GGG Art.1 §14
GGG Art.1 §30
GGG Art.1 §32 TP1
JN §56 Abs2
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
GGG Art.1 §14
GGG Art.1 §30
GGG Art.1 §32 TP1
JN §56 Abs2
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W208.2107190.1.00
Spruch:
im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei XXXX, gegen den Bescheid des PRÄSIDENTEN DES LANDESGERICHTES XXXX vom 23.03.2015, GZ XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer bzw. dessen Verlassenschaft gem. § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 30 Abs. 3 und 2 Z 1 GGG die zuviel gezahlte Gebühr in Höhe von € 2.480,- zurückzuzahlen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) - der zwischenzeitlich verstorben ist - brachte, vertreten durch eine Rechtsanwaltskanzlei, am 12.11.2014 einen Antrag auf Beweissicherung gem. § 384 ff ZPO beim Bezirksgericht XXXX (BG) ein.
Auf Seite 1 des Antrages der mittels WebERV eingebracht wurde ist der Streitwert wie folgt angeführt: "wegen: 70.783,20 EUR samt Anhang (Beweissicherung)". Weiters findet sich am unteren Seitenrand der Hinweis "Schriftsatz/Beilagen im PDF-Anhang".
Auf Seite 2 wird die Ermächtigung zum Einzug der Gerichtgebühren vom dort angegebenen Konto erteilt und als letzte Zeile angeführt:
"Streitwert: 70.783,20 EUR BM f. Gerichtsgeb.: 0,00 EUR"
Der im Anhang befindliche Schriftsatz enthält keine Anführung eines Streitwertes.
Die Kostenbeamtin des BG bestimmte in der Folge die Gerichtsgebühren gem. TP 1 GGG vom in der Eingabe angeführten Streitwert von 70.783,20 EUR mit 2.779,- EUR und wurde dieser Betrag vom angegebenen Konto eingezogen.
Mit Eingabe vom 25.11.2014 wurde der Antrag auf Beweissicherung zurückgezogen.
2. Am 23.12.2015 brachte die Verlassenschaft des BF über dieselbe Rechtsanwaltskanzlei einen Rückzahlungsantrag gem. § 30 GGG ein. Begründet wurde dieser im Wesentlichen damit, dass der oa. Beweissicherungsantrag als Schriftsatz in einer eigenen PDF-Datei eingebracht worden und dort bewusst keine Bewertung des Streitgegenstandes in Geld vorgenommen worden sei. Lediglich das korrespondierende ERV-Deckblatt habe einen Streitwert von 70.783,20 EUR ausgewiesen. Dieser aktinterne Betrag sei bei Anlage des elektronischen Aktes aufgrund zu erwartender Schadenersatz- bzw. Gewährleistungsansprüche für einen späteren Prozess festgesetzt worden. Das Computerprogramm der Rechtsanwaltskanzlei habe diesen Betrag im Deckblatt automatisch übernommen, ohne das im Beweissicherungsantrag irgendwie darauf Bezug genommen worden sei.
Der OHG (09.03.2010, 1 Ob 30/10h) habe iZm ERV-Eingaben festgestellt, dass im Falle eines angehängten PDF-Dokumentes dieses den Schriftsatz darstelle, nach welchem die Eingabe zu beurteilen sei. Wenn das ERV-Deckblatt vom PDF-Schriftsatz abweiche, würden also die Angaben im PDF-Schriftsatz den Ausschlag geben. Bei Unklarheiten sei eine objektive Betrachtung notwendig, ob sich der Streitwert aus dem Inhalt des Beweissicherungsantrages ergäbe. Im vorliegenden Fall lasse sich weder aus dem Rubrum des Beweissicherungsantrages noch aus dem Tatsachenvorbringen entnehmen, dass der Antragsteller eine Bewertung des Streitgegenstandes in Geld vorgenommen habe. Nachdem die Partei [der BF] der das Verfahren eingeleitet habe, es unterlassen habe, eine Bewertung des Streitwertes vorzunehmen, gelange der Zweifelsstreitwert nach § 14 RATG zur Anwendung (OGH 28.11.2012, 7 Ob 143/12y). Der Zweifelsstreitwert nach § 14 RATG in Höhe von 730,- EUR hätte zu einer Pauschalgebühr von EUR 102,- geführt, was einen zuviel gezahlte Gebühr von 2.677,- EUR ergäbe, welche zu viel eingezogen worden wäre.
3. Am 23.03.2015 (zugestellt am 30.03.2015) erließ die PRÄSIDENT DES LANDESGERICHTES (LG) als Justizverwaltungsbehörde den beschwerdegegenständlichen Bescheid, indem er dem Rückerstattungsantrag nicht Folge gab.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Bemessung der Gerichtsgebühren gem. § 14 GGG der Wert des Streitgegenstandes gem. §§ 54 bis 60 JN heranzuziehen sei. Demnach habe der Kläger den Streitgegenstand gem. § 56 Abs. 2 JN zu bewerten, der fortan für das ganze Verfahren gelte, sofern nicht eine Wertänderung eintrete (§ 18 GGG). Dies gelte auch für Beweissicherungsanträge, und zwar auch dann wenn der Streitwert nur auf dem Rubrum des Antrags angeführt worden sei. Die bloße Behauptung eine Bewertung sei nicht erfolgt, die Angabe auf dem Rubrum resultiere aus einem Schreibfehler, sei gebührenrechtlich unbeachtlich (VwGH 24.05.1991, 90/16/0018; MANZ-Gerichtgebühren, 11. Auflage E 16 zu § 14 GGG). Nach ständiger RSpr des VwGH knüpfe das GGG an formale äußere Tatbestände eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung sei nicht zulässig.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit 27.04.2015 datierte (Poststempel vom selben Tag) verfahrensgegenständliche Beschwerde, mit der die Aufhebung des Bescheides, die Stattgebung des Rückzahlungsantrages und die Rückzahlung der zuviel entrichteten Pauschalgebühr von € 2.677,- begehrt wurde.
Begründend wurde noch einmal ausgeführt, dass aufgrund der automatischen Abwicklung in der Kanzlei des Rechtsvertreters des BF irrtümlich ein Betrag von 70.783,20 EUR in der ERV-Maske im Feld "Streitwert" eingetragen worden sei. Der BF habe keineswegs die §§
54 - 60 JN bzw. RATG in Zweifel gezogen oder die Bemessung der
Pauschalgebühr nach TP 1 GGG, sondern, dass die Angaben in der ERV-Maske nicht mit jenen im beigefügten Schriftsatz übereinstimmten. Auf dieses Vorbringen sei der Bescheid praktisch nicht eingegangen. Das angeführte VwGH-Erkenntnis aus 1991 sei hinsichtlich der Frage des Verhältnisses zwischen ERV-Maske und dem als PDF-Datei angehängten Schriftsatz nicht aussagekräftig. Die ERV-Maske sei lediglich das technisch-administrative Dokument, während der Inhalt des Schriftsatzes (insb. wenn dieser die Erfordernisse der ZPO erfülle) für die Beurteilung der Gebührenpflicht entscheidend sei. Im Rubrum des Schriftsatzes (PDF) sein keine Bewertung vorgenommen worden. Entgegen der Meinung der belangten Behörde, gelange in einem solchen Fall § 56 Abs. 2 3. Satz JN nicht zur Anwendung (vgl. Klauser-Kodek, ZPO17, E 31 zu § 56 JN). Die ERV-Maske werde in aller Regel im Wege der EDV automatisch ausgefüllt, indem die Kanzleisoftware bestimmte Daten des elektronischen Aktes in die ERV-Maske übertrage. Dabei würden in einem Kontrollfeld (GK) die Gerichtskosten ausgeworfen, die im konkreten Fall mit EUR 0,00 ausgewiesen worden seien. Dieser Widerspruch hätte dem BG auffallen müssen und von diesem zur Beurteilung einzig und allein der Schriftsatz herangezogen werden dürfen. Der ERV sei lediglich das Transportmedium gewesen.
8. Mit Schreiben vom 06.05.2015 legte das LG die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor (eingelangt am 13.05.2015).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang angeführte Sachverhalt steht fest.
Am ERV-Deckblatt wurde vom BF ein Streitwert von 70.783,20 EUR angeführt. Im Rubrum des in einer PDF-Datei angehängten Schriftsatzes und im Inhalt des Schriftsatzes (Beweissicherungsantrag) wurde kein Streitwert angeführt.
Strittig ist nicht die Anwendung des TP 1 GGG, sondern welcher Betrag als Bemessungsgrundlage heranzuziehen war. Auf diese Rechtsfrage wird unten in der rechtlichen Beurteilung eingegangen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013 (in Folge: B-VG), in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit, die in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit keine Zuständigkeitsverschiebung nach Art. 131 Abs. 4 B-VG erfolgt ist; eine solche ist in Angelegenheiten des Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013 (in Folge: GEG), nicht erfolgt, sodass eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes besteht.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in den Materiengesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Da der Bescheid am 30.03.2015 dem BF zugestellt und die die Beschwerde am 27.04.2015 eingebracht wurde, ist diese jedenfalls rechtzeitig. Auch sind keine anderen Gründe, die für die Unzulässigkeit der Beschwerde sprechen, zu erkennen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Somit erstreckt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auf die geltend gemachten Beschwerdegründe; dies bedeutet, dass dem Bundesverwaltungsgericht abseits der geltend gemachten Beschwerdegründe grundsätzlich keine amtswegige Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung obliegt (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K6). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2).
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
§ 28 VwGVG lautet:
"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[...]"
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Unter Verweis auf § 39 Abs. 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), welcher im Wesentlichen § 24 Abs. 4 VwGVG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung in einer Frage der Gebührenpflicht nach dem GGG Abstand genommen (VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG daher entfallen, zumal keine Verhandlung beantragt wurde und der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststeht.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die relevanten Bestimmungen des Gesetztes über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz - GGG) StF: BGBl. Nr. 501/1984 idgF lauten:
"§ 2. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, begründet:
1. hinsichtlich der Pauschalgebühren
a) für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage, in den in den Anmerkungen 1 und 2 zur Tarifpost 1 angeführten Verfahren mit der Überreichung des Antrags, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift, für Vergleiche in allen Verfahren mit der Beurkundung durch das Entscheidungsorgan;
[...]
§ 4 [...]
(4) Wird eine Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs (§§ 89a bis 89d GOG) eingebracht, so sind jene Gebühren, bei denen der Anspruch des Bundes auf die Gebühren mit der Überreichung der Eingabe begründet wird (einschließlich der Gebühren nach Tarifpost 10 Z I lit. b Z 5a), durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten; in diesem Fall darf ein höchstens abzubuchender Betrag nicht angegeben werden. [...]
§ 6. (1) Der der Gebührenermittlung zugrunde zu legende Betrag (Bemessungsgrundlage) ergibt sich aus den besonderen Bestimmungen (Abschnitte B und C).
(2) Nicht in vollen Euro bestehende Bemessungsgrundlagen sowie die Hundertsatz- und Tausendsatzgebühren sind auf den nächsthöheren Eurobetrag aufzurunden.
(3) Wenn ein Betrag in anderer Währung als Euro die Grundlage für die Gebührenermittlung bildet, so ist der entsprechende Eurobetrag nach den für den Bereich der Verkehrssteuern vom Bundesminister für Finanzen verlautbarten Umrechnungswerten zu ermitteln.
[...]
§ 14. Bemessungsgrundlage ist, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
[...]
§ 18. (1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich. [...]
§ 30. (1) Ist in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, erlischt die Gebührenpflicht, wenn sie durch eine nachfolgende Entscheidung berührt wird.
(2) Gebühren sind zurückzuzahlen:
1. wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde;
2. wenn die Gebühr vor Vornahme der Amtshandlung zu entrichten war, ihre Vornahme jedoch unterbleibt.
(2a) [...]
(3) Die Rückzahlung hat die Behörde nach § 6 Abs. 1 GEG von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Gebühr entrichtet hat, zu verfügen; § 6 Abs. 2 GEG gilt sinngemäß. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde mit Bescheid abzuweisen.
(3a) Die Entscheidung über einen Rückzahlungsantrag kann ausgesetzt werden, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht ein Verfahren anhängig ist, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über den Antrag ist, und der Aussetzung nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Gerichtsverfahrens, das Anlass zur Aussetzung gegeben hat, ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen.
(4) Der Anspruch auf Rückzahlung erlischt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Gebühr entrichtet wurde."
Die relevanten Bestimmungen des Gesetz über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm - JN) StF: RGBl. Nr. 111/1895 idF BGBl. I 78/2014 lauten:
"§. 56. (1) Erbietet sich der Kläger an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.
(2) In allen anderen Fällen hat der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen. Unterläßt der Kläger eine Bewertung in einer Klage, so gilt der Betrag von 5 000 Euro als Streitwert.
(3) Bei der Bewertung des Streitgegenstandes sind die dem Kläger etwa obliegenden Gegenleistungen nicht in Abzug zu bringen."
Die fallbezogen relevante Norm der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV2006) StF:
BGBl. II Nr. 481/2005 lautet (Auszug):
"§ 1. (1) Alle Eingaben und Beilagen von Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften können nach Maßgabe der §§ 5, 8a, 9, 10 und 10a elektronisch eingebracht werden. Eingaben sind mit dem Dateninhalt eingebracht, der entsprechend der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs. 2 an die Bundesrechenzentrum GmbH übergeben wurde. [...]"
Die Höchstgerichte haben dazu im Wesentlichen ausgeführt:
Da für die Beurteilung des Inhaltes eines Klagebegehrens der Wortlaut des Schriftsatzes bei objektiver Betrachtungsweise maßgebend ist, kommt es auf subjektive Momente, wie die Klägerin ihr Klagebegehren verstanden wissen wollte, nicht an (VwGH 29.04.2014, 2012/16/0199).
Lässt sich die Bemessungsgrundlage nicht nach den Bestimmungen der §§ 14 bis 16 GGG ermitteln, so ist bei bezirksgerichtlichen Streitigkeiten nach § 17 lit. a GGG ein Betrag von 10.000 S zugrunde zu legen. Die Beschwerdeführerin scheint insbesondere zu übersehen, dass der Kostenbeamte und der Präsident des Landesgerichtes (belangte Behörde) als JustizVERWALTUNGsorgan in Vollziehung des GGG und des GEG 1962 von der Lage der betreffenden GERICHTsakten und damit auch von dem dort von der Beschwerdeführerin in der oben dargestellten Form im Sinn des § 56 Abs. 2 erster Satz JN angegebenen Wert des Streitgegenstandes auszugehen hatte (siehe z.B. Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Wien 1986, S. 26, Anmerkung zu § 56 JN). Daran vermag - abgesehen davon, dass in der Beschwerde vorgebracht wird, im Beweissicherungsantrag sei auf dem Rubrum der Streitwert mit S 50.000,-- bezeichnet, im Prozessvorbringen eine Bewertung des Interesses nicht vorgenommen worden, - die (bloß) in dem Rückzahlungsantrag aufgestellte Behauptung, eine Bewertung im Sinn des § 56 (JN) sei nicht erfolgt, die Angabe auf dem Rubrum resultiere tatsächlich aus einem Schreibfehler, nichts zu ändern. (VwGH 24.05.1991, 90/16/0018)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder eine Ausnahme davon angeknüpft sind, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist als Maßstab für gebührenrechtliche Tatbestände nicht maßgebend (vgl. etwa die in Wais/Dokalik, Die Gerichtsgebühren10, unter E 13 f zu § 1 GGG wiedergegebene Judikatur). Die Einziehung (respektive der Versuch einer Einziehung) ist erfolglos im Sinn des § 31 Abs. 1 GEG geblieben, wenn dies nicht zur Gutschrift des einzuziehenden Betrages auf dem Justizkonto im Sinn des § 1 der Abbuchungs- und Einziehungs-Verordnung, BGBl. Nr. 599/1989 - AEV, führt. Auf den Grund für das Scheitern der Einziehung der Gebühr stellt diese Bestimmung nicht ab. In Anwendung des eingangs dargelegten gebotenen Verständnisses des Gerichtsgebührengesetzes erweisen sich die Überlegungen der Beschwerde zu einem möglichen Alternativverhalten des Kostenbeamten als irrelevant (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0204).
Gemäß § 89c Abs 1 erster Satz GOG iVm § 5 Abs 1 zweiter Satz ERV 2006 idF BGBl II 2007/333 stellt das übermittelte PDF-Dokument die schriftliche Eingabe (Klageschrift) dar, deren gesamter Inhalt neben den gemäß §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes zur Beurteilung der Parteistellung heranzuziehen ist. Der Kläger bestimmt, wer Partei ist. Bei Unklarheiten ist jene Person als Partei anzusehen, die bei objektiver Betrachtung der Klagsangaben als solche erkennbar ist. Zu dieser objektiven Auslegung sind nicht nur die gemäß den §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes heranzuziehen, sondern jedenfalls der gesamte Inhalt der Klageschrift (OHG 09.03.2010, 1 Ob 30/10h).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Beweissicherung elektronisch eingebracht und ist gem. § 1 ERV 2006 die Eingabe mit diesem Inhalt bindend. In der Eingabe ist im WebERV-Formular ein Streitwert von 70.783,20 EUR genannt, während im beigeschlossenen Schriftsatz (PDF-Anlage) selbst - weder im Rubrum noch im Inhalt - Angaben dazu enthalten sind.
Die belangte Behörde hat von dieser Bemessungsgrundlage ausgehend die Gerichtgebühren gem. TP 1 GGG berechnet, weshalb Gerichtsgebühren iHv € 2.779,- abgebucht wurden. Der BF gibt an, die Eintragung dieses Streitwertes in der ERV-Maske sei irrtümlich (bzw. automatisch durch die Kanzleisoftware) erfolgt und nicht beabsichtigt gewesen, was sich sowohl aus dem Inhalt des Schriftsatzes als auch aus dem Rubrum ergäbe, wo kein Streitwert angeführt sei.
Nach der Rspr (etwa LGZ Wien EFSlg 97.908 oder 108.722) stellt die bloße Angabe des Streitwerts im Rubrum der Klage keine ausreichende Bewertung des Streitgegenstandes iSd § 56 Abs 2 oder § 59 dar (Mayr in Rechberger [Hrsg], Kommentar zur ZPO4 [2014] zu § 56 JN).
Auch der VwGH vertritt in seiner Rspr die Meinung, dass für die die Beurteilung des Inhaltes eines Klagebegehrens der Wortlaut des Schriftsatzes bei objektiver Betrachtungsweise maßgebend ist (VwGH 29.04.2014, 2012/16/0199). Ähnlich sieht dies der OGH, der ebenfalls den gesamten Schriftsatz in eine objektive Beurteilung einbezogen sehen will (OGH 09.03.2010, 1 Ob 30/10h).
Da im vorliegenden Fall im in der PDF-Anlage angeschlossenen Schriftsatz kein Streitwert angeführt ist (weder im Rubrum noch im Inhalt) und lediglich die Streitwertangabe im elektronisch eingebrachten ERV-Formular vorliegt, die vom Schriftsatz abweicht bzw. dort nicht - obwohl dies notwendig wäre - näher ausgeführt wurde, hat der Kläger eine Bewertung der Klage gem. § 56 Abs. 2 JN unterlassen und wäre daher gem. § 14 GGG iVm § 56 Abs. 2 letzer Satz JN der Zweifelsstreitwert in Höhe von € 5.000,- anzusetzen gewesen.
Eine ausdehnende Auslegung der Bestimmungen des GGG, insbesondere § 2 Z 1 lit. a GGG, liegt - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - damit nicht vor. Die (irrtümliche) Angabe in der WebERV-Maske ist vor diesem Hintergrund rechtlich nicht relevant, weil es gem. § 56 Abs. 2 JN ausschließlich auf den objektiven Inhalt der Klage selbst (den eingebrachten Schriftsatz) ankommt.
Das WebERV ist lediglich einer von mehreren Einbringungswegen. Vom Inhalt des Schriftsatzes abweichende Angaben zum Streitwert sind rechtlich nicht relevant.
Nach TP 1 GGG ist bei einer Bemessungsgrundlage zwischen € 3.500,-
und € 7.000,- eine Gebühr von € 299,- zu verrechnen. Die vom BF begehrte Anwendung des RATG wäre hingegen verfehlt, weil § 14 GGG als speziellere Norm ausdrücklich auf § 56 JN verweist.
Die von der belangten Behörde angesprochen Judikatur des VwGH zur angeführten formalen Betrachtungsweise des äußeren Tatbestandes steht diesem Ergebnis nicht entgegen, weil der äußere Tatbestand hinsichtlich des Streitwertes nicht durch die Angaben im WebERV-Formular geschaffen wird, sondern durch die Angaben im Schriftsatz selbst.
Dem angefochtenen Bescheid, mit dem der Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers abwiesen wurde, lastet somit eine Rechtswidrigkeit an und kommt der gegenständliche Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 30 Abs. 3 und 2 Z 1 GGG Berechtigung zu.
Dem BF ist die zu viel gezahlte Gebühr iHv € 2.480,- (2.779,- minus 299,-) zurückzuzahlen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH und des OGH wird verwiesen.
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