BVwG W202 2154821-1

BVwGW202 2154821-15.5.2017

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG 1950 §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG 1950 §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W202.2154821.1.00

 

Spruch:

W202 2154821-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2017, Zl. 1122763008/170173280, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 AVG idgF, §§ 10, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF sowie §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 15.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

 

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich sein Vater vor Jahren bei einem reichen Dorfbewohner Geld mit hohem Zinssatz ausgeborgt habe. In den letzten Jahren habe er nur die Zinsen zahlen können, der Geldbetrag sei immer noch offen. Der Geldgeber habe wollen, dass der Beschwerdeführer für ihn arbeite, um die Schulden seines Vaters zu zahlen. Dazu hätte der Beschwerdeführer ein Leben lang ohne Entgelt arbeiten müssen. Als er sich geweigert habe, habe es einen Streit zwischen ihm und dem Geldgeber gegeben und der Beschwerdeführer sei dabei von ihm geschlagen worden. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer ausgereist.

 

Am 28.10.2016 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wo er zum Fluchtgrund angab, dass sein Vater einen Kredit von einem reichen Bauern angenommen habe. Sein Vater habe sein ganzes Leben für diesen arbeiten müssen und der Beschwerdeführer müsse auch das ganze Leben für diesen arbeiten. Wenn sie nicht arbeiten würden, dann würden sie von diesem immer wieder geschlagen. Deswegen habe er Indien verlassen. Wenn er nach Indien zurückkomme, würden sie ihn töten.

 

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2016, Zl. 1122763008/1660991023, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

 

Beweiswürdigend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer Bedrohungssituation nicht glaubhaft sei. Der Beschwerdeführer habe bereits bei der Angabe seines Namens und seines Geburtsdatums widersprüchliche Angaben gemacht, er habe zugegeben, bei der Erstbefragung einen falschen Namen und ein falsches Geburtsdatum angegeben zu haben, obwohl er bereits damals auf die Wahrheitspflicht hingewiesen worden sei. Bei der Erstbefragung habe er angegeben, dass er sich geweigert habe, beim Geldgeber des Vaters ohne Entgelt zu arbeiten und es Streit deswegen gegeben hätte und er den Beschwerdeführer geschlagen hätte. In der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe er jedoch divergierend dazu angegeben, dass er nie einer Bedrohungssituation ausgesetzt gewesen wäre, da er immer gearbeitet hätte. Auch den Vorgang der Kreditvergabe habe er der Behörde nicht glaubhaft erklären können. Zu den Konditionen für die Rückzahlungen habe er divergierende Angaben gemacht, so habe er zunächst angegeben, dass der Vater 50.000,-- Rupien bekommen hätte und innerhalb eines Jahres 100.000,-- Rupien zurückgeben hätte müssen, widersprüchlich dazu habe er jedoch angegeben, dass sein Vater die 100.000,-- Rupien bereits abbezahlt hätte, jedoch wären die Zinsen noch offen. Weiters habe er behauptet, dass nun 2,5 Millionen Rupien offen wären. Er habe angegeben, wenn seine Familie diesen Kredit nicht zurückzahlen könne, dann würde seiner Familie das Haus weggenommen werden, allerdings habe er angegeben, sein Vater hätte seine Ausreise wahrscheinlich mit dem Verkauf des Wohnhauses finanziert. Sein Vater hätte doch schon längst zuvor das Haus verkaufen können, um seine Schulden zu bezahlen. Zuerst habe der Beschwerdeführer angegeben, dass sein Vater für andere Leute als Bauarbeiter gearbeitet hätte und dass er im Monat 4.500,-- Rupien verdient hätte. Dann habe er behauptet, dass sein Vater für den reichen Bauern hätte arbeiten müssen und das Geld, das er verdient hätte, ausbezahlt bekommen hätte. Unmittelbar danach habe er behauptet, dass weder sein Vater noch er Geld von den Bauern für ihre Arbeit bekommen hätten, sondern dass sie das Geld für die Bezahlung der Schulden an diesen abliefern hätten müssen. Kleidung und Nahrung für den Lebensunterhalt hätten sie vom Geldgeber bekommen. Erwähnenswert sei auch, dass der Beschwerdeführer zwar behauptet habe, dass sein Gegner Politiker in mehreren Parteien wäre und damit auf dessen Einfluss habe hinweisen wollen, jedoch habe er nicht angeben können, welche Funktion dieser in den Parteien habe. Seine Aussage, dass er bei der Rückkehr in seine Heimat entweder für den Geldgeber ein Leben lang arbeiten hätte müssen oder getötet werden würde, diene offensichtlich dazu, eine Bedrohung seiner Person vor der Behörde vorzubringen. Er hätte die Möglichkeit gehabt sich an einer anderen Stelle in Indien niederzulassen. Es sei nicht glaubwürdig, dass ihn ein Verwandter des Kreditgebers durch Zufall im Mumbai gesehen habe, und dann noch die Möglichkeit gehabt haben solle, ihn entgegen seinen Willen in sein Heimatdorf zurückzubringen. Auffallend sei auch, dass sein Fluchtversuch ohne Folgen geblieben sein solle. Zudem habe er zu Beginn der Einvernahme noch vorgebracht, sein gesamtes Leben bis zu seiner Ausreise in seinem Heimatdorf verbracht zu haben. Es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen einen Ausreisegrund glaubhaft zu machen.

 

Rechtlich kam das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. zu dem Schluss, dass es in seinem Fall keinesfalls zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und damit verbunden zur Anerkennung als Flüchtling kommen könnte, zumal nichts hervorgekommen sei, das eine Verfolgung oder Furcht vor solcher glaubhaft annehmen ließe.

 

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, in seinem Fall sei nichts dahingehend ersichtlich, dass er im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Auch aus der allgemeinen Situation in seinem Heimatstaat beziehungsweise der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine lasse sich eine solche nicht ableiten.

 

Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gem. § 57 AsylG nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer habe zudem keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Es bestehe daher kein Eingriff in sein Familienleben. Bei einer Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK sei im Hinblick auf die geringe Integration und das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens die Rückkehrentscheidung zulässig. Eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG sei nicht gegeben, weswegen bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig sei.

 

Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass Gründe im Sinne des § 50 FPG nicht hätten festgestellt werden können, was bedeute, dass der Beschwerdeführer ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen vierzehn Tagen verpflichtet sei.

 

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

 

Am 09.02.2017 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde hiezu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich befragt. Hiebei gab er im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll:

 

Zurzeit sei Wahlzeit in ihrem Gebiet und ihre Familie sei in den Heimatort zurückgekehrt. Seit 06.02.2017 sei sein Onkel verschwunden. Die Gegner hätten ihr Grundstück und ihr Haus enteignet. Ihre Gegner seien wie eine Mafia, sie hätten sehr großen Einfluss in ihrem Gebiet, sie dagegen könnten sich nicht wehren. Sein Vater habe das Grundstück auf seinen Namen übertragen und das Grundstück gehöre ihm. Der Beschwerdeführer habe sich über einen Freund informiert, der Kontakt zu seiner Schwester habe. Seine Schwester habe ihm gesagt, dass sie sich zurzeit vor diesen Leuten verstecke. Falls der Beschwerdeführer zurückkomme, sei er auch sehr gefährdet.

 

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 22.02.2017 erfolgte eine Mitteilung gem. § 29 Abs.3 Z.4 AsylG.

 

Am 07.03.2017 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes einvernommen, wobei er im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:

 

Man habe jetzt auch sein Grundstück in Besitz genommen. Seit der Wahl sei auch sein Onkel väterlicherseits verschwunden. Das Grundstück sei auf seinen Namen, die Person, die das Grundstück in Besitz genommen habe, würde ihn dann vielleicht umbringen. Nach seinem Tod könnte er es dann einfach in Besitz nehmen, er könnte es gesetzlich auf seinen Namen schreiben lassen. Seine Schwester habe ihm erzählt, dass das Grundstück schon in Besitz genommen worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten in Österreich, er lebe mit Männern zusammen in einer Wohngemeinschaft. Seit seiner Einreise im Oktober oder November 2016 sei er durchgehend in Österreich aufhältig. Er wolle hier bleiben, er könne hier ein sehr gutes Leben führen und den Gesetzen folgen. Für drei Monate habe er hier als Zeitungszusteller gearbeitet. Derzeit unterstützen ihn seine Mitbewohner, er gehe meistens in den Sikh-Tempel zum Essen. In Vereinen oder Organisationen in Österreich sei er nicht tätig. Er könne kein Deutsch, er habe bis jetzt keinen Kurs besucht. In Indien befänden sich seine Eltern und seine zwei Schwestern.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2017, Zl. 1122763008/170173280, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG i. V. m. § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt II.) und gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.).

 

Rechtlich führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. aus, dass kein entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt im Sinne des § 68 AVG vorliege. Da weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, die eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 04.11.2016 seinem neuerlichen Antrag entgegen, weswegen das Bundesamt zu seiner Zurückweisung verpflichtet sei.

 

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gem. § 57 AsylG nicht vorlägen. Im Verfahren habe sich nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer mit Personen im gemeinsamen Haushalt lebe, zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sei in seinem Fall nicht geboten. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung auszusprechen. Da die Voraussetzungen des § 50 FPG nicht vorlägen, sei bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig.

 

Da gem. § 55 Abs. 1a FPG im Fall einer zurückweisenden Entscheidung gem. § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, sei von der Erteilung einer derartigen Frist abzusehen gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und erstattete im Wesentlichen folgendes Vorbringen:

 

Wenn eine tatsächliche Prüfung der vorgebrachten Sachverhaltsänderung stattgefunden hätte, hätte das Bundesamt angesichts seiner eigenen Länderberichte und der Situation in Indien sowie der persönlichen Situation des Beschwerdeführers feststellen müssen, dass ein solcher maßgeblich veränderter Sachverhalt sehr wohl vorliege und dass eine inhaltliche Prüfung des Asylantrages des Beschwerdeführers nicht unterlassen werden könne. Vom Bundesamt seien keinerlei Recherchen zu den vorgebrachten Fluchtgründen getätigt worden. Eine Begründung, warum im Vorbringen des Beschwerdeführers kein glaubhafter Kern enthalten sei, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, zumal die Sicherheitslage in Indien nunmehr eine wesentlich schlechtere und die persönliche Situation des Beschwerdeführers eine andere sei, da er nunmehr in Österreich viel stärker verwurzelt sei und ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative beziehungsweise menschenwürdige Existenz nicht mehr zumutbar wäre, zumal er auch Gründe für seine Integration vorgebracht habe, die beurteilt hätten werden müssen. Der bloße Verweis des Bundesamtes darauf, die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Veränderung in seinen Fluchtgründen sei nicht glaubwürdig, weil ihm bereits im Vorverfahren nicht geglaubt worden sei, sei völlig unverständlich, nicht nur weil diese Behauptung die Behörde nicht von ihrer Ermittlungspflicht zu den vorgebrachten Neuerungen entbinden könne, sondern auch weil der Beschwerdeführer Umstände vorgebracht habe, die Veränderungen seiner Gefährdungssituation belegten. Die Begründung des Bescheides sei mangelhaft. Zur gegenwärtigen Situation in Indien sei festzustellen, dass aus den Länderberichten hervorgehe, dass gravierende Veränderungen seit der Entscheidung des ersten Asylverfahrens des Beschwerdeführers vorlägen. Der Beschwerdeführer spreche bereits ausreichend Deutsch, um sich im Alltag verständigen zu können und habe sich in Österreich sehr gut eingelebt. Er sei selbsterhaltungsfähig und habe umfangreiche soziale und familiäre Kontakte in Österreich. Warum das Bundesamt das Gegenteil behaupte, sei nicht nachvollziehbar. Der bloße Verweis des Bundesamtes auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht entkräften und könne jedenfalls allein kein überzeugender Grund für eine Ablehnung der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers sein. Die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei daher keiner adäquaten Beurteilung unterzogen worden.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

 

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Zu A)

 

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

"Sache" des Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969, VfSlg 7240/1973, VwGH vom 8.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1265 mwH).

 

Im vorliegenden Fall ist Sache des Berufungsverfahrens somit die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des (zweiten) Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951, VwGH vom 30.5.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

 

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8.9.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.5.1995, 94/04/0081).

 

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Identität der Sache liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 08.04.1992, 88/12/0169).

 

Der Begriff Identität der Sache muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH vom 30.01.1995, 94/10/0162 ua). Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 07.12.1988, 86/01/0164). Die Beantwortung der Frage, ob sich die nach dem früheren Bescheid maßgeblich gewesene Sachlage derart geändert hat, dass die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, setzt voraus, dass der bestehende Sachverhalt an der diesen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund gemessen wird, und zwar nach der selben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, fünfte Auflage, E 19 b zu § 68 AVG).

 

Zutreffend ist das BFA zum Ergebnis gelangt, dass kein glaubhafter neu entstandener Sachverhalt vorliegt.

 

Der Beschwerdeführer behauptete zwar, dass jene Person, mit der er nach seinen Angaben im Erstverfahren schon in seiner Heimat Probleme gehabt habe, jetzt auch sein Grundstück in Besitz genommen habe und dass seit der Wahl sein Onkel väterlicherseits verschwunden sei, doch ist ein derartiges in den Raum gestelltes Vorbringen im Hinblick darauf, dass das ursprüngliche Vorbringen sich als völlig haltlos erwies, nicht einmal im Kern glaubhaft. Denkt man sich dieses zusätzliche Vorbringen dem ursprünglichen Verfahren hinzu, so käme eine anders lautende Entscheidung nicht einmal in Betracht, hat sich doch im ursprünglichen Verfahren ergeben, dass die behauptete Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht, weswegen zusätzliche Behauptungen von einer Inbesitznahme des Grundstücks des Beschwerdeführers, wobei von einem derartigen Grundstück im Erstverfahren nicht die Rede war, und dem Verschwinden seines Onkels das Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt nicht glaubwürdiger zu machen vermögen. Voraussetzung für eine neuerliche Sachentscheidung wäre jedoch, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommt, was jedoch im konkreten Fall nicht gegeben ist. Die nunmehrigen Behauptungen stützen sich nämlich auf die ursprüngliche, als unglaubwürdig erkannte Geschichte, können jedoch für sich alleine nicht bestehen, weshalb diese keine Durchbrechung der Rechtskraft des seinerzeitigen Bescheides des Bundesamtes bewirken können. Vielmehr zeigt sich in eindeutiger Weise, dass der Beschwerdeführer einen (untauglichen) Versuch unternommen hat, ein neuerliches Asylverfahren in Gang zu bringen, ohne dass tatsächlich ein asylrelevantes Substrat neu entstanden wäre. Dementsprechend vermochte der Beschwerdeführer keinen neu entstandenen Sachverhalt darzutun, der auch nur im Kern glaubhaft wäre.

 

Eine relevante Sachverhaltsänderung hinsichtlich der allgemeinen Lage, wonach jeder Inder im Falle einer Rückkehr bereits in seiner Heimat gefährdet wäre, kann aus den Feststellungen des Bundesamtes nicht erkannt werden, in der Beschwerde wurde bloß auf eine Verschlechterung der allgemeinen Lage hingewiesen, ohne dies jedoch zu konkretisieren, weshalb sich daraus nicht ableiten lässt, dass entgegen den Ausführungen des Bundesamtes eine relevante Änderung der Lage bestünde, und kann eine relevante Änderung der allgemeinen Lage in Indien auch sonst nicht erkannt werden.

 

Dass es dem Beschwerdeführer im Gegensatz zur Situation bei Erlassung des Bescheides des Bundesamtes vom 15.07.2016 nunmehr nicht möglich wäre, für den notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen, vermochte der Beschwerdeführer, der verwandtschaftliche Beziehungen in Indien hat, nicht aufzuzeigen, sondern ist vielmehr davon auszugehen, dass keine relevante Sachverhaltsänderung dahingehend gegeben ist, dass der Beschwerdeführer nun im Gegensatz zur ursprünglichen Entscheidung des Bundesamtes nicht für seinen notwendigen Unterhalt aufkommen könnte, zumal der Beschwerdeführer auch nicht konkret darzulegen vermochte, inwiefern sich eine relevante Sachverhaltsänderung in diesem Zusammenhang ergeben hätte. Schwierige Lebensbedingungen reichen aber für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht aus.

 

Zu Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Juli 2016 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Indien kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Der Beschwerdeführer hat noch bei seiner Einvernahme am 07.03.2017 zu Protokoll gegeben, dass er kein Deutsch spreche und bis jetzt keinen Kurs besucht habe, er für drei Monate als Zeitungszusteller gearbeitet habe, ihn nun seine Mitbewohner unterstützen und er meistens in den Sikh-Tempel zum Essen gehe, er in keinerlei Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig sei und über keine Verwandte im Bundesgebiet verfüge, weswegen die Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer bereits ausreichend Deutsch spreche, um sich im Alltag verständigen zu können, er selbsterhaltungsfähig sei und umfangreiche soziale und familiäre Kontakte in Österreich habe, nicht nachvollzogen werden können, wobei insgesamt betrachtet eine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers jedenfalls nicht festgestellt werden kann.

 

Zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten dreimonatigen Tätigkeit als Zeitungszusteller ist überdies auszuführen, dass daraus keine maßgebliche Integration am Arbeitsmarkt abzuleiten ist (vgl. VwGH 11.06.2014, 2013/22/0356).

 

Es ist daher davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers bloß ein geringer Grad an Integration im Bundesgebiet erreicht worden ist, diese nicht in einer Weise fortgeschritten ist, dass bei einer Abwägung die Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers unzulässig wäre. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer sich seit kurzem im Bundesgebiet aufhält und den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort seine Familienangehörigen leben und der Beschwerdeführer auch eine Sprache des Herkunftsstaates beherrscht. Er ist demgegenüber mit den Gegebenheiten im Bundesgebiet nicht derart verwurzelt, dass ihm eine Rückkehr in seine Heimat nicht mehr zugemutet werden könnte.

 

Daher ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023).

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidung keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht.

 

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in den entscheidungswesentlichen Punkten die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend substantiiert entgegen trat und die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu einer Bedrohungssituation auf der Hand liegt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 28.05.2014, 2014/20/0017 und 0018; 22.11.2006, 2005/20/0406 u.v.a.). Zudem kann gem. § 21 Abs. 6a BFA-VG über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

 

Zu B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

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