BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W207.2280560.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geboren am XXXX , vertreten durch Dr. Wolfgang SCHIMEK Rechtsanwalt GMBH, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 31.08.2023, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen auf Grund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 50 (fünfzig) von Hundert (v.H.) vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war Inhaber eines bis 31.03.2016 befristet ausgestellten Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung betrug 50%.
Am 21.01.2022 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (kurz: Sozialministeriumservice; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einlangend unter Vorlage eines Konvolutes an medizinischen Befunden die Ausstellung eines Behindertenpasses. Hierzu holte die belangte Behörde medizinische Sachverständigengutachten ein. Der beigezogene Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie stellte schließlich in seinen Gutachten vom 30.08.2022 und 02.09.2022 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. fest. Mit Bescheid vom 02.12.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Begründend wurde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahren hingewiesen, wonach der Gesamtgrad des Beschwerdeführers 40 v.H. betrage. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine rechtsfreundliche Vertretung, fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Am 25.04.2023 fand in Anwesenheit des amtssachverständigen Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. In Zuge der mündlichen Verhandlung zog der Beschwerdeführer seine Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.12.2022 zurück, dies im Wesentlichen deshalb, weil er neue Leiden vorbringen wollte, die aber im Beschwerdeverfahren der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG unterlagen.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2023, W217 2264828-1/9E, wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
Ebenfalls am 25.04.2023 legte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde weitere Befunde vor, mit denen das Vorliegen einer Encephalitis disseminata (Multiple Sklerose) dargetan werden soll, was von der belangten Behörde als neuer Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses – sohin des nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrages - gewertet wurde.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 19.06.2023, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 14.06.2023, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde das Vorliegen folgender Funktionseinschränkungen festgestellt:
„[…]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | Gdb % |
1 | Posttraumatische Coxarthrose rechts nach Beckenringbruch. Fixer Rahmensatz. Periartikuläre Verkalkungen und Beinverkürzung sind inkludiert. | 02.05.09 | 30 |
2 | Posttraumatisches Funktionsdefizit der rechten Sprunggelenke. Eine Stufe über dem oberer Rahmensatz, da auch Verdickung Mittelfuß, Belastungsdefizit und lokale Arthrosen. | 02.05.32 | 30 |
3 | Posttraumatische Gonarthrose rechtes Knie nach Schienbeinkopfbruch rechts. Oberer Rahmensatz, da Belastungsdefizit. | 02.05.18 | 20 |
4 | Hörstörung bds. Tabelle C3/K2-fixer Rahmensatz. | 12.02.01 | 20 |
5 | Encephalomyelitis disseminata - Multiple Sklerose - schubförmiger Verlauf Unterer Rahmensatz, da kein neurologisches Defizit objektiverbar, keine Funktionseinschränkung, kein Fatiguesyndrom. | 04.08.01 | 20 |
6 | Chronischer Tinnitus bds. Unterer Rahmensatz, da keine nennenswerten psychovegetativen Begleiterscheinungen dokumentiert. | 12.02.02 | 10 |
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 3 wegen wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Leiden 4 bis 6 erhöhen wegen fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung und zu geringer Leidenshöhe nicht weiter.
[…..]“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.06.2022 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Das eingeholte Gutachten vom 19.06.2023 wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer brachte keine Stellungnahme ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31.08.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen, da er mit einem Grad der Behinderung von 40% die Voraussetzungen nicht erfülle. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei, wonach der Grad der Behinderung 40% betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Das Sachverständigengutachten vom 19.06.2023 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage zum Bescheid abermals übermittelt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 11.10.2023 brachte der Beschwerdeführer unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.08.2023 ein.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 02.11.2023 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes holte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie vom 11.06.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2024, auf Grundlage der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten vom 11.06.2024 wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes ausgeführt:
„[…..]
Im Beschwerdevorbringen des BF vom 02.05.2022, Abl. 34-40, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. S., RA, eingewendet, dass eine Verschlechterung des
Hüftleidens vorliege, sodass eine Operation notwendig sei und für Anfang Juli 2022 bereits angesetzt sei. Wegen Schmerzen im Hüftbereich und Knieproblemen sei es dem Antragsteller unmöglich, irgendwelche Gehstrecken schmerzfrei zu absolvieren, die mögliche Gehstrecke sei erheblich verkürzt. Auch im Bereich des Vorfußes lägen schwerste degenerative Veränderungen vor, das rechte Knie werde immer schlechter und schwelle an, was eine psychische Belastung darstelle.
Es lägen weiters eine massive Beeinträchtigung des Gehörs vor, Hörverlust aufgrund eines Knalltraumas, es lägen lediglich eine Gehörleistung von 60 % vor, er sei schwer hörbehindert.
Die Gehstrecke sei nicht ausreichend, ein sicheres Ein- und Aussteigen und ein sicherer Transport seien nicht gewährleistet.
In Abl. 49-51 vom 23.05.2022 wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. S., RA, eingewendet, dass eine ausgeprägte Innenohrschwerhörigkeit beidseits vorliege, er sei schwer hörbehindert.
In Abl. 74 - 77 vom 22.08.2022, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. S., RA, eingewendet, dass die vorgesehene OP coronabedingt nicht habe stattfinden können. Das rechte Bein sei 2, 5 cm kürzer, eine operative Verlängerung sei durchzuführen. Dass die Schwierigkeiten keine Auswirkungen auf die Leiden im Bereich von Bein und Hüfte hätten, sei nicht nachvollziehbar. Auch das Gleichgewichtsorgan sei betroffen und führe zu
Schwierigkeiten bei den Bewegungsabläufen. Bestehende rheumatische Beschwerden seien nicht berücksichtigt worden.
In Abl. 79-81 vom 28.09.2022, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. S., RA, eingewendet, dass eine weitere Untersuchung aus dem Gebiet der Rheumatologie vorzunehmen sei, die Einwendungen zu berücksichtigen seien und dass sich die 5 Leiden negativ beeinflussten und erhöhend wirkten.
In Abl. 96-102 vom 19.12.2022, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. Dr. S., RA, eingewendet, dass ein Gutachten aus den Bereichen Rheumatologie einzuholen gewesen wäre. Die weiterhin beschriebenen Leiden würden zu einer wechselseitigen
Leidensbeeinflussung führen, insbesondere im Hinblick auf die Gehfähigkeit und Innenohrproblematik in Verbindung mit den orthopädischen Einschränkungen.
In Abl. 132-138 vom 11.10.2023, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. Dr. S.,
RA, eingewendet, dass lediglich ein neurologisches Gutachten eingeholt worden sei, weitere Gutachten, insbesondere aus dem Fachgebiet der Rheumatologie, seien erforderlich gewesen.
Multiple Sklerose müsse, in Zusammenscheu mit der Innenohrschädigung und den orthopädischen Leiden, zu einer Änderung des Gesamtgrades der Behinderung führen.
Es sei zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Er leide unter massiven Schmerzzuständen im Bereich beider Hüften, Beckenschiefstand verursache erhebliche Schmerzen. Er leide unter massiven Knieschmerzen.
Die Nasenatmung sei behindert. Die Wirbelsäule sei verkrümmt.
Die MS habe sich verschlechtert.
Er habe Schatten auf der Lunge und es liege ein Verdacht auf Aneurysma vor.
In Abl. 151-153 vom 30.01.2024, wird, rechtsfreundlich vertreten durch Dr. S., RA, eingewendet, dass das rechte Bein um 33mm kürzer sei als das linke.
Eine Beinverkürzung an sich ergebe bereits einen Grad der Behinderung von über 50%.
Vorgeschichte:
AE, TE, Schlüsselbeinbruch links, gebrochene Füße im Jugendalter
Bursektomie rechtes Knie 06/2013
2013 Motorradunfall: Polytrauma mit Becken-Hüftpfannenbruch, Schienbeinbruch,
Trümmerbruch/Verrenkungsbruch rechtes Sprunggelenk, Mittelfußknochenbrüche, operative Versorgung KH X, dann 10/2013 bis 02/2014 Rehabilitation W. Hüftpfannenbruch rechts, Osteosynthese, Metall in situ MS seit 2008: rezidivierende Gesichtsfeldstörung
Zwischenanamnese seit 6/2023:
Keine Operationen, kein stationärer Aufenthalt.
Befunde:
Abl. 25 CT rechte Hüfte 28.122021 (Deutliche Zeichen der Coxarthrose mir deutlicher
Osteophytenbildung Bei Z.n. Osteosynthese an der Gelenkspfanne von dorsal aktuell keine Zeichen einer Pseudarthrose. Einzelne kleine freie Gelenkskörper.)
Abl. 41 Röntgen Beckenübersicht 12.10.2021 (Beckenschiefstand, der Beckenkamm links steht ca. 2 cm höher. Z.n. Osteosynthese rechts. Acetabulum mit 4 Verschraubungen, Deutliche Coxarthrosezeichen rechts mit Gelenkspaltverschmälerung und verstärkter subchondraler Sklerose der korrespondierenden Gelenkstflächen
Leichte Coxarthrosezeichen SI Gelenksarthrose links
Das rechte SI-Gelenk kaum abzugrenzen — Ankylose?
Osteodensitometrie T-Score: -2,3
Möglicherweise posttraumatische Coxarthrose rechts. Incipiente Coxarthrose links. Osteopenie / Fortgeschrittene Osteopenie/beginnende Osteoporose)
Abl. 42, 44, 45 Röntgen Knie rechts Vorfuß rechts 17.03.2022 (Status post Tibiakopffraktur, ausgeprägte Gonarthrosezeichen.
Schwerste degenerative Veränderungen im Bereich des Vorfußes mit osteolytischen
Veränderungen am Köpfchen des Os metatarsale IV + V (rheumatoide Grunderkrankung?).)
Abl.43 Medikamentenverschreibung vom 17.03.2022
Abl. 52 - 54 Audiometriebefund 13.102021
Abl. 55 Dr. F. FA für HNO 4.5.2022 (Hochtonhörstörung bds rechts mit
Steilabfall, Nasenatmungsbehinderung. Sepumdeviation, Z.n. Knalltrauma Hörgeräteversorgung empfohlen)
Abl. 117 MR — Gehirn vom 2008.04.22 (Es zeigt sich eine Bereich der Pons zentral eine knapp 1 cm im Durchmesser haltende gliotische Läsion. Oleovit D3
Veränderungen nehmen zum jetzigen Zeitpunkt kein Kontrastmittel auf — Multiple WML's periventrikulär und in unmittelbarer Nachbarschaft der Balkenregion! Bezüglich dem Jahr 2000 besteht eine deutliche Befundverschlechterung. Zudem besteht auch eine inaktive Läsion Im Bereich der Pons.
Zusammenfassend ist eine Encephalitis disseminata durchaus möglich)
Abl. 119 X Militärspital Dr. J. für Neurologie u. Psychiatrie
15.122010 (Encephalomyelitits diss., schubförmiger Verlauf, sogenanntes FatigueSyndrom, rez Gesichtsfeldausfälle (z.B Aura ohne Migräne). Lumbago bei bekannten deg.
LWS-Veränderungen u. Osteoporose Dysthymia somatoform
Bzgl. der Enc.diss. eingeschränkte Belastbarkeit: Vermeidung von körperlicher Belastung mit
Erschöpfung bzw. Vermeidung extremer Temperaturen bzgl. Längerem Stehen Anbindung an ein MS-Zentrum empfohlen.)
Abl. 139 =142 Abteilung für Pneumologie 22.09.2023 ( in gut 3 Monaten CT-Thorax Kontrolle empfohlen)
Abl. 140 Dr. A. (In der Jugend Nasentrauma ca 20. Ij- seither tw behinderte Nasenatmung, morgens Nasenrinnen, seit 1 Mo vermehrt Probleme mit Nasenatmung keine Allergien bek- letzter Epicutan Allergietest neg
FA Derma It Pat, keine Allergien bekSt p Nasentrauma im ca 20. Lj, Va Allergische Rhinitis,
Innenohrläsion, chron Tinnitus bds- va in Ruhe störend, Cerumen br Th: exakte mikroskopische Ohrsäuberung, MOMETASON Na-SPRAY 18G 2x tgl 1 Coldamaris, Mg bez HG gesprochen- Pat will abwarten)
Abl. 141 Abteilung für Pneumologie 06.09.2023 (Befundbesprechung einer auswärtig durchgeführten CT-Angiographie, die im Rahmen einer Aortenektasie durchgeführt wurde. In dieser zeigt sich als Nebenbefund eine knapp 2 cm große Veränderung im linken
Unterlappen paramediastinal. Einer Nikotinanamnese von Candesartan 120 pack years ist hier naturgemäß ein malignes Geschehen nicht auszuschließen, als nächster Schritt wird eine PET-CT für 19.09.2023 geplant, die Aufklärung erfolgt noch heute. Befundbesprechung am selben Tag mit, je nach Befund, Planung weiterer Schritte. Eine cerebrale MRT wird kommende Woche ohnehin aufgrund einer fraglichen MS-Erkrankung durchgeführt werden, sodass ein Staging potenziell komplett wäre, je nach PET-CT Befund dann Planung weiteren Schritte bezüglich Histologiegewinnung.)
Abl. 143 Röntgen HWS mit Funktionsaufnahmen 22.08.2023 (Homogene knöcherne Struktur.
Streckstellung. Keine Gefügestörung, die Beweglichkeit imponiert unauffällig
Atlantodentalgelenksarthrose Incipiente Osteochondrose C4/C5 Leichte rechtsbetonte Spondylarthrosezeichen.
Geringe linkskonvexe Skoliose thoracolumbal, unauffällige Form der Brustwirbelkörper.
Geringe Osteochondrosen L4-S1. Spondylarthrose L3-S1.
Oberhalb der Bifurkation imponiert die abdominelle Aorta erweitert
Osteodensitometrie: Osteopenie
Beckenübersicht: Homogene knöcherne Struktur. Beckenschiefstand, Caput femoris links ist
2,5 cm höherstehend. Z.n. Osteosynthese im Bereich des rechten Acetabulums.
Höchstgradige Coxarthrose rechts ggr Coxarthrose links. Ausgeprägte Vasosklerose.)
Abl. 145 MR Schädel 12.09.2023 (Deutliche plaqueartige Marklagerveränderungen, vorwiegend am Rande des Balkens sowie in der Umgebung Vorder- und Hinterhömer, deutlich progredient gegenüber 2008 — durchaus gut zu einer Encephalitis disseminata passend
Kein Hinweis auf eine rezente Aktivität der Plaques.
Diffuse cerebrale Atrophie. Diffuse cerebrale Atrophie, Sinusitis der Nasennebenhöhlen.)
Abl. 154 Röntgen Ganzbeinstandaufnahme beidseits 22.01.2024 (Moderate Coxarthrose. Liegende Schrauben im Bereich der rechten Hüfte. Gonarthrose. Das rechte Bein ist deutlich kürzer als das linke (links +33 mm) )
Sozialanamnese: ledig, keine Kinder, lebt alleine in Wohnung im Erdgeschoß
Berufsanamnese: Beamter im Ruhestand mit 62 Jahren, zuvor Heeresbediensteter
Medikamente: Aglandin, Atorvastatin, Calciduran, Oleovit D3, Rilmenídin, TASS
Allergien: 0
Nikotin: 20
Hilfsmittel: 0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr.R.
Derzeitige Beschwerden:
„Der Termin für die Hüfttotalendoprothese rechts konnte wegen Personalmangels nicht wahrgenommen werden.
Demnächst ist eine Katarakt Op geplant.
Ich habe eine Beinlängendifferenz von 33 mm, trage einen Längenausgleich mit
Aufdoppelung von 2,5 cm.
Bei der 1. Op der rechten Hüfte ist die Metallentfernung geplant, ein Ausgleich von 33 mm ist in einer Operation nicht möglich, geplant ist als 2. Schritt eine Verlängerung links, derzeit in Planung.
2013 hatte ich eine Patellafraktur rechts, keine OP. Immer wieder Schmerzen
Schmerzen habe ich in der rechten Hüfte, im rechten Kniegelenk und rechten Sprunggelenk.
Schmerzen habe ich in der LWS, BS Vorfälle vor vielen Jahren, keine Ausstrahlung der
Schmerzen.
Stiegensteigen ist ohne Gehstock schwierig.
Die MS ist schlechter geworden, habe einen Schleier im rechten Auge, verwende
Augentropfen. Letzte augenärztliche Untersuchung war 2023.
Die MS verläuft schubförmig, 2-4 x im Jahr ein Schub mit Gesichtsfeldausfall, nach 10-15 min wieder Normalisierung, sonst habe ich keine Auswirkungen. Tinnitus habe ich vor allem am Abend."
STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 182 cm, Gewicht 96 kg, 66a
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein
Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten.
Freies Stehen sicher möglich, Einbeinstand ist mit Anhalten kurz möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge nicht ident, rechts — 3,5 cm.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Hüftgelenk rechts: Narbe über dem Beckenkamm dorsolateral, keine Bewegungsschmerzen Kniegelenk rechts: Narbe quer über der Patella, Krepitation, mäßige Umfangsvermehrung und Konturvergröberung
Sprunggelenk rechts: Narbe bei plastischer Deckung über dem Sprunggelenk mit einem DM von 8 cm, Narbe in Hautniveau, Rückfuß rechts Varusstellung vor allem bei Belastung, ggr Hohlfuß, Beschwielung lateral verbreitert, Abrollen gehemmt, USG versteift.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig
Aktive Beweglichkeit: Hüften S links 0/110, rechts 0/95, IRIAR links 10/0/40, rechts 5/0/30, Knie rechts 0/10/90, links 0/0/130, Sprunggelenk rechts 0/0/25, links 10/0/40, USG rechts versteift, links unauffällig, Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Becken steht rechts tiefer, in etwa im Lot, skoliotische Fehlhaltung bei Beinlängendifferenz, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, F und R 200
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität — Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild ist bei BLD rechts ggr hinkend.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig Stimmungslage ausgeglichen.
STELLUNGNAHME:
ad 1) Gesonderte fachspezifische Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:
1 Posttraumatische Coxarthrose rechts nach Beckenringbruch 02.05.09 Wahl dieser Position, da mäßige funktionelle Einschränkung und rezidivierende Beschwerden bei periartikulärer Verkalkung. | 30% |
2 Posttraumatisches Funktionsdefizit rechtes Sprunggelenk 02.05.32 | 30% |
1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da mittelgradige Einschränkung des
Bewegungsumfangs des oberen Sprunggelenks und in Mittelstellung versteiftes unteres
Sprunggelenk, bandstabiles Gelenk ohne Hinweis für Pseudarthrose.
3 Posttraumatische Kniegelenksarthrose rechts Wahl dieser Position entsprechend dem Bewegungsumfang. 4 Beinverkürzung rechts über 3 cm Unterer Rahmensatz, da eine Beinverkürzung von 3,5 cm vorliegt | 02.05.20
| 30% |
| 02.05.02 | 20% |
5 Hörstörung bds. Tabelle Z3/K2 Fixer Rahmensatz. | 12.02.01 | 20% |
6 Multiple Sklerose | 04.08.01 | 20% |
Unterer Rahmensatz, da kein neurologisches Defizit objektiverbar, keine
Funktionseinschränkung, kein Fatiguesyndrom.
7 Chronischer Tinnitus bds. 12.02.02 10%
Unterer Rahmensatz, da keine nennenswerten psychovegetativen Begleiterscheinungen dokumentiert.
ad 2) Einschätzung und Begründung des Gesamt-GdB: 50%
Auf die Frage, ob eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen vorliegt, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, ist mit näherer Begründung gesondert einzugehen.
Leiden 1 wird durch Leiden 2-4 wegen teilweise Leidensüberschneidung (Leiden 1 und 4) und wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um 2 Stufen erhöht. Leiden 5 bis 7 erhöhen nicht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt, es sind nicht die gleichen Organsysteme betroffen.
ad 3) Fachspezifische Stellungnahme, ob und gegebenenfalls inwiefern im aktuell erhobenen Befund im Vergleich zum Gutachten vom 19.06.2023, ABL 120-125, im Hinblick auf den Grad der Behinderung eine Veränderung im Leidenszustand (Verschlimmerung/Verbesserung) objektivierbar ist.
Die objektivierbare Beinverkürzung rechts von 3,5 cm wird entsprechend den Kriterien der Einschätzungsverordnung gesondert eingestuft.
Das Kniegelenksleiden wird entsprechend dem objektivierbaren Umfang der Beweglichkeit neu eingestuft.
Keine Änderung der weiteren Leiden.
Der Gesamtgrad der Behinderung wird um eine Stufe angehoben.
ad 4) Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen des
Beschwerdeführers ABL 34-40, ABL 49-51, ABL 74-77, ABL 79-81, ABL 86, ABL 96-102, ABL 132-138 sowie insbesondere ABL 151 (zwar ist das Vorbringen in der Stellungnahme vom 30.01.2024, dass „eine Beinverkürzung von über 3 cm bereits an sich einen Grad der Behinderung von über 50% ergebe", unzutreffend, allerdings wird-sollte tatsächlich eine
Beinverkürzung rechts von 33 mm, sohin über 3 cm, festzustellen sein — auf die gesonderte Einstufung einer solchen Beinverkürzung nach der Positionsnummer 02.05.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung hingewiesen („Beinverkürzung über 3 cm bis 8 cm 20-40%").
Vorgebracht wird, dass eine Verschlechterung des Hüftleidens vorliege, sodass eine Operation notwendig sei und für Anfang Juli 2022 bereits angesetzt sei. Wegen Schmerzen im Hüftbereich und Knieprob/emen sei es dem Antragsteller unmöglich, irgendwelche Gehstrecken schmerzfrei zu absolvieren, die mögliche Gehstrecke sei erheblich verkürzt.
Auch im Bereich des Vorfußes lägen schwerste degenerative Veränderungen vor, das rechte Knie werde immer schlechter und schwelle an, was eine psychische Belastung darstelle.
Es lägen weiters eine massive Beeinträchtigung des Gehörs vor, Hörverlust aufgrund eines
Knalltraumas, es lägen lediglich eine Gehörleistung von 60 % vor, er sei schwer hörbehindert. Die Gehstrecke sei nicht ausreichend, ein sicheres Ein- und Aussteigen und ein sicherer Transport seien nicht gewährleistet.
Die vorgesehene OP habe coronabedingt nicht stattfinden können. Das rechte Bein sei 2, 5 cm kürzer, eine operative Verlängerung sei durchzuführen. Dass die Schwierigkeiten keine
Auswirkungen auf die Leiden im Bereich von Bein und Hüfte hätten, sei nicht nachvollziehbar. Auch das Gleichgewichtsorgan sei betroffen und führe zu Schwierigkeiten bei den Bewegungsabläufen. Bestehende rheumatische Beschwerden seien nicht berücksichtigt worden, eine weitere Untersuchung aus dem Gebiet der Rheumatologie sei vorzunehmen, die Einwendungen seien zu berücksichtigen und dass sich die 5 Leiden negativ beeinflussten und erhöhend wirkten.
Multiple Sklerose müsse, in Zusammenschau mit der Innenohrschädigung und den orthopädischen Leiden, zu einer Änderung des Gesamtgrades der Behinderung führen.
Es sei zu einer weiteren Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Er leide unter massiven Schmerzzuständen im Bereich beider Hüften, Beckenschiefstand verursache erhebliche Schmerzen. Er leide unter massiven Knieschmerzen.
Die Nasenatmung sei behindert. Die Wirbelsäule sei verkrümmt.
Die MS habe sich verschlechtert.
Er habe Schatten auf der Lunge und es liege ein Verdacht auf Aneurysma vor.
Das rechte Bein sei um 33mm kürzer als das linke.
Eine Beinverkürzung an sich ergebe bereits einen Grad der Behinderung von über 50%.
Dem wird entgegengehalten, dass anhand der aktuellen Begutachtung keine maßgebliche Verschlechterung des Hüftleidens rechts festzustellen ist. Die Einstufung mit 30 Prozent deckt in vollem Umfang die mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit ab. Eine wesentliche Verkürzung der Gehstrecke ist, ohne Nachweis höhergradiger degenerative Veränderungen Funktionseinschränkungen, nicht nachvollziehbar. Eine analgetische Dauermedikation nicht etabliert.
Das Kniegelenksleiden rechts wird neu eingestuft.
Ein psychiatrisches Leiden oder psychische Belastungssituation ist nicht durch entsprechende Befunde belegt.
Schwerste degenerative Veränderungen im Bereich des Vorfußes, entsprechend dem radiologischen Befund, führen jedoch nicht zu keinen objektivierbaren Funktionseinschränkungen.
Die Hörstörung wird fachärztlich in korrekter Höhe eingestuft, eine Verschlimmerung ist nicht durch entsprechende Befunde belegt, eine schwere Hörminderung im Sinne der Einschätzungsverordnung liegt nicht vor.
Bei der aktuellen klinischen Untersuchung konnte eine Beinverkürzung rechts von 3, 5 cm festgestellt werden. Dies deckt sich mit dem nachgereichten Befund (33 mm).
Eine operative Versorgung mit Implantation einer Hüfttotalendoprothese rechts mit
Längenausgleich (zumindest teilweise) ist möglich, stellt jedoch keine zumutbare
Therapieoption dar. Für die Einstufung relevant sind objektivierbare Funktionseinschränkungen. Das Ausmaß der Beweglichkeit und das Gangbild bestimmen im Wesentlichen den Grad der Behinderung, es wird daher eine korrekte Einstufung
vorgenommen.
Die Beinlängendifferenz wird, da im Vergleich zum Vorgutachten nun stärker ausgeprägt, einer gesonderten Einstufung unterzogen. Wegen teilweise Leidensüberschneidung kommt es jedoch zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung durch die BLD.
Eine Gleichgewichtsstörung konnte nicht festgestellt werden. Ein Leiden aus dem Gebiet der Rheumatologie im Sinne einer entzündlichen Gelenkserkrankung ist anhand der vorgelegten Befunde nicht objektivierbar.
Die gegenseitige Leidensbeeinflussung wird bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung besprochen.
Multiple Sklerose bzw. der Verdacht auf Multiple Sklerose ohne spezifische Behandlungserfordernis wird, unter Beachtung der zeitweise auftretenden Augensymptome, einer korrekten Einstufung unterzogen. Eine gegenseitige Leidensbeeinflussung mit den weiteren Leiden liegt nicht vor.
Eine maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist im Bereich des rechten Kniegelenks objektivierbar und führt zu einer Neubeurteilung.
Massive Schmerzzustände im Bereich der Hüften bei Beckenschiefstand sind insofern nicht nachvollziehbar, da weder eine höhergradige Einschränkung der Beweglichkeit noch eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung noch eine gehäufte orthopädische bzw. analgetische Behandlung objektivierbar ist.
Eine anhaltende Behinderung der Nasenatmung ist nicht objektivierbar. Der Schatten auf der Lunge wird einer Abklärung unterzogen, derzeit ist kein behinderungsrelevantes Leiden objektivierbar.
Verdacht auf Aneurysma stellt per se kein behinderungsrelevantes Leiden dar.
Dass sich aufgrund der Beinverkürzung von 33 bzw. 35 mm ein Grad der Behinderung von über 50 % ergebe, ist nicht durch die Kriterien der Einschätzungsverordnung gedeckt.
ad 6) Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Befunden
vom Diagnosezentrum A. vom 12.10.2021. ABL 41
vom Diagnosezentrum A. vom 17.03.2022, ABL 42
von Dr. S. vom 17.03.2022, ABL 43
von Gruppenpraxis für Radiologie OG vom 18.03.2022, ABL 44-45
von Dr. A. vom 04.05.2022. ABI 52-55
von Landesklinikum A. vom 22.04.2008, ABL 117-118
von X Militärspital OA Dr. J. vom 15.12.2010, ABL 119
vom X klinikum Y. vom 22.09.2023, ABL 139 = 142
von Dr. S. vom 19.08.2019, ABL 140
vom X klinikum Y. vom 06.09.2023, ABL 141
vom Diagnosezentrum A. vom 22.08.2023, ABL 143-144
vom Landesklinikum A. vom 13.09.2023, ABL 145
sowie insbesondere von der Gruppenpraxis für Radiologie OG vom 22.01.2024, ABL
152 betreffend die Beinlängenverkürzung
Abl. 41 Röntgen Beckenübersicht 12.10.2021 (Beckenschiefstand, der Beckenkamm links steht ca. 2 cm höher. Z.n. Osteosynthese rechts. Acetabulum mit 4 Verschraubungen, Deutliche Coxarthrosezeichen rechts mit Gelenkspaltverschmälerung und verstärkter subchondraler Sklerose der korrespondierenden Gelenkstflächen
Leichte Coxarthrosezeichen SI Gelenksarthrose links
Das rechte SI-Gelenk kaum abzugrenzen — Ankylose?
Osteodensitometrie T-Score: -2,3
Möglicherweise posttraumatische Coxarthrose rechts. Incipiente Coxarthrose links.
Osteopenie / Fortgeschrittene Osteopenie/beginnende Osteoporose) - Befund steht in
Einklang mit getroffener Beurteilung. Die radiologische feststellbare posttraumatische Coxarthrose wird unter Beachtung der mittelgradigen Funktionseinschränkungen korrekt eingestuft. Die aktuell festtellbare Beinlängendifferenz wird neu bewertet.
ABI. 42, 44, 45 Röntgen Knie rechts Vorfuß rechts 17.03.2022 (Status post Tibiakopffraktur, ausgeprägte Gonarthrosezeichen.
Schwerste degenerative Veränderungen im Bereich des Vorfußes mit osteolytischen
Veränderungen am Köpfchen des Os metatarsale IV + V (rheumatoide Grunderkrankung?)
- Die radiologisch dokumentierten ausgeprägten festgestellten Gonarthrosezeichen stehen in Eingang mit der aktuell festgestellten eingeschränkten Beweglichkeit, eine Neueinstufung wird vorgenommen. Degenerative Veränderungen im Bereich des Vorfußes, entsprechend dem radiologischen Befund, führen jedoch nicht zu keinen objektivierbaren
Funktionseinschränkungen.
Abl.43 Medikamentenverschreibung vom 17.03.2022 — nicht aktuell
Abl. 52 - 54 Audiometriebefund 13.10.2021 - wird im HNO Gutachten erfasst
Abl. 55 Dr. F. FA für HNO 4.5.2022 (Hochtonhörstörung bds rechts mit
Steilabfall, Nasenatmungsbehinderung. Sepumdeviation, Z.n. Knalltrauma
Hörgeräteversorgung empfohlen) - wird im HNO Gutachten erfasst
Abl. 117-118 MR— Gehirn vom 2008.04.22 (Es zeigt sich eine Bereich der Pons zentral eine knapp 1 cm im Durchmesser haltende gliotische Läsion. Oleovit D3
Veränderungen nehmen zum jetzigen Zeitpunkt kein Kontrastmittel auf — Multiple WML's periventrikulär und in unmittelbarer Nachbarschaft der Balkenregion! Bezüglich dem Jahr 2000 besteht eine deutliche Befundverschlechterung. Zudem besteht auch eine inaktive Läsion Im Bereich der Pons.
Zusammenfassend ist eine Encephalitis disseminata durchaus möglich) - wird in Leiden 6 berücksichtigt.
Abl. 119 X Militärspital Dr. J. für Neurologie u. Psychiatrie
15.12.2010 (Encephalomyelitits diss., schubförmiger Verlauf, sogenanntes Fatigue-
Syndrom, rez Gesichtsfeldausfälle (z.B Aura ohne Migräne). Lumbago bei bekannten deg.
LWS-Veränderungen u. Osteoporose Dysthymia somatoform
Bzgl. der Enc.diss. eingeschränkte Belastbarkeit: Vermeidung von körperlicher Belastung mit
Erschöpfung bzw. Vermeidung extremer Temperaturen bzgl. Längerem Stehen
Anbindung an ein MS-Zentrum empfohlen.) - wird in Leiden 6 berücksichtigt.
Abl. 139 =142 Abteilung für Pneumologie 22.09.2023 ( in gut 3 Monaten CT-Thorax Kontrolle empfohlen) — kein behinderungsrelevantes Leiden belegt
Abl. 140 Dr. A. 19.08.2019 (In der Jugend Nasentrauma ca 20. Ij- seither tw behinderte Nasenatmung, morgens Nasenrinnen, seit 1 Mo vermehrt Probleme mit
Nasenatmung keine Allergien bek- letzter Epicutan Allergietest neg
FA D. lt Pat, keine Allergien bekSt p Nasentrauma im ca 20 Lj, Va Allergische Rhinitis,
Innenohrläsion, chron Tinnitus bds- va in Ruhe störend, Cerumen br Th: exakte mikroskopische Ohrsäuberung, MOMETASON Na-SPRAY 18G 2x tgl 1 Coldamaris, Mg bez
HG gesprochen- Pat will abwarten) – nicht aktuell
Abl. 141 Abteilung für Pneumologie 06.09.2023 (Befundbesprechung einer auswärtig durchgeführten CT-Angiographie, die im Rahmen einer Aortenektasie durchgeführt wurde. In dieser zeigt sich als Nebenbefund eine knapp 2 cm große Veränderung im linken
Unterlappen paramediastinal. Einer Nikotinanamnese von Candesartan 120 pack years ist hier naturgemäß ein malignes Geschehen nicht auszuschließen, als nächster Schritt wird eine PET-CT für 19.09.2023 geplant, die Aufklärung erfolgt noch heute. Befundbesprechung am selben Tag mit, je nach Befund, Planung weiterer Schritte. Eine cerebrale MRT wird kommende Woche ohnehin aufgrund einer fraglichen MS-Erkrankung durchgeführt werden, sodass ein Staging potenziell komplett wäre, je nach PET-CT Befund dann Planung weiteren Schritte bezüglich Histologiegewinnung.) - Aktuell kein behinderungsrelevantes Leiden objektivierbar.
Abl. 143-144 Röntgen HWS mit Funktionsaufnahmen 22.08.2023 (Homogene knöcherne Struktur. Streckstellung. Keine Gefügestörung, die Beweglichkeit imponiert unauffällig. Atlantodentalgelenksarthrose Incipiente Osteochondrose C4/C5 Leichte rechtsbetonte Spondylarthrosezeichen.
Geringe linkskonvexe Skoliose thoracolumbal, unauffällige Form der Brustwirbelkörper.
Geringe Osteochondrosen L4-S1. Spondylarthrose L3-S1.
Oberhalb der Bifurkation imponiert die abdominelle Aorta erweitert
Osteodensitometrie: Osteopenie
Beckenübersicht: Homogene knöcherne Struktur. Beckenschiefstand, Caput femoris links ist 2,5 cm höherstehend. Z.n. Osteosynthese im Bereich des rechten Acetabulums. Höchstgradige Coxarthrose rechts ggr Coxarthrose links. Ausgeprägte Vasosklerose.) — steht in Einklang mit der aktuell getroffenen Beurteilung. Maßgebliche radiologische Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule liegen nicht vor.
Abl. 145 MR Schädel 12.09.2023 (Deutliche plaqueartige Marklagerveränderungen, vorwiegend am Rande des Balkens sowie in der Umgebung Vorder- und Hinterhömer, deutlich progredient gegenüber 2008 — durchaus gut zu einer Encephalitis disseminata passend
Kein Hinweis auf eine rezente Aktivität der Plaques.
Diffuse cerebrale Atrophie. Diffuse cerebrale Atrophie, Sinusitis der Nasennebenhöhlen.) wird in Leiden 6 berücksichtigt.
Abl. 154 Röntgen Ganzbeinstandaufnahme beidseits 22.01.2024 (Moderate Coxarthrose. Liegende Schrauben im Bereich der rechten Hüfte. Gonarthrose. Das rechte Bein ist deutlich kürzer als das linke (links +33 mm) ) — wird im aktuellen Leiden 4 erfasst.
Die aktuell klinisch feststellbare Beinlängendifferenz von 3,5 cm steht in Einklang mit dem vorgelegten Befund und wird gesondert eingestuft.
ad 6) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.
Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
ad 7) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen? Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere medizinische Beurteilung abzuleiten wäre.
Nachgereichter Befund:
Medikamentenverordnung vom 27.11.2023 Praxis für Innere Medizin (Dauerdiagnosen
Aneurysma infrarenale Aorta bis 38mm
Ektasie Aorta thoracalis ascend. bis 47mm
Hypercholesterinämie
Multiple Sklerose 2008
Nikotinabusus
Aglandin, Atorvastatin, Calciduran, Oleovit D3, Rilmenidin, TASS.) — Diagnosenliste führt zu keiner Erweiterung der festgestellten Gesundheitseinschränkungen.“
Mit Schreiben vom 20.06.2024 informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zum eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, das gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt wurde, eine Stellungnahme abzugeben. Die Parteien des Verfahrens wurden in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sollten sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Die Parteien des Verfahrens wurden weiters darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.
Dieses Parteiengehörsschreiben wurde sowohl der belangten Behörde als auch dem Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung entsprechend den im Akt aufliegenden elektronischen Zustellprotokollen am 20.06.2024 zugestellt.
Der Beschwerdeführer gab mit Anwaltsschriftsatz vom 02.07.2024 eine Stellungnahme ab, in der er sich mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und damit mit dem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. einverstanden zeigte, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtete und beantragte, die Sache ohne Ansetzung eines weiteren Verhandlungstermins zur Entscheidung zu bringen. Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten der beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie vom 11.06.2024 blieb daher von den Parteien des Verfahrens unbestritten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 25.04.2023 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:
1. Posttraumatische Coxarthrose rechts nach Beckenringbruch; mäßige funktionelle Einschränkung und rezidivierende Beschwerden bei periartikulärer Verkalkung
2. Posttraumatisches Funktionsdefizit rechtes Sprunggelenk; mittelgradige Einschränkung des Bewegungsumfangs des oberen Sprunggelenks und in Mittelstellung versteiftes unteres Sprunggelenk, bandstabiles Gelenk ohne Hinweis für Pseudarthrose
3. Posttraumatische Kniegelenksarthrose rechts; aktive Beweglichkeit Knie rechts 0/10/90
4. Beinverkürzung rechts über 3 cm (Beinverkürzung von 3,5 cm vorliegend)
5. Hörstörung bds. Tabelle Z3/K2
6. Multiple Sklerose; kein neurologisches Defizit objektivierbar, keine Funktionseinschränkung, kein Fatiguesyndrom
7. Chronischer Tinnitus beidseits; keine nennenswerten psychovegetativen Begleiterscheinungen dokumentiert
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 50 v.H.
Hinsichtlich der beim der Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten der beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie vom 11.06.2024, das von den Parteien des Verfahrens unbestritten blieb, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren und einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem zentralen Melderegister und ist im Übrigen unstrittig.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. gründen sich auf das oben wiedergegebene, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2024 basierende Sachverständigengutachten der beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie vom 11.06.2024, das von den Parteien des Verfahrens unbestritten blieb. Darin wird unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß umfassend, schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen und auf den Ergebnissen einer persönlichen Untersuchung, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie gelangte in ihrem Sachverständigengutachten vom 11.06.2024 – u.a. auf Grundlage von erst im Zuge der Beschwerde neu vorgelegter Befunde sowie auf Grundlage der Ergebnisse ihrer persönlichen Untersuchung – zur erstmaligen Berücksichtigung des nunmehr neuen Leidens 4, dieses festgestellt als „Beinverkürzung rechts über 3 cm (Beinverkürzung von 3,5 cm vorliegend)“, sowie – dies unter Berücksichtigung der im Rahmen der persönlichen Untersuchung aktuell objektivierten Beweglichkeitseinschränkungen im rechten Kniegelenk (Streckung/Beugung 0/10/90°) – zu einer höheren Einstufung des Leidens 3, festgestellt als „Posttraumatische Kniegelenksarthrose rechts“, als im von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 19.06.2023, dies nunmehr mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H.
Dies führt im Hinblick auf die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum von der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten vom 19.06.2023 zu einer abweichenden Beurteilung im Sinne einer höheren Bewertung. Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie führte diesbezüglich in ihrem Sachverständigengutachten vom 11.06.2024 nachvollziehbar aus, dass Leiden 1 durch Leiden 2 bis 4 wegen teilweise Leidensüberschneidung (Leiden 1 und 4) und wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um 2 Stufen erhöht wird, womit ein (Gesamt)Grad der Behinderung von 50 v.H. erreicht wird. Leiden 5 bis 7 erhöhen hingegen nicht, weil keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt, da nicht die gleichen Organsysteme betroffen sind.
Wie bereits erwähnt, sind die Parteien des Verfahrens diesem Sachverständigengutachten vom 11.06.2024 im Rahmen des ihnen vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumten Parteiengehöres nicht entgegengetreten. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer zeigte sich mit diesem Sachverständigengutachten ausdrücklich einverstanden, die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab; dieses Sachverständigengutachten vom 11.06.2024 blieb daher unbestritten. Da es als vollständig und schlüssig anzusehen ist, wird es vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung der aktuellen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 1. (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
…
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“
§ 3 der Einschätzungsverordnung lautet:
„Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.“
Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2024 basierende schlüssige, nachvollziehbare und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten der beigezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzausbildung Orthopädie vom 11.06.2024, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 50 v.H. beträgt, zu Grunde gelegt. Dieses Gutachten wurde weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde bestritten. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen und den Ergebnissen einer persönlichen Untersuchung, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, liegen mit einem aktuellen Grad der Behinderung von 50 v.H. daher vor.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben, der Grad der Behinderung mit 50 v.H. festzusetzen und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens vom 11.06.2024, das weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde bestritten wurde, geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war, zumal seitens des Beschwerdeführers auf die Durchführung einer mündliche Verhandlung mit Anwaltsschriftsatz vom 02.07.2024 verzichtet und von der belangten Behörde kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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