Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger buchte am 27. 2. 2001 für sich und seine Familienangehörigen (Gattin und minderjährige Tochter) sowie für seine Mutter bei einer Mitarbeiterin des Reisebüros H***** S***** R***** GmbH für die Zeit vom 12. 8. 2001 bis 26. 8. 2001 eine von der Beklagten veranstaltete Pauschalreise „all inclusive" in die Türkei (4‑Sterne‑Hotel P***** Beach). Der Reisepreis betrug S 46.570 (= EUR 3.384,37). Der Kläger wählte dieses Angebot, weil im Katalog der Beklagten auch Familienzimmer mit zwei getrennten Räumen angeboten wurden. Er äußerte darüber hinaus den Wunsch nach einem ruhig gelegenen Zimmer mit Meeresblick und nach einer Minibar für die Aufbewahrung des Insulins seiner an Diabetes leidenden Mutter. Die Mitarbeiterin des Reisebüros bestätigte die Buchung eines Familienzimmers und sicherte dem Kläger auch die Weiterleitung seiner übrigen Wünsche an die Beklagte als Reiseveranstalter zu. Sie führte noch am selben Tag über das elektronische Buchungssystem der Beklagten für den Kläger die Buchung durch. Dabei unterlief ihr jedoch insofern ein Fehler, als sie anstatt der für das Familienzimmer vorgesehenen Kurzbezeichnung „FZ" die für ein 4‑Bett‑Zimmer vorgesehene Kurzbezeichnung „VZ" verwendete. Die weiteren Kundenwünsche des Klägers gab sie korrekt an den Reiseveranstalter weiter.
Der Kläger erhielt vor dem Abflug die Reiseunterlagen, darunter auch den Hotelgutschein, wo als Leistungsumfang „ein 4‑Bett‑Zimmer, Bad oder Dusche, Klimaanlage, 14 Tage Vollpension ‑ alles inklusive" angegeben war. Als der Kläger mit seiner Familie im Hotel in der Türkei ankam, wurde ihm statt eines Familienzimmers mit zwei getrennten Räumen ein 4‑Bett‑Zimmer zugewiesen. Das Zimmer lag straßenseitig und hatte keinen Meeresblick. Eine Minibar war nicht vorhanden. Der Kläger reklamierte gegenüber dem Hotelinhaber und gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten, dass er ein Familienzimmer und kein 4‑Bett‑Zimmer gebucht habe. Diese Reklamation des Klägers blieb erfolglos, da in der Hochsaison kein Familienzimmer zur Verfügung gestellt werden konnte und auch eine Unterbringung in einem anderen Hotel oder eine vorzeitige Abreise nicht möglich waren.
Der Kläger begehrt mit der am 30. 11. 2001 beim Erstgericht eingelangten Klage zuletzt die Zahlung von EUR 3.390,88 sA an Gewährleistung und Schadenersatz wegen Vertragsmängel, von EUR 8,64 sA an Kosten für angefertigte Fotos und von EUR 2.016 sA für entgangene Urlaubsfreude.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die vertraglich zugesicherten Leistungen seien vollständig und ordnungsgemäß erbracht worden. Ein immaterieller Schadenersatz stehe dem Kläger nicht zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Da der vom Kläger aufgesuchte Reisevermittler im Namen und auf Rechnung des Kunden tätig geworden sei, müssen sich den Fehler der Mitarbeiterin des Reisebüros zurechnen lassen, weshalb der Reiseveranstaltungsvertrag nicht die Benützung eines Familienzimmers, sondern eines 4‑Bett‑Zimmers zum Inhalt gehabt habe. Auf einen diesbezüglichen Mangel könne sich der Kläger daher nicht berufen. Die weiteren von ihm geltend gemachten Mängel lägen entweder nicht vor oder seien derart geringfügig, dass sie als bloße Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden müssten Auf die Frage, ob dem Kläger und seinen Mitreisenden immaterielle Schadenersatzansprüche zustünden, müsse daher nicht mehr eingegangen werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger einen Betrag von EUR 1.057,66 sA zu bezahlen, während es das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf Zahlung von weiteren EUR 4.357,86 sA ‑ unbekämpft ‑ abwies. Nach seinen Rechtsausführungen sei das Reisebüro als Reisevermittler bei der Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen des Reisenden zum Zweck der Weiterleitung an den Reiseveranstalter und bei der Übermittlung der Erklärung des Reiseveranstalters an den Reisenden über die Annahme oder Ablehnung seines Anbots nicht Bote des Reisenden, sondern Gehilfe des Reiseveranstalters. Durch die Erklärung des Klägers, er buche ein Familienzimmer und die Erklärung des Vermittlers, eine derartige Buchung vorzunehmen, sei die Zurverfügungstellung eines Familienzimmers Inhalt des Reisevertrages zwischen den Streitteilen geworden. Die Leistung der Beklagten sei daher durch die Zurverfügungstellung eines 4‑Bett‑Zimmers mangelhaft geblieben.
Nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichtes seien für die Beurteilung eines auf das Vorliegen dieses Mangels gestützten Preisminderungsanspruches des Klägers als Orientierungshilfe die „Frankfurter Tabelle zur Reisepreisminderung" sowie die Bestimmung des § 273 ZPO heranzuziehen. Unter Zugrundelegung der Wertungen der Frankfurter Tabelle und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger mit seiner an Diabetes erkrankten Mutter reiste, sowie der sich aus dem erstgerichtlichen Beweisverfahren ergebenden räumlichen Enge des zur Verfügung gestellten 4‑Bett‑Zimmers, erscheine unter Anwendung des § 273 ZPO eine auf diesen Mangel entfallende Reisepreisminderung von 15 % des Pauschalreisepreises angemessen. Weitere Reisemängel, die einen Anspruch des Klägers auf Preisminderung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.
In Fällen schwerwiegender Mängel einer Reiseveranstaltung habe schon vor Inkrafttreten des ZivRÄG 2004, BGBl I 2003/91, ein durchsetzbarer Anspruch auf Ersatz entgangener Urlaubsfreude bestanden, da der Gesetzgeber durch die mit dem zitierten Gesetz vorgenommene Novellierung des § 31e KSchG keine von der bestehenden Rechtslage abweichende neue Rechtslage geschaffen habe, sondern lediglich die aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH bereits bestehende Rechtslage gesetzlich festgeschrieben habe. Wenn der Reiseveranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbracht habe und dies auf einem dem Reiseveranstalter zurechenbaren Verschulden beruhe, stehe dem Reisenden nach der novellierten Bestimmung des § 31e KSchG auch ein Anspruch auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude zu. Bei der Bemessung dieses Ersatzanspruches sei insbesondere auf die Schwere und die Dauer des Mangels, den Grad des Verschuldens, den vereinbarten Zweck der Reise sowie auf die Höhe des Reisepreises Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sei davon auszugehen, dass die Zurverfügungstellung eines 4‑Bett‑Zimmers anstelle des gebuchten Familienzimmers mit zwei getrennten Räumen im Hinblick auf die konkrete Zusammensetzung der Reisegruppe (Eltern mit ihrem Kind einerseits und die an Diabetes leidende Mutter bzw Schwiegermutter andererseits) zu einer die Erheblichkeitsgrenze übersteigenden Beeinträchtigung des Aufenthaltes und somit zum Entgang von Urlaubsfreude geführt habe. Die Beklagte habe den Beweis, dass sie an der Nichterfüllung bzw Schlechterfüllung kein Verschulden treffe, nicht erbracht. Dem Kläger stehe somit für alle Familienmitglieder ein Anspruch auf entgangene Urlaubsfreude in der als angemessen erachteten Höhe von insgesamt EUR 500 zu.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Über Antrag der Beklagten änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch dahin ab, dass die Revision doch zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen und zur Höhe des Schadenersatzanspruches nach § 31e KSchG sowie zum zeitlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung vorliege.
Gegen den stattgebenden Teil des Berufungsurteiles richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Soweit sich die Beklagte gegen eine Zurechnung des der Reisebüroangestellten bei der Buchung unterlaufenen Fehlers wendet, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Reisebüro bei Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen des Reisenden zum Zweck der Weiterleitung an den Reiseveranstalter und bei Bekanntgabe der Erklärung des Reiseveranstalters an den Reisenden über die Annahme oder Ablehnung des Angebots nicht als Bote des Reisenden, sondern als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters tätig wird. Beim Abschluss eines Reisevermittlungsvertrages agiert der Reisevermittler somit als Vertreter des Veranstalters. Das Risiko einer fehlerhaften Weiterleitung des Anbots durch das vermittelnde Reisebüro trägt daher nicht der Reisende, sondern der Reiseveranstalter (SZ 57/37 = RIS‑Justiz RS0019472; Harrer in Schwimann ABGB² § 1313a Rz 7; Bläumauer, Reiserecht 88 ua).
Zum Anspruch auf Reisepreisminderung:
Seinen Anspruch auf Preisminderung stützt der Kläger auf den Titel der Gewährleistung. Sein Anspruch ist im Hinblick darauf, dass der Reisevertrag vor dem 1. 1. 2002 geschlossen wurde, nach der Gesetzeslage vor dem Inkrafttreten des Gewährleistungsrechts‑Änderungsgesetzes (GewRÄG) zu beurteilen. Der Reiseveranstaltungsvertrag ist nach herrschender Ansicht ein gemischter Vertrag, der Elemente des Werkvertrages, des Dienstleistungsvertrages und der Geschäftsbesorgung enthält und bei dem sich die Gewährleistungsrechte des Reisenden grundsätzlich nach § 1167 ABGB in der hier anzuwendenden Fassung richten. § 31e KSchG enthält für den Reiseveranstaltungsvertrag eine Sondergewährleistungsvorschrift, die die allgemeine Regelung des § 1167 ABGB nicht verdrängt, sondern nur ergänzt (ZVR 2003/109 mwN).
Ob eine Reise mangelhaft ist, richtet sich nach dem konkreten Vertrag, das heißt die Reise muss die bedungenen sowie die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweisen (Krejci in Rummel, ABGB³ II/4 § 31e KSchG Rz 3 ua). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes entschloss sich der Kläger für das Angebot der Beklagten, weil darin ein Familienzimmer mit zwei getrennten Räumen angeboten wurde. Da eine Buchung laut vorgelegtem Reiseprospekt als Zusage der darin dokumentierten Eigenschaften zu qualifizieren ist und die Beklagte nicht das zugesagte Familienzimmer mit zwei getrennten Räumen, sondern nur ein einzelnes Zimmer mit vier Betten zur Verfügung stellte, blieb in diesem Umfang die Leistung der Beklagten mangelhaft. Der in § 31e Abs 2 KSchG normierten Rügepflicht hat der Kläger umgehend nach seiner Ankunft im Hotel entsprochen und damit der Beklagten grundsätzlich Gelegenheit geboten, sich um eine adäquate Ersatzlösung zu bemühen, was aber aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen nicht gelungen ist. Gemäß § 1167 ABGB idF vor dem GewRÄG besteht die Möglichkeit, bei allen Arten von Mängeln (wesentlich oder unwesentlich, behebbar oder unbehebbar) Preisminderung zu begehren. Bei der Bewertung von Reisepreisminderungen kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch für den österreichischen Rechtsbereich die „Frankfurter Tabelle zur Reisepreisminderung" als Orientierungshilfe herangezogen werden (RIS‑Justiz RS0117126). Dies ändert aber nichts daran, dass die Festsetzung des Preisminderungsbetrages aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalles nach freier Überzeugung des Gerichtes (§ 273 ZPO) zu erfolgen hat. Die „Frankfurter Tabelle zur Reisepreisminderung" enthält Abschläge vom bezahlten Preis für die Unterbringung in einem 4‑Bett‑Zimmer statt in einem Doppelzimmer im Bereich von 20 % bis 30 %, wobei entscheidend ist, ob Personen der gleichen Buchung oder unbekannte Personen zusammengelegt werden (vgl Zechner, Reisevertragsrecht Rz 406). Die von der Beklagten gegen den vom Berufungsgericht angenommenen Preisminderungsprozentsatz vorgebrachten Argumente überzeugen nicht, da der Quartiermangel während der gesamten Zeit des Urlaubs bestanden hat, die Beeinträchtigung des Aufenthaltes durch Mängel der Unterbringung auf die Gesamtreise ausgestrahlt hat und von dieser Beeinträchtigung entgegen der Ansicht der Beklagten neben dem Kläger jedenfalls auch seine Gattin sowie seine Mutter betroffen waren. Der Umstand, dass es sich bei der vom Kläger gebuchten Reise um eine Familienreise handelte, wurde vom Berufungsgericht bei der Festsetzung des Abschlages bereits berücksichtigt. Ausgehend davon kann aber der vom Berufungsgericht angenommene Preisminderungsprozentsatz nicht beanstandet werden.
Zum Anspruch auf immateriellen Schadenersatz:
Die Ansicht der Beklagten, in allen Schadensfällen, die sich vor dem Inkrafttreten des ZivRÄG 2004, BGBl I 2003/91, und der dadurch erfolgten Novellierung des § 31e KSchG ereignet haben, sei am Grundsatz der mangelnden Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden festzuhalten, hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 242/04f = ecolex 2005/132, 289 [Wilhelm] vom 23. 11. 2004 ausdrücklich abgelehnt. Es wurde darauf hingewiesen, dass der EuGH in der Entscheidung Simone Leitner (C‑168/00) vom 12. 3. 2002 festgestellt hat, dass Art 5 der Pauschalreise‑Richtlinie „grundsätzlich" Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens gewährt, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruht. Er ließ auch keinen Zweifel daran offen, dass die diesbezüglich angestrebte Harmonisierung der unterschiedlichen Schadenersatzregelungen in den Mitgliedstaaten der EG auf Basis einer Anknüpfung an leichtes Verschulden zu erfolgen hat, weil sich nur auf diese Weise Wettbewerbsverzerrungen beseitigen lassen. Soweit die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EG den Ersatz entgangener Urlaubsfreude im Fall einer mit schwerwiegenden Mängeln behafteten Reiseveranstaltung nicht definitiv ausschlossen oder einschränkten (etwa vom Nachweis eines groben Verschuldens des Reiseveranstalters abhängig machten), war es daher schon vor der vollständigen Umsetzung der Pauschalreise‑Richtlinie (in Österreich durch das ZivRÄG 2004) ein Gebot der richtlinienkonformen Interpretation nationalen Rechts, den Ersatz derartiger Schäden nach den vom EuGH dargelegten Grundsätzen zu gewähren, wobei das österreichische Schadenersatzrecht einer solchen Interpretation schon vor der Novellierung des § 31e KSchG (Einfügung des Abs 3) durch das ZivRÄG 2004 zugänglich war (vgl jüngst Michitsch, Immaterieller Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude, ZVR 2004/63; Riedler, Änderungen des KSchG durch das ZRÄG 2004, RZ 2003, 266 ff [274]; Lehofer in Kosesnik‑Wehrle/Lehofer/Mayer/Langer, KSchG² § 41a Rz 18; Kathrein in seiner Entscheidungsanmerkung zu ZVR 2002/69, 283 ua).
Von dieser Auffassung ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. Im Zuge der anstehenden Änderungen des Zivilrechts (ZivRÄG 2004) sah sich dieser nur deshalb zur Novellierung des § 31e KSchG veranlasst, um „die Rechtslage klarzustellen" und jeden Zweifel an der Vereinbarkeit des österreichischen Reiserechts mit den Vorgaben der Pauschalreise‑Richtlinie zu beseitigen (siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen zur RV 173 BlgNR XXII. GP 23 f). Dass (nach § 31e Abs 3 KSchG) der Ersatz für entgangene Reisefreude auch bei leichtem Verschulden des Veranstalters oder seiner Gehilfen gebührt, wurde damit erklärt, dass dies „der Rechtslage in anderen Fällen entspricht, in denen das Gesetz Anspruch auf immateriellen Schadenersatz einräumt". Das österreichische Recht genüge damit „weiterhin" den Anforderungen des Art 5 Abs 2 Unterabschnitt 1 der Pauschalreise‑Richtlinie (5 Ob 242/04f).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung des 5. Senates (vgl auch RIS‑Justiz RS0119581) an. Zur Anmerkung von Wilhelm in ecolex 2005/132, 290f, der Oberste Gerichtshof habe in dieser Entscheidung seine Auffassung, dem Reisenden sei in richtlinienkonformer Interpreation schon vor Einfügung des § 31e Abs 3 KSchG Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude zugestanden, nicht näher begründet, ist darauf hinzuweisen, dass der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die eindeutigen Gesetzesmaterialien sowie die ausführlich begründete Entscheidung des LG Feldkirch 3 R 93/04f, die wiederum an die ebenfalls umfangreich begründete Entscheidung des LG Linz 15 R 5/00m (JBl 2002, 600 = ZVR 2002/69) anschließt, verwiesen hat. Da, wie auch Wilhelm anmerkt, dem ABGB grundsätzlich ein weiter Schadensbegriff zugrundeliegt, das österreichische Recht in der Frage des Schadensbegriffes ohnedies auslegungsedürftig ist, der Ersatz immaterieller Schäden jedenfalls nicht durch das Gesetz eindeutig ausgeschlossen wird und der Gesetzgeber überdies mit den §§ 31b ff KSchG ersichtlich die Pauschalreise‑RL vollständig umsetzen wollte, ist eine Interpreation anhand der (vom EuGH festgelegten) Vorgaben der RL jedenfalls im Regelungsplan des österreichischen Gesetzgebers gelegen. Auch wenn man davon ausgeht, dass eine richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit in Betracht kommt, als das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt,. eine richtlinienkonforme Auslegung sich immer nur innerhalb des Auslegungskanons des nationalen Rechts bewegen und daher einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung im Wege der richtlinienkonformen Auslegung kein entgegengesetzter Sinn verliehen werden darf (vgl EvBl 2001/40), sind auch nach Ansicht des erkennenden Senates die Zuständigkitsgrenzen für eine richtlinienkonforme Interpretation im vorliegenden Fall nicht überschritten (vgl auch M.M. Karollus, Urlaubsfreude und Reisen „a là carte", JBl 2002, 566 [574] mwN). Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass in Fällen schwerwiegender Mängel einer Reiseveranstaltung schon vor Inkrafttreten des ZivRÄG 2004 ein durchsetzbarer Anspruch auf Ersatz entgangener Urlaubsfreude bestand und dafür leichtes Verschulden des Reiseveranstalters ausreicht. Da diese Regelung, wie dargelegt, bereits der ursprünglichen, nur unvollkommen zum Ausdruck gebrachten Absicht des österreichischen Gesetzgebers, durch die Reiserechtsbestimmungen der §§ 31b ff KSchG die Vorgaben durch die Pauschalreise‑Richtlinie vollständig umzusetzen, entspricht, bestehen dagegen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nach § 31e Abs 3 KSchG hat der Reisende einen Anspruch auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude, sofern der Reiseveranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistung nicht erbracht hat und dies auf einem dem Reiseveranstalter zurechenbaren Verschulden beruht. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Reise überhaupt nicht stattgefunden hat, oder ob sie zwar durchgeführt wurde, aber im Zuge der Durchführung erhebliche Reisemängel aufgetreten sind. Dem Reisenden soll nach den Vorstellungen der Gesetzgebers allerdings nicht wegen eines jeden Mangels ein Anspruch auf Ersatz der entgangenen Reisefreude zustehen, vielmehr soll ein solcher Anspruch nur dann in Betracht kommen, wenn der Veranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich geschuldeten Leistung nicht (ordnungsgemäß) erbracht hat. In den Gesetzesmaterialien ist angeführt, dass ein Ersatzanspruch des Reisenden wegen entgangener Urlaubsfreude bei bloß geringfügigen Mängeln nicht zielführend sei, weil dem Reisenden die Urlaubsfreude bei bloß geringfügigen Beeinträchtigungen ‑ wie etwa einer geringfügigen Verspätung, dem Ausfall einer Abendveranstaltung oder einem Unterkunftsmangel, der rasch und vollständig behoben werde, „im Allgemeinen nicht vergällt sein" werde. Der österreichische Gesetzgeber sah allerdings ausdrücklich davon ab, die Erheblichkeitsschwelle näher zu präzisieren, etwa dem Reisenden einen Anspruch auf Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude erst zuzugestehen, wenn er wegen der Mangelhaftigkeit der Leistung zu einer Preisminderung von mehr als 50 % des Reisepreises berechtigt ist (vgl Riedler aaO RZ 2003, 269 f unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann auch die Beurteilung des Berufungsgerichtes, der vorliegende Mangel betreffe einen erheblichen Teil der vertraglich geschuldeten Leistung, nicht beanstandet werden. Der Mangel betrifft eine für die Reise zentrale Einzelleistung (Unterkunft) und es konnte der Mangel während des 14‑tägigen Aufenthaltes am Urlaubsort nicht behoben werden. Auch wenn vom Kläger die Reise seiner Familie und seiner Mutter als „Familienreise" geplant war, so hat der Kläger doch aus verständlichen Gründen einen besonderen Wert auf eine Unterbringung in zwei getrennten Räumen gelegt. Bei der vertragswidrig erfolgten Unterbringung in einem 4‑Bett‑Zimmer kann daher jedenfalls nicht mehr von einem bloß geringfügigen Mangel, welcher zu keiner nennenswerten Beeinträchtigung der Urlaubsfreude beim Kläger, dessen Gattin und dessen Mutter geführt habe, gesprochen werden, ohne dass es dazu noch weiterer Ausführungen bedürfte. Die Beeinträchtigung des Genusses einer Urlaubsreise, insbesondere die mit der Enttäuschung einer (berechtigten) Erwartung verbundenen Unlustgefühle und Missempfindungen sind nach österreichischem Recht als immaterieller Schaden anzusehen, während mittels der Preisminderung die durch den Mangel gestörte subjektive Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt werden soll und damit ein Vermögensschaden ausgeglichen werden soll. Dem Reisenden kann daher der Anspruch auf Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude ‑ bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ‑ auch im Rahmen der Geltendmachung von Preisminderungsansprüchen abgegolten werden (vgl Michitsch aaO ZVR 2004/63). Die vom Kläger vorgenommene Substantiierung seines Anspruches auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude war ausreichend, weil die Beeinträchtigung des Urlaubes der Reisegruppe durch die Unterbringung in einem 4‑Bett‑Zimmer statt in zwei getrennten Zimmern lebensnah und allgemein nachvollziehbar ist. Die Beklagte hat den ihr gemäß § 1298 ABGB obliegenden Beweis ihrer Schuldlosigkeit an der Vertragsverletzung nicht erbracht, sodass die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude im Sinn des § 31e Abs 3 KSchG erfüllt sind. Die Kausalität der dem Kläger als Verletzung der Schadensminderungspflicht angelasteten Unterlassung einer Überprüfung der Reiseunterlagen vor Reiseantritt für den eingetretenen Schaden wurde von der Beklagten nicht unter Beweis gestellt.
Bezüglich der Bemessung des Ersatzanspruches ist gemäß § 31e Abs 3 KSchG insbesondere auf die Schwere und Dauer des Mangels, den Grad des Verschuldens, den vereinbarten Zweck der Reise sowie die Höhe des Reisepreises Bedacht zu nehmen. Nach den Gesetzesmaterialien bestehen keine Bedenken dagegen, der Bemessung Pauschalbeträge in einer Größenordnung von etwa 50 bis 60 EUR pro Tag an entgangener Urlaubsfreude zugrunde zu legen. Gleichzeitig wird aber in den Gesetzesmaterialien auch betont, dass je nach den Umständen des Einzelfalles über oder unter diese Beträge gegangen werden könne und auch darauf hingewiesen, dass die Höhe des Ersatzes für die entgangene Urlaubsfreude in einem angemessenen Verhältnis zu den von der Rechtsprechung festgelegten Schmerzengeldbeträgen stehen soll (vgl Riedler aaO RZ 2003, 272 f).
Die erwähnten Bemessungskriterien sind als „bewegliches System" zu verstehen, innerhalb dessen Grenzen ein weiter Spielraum für die den Erfordernissen des Einzelfalls jeweils gerecht werdende Ermessenausübung besteht (vgl ZVR 2000/103 zur Ersatzbemessung bei konventionswidrigem Freiheitsentzug). Die Höhe des vom Berufungsgericht bemessenen Zuspruchs ist unbedenklich, zumal der Kläger auch die ihm abgetretenen Ersatzansprüche seiner Angehörigen geltend macht, sodass vom Berufungsgericht im Ergebnis pro Person und Tag ohnedies nur ein Betrag von EUR 8,93 für entgangene Urlaubsfreude zugesprochen wurde; eine Überschreitung des richterlichen Ermessens zum Nachteil der Beklagten ist somit auch unter Berücksichtigung der zitierten Gesetzesmaterialien nicht erkennbar.
Der Revision ist daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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