Normen
ABGB §6;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §1;
GEG §31 Abs1;
GGG 1984 §1;
VwRallg;
ABGB §6;
AEV Gerichtsgebühren 1989 §1;
GEG §31 Abs1;
GGG 1984 §1;
VwRallg;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Das Verfahren über die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird eingestellt;
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 11. April 2012 brachte die Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, den Zweitbeschwerdeführer, im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eine Mahnklage über den Betrag von EUR 22.500,-- s.A. ein, in der unter der Bezeichnung des Klagevertreters (des Zweitbeschwerdeführers) ein "Einzahlungskonto" und ein "Einziehungskonto" mit verschiedenen Kontonummern genannt waren.
Nachdem die Kostenbeamtin des Handelsgerichtes Wien - erfolglos - die Abbuchung und Einziehung der Pauschalgebühr für die Mahnklage von dem dort genannten "Einziehungskonto" versucht hatte, schrieb sie mit Zahlungsauftrag vom 25. April 2012 der Erstbeschwerdeführerin die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG im Betrag von EUR 673,-- sowie den aus der Rückbuchung dem Bund angelasteten Betrag nach § 6 Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 6,-- und außerdem beiden Beschwerdeführern zur ungeteilten Hand die Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,-- sowie einen Mehrbetrag nach § 31 GGG im Betrag von EUR 336,50 vor.
In dem vom Zweitbeschwerdeführer ausschließlich namens der Erstbeschwerdeführerin erhobenen Berichtigungsantrag vom 9. Mai 2012 brachte dieser vor, auf Grund eines Irrtums und wegen einer Neueinstellung seines Computerprogramms sei leider eine alte Kontonummer angegeben worden. Die aktuelle Kontonummer, von der die Gerichtsgebühr hätte eingezogen werden können, sei allerdings ebenfalls (als "Einzahlungskonto") angeführt worden. Er ersuche, diesen Irrtum nachzusehen, von der Vorschreibung des Mehrbetrages abzusehen und den Zahlungsauftrag dahingehend zu berichtigen, dass nur die Gebühr von EUR 673,-- vorgeschrieben werde. Im Übrigen hätte ein kurzer Anruf (des Gerichts) gereicht und er hätte sofort darum ersuchen können, dass die Gerichtsgebühr vom zweiten angegebenen Konto eingezogen werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Handelsgerichts Wien (die belangte Behörde) dem Berichtigungsantrag "des Vertreters der klagenden Partei" keine Folge. Nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und unter Zitierung des § 31 Abs. 1 und 2 GGG führte die belangte Behörde aus, liege die Ursache der unterbliebenen oder unvollständigen Gebührenentrichtung durch Abbuchung und Einziehung im Bereich des Gerichts, etwa in einem Versehen des Kostenbeamten, so sei nochmals ein Gebühreneinzug zu veranlassen. In den übrigen Fällen unterbliebener oder unvollständiger Gebührenentrichtung habe der Kostenbeamte des Gerichts unter Bedachtnahme auf § 31 GGG einen Zahlungsauftrag zu erlassen. Dem Einwand, ein Anruf hätte genügt, um vom zweiten angegebenen Konto die Gerichtsgebühr einzuziehen, sei entgegenzuhalten, dass es nicht Sache des Kostenbeamten sei, durch eine telefonische Anfrage zu eruieren, von welchem Konto die Abbuchung und Einziehung durchzuführen sei. Der Gebührenentrichter habe auf der Eingabe das Konto anzugeben, von welchem die Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühr zu veranlassen sei. Dass irrtümlich ein bereits geschlossenes Konto angeführt worden sei, liege daher in der Sphäre des Gebührenentrichters und sei daher auch von ihm zu verantworten. Der Kostenbeamte habe von dem angegebenen Konto die Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühr zu veranlassen. Bei unterbliebener oder unvollständiger Gebührenentrichtung habe dieser unter Bedachtnahme auf § 31 GGG einen Zahlungsauftrag zu erlassen. Auf Grund der Undurchführbarkeit des Einziehungsauftrages habe die Kostenbeamtin den gegenständlichen Zahlungsauftrag samt Mehrbetrag zu Recht erlassen.
Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2012, B 841/12, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Mit Verfügung vom 14. November 2012 trug der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 2 VwGG und unter Hinweis auf die Säumnisfolgen den Beschwerdeführern die Behebung von der Beschwerde anhaftenden Mängeln - die bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes sowie die Beibringung weiterer Ausfertigungen der ursprünglichen Beschwerde - binnen Frist auf, woraufhin innerhalb dieser Frist lediglich eine die Erstbeschwerdeführerin als solche, vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, ausweisende "Mitteilung und Vorlage" einlangte; in dieser erachtet sich die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, keine Mehrgebühren zahlen zu müssen, wenn keine vom Gebührenpflichtigen zu vertretende "erfolglose Einziehung" vorliege; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - zu Spruchpunkt 2. in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
1. Dadurch, dass nur die Erstbeschwerdeführerin, nicht jedoch der Zweitbeschwerdeführer der eingangs genannten Verfügung vom 14. November 2012 nachgekommen ist, ist das Verfahren über die (abgetretene) Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
2. Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, es treffe zwar, wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt, zu, dass es nicht Sache des Kostenbeamten sei, durch eine telefonische Anfrage zu eruieren, von welchem Konto die Abbuchung durchzuführen sei. Derartiges sei aber auch nicht unzulässig und im Hinblick auf den zu erwartenden Aufwand durchaus vertretbar. Ein Telefonat hätte nur wenige Minuten gedauert und die Abbuchung hätte vom richtigen oder vom zweiten Konto durchgeführt werden können. Der damit verbundene Aufwand sei geringer als die Erlassung eines Zahlungsauftrages und nach dem Berichtigungsantrag die Ausstellung des angefochtenen Bescheides. Im Hinblick auf den allgemein anerkannten Grundsatz einer möglichst kostengünstigen Verwaltung wäre es durchaus vertret- und damit zumutbar gewesen, dieses Telefonat zu führen. Die nachfolgenden Schritte (Zahlungsauftrag, Bescheid) hätten damit unterbleiben können. Dazu komme, dass im Zeitpunkt des Zahlungsauftrages die Zahlung von EUR 673,-- (an Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 GGG) bereits, nämlich am 11. d.M., durch Überweisung vom "Einzahlungskonto" des Zweitbeschwerdeführers erfolgt sei. Daher hätte kein Mehrbetrag vorgeschrieben werden dürfen. Schließlich lege die belangte Behörde das Tatbestandsmerkmal des § 31 Abs. 1 GGG, nämlich jenes der erfolglosen Einziehung, unrichtig aus, das auf den Fall des Scheiterns der Einziehung wegen "technisch-formaler" Probleme nicht anzuwenden sei.
Unbestritten ist, dass der Versuch der Kostenbeamtin, die Pauschalgebühr für die Mahnklage von dem vom Zweitbeschwerdeführer auf der Mahnklage genannten "Einziehungskonto" abzubuchen, scheiterte, weil dieses Konto bereits geschlossen war.
Wird der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe (§ 2 Z. 1 a bis c, e, h, Z. 2 und 7) begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist nach § 31 Abs. 1 GGG von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch EUR 400,-- nicht übersteigen. Gleiches gilt im Fall des § 4 Abs. 6 letzter Halbsatz, wenn die Einziehung erfolglos geblieben ist.
Für den Mehrbetrag nach Abs. 1 haften als Bürger und Zahler mit den zur Zahlung der Gebühr verpflichteten Personen nach Abs. 2 leg. cit. die Bevollmächtigten und die gesetzlichen Vertreter, die den Schriftsatz, durch dessen Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wird, verfasst oder überreicht haben.
Nach § 6 Abs. 1 GEG ist für die Einhebung vom Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8,-- zu entrichten. Ist dem Zahlungsauftrag ein ganz oder teilweise fehlgeschlagener Versuch der Gebühreneinhebung nach Abbuchung und Einziehung vorangegangen, so ist dem Zahlungspflichtigen zusätzlich zur Einhebungsgebühr ein weiterer Betrag von EUR 6,-- zur Abgeltung der dem Bund aus der Rückbuchung entstehenden Aufwendungen und Bankspesen vorzuschreiben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder eine Ausnahme davon angeknüpft sind, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist als Maßstab für gebührenrechtliche Tatbestände nicht maßgebend (vgl. etwa die in Wais/Dokalik, Die Gerichtsgebühren10, unter E 13 f zu § 1 GGG wiedergegebene Judikatur).
Die Einziehung (respektive der Versuch einer Einziehung) ist erfolglos im Sinn des § 31 Abs. 1 GEG geblieben, wenn dies nicht zur Gutschrift des einzuziehenden Betrages auf dem Justizkonto im Sinn des § 1 der Abbuchungs- und Einziehungs-Verordnung, BGBl. Nr. 599/1989 - AEV, führt. Auf den Grund für das Scheitern der Einziehung der Gebühr stellt diese Bestimmung nicht ab. In Anwendung des eingangs dargelegten gebotenen Verständnisses des Gerichtsgebührengesetzes erweisen sich die Überlegungen der Beschwerde zu einem möglichen Alternativverhalten des Kostenbeamten als irrelevant.
Auf das Vorbringen der Beschwerde, der Zweitbeschwerdeführer habe seinerseits die Pauschalgebühr am 11. Mai 2012 schon überwiesen gehabt, ist schon im Hinblick auf das Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG nicht einzugehen.
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers auch auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. April 2013
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