BVwG W185 2105930-1

BVwGW185 2105930-116.4.2015

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W185.2105930.1.00

 

Spruch:

W185 2105930-1/5E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2015, Zl. 1051672200-150157719, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG idF BGBl I 144/2013 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 10.02.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Zuge der Erstbefragung nach dem AsylG am 10.02.2015 gab die Beschwerdeführerin an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Sie müsse jedoch einen Asthmaspray verwenden. Sodann führte sie zusammengefasst aus, am 06.02.2015 schlepperunterstützt von Teheran nach Wien geflogen zu sein. Der Schlepper habe einen gefälschten Ausweis und ein Visum besorgt. Nach Ankunft in Wien sei sie vom Schlepper an einen ihr unbekannten Ort gebracht worden. Nach Bezahlung des gesamten vereinbarten Geldbetrages habe sie der Schlepper zum Bahnhof in XXXX gebracht. In Österreich oder einem sonstigen EU-Staat habe sie keine Familienangehörigen oder Verwandte. In einem anderen Land habe die Beschwerdeführerin nicht um Asyl angesucht. Sie habe in ein sicheres Land ausreisen wollen; der Schlepper habe dann Österreich als Zielland ausgewählt. Ihre Heimat habe sie verlassen müssen, da sie sich für den christlichen Glauben zu interessieren begonnen hätte und zum Christentum konvertieren wolle. Dies sei jedoch bei Todesstrafe verboten. Die Behörden hätten Verdacht geschöpft und die Beschwerdeführerin deswegen auch verhört. Nach Hinterlegung einer Kaution sei sie dann freigelassen worden.

Nach einer Anfrage an die Österreichische Botschaft in Teheran hinsichtlich einer Visumserteilung für die Beschwerdeführerin gab die Polnische Botschaft in Teheran am 15.02.2015 mit E-Mail bekannt, dass die Beschwerdeführerin am 11.03.2014 ein polnisches Visum erhalten habe (gültig vom 18.03.2014 bis 18.05.2014) und ein weiteres Visum am 14.09.2014 (gültig vom 18.09.2014 bis 18.09.2015) ausgestellt worden sei.

Am 20.02.2015 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Aufnahmeersuchen gem. Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (infolge Dublin-III-VO) an Polen. Polen stimmte mit Schreiben vom 24.02.2015 zu, die Beschwerdeführerin gemäß der genannten Bestimmung zu übernehmen.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.03.2015 wurde die Beschwerdeführerin erneut zu ihrem Gesundheitszustand befragt, wobei diese angab, an Asthma und Migräne zu leiden und wegen Menstruationsbeschwerden regelmäßig Medikamente (Hormone) einnehmen zu müssen. Aufgrund eines Schilddrüsenproblems müsse sie alle drei Monate zu einer Untersuchung gehen. Am 31.03.2015 habe die Beschwerdeführerin einen Termin in einem Krankenhaus hinsichtlich einer Hormon- und Blutuntersuchung. Die Beschwerdeführerin gab an, alle Befunde vorlegen zu wollen. In Österreich, in sonstigen Ländern der EU, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz habe sie keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde. Die Beschwerdeführerin habe sich nie in Polen aufgehalten. Über Vorhalt der eingelangten Zustimmung Polens zur Übernahme der Beschwerdeführerin gab diese an, nie nach Polen gewollt zu haben und kein polnisches Visums beantragt zu haben. Ihr Schlepper habe dies alles organisiert. Ihr Zielland sei von Anfang an Österreich gewesen. Sie wolle in Österreich bleiben und lerne bereits Deutsch. Sie beabsichtige in Österreich Religionsunterricht zu nehmen und in weiterer Folge zu studieren. Bevor sie nach Polen gehen müsse, würde sie sich eher umbringen.

Vorgelegt wurde ein Ambulanzbericht Interne Notaufnahme eines Krankenhauses vom 17.02.2015. Diagnose: Heiserkeit; respiratorischer Infekt; allergisches Asthma bronchiale sowie Migräne. Weiters wurde eine Überweisung zu einem Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vorgelegt.

Aus einem AV vom 02.04.2015 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin ihrem Arzttermin am 31.03.2015 nicht nachgekommen ist.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2015 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und die Außerlandesbringung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG für zulässig erklärt. Das Bundesamt führte unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin an Asthma und Migräne leide. Es handle sich dabei um keine akut lebensbedrohlichen Erkrankungen. Ein stationärer Aufenthalt sei nicht erforderlich gewesen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass sich die Beschwerdeführerin in einem Gesundheitszustand befände, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass diese an einer Erkrankung leiden würde, die in Polen nicht ausreichend behandelbar wäre. Es hätten sich keine Tatsachen ergeben, die einer Außerlandesbringung entgegenstehen würden und die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung deren Gesundheitszustandes bewirken würden. Die medizinische Versorgung in Polen sei ausreichend gegeben, der Zugang zu medizinischer Versorgung sei gewährleistet. Auch eine akute Suizidalität sei kein Abschiebehindernisse, wenn konkrete risikominimierende Maßnahmen getroffen würden, um einen Selbstmord zu verhindern. Die Beschwerdeführerin verfüge in Österreich über keine familiären oder schützenswerte private Anknüpfungspunkte. Es sei weder eine Verletzung von Art 8 EMRK noch von Art 3 EMRK zu befürchten.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 02.04.2015 richtet sich die vorliegenden fristgerechte Beschwerde, verfasst von RA Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Plainstraße 23, 5020 XXXX, worin auf den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin Bezug genommen wurde. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Depression der Beschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt nicht protokolliert worden sei. Vielleicht habe die Beschwerdeführerin diese Erkrankung nicht erwähnt, vielleicht seien ihren diesbezüglichen Angaben nicht übersetzt worden. Der genaue Grund hiefür sei nicht mehr feststellbar. Jedenfalls erwähnt habe die Beschwerdeführerin das Vorliegen von Asthma, Migräne, Menstruationsproblemen sowie einer Schilddrüsenerkrankung. Dies alles seien Erkrankungen, deren Ursache auch in den psychischen Problemen der Beschwerdeführerin liegen könnte. Die Beschwerdeführerin leide unter einer dissoziativen depressiven Störung, derzeit schwere Episode ohne psychotische Symptome; es bestehe weiters der Verdacht auf Vorliegen einer komplexen Traumafolgestörung. Vor einigen Jahren sei die Beschwerdeführerin im Iran von der Polizei festgenommen worden und habe einen Selbstmordversuch unternommen. Die Beschwerdeführerin sei sehr depressiv und suizidgefährdet. In der Folge wurde die in der Praxis mangelhafte medizinische Versorgung vor allem für Asylwerber mit psychischen Problemen in Polen moniert. Die psychologische Behandlung beschränke sich demnach auf die Diagnose und eine Beratung. Hilfe sei nur eingeschränkt möglich. Dolmetscher würden nicht zur Verfügung gestellt. Nach einigen Berichten würden Opfer von Folter bzw traumatisierte Personen keine Behandlung erhalten. Die Krankenhäuser seien von den Lagern weit entfernt. Nur in Notfällen könnten die nächstgelegenen Gesundheitseinrichtungen in Anspruch genommen werden. Bei stationärem Aufenthalt wären die Kosten von den Asylwerbern selbst zu tragen. Auch würden alle Dublin-Rückkehrer inhaftiert werden. Dies betreffe auch psychisch erkrankte Personen. Im Falle einer Überstellung nach Polen würde sich die psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich verschlechtern und es bestehe die Gefahr einer irreversiblen Verschlechterung. Aufgrund der Erkrankung wäre die Beschwerdeführerin auch nicht in der Lage, eine Arbeit zu erhalten und sich Leben und Unterhalt zu finanzieren. Einer solchen prekären Lebenssituation wäre die Beschwerdeführerin nicht gewachsen. Laut ärztlicher Stellungnahme sei die Beschwerdeführerin nicht belastungsfähig. Eine Retraumatisierung könnte die Folge sein. Das Bundesamt habe es unterlassen, Polen von der schweren psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin zu informieren; dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um deren notwendige medizinische Versorgung in Polen sicherzustellen. Nach dem Gesagten würde eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen einen Verstoß gegen Art 3 EMRK bedeuten, zumal diese alleinstehend sei und eine schwere psychische Erkrankung vorliege. Die komplexe - auch körperliche - Erkrankung der Beschwerdeführerin, lasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin massiv und irreversibel verschlechtern würde; dies in einem Art 3 EMRK-relevanten Ausmaß. Beantragt werde die Einholung von Sachverständigengutachten hinsichtlich sämtlicher Erkrankungen der Beschwerdeführerin. Derzeit befinde sich die Beschwerdeführerin stationär in einem psychiatrischen Krankenhaus; sie werde dort auch noch eine Zeit lang bleiben müssen. Eine Überstellung nach Polen sei derzeit unmöglich und würde gegen Art 3 EMRK verstoßen. Angeschlossen wurden einige Berichte diverser Internationaler Organisationen zur Lage von Asylwerbern in Polen, insbesondere auch zur medizinischen Versorgung.

Aus einer der Beschwerde beigefügten "Ärztlichen Stellungnahme" eines Klinikums für Psychiatrie und Psychotherapie vom 09.04.2015 ergibt sich folgende Diagnose:

Dissoziative Bewegungsstörung F 44.4

Rezidivierende depressive Störung, derzeit schwere Episode ohne psychotische Symptome F 33.2

Verdacht auf komplexen Traumafolgestörung,

Aus der genannten "Ärztlichen Stellungnahme" ergibt sich weiters, dass sich die Beschwerdeführerin seit 31.03.2015 in stationärer psychiatrischer Behandlung in der geschlossenen Frauenstation befindet. Die Beschwerdeführerin sei mit einem dissoziativen Zustandsbild mit der Rettung in die Klinik gebracht worden. Seit 31.03.2015 sei die Beschwerdeführerin aufgrund von Selbstgefährdung gemäß § 3 UbG untergebracht. Diese Unterbringung habe bis dato aufgrund der Suizidalität nicht aufgehoben werden können. Als Symptomatik wurde unter anderem über Schlafstörungen, Ängstlichkeit, leidvollem Gedankenkreisen um Abschiebung und Selbstmord sowie paranoide Komponenten berichtet. Die medikamentöse Therapie besteht aus: Setralin 100mg, Zyprexa 5mg sowie Psychopax 10 gtt. Anamnestisch habe eine schwere depressive Episode inklusive Selbstmordversuch durch Medikamentenintoxikation vor sechs Jahren erhoben werden können. Bis vor sechs Monaten habe die Beschwerdeführerin als antidepressive Therapie Setralin 150 mg eingenommen. Aufgrund eines positiven Verlaufes habe das Medikament abgesetzt werden können. Bisher zeige sich nur eine sehr geringe Besserung im Krankheitsverlauf. Sie benötige oft sedierende Medikation aufgrund starker Angst und Verzweiflungsgefühle, v.a im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung. Die Beschwerdeführerin habe für den Fall ihrer Abschiebung wiederholt Suizid angekündigt. Eine Traumatisierung durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin durch iranische Sicherheitskräfte könne aufgrund des Verhaltens der Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen werden. Angesichts des vorangegangenen Selbstmordversuches müsse von einem erhöhten Suizidrisiko ausgegangen werden. Aufgrund des aktuellen Krankheitsbildes sei die Beschwerdeführerin nicht belastungsfähig. Eine Abschiebung nach Polen würde einer Retraumatisierung gleichkommen, welche bei latenter Suizidalität zu Suizidversuchen führen könnte. Es sei davon abzuraten, die verordneten Psychopharmaka durch (andere) Generika zu ersetzen.

Mit Beschwerdeergänzung wurden am 15.04.2015 weitere Berichte Internationaler Organisationen zur medizinischen Versorgung in Polen vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBGl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:

Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG .

Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie die vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.

Die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl war aufgrund folgender Erwägungen nach § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben:

Zwar ist hinsichtlich der Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens dem Bundesamt beizupflichten, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Polens ergibt. Nichtsdestotrotz gibt es Gründe, die einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Polen entgegenstehen.

Die Beschwerdeführerin leidet an Asthma, an Migräne, an hormonell zu behandelnden Menstruationsbeschwerden sowie nicht näher erläuterten Schilddrüsenbeschwerden. Weiters liegen bei der Beschwerdeführerin dissoziative Bewegungsstörungen und eine rezidivierende depressive Störung mit derzeit schwerer Episode (F 33.2) vor. Auch besteht aufgrund der Erlebnisse im Herkunftsstaat der Verdacht auf Vorliegen einer komplexen Traumafolgestörung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin bereits vor sechs Jahren einen Suizidversuch unternommen hat und bis vor sechs Monaten Antidepressiva eingenommen hat. Seit 31.03.2015 befindet sich die Beschwerdeführerin in stationären psychiatrischer Behandlung in der geschlossenen Station eines Klinikum (Unterbringung nach § 3 UbG). In der "Ärztlichen Stellungnahme" vom 09.04.2015 wird hiezu ausgeführt, dass diese Unterbringung aufgrund von Selbstgefährdung erforderlich war und aufgrund von Suzidalität bis dato nicht aufgehoben habe werden können. Bisher habe sich nur eine sehr geringe Besserung im Krankheitsverlauf ergeben. Berichtet wurde von starker Angst und Verzweiflungsgefühlen. Die behandelnde Ärztin führt dies in Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung an und führt hierzu aus, dass deren tatsächliche Durchführung einer Retraumatisierung gleichkommen würde und bei der latenten Suizidalität zu Selbstmordversuchen führen könnte. Die Beschwerdeführerin habe wiederholt angegeben, bei einer Abschiebung Selbstmord zu begehen. Angesichts des vorangegangenen Selbstmordversuches sei nach Ansicht der behandelnden Ärztin von einem erhöhten Suizidrisiko auszugehen. Die Beschwerdeführerin sei jedenfalls nicht belastungsfähig.

Zwar übersieht das erkennende Gericht nicht und ist den diesbezüglichen Feststellungen der Behörde zuzustimmen, dass in Polen psychischen Erkrankungen grundsätzlich behandelbar sind und die Versorgung für Asylwerber in Polen gewährleistet ist, doch lässt die "Ärztliche Stellungnahme" vom 09.04.2015 auf eine starke Selbstgefährdung der Beschwerdeführerin schließen. Jedenfalls ist es dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich, aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin überstellungsfähig ist oder ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, die bei einer Überstellung zu einer Verletzung gemäß Art. 3 EMRK führen könnten. Demnach erscheint es im konkreten Einzelfall aufgrund des schweren Krankheitsbildes, der aktuellen Suizidalität, des aufrechten stationären Aufenthalts in einer geschlossenen Abteilung aufgrund Selbstgefährdung sowie in Anbetracht des Vermerks der behandelnden Ärztin, wonach die verordneten Psychopharmaka nicht durch (andere) Generika ersetzt werden sollten, in einer Gesamtbetrachtung - auch mit den weiters vorliegenden körperlichen Beschwerden - all dieser Faktoren, angezeigt, ein fachärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand und die Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin einzuholen sowie Erkundigungen dahingehend anzustellen, ob die Beschwerdeführerin gleich nach ihrer Ankunft in Polen mit den für sie notwendigen Medikamenten wie in Österreich versorgt werden kann.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen trifft § 21 Abs. 3 BFA-VG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte