OGH 10Ob37/03v

OGH10Ob37/03v18.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Anna Katharina G*****, geboren am 23. September 1992, wohnhaft bei ihrer Mutter Andrea G*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters DI Franz B*****, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 27. August 2003, GZ 21 R 242/03t-141, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 25. Juli 2003, GZ 1 P 32/98s-93, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

2. Der Schriftsatz des Vaters vom 26. 9. 2003 wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.:

Vollzugsmaßnahmen iSd § 19 AußStrG sind dadurch gekennzeichnet, dass sie a) ohne Bindung an ein geschlossenes System gesetzlich vorgenormter Exekutionsmittel, b) aber unter Bedachtnahme auf die nach der tatsächlichen Lage gebotenen und erfolgsversprechenden Maßnahmen, c) ausschließlich zur Bewirkung einer mit den dem Leistungsbefehl zugrundeliegenden rechtlichen Interessen übereinstimmenden Lebenswirklichkeit, d) von dem Gericht, das zur Erlassung, Abänderung oder Aufhebung des durchzusetzenden Leistungsbefehls berufen ist, e) soweit die Ausführung der getroffenen Regelung der gerichtlichen Prüfung unterliegt, auch ohne formellen Antrag eines aus dem Titel Berechtigten, f) ohne weiteres Verfahren und g) unter Wahrung der Interessen aller Beteiligten, aber unter Hintansetzung schädlicher Zweifelsucht und Ängstlichkeit anzuordnen sind (EvBl 1982/78 ua; RIS-Justiz RS0007203). Nach § 19 AußStrG bleibt daher dem Gericht die Auswahl der Zwangsmittel bei Missachtung seiner Verfügungen überlassen.

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht dem Vater unter Androhung einer Beugestrafe aufgetragen, die Minderjährige binnen 24 Stunden nach Zustellung der Entscheidung (an den anwaltlichen Vertreter des Vaters) zur obsorgeberechtigten Mutter oder - nach Absprache mit dem zuständigen Sozialarbeiter - zum Jugendamt in Bad Ischl zu bringen. Die Frage, welches Zwangsmittel angemessen ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalles entschieden werden. Dieser Frage kommt, wenn nicht zur Wahrung der Rechtssicherheit wegen einer unvertretbaren Fehlbeurteilung ein Aufgreifen durch den Obersten Gerichtshof erforderlich ist, regelmäßig keine Bedeutung zur Rechtsentwicklung oder Rechtseinheit iSd § 14 Abs 1 AußStrG zu.

Der weitere Auftrag des Erstgerichtes an den Vater, die Minderjährige in der Obhut der Mutter zu belassen und weitere Störungen der Obsorge zu unterlassen, stellt bloß die Aufforderung an den Vater dar, die gerichtliche Anordnung auch in der Zukunft zu befolgen. Es kann daraus entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers jedoch nicht abgeleitet werden, dass das Wohl des Kindes bei der Anordnung von in der Zukunft möglicherweise notwendig werdenden weiteren Zwangsmaßnahmen keine Beachtung mehr zu finden hätten. Es ist vielmehr von der Anordnung jeder Vollzugsmaßnahme iSd § 19 Abs 1 AußStrG abzusehen, wenn sie - ungeachtet formell aufrechten Bestandes des Titels - dem Kindeswohl zuwiderliefe oder die Beziehung des Kindes zum pflegeberechtigten Elternteil unerträglich störte (EvBl 1982/78; EFSlg 44.716; 2 Ob 514/88 ua).

Auch in seinen übrigen Ausführungen vermag der Revisionsrekurs keine Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

Zu 2.:

Das Einbringen dieses Schriftsatzes verstößt gegen den auch im außerstreitigen Verfahren geltenden Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0007007). Der nach Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses eingebrachte Schriftsatz des Vaters, in dem ergänzend vorgebracht wird, die angefochtene Entscheidung sei auch deshalb nicht zu bestätigen, weil die Minderjährige nach ihrer "zwangsweisen" Rückkehr in den Haushalt der Mutter aus Protest in den "Hungerstreik" getreten sei und in der Folge in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei, war daher zurückzuweisen (vgl 7 Ob 141/03s ua; RIS-Justiz RS0007007). Es erübrigt sich damit eine Stellungnahme zu der Frage, ob dieses im erwähnten Schriftsatz vom 26. 9. 2003 neuerungsweise erstattete Vorbringen des Vaters zu berücksichtigen gewesen wäre, wenn dieses Vorbringen bereits im außerordentlichen Revisionsrekurs enthalten gewesen wäre (vgl RIS-Justiz RS0006904; RS0010758; RS0006893 ua). Inwieweit des ergänzende Vorbringen Anlass für Maßnahmen des Pflegschaftsgerichtes bietet, wird das Erstgericht zu beurteilen haben.

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