zur vollständigen Verbesserung des Werkes besteht dann nicht, wenn die Ausübung dieses Rechtes zur Schikane ausartet (RIS-Justiz RS0020161). Diese liegt dann vor, wenn das unlautere Motiv der Handlung die lauteren Motive eindeutig überwiegt, es also augenscheinlich im Vordergrund steht, oder auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht (RIS-Justiz RS0026265; 6 Ob 147/04t mwN).
Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Berufungsgericht die Fälligkeit der eingeklagten Werklohnforderung von EUR 19.597,25 bejaht, weil eine Leistungsverweigerung in Anbetracht des geringen Verbesserungsaufwandes (EUR 210,17 inklusive USt für Verfugungsarbeiten) nicht gerechtfertigt sei. Auf einen behaupteten Verdienstentgang des Beklagten [infolge Schließung seines Lokals wegen der Verbesserungsarbeiten] könne dabei nicht Bedacht genommen werden; die mangelnde Fälligkeit solle nämlich ein Druckinstrument darstellen, um den Unternehmer zur Verbesserung zu bewegen, aber nicht dem Schadensausgleich dienen. Der behauptete Verdienstentgang, der auch nicht etwa im Rahmen der Gewährleistung geltend gemacht werden könnte, würde demgegenüber gerade durch die Verbesserung herbeigeführt werden.
Das Berufungsgericht erklärte die (zunächst nicht zugelassene) ordentliche Revision über Antrag des Beklagten doch für zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof - soweit überschaubar - „konkret" mit der Frage der Berücksichtigung von Folgeschäden, die „gerade durch die Mängelbehebung entstehen", etwa weil ein Gastlokal aus Anlass der Verbesserung geschlossen werden müsse und dadurch ein Verdienstentgang entstehe, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Inanspruchnahme des Zurückbehaltungsrechtes wegen Schlechterfüllung bisher nicht befasst habe.
Demgegenüber verweist die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend auf die Entscheidung 4 Ob 548/92 (ecolex 1993, 304 = KRES 6/114): Mit der Frage, ob derartige - „zwangsläufig mit der Mängelbehebung verbundene" (vgl den Beschluss des Berufungsgerichtes nach § 508 Abs 3 ZPO) - Mangelfolgeschäden einer nicht sachgemäßen Werkherstellung geeignet sind, den Einwand mangelnder Fälligkeit des Werklohnes zu begründen, hat sich der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung (es handelte sich dort um Schäden am Mauerwerk infolge Misslingens der bestellten Befestigung eines hergestellten und montierten Tores) nämlich bereits beschäftigt und dazu Folgendes ausgesprochen:
„Auch bezüglich der Mauerschäden (welche zweifellos über die Unerheblichkeitsgrenze des § 932 Abs 2 ABGB hinausgehen) kann sich die Beklagte nicht auf mangelnde Fälligkeit berufen. Diese Schäden gehören nicht zum Werk selbst. Der Kläger hatte das Tor fix und fertig montiert angeboten. Für die Montage gab es zwei fachgemäße Möglichkeiten: Das Einmauern mit sogenannten Pratzen oder das Befestigen mit (entsprechend dimensionierten) Dübeln und Schrauben. Die Beklagte, die eine Beschädigung des Mauerwerks vermieden haben wollte, entschied sich für die zweite Befestigungsart, die aber dem Kläger infolge Verwendens zu kurzer Schrauben missglückt ist, so dass er nachträglich doch eine Befestigung mit Mauerpratzen vorgenommen hat. Bei dieser Befestigungsart sind auch bei fachgemäßer Durchführung erhebliche Verputzschäden am Mauerwerk unvermeidlich. Hätte sich die Beklagte für die Befestigung mit Mauerpratzen entschieden, dann wäre der auch bei sachgemäßer Montage nach dieser Methode auftretende Putzschaden kein vom Kläger zu ersetzender Mangelfolgeschaden gewesen. Die Behebung dieses Schadens gehört in der Regel nicht zu dem vom Unternehmer (Schlossermeister!) zu liefernden Werk. Den Kläger hätte in diesem Fall - ohne besondere Vereinbarung - keine Verpflichtung getroffen, die auch bei sachgemäßer Montage unvermeidlichen Mauerschäden durch Verputzen und Ausmalen zu beseitigen; die Beklagte hätte sich in diesem Fall zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes eines anderen Handwerkers bedienen oder selbst für die Instandsetzung sorgen müssen.
Infolge des Misslingens der von der Bestellerin gewählten mauerschonenden Befestigungsart sind aber die Schäden am Mauerwerk Mangelfolgeschäden einer nicht sachgemäßen Werkherstellung. Diese Schäden gehören aber - wie bereits erwähnt - nicht zum Werk selbst; der Kläger hat sie nur wegen Verletzung seiner vertraglichen Schutzpflicht, sonstige Güter seiner Vertragspartnerin (bei der Montage) tunlichst nicht zu beschädigen ("positive Vertragsverletzung"), zu tragen. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bezieht sich immer nur auf Pflichten, die zueinander im Austauschverhältnis stehen, also auf die Hauptpflichten und die "äquivalenten Nebenpflichten", nicht aber zB auf die Schutzpflichten, weil diese nicht um einer anderen Pflicht willen eingegangen worden sind (Koziol-Welser9 I 230 f; Wahle in Klang2 IV/2, 75 ff; Aicher in Rummel² ABGB Rz 8 zu § 1052; JBl 1974, 146; vgl auch EvBl 1983/148; SZ 61/15; aM Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht 189).
Dazu kommt, dass der Anspruch auf Beseitigung eines Mangelfolgeschadens zwar - wie der Gewährleistungsanspruch - auf das Erfüllungsinteresse geht, aber dennoch ein Schadenersatzanspruch ist, so dass die Beklagte nur bei Tunlichkeit Naturalrestitution begehren könnte. Eine Naturalrestitution durch den Kläger wäre aber untunlich, weil er Kunstschmied und nicht Maurer ist. Er hat daher Geldersatz zu leisten, den der Besteller mit dem offenen Werklohn aufrechnen kann. Im vorliegenden Fall wurde der Beklagten ohnehin Geldersatz [als Gegenforderung] zugesprochen; sie kann den Betrag vom Werklohn abziehen. Die Beklagte kann daher nicht mangelnde Fälligkeit erfolgreich mit der Begründung einwenden, dass der Kläger die durch das Anbringen der Mauerpratzen entstandenen Verputzschäden nicht beseitigt habe." (4 Ob 548/92; Hervorhebungen nicht im Original).
Im vorliegenden Rechtsmittel hält der Revisionswerber nur noch daran fest, dass - im Rahmen der hier (bei Überprüfung seines Leistungsverweigerungsrechtes als Werkbesteller) anzustellenden Interessenabwägung - nicht nur auf den [unstrittig geringfügigen] Verbesserungsaufwand abzustellen sei, sondern auch die mit der Mängelbehebung zwangsläufig verbundenen Folgeschäden berücksichtigt werden müssten; wozu - soweit überblickbar - keine höchstgerichtliche Rsp vorliege. Unter Zitierung der oa Entscheidung (ecolex 1993, 304) gesteht die Revision zwar ausdrücklich zu, dass „Mangelfolgeschäden selbst nicht zur Zurückbehaltung des Werklohnes berechtigen und damit auch nicht die Fälligkeit hindern"; im vorliegenden Fall sei aber „das Werk selbst" mangelhaft, weshalb der hier Beklagte als Werkbesteller den Werklohn zurückbehalte (Seite 4 der Revision).
Die damit behaupteten wesentlichen Unterschiede zwischen der wiedergegebenen, vom Obersten Gerichtshof bereits beurteilten Fallkonstellation und dem vorliegenden Sachverhalt sind jedoch nicht zu erkennen:
Hier wie dort ist/war „das Werk selbst mangelhaft" und sind/werden gerade durch die Verbesserung „Mangelfolgeschäden infolge nicht sachgemäßer Werkherstellung" ein[ge]treten. Es war daher jeweils zu prüfen, ob diese „nicht zum Werk selbst" gehörenden Schäden geeignet sind, den erfolgreichen Einwand mangelnder Fälligkeit (des Werklohnes) zu stützen. Dass der Oberste Gerichtshof dies verneint hat, zieht die Revision aber ebensowenig in Zweifel wie die dafür angeführten Gründe, die - wie bereits dargestellt - darin zu erblicken sind, dass die geltend gemachten Mangelfolgeschäden auf der Verletzung von - nicht im Austauschverhältnis stehenden (Aicher in Rummel3 I § 1052 ABGB Rz 8 mwN) - Schutzpflichten, also auf positiver Vertragsverletzung beruhen (Koziol/Welser12 II, 84 f), und dass ihr Ersatz durch den Werkunternehmer nur in Form von Geldersatz in Betracht kommt.
Der Revisionswerber verkennt, dass diese Gründe jeweils auch für den hier behaupteten, im Falle der Mängelbehebung zu erwartenden Verdienstentgang (Mangelfolgeschaden), dessen Ersatz ebenfalls nur in Geld denkbar ist, zutreffen. Auch Schäden an anderen Gütern des Bestellers, die - wie hier - durch die Verbesserung des mangelhaften Werks notwendigerweise entstehen müssen, weil es keine andere Methode der Verbesserung als die „schädliche" gibt, sind somit iSd zit Rsp Mangelfolgeschäden, derentwegen der Besteller den Werklohn nicht zurückhalten kann (ecolex 1993, 304 = KRES 6/114). In der vorliegenden Revision wird somit gar nicht dargelegt, weshalb derartige (Vermögens-)Schäden des Beklagten, die er ohnehin „vom Werklohn abziehen kann" (4 Ob 548/42) - entgegen der zit Rsp - im Rahmen der Einrede mangelnder Fälligkeit des Werklohnes doch zu berücksichtigen sein sollten (vgl auch Aicher in Rummel3 I § 1052 ABGB Rz 1 Abs 3 bzw Krejci aaO § 1170 ABGB Rz 6a jeweils zum Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts bzw zur Fälligkeit des Werklohnes wenn nur Preisminderung in Frage kommt).
Mangels erheblicher Rechtsfragen nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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