European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128167
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
1. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich des für den Zeitraum von 1. 4. 2018 bis 30. 4. 2019 zu leistenden Unterhalts bestätigt.
2. Im Umfang des ab 1. 5. 2019 zu leistenden Unterhalts werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben.
Insoweit wird die Pflegschaftssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Begründung:
Der 2006 geborene T* ist der Sohn von J* und M*. Er lebt im Haushalt seiner Mutter. Die häusliche Gemeinschaft der Eltern ist zumindest seit Juli 2015 aufgehoben.
Der Vater war bis 15. 7. 2018 unselbständig beschäftigt. Sein monatliches Durchschnittseinkommen betrug in der Zeit von 1. 1. 2018 bis 30. 6. 2018 4.521 EUR netto (inklusive anteiliger Sonderzahlungen). Ab 27. 7. 2018 war der Vater arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. An Abfertigung und Leistungen aus einem Sozialplan erhielt er 26.000 EUR. Er lebt mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin und zwei gemeinsamen, 2018 und 2019 geborenen Kindern in einem Haushalt.
Zuletzt war der Vater gegenüber seinem Sohn T* aufgrund des Beschlusses des Erstgerichts vom 22. 12. 2016, GZ 9 Pu 85/15y‑54 (10 Ob 41/17b), ab 1. 1. 2017 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung in Höhe von 445 EUR sowie zur Zahlung eines Sonderbedarfs für die halben Schulkosten in Höhe von 75,63 EUR monatlich verpflichtet. Bei dieser Entscheidung war ein überdurchschnittliches Kontaktrecht berücksichtigt worden, das zu einer Unterhaltsminderung von 20 % gegenüber dem rechnerischen Unterhaltsbeitrag führte. Die Bemessung des Unterhalts erfolgte ausgehend vom zweifachen Durchschnittsbedarf gleichaltriger Kinder. Derzeit gibt es kein überdurchschnittliches Kontaktrecht mehr.
Der durch den Kinder- und Jugendhilfeträger vertretene Antragsteller beantragte (nach mehreren Modifizierungen), den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 740 EUR (19 % des Letztbezugs) für den Zeitraum von 1. 4. 2018 bis 31. 12. 2018 und ab 1. 1. 2019 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 830 EUR zu verpflichten.
Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich brachte der Antragsteller zusammengefasst vor, sein Vater sei im Hinblick auf den Erhalt von 26.000 EUR an Abfertigung und Leistungen aus einem Sozialplan trotz Verlust seines Arbeitsplatzes in der Lage, die begehrten Unterhaltsbeträge zu leisten. Ab 1. 5. 2019 sei der Unterhaltsbemessung unter Anwendung des Anspannungsgrundsatzes ein Bruttoeinkommen von monatlich 6.000 EUR bis 6.500 EUR zugrunde zu legen.
Der Vater beantragte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens und beantragte seinerseits die gegenüber dem Kind bestehende monatliche Unterhaltsverpflichtung für die Zeit von 1. 3. 2019 bis 31. 3. 2019 auf 250 EUR und ab 1. 4. 2019 auf 100 EUR herabzusetzen.
Er brachte zusammengefasst vor, er sei ein im Vereinigten Königreich ausgebildeter Jurist für (englisches) Immobilienrecht. Nach seiner Übersiedlung nach Wien habe er mit großem Glück eine Anstellung bei einem Unternehmen erlangt, bei dem er als M&A Consultant internationale Immobilientransaktionen betreut habe. Nachdem er dieses Dienstverhältnis infolge einer Umstrukturierung unverschuldet verloren habe, sei nicht davon auszugehen gewesen, dass er in seinem Berufsfeld einen anderen adäquaten Arbeitsplatz finden werde. Um in absehbarer Zeit wieder ein angemessenes Einkommen zu erlangen, habe er sich für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Beratungsbereich entschlossen. Aus der Beratung eines polnischen Technologieunternehmens habe er bereits ein Honorar von 14.000 EUR brutto erhalten, wovon ihm nach Berücksichtigung von Büromiete, Telefonkosten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen etwa 5.000 EUR verbleiben. Möglicherweise werde er von Wien aus auch freiberufliche Tätigkeiten für eine Londoner Anwaltskanzlei übernehmen. Sollte er diesen Auftrag erhalten, erwarte er ab September 2019 ein Einkommen von 600 EUR brutto wöchentlich, somit für das restliche Jahr voraussichtlich 9.600 EUR brutto. Weiters plane er mit zwei Geschäftspartnern in Österreich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Über eine Zulassung als österreichischer Rechtsanwalt verfüge er nicht. Aus welchen Gründen die Mutter des Kindes vermeine, er sei derzeit in der Lage, ein Einkommen von 6.500 EUR brutto zu erzielen, sei unerfindlich. Seine Bezüge vom Arbeitsmarktservice verwende er zu weiten Teilen für die Abdeckung des Unterhalts für seinen Sohn und zur Vorbereitung seiner selbständigen Tätigkeit (Büromiete, SV‑Beiträge, Mobiltelefon, Steuerberatungskosten etc). Seine Abfertigungszahlungen habe er zur Abdeckung von Schulden und Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Mutter des Kindes verwenden müssen. Derzeit sei er daher nicht in der Lage, zu den laufenden Ausgaben des gemeinsamen Lebens seiner nunmehrigen Familie finanziell beizusteuern, weshalb seine Lebensgefährtin diese Kosten trage. Er bemühe sich durch die Betreuung der Kinder und die Führung des Haushalts einen entsprechenden Beitrag zum gemeinsamen Leben zu leisten.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, dem Kind
1. zusätzlich zu der ihm mit Beschluss des Erstgerichts vom 22. 12. 2016, GZ 9 Pu 85/15y‑54, auferlegten Unterhaltsverpflichtung von 445 EUR
a) im Zeitraum von 1. 4. 2018 bis 31. 7. 2018 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 231 EUR, insgesamt somit monatlich 676 EUR,
b) im Zeitraum von 1. 8. 2018 bis 31. 12. 2018 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 295 EUR, insgesamt somit monatlich 740 EUR,
c) im Zeitraum von 1. 1. 2019 bis 31. 3. 2019 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 339 EUR, insgesamt somit monatlich 784 EUR,
2. in Minderung der mit Beschluss des Erstgerichts vom 22. 12. 2016, GZ 9 Pu 85/15y‑54, auferlegten Unterhaltsleistung von monatlich 445 EUR
a) im Zeitraum von 1. 4. 2019 bis 30. 4. 2019 nur einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 214 EUR monatlich,
b) im Zeitraum von 1. 5. 2019 bis 7. 5. 2019 nur einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 370 EUR und
c) ab 8. 5. 2019 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes nur einen Unterhaltsbetrag von monatlich 353 EUR zu zahlen.
Das darüber hinausgehende Unterhaltsmehrbegehren des Kindes wies das Erstgericht, ebenso ab wie das (weitere) Herabsetzungsbegehren des Vaters.
Das Erstgericht traf – soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich – über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus folgende weitere Feststellungen:
Der Vater bezog von 1. 8. 2018 bis 31. 3. 2019 Arbeitslosengeld in Höhe von (gerundet) 1.656 EUR monatlich. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes ab 1. 4. 2019 eingestellt, weil der Vater sein im April 2019 erzieltes Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit gemeldet hatte. Laut Honorarnoten vom 15. 5. 2019 erhielt er an Honoraren insgesamt 14.000 EUR (brutto) ausgezahlt. Die Lebensgefährtin des Vaters trägt seit Juli 2018 sämtliche Lebenshaltungskosten der Familie (1.800 EUR Miete, 80 EUR für Energiekosten, 600 EUR für Lebensmittel und Hygieneartikel).
Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass bis 15. 7. 2018 die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch Berücksichtigung des Einkommens aus dem Beschäftigungsverhältnis sowie anschließend aus dem Arbeitslosengeldbezug zu ermitteln sei. Zum Arbeitslosengeldbezug seien die Einmalzahlungen (Abfertigung und Sozialplan) durch Aufteilung auf die nachfolgenden Monate in der Weise zu addieren, dass bis einschließlich März 2019 der Betrag des letzten durchschnittlichen Nettoeinkommens von rund 4.521 EUR im Monat erreicht werde. Aufgrund der errechneten Unterhaltsbemessungsgrundlage ergebe sich unter Anrechnung der Familienbeihilfe jeweils ein Unterhaltsbetrag für die einzelnen Zeiträume in der angeführten Höhe. Der für den Monat April 2019 festgesetzte verminderte Unterhaltsbetrag gründe sich auf den verbleibenden Betrag aus der Einmalzahlung von 1.128 EUR. Ab 1. 5. 2019 seien der Unterhaltsbemessung 1.000 EUR an anteilsmäßigen Lebenshaltungskosten zugrunde zu legen, die für den Vater von dessen Lebensgefährtin getragen werden. Weiters seien in die Unterhaltsbemessungsgrundlage 1.000 EUR netto an Honoraren aus der selbständigen Tätigkeit einzurechnen, sodass ab 1. 5. 2019 von einer monatlichen Unterhaltsbemessungsgrundlage von insgesamt 2.000 EUR auszugehen sei. Infolge Geburt des weiteren Kindes am 7. 5. 2019 sei eine zusätzliche Sorgepflicht ab 8. 5. 2019 zu berücksichtigen. Diese vermindere den monatlichen Unterhaltsbeitrag von 370 EUR auf 353 EUR. Eine Anspannung auf fiktive Einkünfte habe derzeit nicht stattzufinden, weil sich der Vater ersichtlich bemühe, freiberuflich tätig zu sein und auch bereits 14.000 EUR an Honoraren erwirtschaftet habe. Nach einer Unternehmensgründung sei dem Unterhaltspflichtigen ein angemessener Zeitraum zu gewähren, um sein Unternehmen zu etablieren.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Ungeachtet der Rechtsmittelerklärung, nach der der Beschluss des Erstgerichts im gesamten Umfang angefochten werde, enthalte der Rekurs aber keine Argumentation gegen die Neubemessung des Unterhalts für den Zeitraum bis einschließlich April 2019, sondern wende sich ausschließlich gegen die Höhe der für den Zeitraum ab 1. 5. 2019 angenommenen Unterhaltsbemessungsgrundlage. Für den Zeitraum ab 1. 5. 2019 werde im Rekurs aufgezeigt, dass nach ständiger Rechtsprechung freiwillige Zuwendungen bzw freiwillige Unterhaltsleistungen, die der Unterhaltspflichtige von Angehörigen oder einem Lebensgefährten erhalte, nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Dennoch verringere sich der Bedarf des Vaters infolge der Zuwendungen seiner Lebensgefährtin, was auch bei der Ausmessung der Belastungsgrenze nach § 291b EO zu berücksichtigen wäre. Dass der Vater für Mai 2019 einen Nettobezug von 5.000 EUR erzielt habe, werde im Rekurs zugestanden. Bezogen auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt erster Instanz (4. 6. 2019) sei zu erwarten, dass der Vater auch in Hinkunft aus seiner – mit Ambition aufgenommenen – selbständigen Tätigkeit ein Einkommen (zumindest) in dieser Höhe erzielen werde. Insgesamt sei ihm daher durchaus eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 2.000 EUR monatlich zuzurechnen, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass sich der Lebensbedarf des Vaters durch die von seiner Lebensgefährtin getragenen Lebenshaltungskosten vermindere. Der vom Erstgericht festgesetzte Unterhalt entspreche somit insgesamt den Kriterien des § 231 ABGB. Unterhaltsentscheidungen seien Ermessensentscheidungen und keine Rechenexempel.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs nachträglich infolge Zulassungsvorstellung mit der Begründung zu, der Revisionsrekurswerber mache geltend, dass die vom Rekursgericht ab 1. 5. 2019 angenommene Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht nachvollziehbar sei, die Voraussetzungen für eine Anspannung nicht vorlägen und der bei Unterhaltsentscheidungen gegebene Ermessensspielraum in unvertretbarer Weise überschritten worden wäre. Ungeachtet des Umstands, dass es sich um eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Entscheidung handle, sei der Revisionsrekurs im Hinblick auf die zu wahrende Rechtssicherheit zulässig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass dem Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts zur Gänze Folge gegeben werde; in eventu mögen die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache an das Rekurs- oder das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen werden.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Hinblick darauf zulässig, dass die Ansicht des Rekursgerichts, die monatliche Unterhaltsbemessungsgrundlage betrage für den Zeitraum ab 1. 5. 2019 2.000 EUR, aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur bedarf. Der Revisionsrekurs ist – bezogen auf diesen Zeitraum – im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt; im Übrigen erweist er sich als nicht berechtigt.
1. Zum Anfechtungsumfang:
1.1 Auch wenn im außerstreitigen Verfahren weder ein Rekursantrag noch Rekursgründe erforderlich sind, muss der Rechtsmittelwerber angeben, inwieweit er sich durch die angefochtene Entscheidung beschwert erachtet (§ 47 Abs 3 AußStrG). Daraus folgt, dass es für die Beurteilung des Umfangs der Anfechtung nicht allein auf die Textierung eines (vorhandenen) Rechtsmittelantrags ankommt, sondern auf den gesamten Inhalt des Rechtsmittels (10 Ob 28/04x SZ 2004/90; 2 Ob 192/08m; RIS‑Justiz RS0006674 [T37]).
1.2 In Zusammenschau der im Revisionsrekurs und im Rekurs enthaltenen Rechtsmittelerklärungen ergibt sich, dass der Vater die Überprüfung der Entscheidung des Rekursgerichts im gesamten Umfang begehrt. Inhaltlich wendet er sich im Revisionsrekurs aber ausschließlich gegen die für den Zeitraum ab 1. 5. 2019 angenommene Unterhaltsbemessungsgrundlage von 2.000 EUR. Dennoch gilt die Entscheidung nach § 47 Abs 3 AußStrG im Zweifel als zur Gänze angefochten. Auch hinsichtlich des Zeitraums von 1. 4. 2018 bis 30. 4. 2019 war daher nicht vom Eintritt der Teilrechtskraft auszugehen.
2. Zu den freiwilligen Leistungen der Lebensgefährtin:
2.1 Der Oberste Gerichtshof vertritt die Rechtsansicht, dass nur solche Zuwendungen als die Bemessungsgrundlage erhöhend anzusehen sind, auf die der Unterhaltsschuldner einen Rechtsanspruch hat. Davon zu unterscheiden sind bloß freiwillig geleistete, jederzeit widerrufliche Zuwendungen, die ohne rechtliche Verpflichtung aus familiären Gründen oder von Lebensgefährten erbracht werden und die nicht dazu gedacht sind, andere Unterhaltsberechtigte mitzuversorgen. Diese sind bei der Unterhaltsbemessung im Allgemeinen nicht zu berücksichtigen (RS0107262 [T10, T12, T14, T15 und T20]; RS0129468; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3, § 140 ABGB Rz 146; krit Kolmasch, Neues im Kindesunterhaltsrecht, Zak 2008/39, 26 [28]; Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 [2019] Rz 305).
2.2 Hinweise darauf, dass die Lebensgefährtin des Revisionsrekurswerbers nicht nur diesem, sondern auch dessen unterhaltsberechtigten ehelichen Sohn (dem Antragsteller) Unterhalt gewähren will, fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass die Fortsetzung der Leistungen wahrscheinlich sei, selbst wenn der Revisionsrekurswerber in Hinkunft wieder in der Lage sein sollte, mit seinen Einkünften zum Einkommen seiner nunmehrigen Familie beizutragen, gibt es ebenfalls nicht. Die in der kostenlosen Wohnmöglichkeit und in den nicht selbst getragenen sonstigen Lebenshaltungskosten liegende Ersparnis ist daher auch im vorliegenden Fall nicht als regelmäßiges Einkommen des Revisionsrekurswerbers zu werten und erhöht nicht die Unterhaltsbemessungsgrundlage, dies weder in dem vom Erstgericht angenommenen Ausmaß von 1.000 EUR monatlich noch in dem vom Rekursgericht angenommenen – betragsmäßig unbestimmt gelassenen – Ausmaß.
3. Zum Einkommen des Vaters aus selbständiger Tätigkeit:
3.1 Für das Einkommen selbständig Erwerbstätiger ist nach einer in der Rechtsprechung verwendeten Formel der tatsächlich verbleibende Reingewinn maßgebend, „wie er sich aus den realen Einnahmen unter Abzug realer Betriebsausgaben sowie der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebsgebundene Steuern und öffentlichen Abgaben ergibt“ (RS0013386 [T11]).
3.2 Grundsätzlich wird bei selbständig Erwerbstätigen als Unterhaltsbemessungsgrundlage das Durchschnittsnettoeinkommen in den letzten drei der Beschlussfassung vorangegangenen Wirtschaftsjahren herangezogen (RS0053251). Die für die Unterhaltsbemessung herangezogenen Beobachtungszeiträume können aber auch variieren und sind von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen (RS0053251 [T19]).
3.3 Im vorliegenden Fall befindet sich der Vater erst in der Phase des Unternehmensaufbaus, weshalb nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch keine Feststellungen zu einem längeren Beobachtungszeitraum vorliegen. Bisher steht nur fest, dass er aus seiner selbständigen Tätigkeit aufgrund zweier Honorarnoten vom 15. 5. 2019 14.000 EUR brutto an Honoraren erhalten hat, wovon ihm nach Abzug von Aufwendungen und Steuern 5.000 EUR netto verblieben sind. Feststellungen dazu, auf welchen Zeitraum diese Einkünfte entfallen, fehlen. Während das Erstgericht ohne nähere Ausführungen davon ausging, dass aufgrund der bisherigen Einkünfte von 5.000 EUR netto auch zukünftig (für die Zeit ab 1. 5. 2019) eine monatliche durchschnittliche Unterhaltsbemessungsgrundlage von 1.000 EUR anzunehmen sei, legte das Rekursgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass es sich bei den 5.000 EUR netto um die Einkünfte „für Mai 2019“ gehandelt habe und der Vater aufgrund seiner beruflichen Qualifikation „auch in Zukunft zumindest ein Einkommen in dieser Höhe erzielen kann“. Dass die Nettoeinkünfte (allein) für den Monat Mai 2019 5.000 EUR betragen haben, steht aber nicht fest und wurde auch im Rekurs nicht zugestanden. Selbst unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Revisionsrekurswerbers, wonach er sich ab September 2019 weitere Einkünfte von 600 EUR brutto wöchentlich erhoffe, lässt sich aus den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nicht eine monatliche durchschnittliche Unterhaltsbemessungsgrundlage von voraussichtlich 2.000 EUR errechnen. Wie der Revisionsrekurswerber zutreffend aufzeigt ist auch bei verschiedenen anderen Berechnungsvarianten nicht nachvollziehbar, aus welchen Einkünften sich die ab 1. 5. 2019 vom Rekursgericht angenommene Unterhaltsbemessungsgrundlage zusammensetzt. Zur Bestimmung der Unterhaltsbemessungsgrundlage aus selbständiger Tätigkeit wird im fortgesetzten Verfahren daher die Sachverhaltsbasis entsprechend zu ergänzen sein.
4. Zum Anspannungsgrundsatz:
4.1 Auch die unterhaltsrechtliche Zulässigkeit eines Berufswechsels ist am Anspannungsgrundsatz zu messen. Das Recht auf freie Berufswahl ermöglicht einem bislang unselbständig erwerbstätigen unterhaltspflichtigen Elternteil grundsätzlich auch den Wechsel in eine selbständige Tätigkeit. Die Entscheidung des Unterhaltspflichtigen über die Berufswahl ist danach zu beurteilen, ob sie nach dessen subjektiven Kenntnis und Einsicht sowie nach dem Maßstab eines pflichtbewussten Elternteils zu billigen war.
4.2 Die Vorinstanzen legten ihren Beschlüssen zugrunde, dass die Entscheidung des Vaters, in die selbständige Beratungstätigkeit zu wechseln, aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu akzeptieren sei. Sollte diese Einschätzung im fortgesetzten Verfahren aufrecht bleiben, wird davon auszugehen sein, dass das Kind während einer angemessenen Übergangsfrist auch eine vorübergehende Unterhaltsreduktion in Kauf nehmen muss. Bei berechtigter Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit wird dem Unterhaltspflichtigen eine gewisse Anlaufphase eingeräumt, in der sich das Unternehmen konsolidieren soll (RS0047528 [T3]). Die Länge der Anlaufphase ist jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls, vor allem von der Art des Betriebs, abhängig (vgl RS0087653).
5. Ergebnis:
Der Revisionsrekurs erweist sich demnach hinsichtlich des Zeitraums ab 1. 5. 2019 im Sinn des Aufhebungsantrags als berechtigt. Im Übrigen ist dem Revisionsrekurs jedoch nicht Folge zu geben.
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