Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahingehend abgeändert, daß der ab 1.2.1995 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes zu leistende Kindesunterhalt statt monatlich S 2.100,- nur S 1.722,- und das abzuweisende Mehrbegehren demgemäß statt monatlich S 150,- S 528,- zu lauten hat.
Text
Begründung
Rudolf D***** wurde als außerehelicher Vater der am 26.6.1990 geborenen minderjährigen Nicole S***** vom Erstgericht beschlußmäßig verpflichtet, zum Unterhalt der Genannten ab 1.1.1995 monatlich S 2.100,- zu bezahlen; das Mehrbegehren von S 150,- wurde (rechtskräftig) abgewiesen. Das Erstgericht ging davon aus, daß Rudolf D***** seit 14.7.1994 laufend (umgerechnet monatlich) zwischen S 12.306,- und S 12.795,- an Notstandshilfe bezog, ansonsten (offenbar) keine Einkünfte hatte und neben seiner Tochter noch für den am 15.10.1975 geborenen Sohn Boris D***** sorgepflichtig ist. Damit sei seine Unterhaltsleistung für die minderjährige Nicole mit 17 % zu berechnen.
Seinem Rekurs gab das Rekursgericht - soweit für das vorliegende Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - teilweise insoweit Folge, als die der Höhe nach unverändert belassene Unterhaltspflicht von monatlich S 2.100,- erst ab dem 1.2.1995 bejaht und das darüber hinausgehende Mehrbegehren auch für diesen Monat (rechtskräftig) abgewiesen wurde. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage der in § 14 Abs 1 AußStrG bezeichneten Klassifikation wurde der ordentliche Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Auch das Rekursgericht legte eine Bemessungsgrundlage von rund S 12.000,- zugrunde und führte aus, daß der Zuspruchsbetrag ohnedies um S 330,- unter den Regelbedarf von S 2.430,- liege, womit dem unterdurchschnittlichen Einkommen des Vaters ausreichend Rechnung getragen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, weil das Rekursgericht bei der Unterhaltsbemessung auf eine weitere Sorgepflicht des Vaters nicht Bedacht genommen und damit zu Lasten des Unterhaltspflichtigen dessen angemessene Unterhaltsleistung unrichtig berechnet hat. Insoweit kommt dem Rekurs auch Berechtigung zu.
Im einzelnen hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:
1.) Die behaupteten Mangelhaftigkeiten (der Entscheidung des Rekursgerichtes einerseits, dessen Rekursverfahrens andererseits) liegen nicht vor. Der Unzulässigkeitsausspruch wurde ausreichend begründet (siehe den letzten Absatz der Rekursentscheidung).
Die Unterhaltspflicht für ein weiteres über 10 Jahre altes Kind wurde vom Erstgericht in Seite 2 seiner Entscheidung ausdrücklich festgestellt, ohne daß hiezu vom Rekursgericht eine Veränderung der Tatsachengrundlage vorgenommen wurde (weshalb auch der weitere Vorwurf des Vorliegens eines sekundären Feststellungsmangels hiezu im Rahmen der Rechtsrüge nicht zutrifft).
Zur Miete von S 6.040 konnten die Vorinstanzen schon deshalb keine Feststellungen treffen, weil der Rechtsmittelwerber anläßlich seiner Protokollaufnahme am 24.7.1995 hievon keine Erwähnung machte und seine mangelnde Leistungsfähigkeit ausschließlich mit dem Bezug der Notstandshilfe einerseits und der Sorgepflicht für seinen Sohn B***** andererseits begründete (ON 7). Da ihm seine Mietbelastung vorzubringen somit bereits in erster Instanz möglich war, verstieß sein Vorbringen im Rekurs gegen das Neuerungsverbot (Fucik, MTA AußStrG Anm zu § 10; 9 ObA 2077/96y), sodaß das Rekursgericht auch nicht zu "weiteren Erhebungen" hiezu gehalten war.
2.) Daß auch eine bezogene Notstandshilfe anrechenbares Einkommen des Unterhaltspflichtigen darstellt, entspricht der auch vom Schrifttum (Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 48 E 20, Rz 90 E 7, Rz 135 E 4 und Rz 223; Schwimann Unterhaltsrecht, 40, 44 und 118) gebilligten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RZ 1992/87, 7 Ob 620/93, 6 Ob 610/94, 6 Ob 561, 1568/94 [dort als anrechenbares Einkommen auch eines unterhaltsberechtigten Arbeitslosen]); der Grund liegt darin, daß unter Einkommen im Sinne der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen des ABGB grundsätzlich die Summe aller verfügbaren Mittel zu verstehen ist, woraus folgt, daß auch öffentlich-rechtliche Leistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind (ÖA 1993, 145, 1 Ob 550/94, 6 Ob 642/94).
3.) Beide Vorinstanzen haben jedoch auf die bereits erwähnte Sorgepflicht des Vaters für den inzwischen volljährigen Sohn B***** D***** nicht ausreichend Bedacht genommen. Bei Kindern der Altersgruppe bis 6 Jahre (welches Alter N***** am 26.6.1996 erreicht hat) beträgt der Prozentsatz des anrechenbaren Nettoeinkommens 16 %; bei Sorgepflicht für ein weiteres Kind über 10 Jahren (B*****) ist ein Abzug von 2 % üblich (Purtscheller/Salzmann aaO Rz 14; EFSlg 68.340, 68.345, 71.351, 71.356, 74.588, 74.594). Dies entspricht somit 14 % und nicht, wie von den Vorinstanzen angenommen, 17 %. Damit errechnet sich - ausgehend von der von den Tatsacheninstanzen ermittelten Bemessungsgrundlage von (gerundet) S 12.000,- der der minderjährigen Tochter Nicole zustehende monatliche Unterhalt rechnerisch mit S 1.680,-. Da der Revisionsrekurswerber jedoch ohnedies (und zwar in seinem Rekursantrag zu a) zu einer Unterhaltsleistung von S 1.722,- ab dem (im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittigen) Anfangsdatum 1.2.1995 bereit ist, hat es bei diesem Betrag zu verbleiben. Eine weitere Anhebung - etwa im Sinne der Anspannungstheorie - bzw Annäherung an den darüberliegenden Regelbedarfbetrag hat zu unterbleiben, da einerseits keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Vater nach seinen Kräften zu einer höheren zumutbaren Erwerbstätigkeit befähigt wäre, und andererseits ein Unterhaltsschuldner, dessen Einkommen so niedrig ist, daß ein Zuspruch des Regelbedarfes nicht möglich oder zumindest für ihn existenzbedrohend belastend wäre, nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden darf, und ein Unterhaltszuspruch jeweils in der Höhe des Regelbedarfes auch nicht aus dem Gesetz abgeleitet werden kann (ausführlich 8 Ob 605/93 mwN).
Aus all diesen Erwägungen war dem Rechtsmittel daher ein Erfolg zu bescheiden.
Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, da Kosten nicht verzeichnet wurden.
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