SDG §10 Abs1 Z1
SDG §14
SDG §2 Abs2 Z1 lite
VwGVG §28 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W170.2158247.1.01
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, (im Bescheid irrig: XXXX) gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt vom 14.4.2017, Pers 9-B-109, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, in Verbindung mit §§ 14, 10 Abs. 1 Z 1 und 2 Abs. 2 Z 1 lit. e Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2017, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat:
"XXXX wird die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin gemäß §§ 14, 10 Abs. 1 Z 1 und 2 Abs. 2 Z 1 lit. e Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2017, entzogen."
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2016, nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt (in Folge: Behörde) vom 29.11.1982, Jv 2295-5/82/7, wurde XXXX(in Folge: Beschwerdeführerin) zur allgemein beeideten gerichtlichen Dolmetscherin für Niederländisch, befristet bis zum 31.12.1987, bestellt.
Diese Bestellung – ab 1.1.1999 zur allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscherin – wurde mehrmals, zuletzt mit Schreiben des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt vom 25.6.2008, Pers 9-B-109, bis zum 31.12.2018 verlängert.
2. Mit Schreiben des Landesgerichts Salzburg vom 17.8.2016, 41 HV 40/16p, teilte der dg. zuständige Richter der Behörde mit, dass dieser die Beschwerdeführerin in einer Strafsache als Dolmetscherin bestellt und zur Hauptverhandlung am 22.7.2016 geladen habe. Es sei dem beiliegenden Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmen, dass die Dolmetschleistung der Beschwerdeführerin absolut unzureichend gewesen sei; diese habe immer wieder stockend, auch falsch übersetzt, keine Reaktion auf die Ansprache des Vorsitzenden gezeigt und die Sprachen verwechselt, d.h. den Vorsitzenden auf Niederländisch angesprochen. Auch sei die Beschwerdeführerin unpünktlich gewesen.
Die "Unfähigkeit der Dolmetscherin" habe die frustrierte Anreise des Angeklagten aus den Niederlanden und zweier Zeugen aus Deutschland zur Folge gehabt und habe der einschreitende Richter erhebliche Zweifel, dass die gesetzlichen Voraussetzungen "der §§ 2 iVm 14 DSG" bei der Beschwerdeführerin noch vorliegen würden.
Am 30.8.2016 wurde das Schreiben der Beschwerdeführerin vorgehalten, diese nahm hiezu mit E-Mail vom 12.10.2016 – sohin außerhalb der eingeräumten dreiwöchigen Frist – Stellung.
Mit E-Mail vom 12.10.2016 führte die Beschwerdeführerin aus, dass man ihren Antrag auf Gebühren hinsichtlich der Hauptverhandlung am 22.7.2016 mit Beschluss vom 19.9.2016 abgewiesen habe und sie somit "sowieso" schon einen beträchtlichen Schaden habe.
Die Beschwerdeführerin führte aus, sie sei nicht zu spät gekommen, sondern habe knapp vor Verhandlungsbeginn noch Münzen in die Parkuhr werfen müssen, vor der ihr PKW gestanden habe. Auch habe sie die Vertreterin des Beschuldigten ersucht, den Richter darauf hinzuweisen; sie wisse aber nicht, ob das passiert sei. Auch habe dann die Parkuhr nicht ordnungsgemäß funktioniert, was zu einer weiteren Verzögerung geführt habe.
Zurück im Verhandlungssaal sei die Beschwerdeführerin vom Richter ungehalten aufgefordert worden, sich hinzusetzen. Sie habe den Beschuldigten kaum verstehen können.
Es habe dann Probleme bei der Übersetzung der Rechtsbelehrung durch die Staatsanwältin gegeben und habe die Verteidigerin, die offensichtlich Niederländisch verstehe, der Beschwerdeführerin vorgehalten, dass diese vergessen habe, dem Beschuldigten zu sagen, dass ein Geständnis ein Milderungsgrund sei; dies habe die Beschwerdeführerin dann nachgeholt, worauf die Beschwerdeführerin vom Richter "angebrüllt" worden sei, dass das so nicht gehe. Da die Beschwerdeführerin nun sehr nervös geworden sei, habe sie den Richter auf Niederländisch angesprochen.
3. Mit Schreiben des Bezirksgerichts Josefstadt vom 21.2.2017, 5 C 26/17v-33, wurde ein an dieses gerichtete Schreiben der Beschwerdeführerin vom 9.2.2017 zu einem zivilrechtlichen Verfahren weitergeleitet, in dem der volljährige Sohn der Beschwerdeführerin von einer näher genannten Ges.m.b.H. wegen € 24.600,-- samt Anhang, offenbar für Miete, Pacht und/oder Benützungsentgelt für eine unbewegliche Sache, geklagt worden war.
In diesem Schreiben wurde der zuständigen Richterin von der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die klagende Ges.m.b.H. eine "Hausverwaltung im Dunstkreis der SPÖ" sei und deren ehemalige Verantwortliche erhebliche Probleme mit dem Gesetz hätten sowie die (offenbar nunmehrigen) Verantwortlichen im Jahr 2011 "wegen zahlreicher kriminelle(r) Handlungen iVm. dem Vorwurf des schweren gewerbsmäßigen Betruges mittels Betriebskosten angezeigt" worden seien und Ermittlungen stattfänden.
Der Sohn der Beschwerdeführerin habe gegen zahlreiche Personen des Bezirksgerichts Josefstadt Strafanzeigen wegen "schweren Amtsmissbrauch und Beteiligung an den schwer kriminellen Handlungen der" Ges.m.b.H. eingebracht, die von den Verantwortlichen des "BG-Josefstadt "gerpüft" (richtig: geprüft) und abgewiesen" worden seien.
Auch gegen die zuständige Richterin gebe es massive Vorwürfe, die Richterin sei auch an den Handlungen zur Besachwalterung des Sohnes der Beschwerdeführerin "umfassend beteiligt". Wortwörtlich führt die Beschwerdeführerin im Schreiben an: "Ihnen wird als Richterin wird (sic!) daher vorgeworfen, arglistig und massgeblich an den kriminellen Handlungen zum Schutz der XXXX und deren jüdische Gesellschaften beteiligt zu sein." Die genannte Ges.m.b.H. verwalte zahlreiche Liegenschaften der XXXX und der XXXX. Weiters die Beschwerdeführerin wortwörtlich: "Dem Vernehmen nach, sind auch Sie Jüdin, war (wohl richtig: was) offenbar erklärt, dass Sie nicht in der Lage sind Recht von Unrecht zu unterscheiden." und "Es steht der Verdacht im Raum, dass hier jüdische Justizbedienstete die Interessen jüdische Immobilienspekulanten und Immobilienjongleure gezielt massiv schützen."
Daher sehe sich die Beschwerdeführerin im Recht, die verantwortliche Richterin als Richterin abzulehnen und der offensichtlich im Verfahren erfolgten Ladung nicht nachzukommen, da der dringende Verdacht bestehe, dass die Richterin Fakten zu deren Gunsten hinsichtlich der Anschuldigungen bilden wolle, bzw. weitere Versuche unternehmen wolle, ihr Klientel zu schützen. Ein Erscheinen der Beschwerdeführerin als Zeugin sei daher nicht möglich und rechtswidrig.
Am 28.3.2017 kam es zu einem Gespräch zwischen der Behörde und der Beschwerdeführerin; laut dem Aktenvermerk der Behörde vom gleichen Tag hielt diese in dem Gespräch die Anschuldigungen gegenüber der Richterin aufrecht.
4. Mit Schreiben der Behörde vom 28.3.2017, Pers 9-B-109, wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, dass durch deren schwere Anschuldigungen im unter 2. dargestellten Schreiben, deren Integrität als Dolmetscherin erschüttert und deren Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben sei. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Schreiben vom 10.4.2017 führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Darstellung der Behörde verfehlt, oberflächlich und unter Umständen rechtswidrig sei. Man werde vermuten dürfen, dass sich die Behörde zu dieser Handlung wider besseres Wissen von den an der unter 2. dargestellten Causa beteiligten Personen habe anstiften lassen und es sei befremdend, dass sich eine Vizepräsidentin des Landesgerichts Klagenfurt vor schwer kriminelle Strukturen und Organisationen stelle.
Klarstellend führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie als Niederländerin in Wien geboren und dort in den Kriegsjahren aufgewachsen sei und seien sie und ihre Familie – diese sei von Hochadel und seit Jahrhunderten in Österreich als auch in den Niederlanden beheimatet – "von der damaligen österreichischen Gesellschaft" massiv unterdrückt und misshandelt worden. Die Familie sei weder antisemitisch noch ausländerfeindlich eingestellt. In Österreich sei es üblich, dass hohe Beamte einen Sonderstatus für sich in Anspruch nehmen würden. Wenn die Behörde im gegenständlichen Schreiben zum Ausdruck bringe, dass man Missstände in der Justiz nicht nennen dürfe, sei dies bedenklich und diene dazu, die Beschwerdeführerin einzuschüchtern und ihre berufliche Tätigkeit abzuwürgen. Dies erfülle mehrere näher dargestellte Straftaten.
In weiterer Folge wurden die Vorwürfe gegen die Beteiligten der im unter 2. dargestellten Schreiben wiederholt, weitschweifend ausgeführt und der Behörde vorgeworfen, dass deren Einschreiten nur der Verschleierung der kriminellen Taten der genannten Justizbeamten diene.
5. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt vom 14.4.2017, Pers 9-B-109, wurde der Beschwerdeführerin die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin entzogen.
Begründend wurde einerseits auf die Mitteilung des Richters des Landesgerichts Salzburg vom 17.8.2016, 41 HV 40/16p, sowie auf die von der Beschwerdeführerin im unter 3. dargestellten Schreiben verwendeten Formulierungen hingewiesen, aus denen sich ergebe, dass die Beschwerdeführerin nicht mehr die fachliche und persönliche Eignung zur allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin habe.
Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 19.4.2017 zugestellt.
6. Mit Schriftsatz vom 4.5.2017, am 15.5.2017 beim LG Klagenfurt eingelangt, ergriff die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde.
Der angefochtene Bescheid begründe sich einerseits auf den Vorfall in Salzburg und andererseits auf die Causa XXXX, in der die Beschwerdeführerin als Opfer und Zeuge in Erscheinung trete.
Gemein sei beiden Fällen, dass die österreichische Justiz – eine Justiz geprägt von Parteibüchern und Parteipolitik – ein nicht zu leugnendes Korruptionsproblem habe.
Zum Vorfall in Salzburg führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie bisher von einer Straf- und Disziplinaranzeige abgesehen habe, da der Richter auf Grund seines geringen Alters offensichtlich nicht über entsprechende Erfahrung verfüge.
Hinsichtlich der Causa XXXX wurden im Wesentlichen die oben dargestellten Anschuldigungen wiederholt.
7. Die Beschwerde wurde am 22.5.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.6.2017, Gz. W170 2158247-1/2E, wurde über die Beschwerdeführerin wegen beleidigender Schreibweise in der Beschwerde eine Ordnungsstrafe verhängt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt vom 29.11.1982, Jv 2295-5/82/7, wurde XXXX zur allgemein beeideten gerichtlichen Dolmetscherin bzw. nunmehr zur allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscherin für Niederländisch bestellt; die Bestellung ist bis zum 31.12.2018 befristet.
2. XXXX wurde in einer Besprechung am 30.8.2016 eine Mitteilung des Landesgerichts Salzburg vom 17.8.2016, 41 HV 40/16p, vorgehalten und ihr eine Frist von drei Wochen für die Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt. Erst mit
E-Mail vom 12.10.2016, also nach acht Wochen, nahm XXXX zu den Vorhaltungen Stellung.
3. Im Schreiben vom 9.2.2017 an das Bezirksgericht Josefstadt hat
XXXX folgende Formulierungen verwendet:
* Ihnen wird als Richterin wird (sic!) daher vorgeworfen, arglistig und massgeblich an den kriminellen Handlungen zum Schutz der XXXX und deren jüdische Gesellschaften beteiligt zu sein.
* Dem Vernehmen nach, sind auch Sie Jüdin, war (wohl richtig: was) offenbar erklärt, dass Sie nicht in der Lage sind Recht von Unrecht zu unterscheiden.
* Es steht der Verdacht im Raum, dass hier jüdische Justizbedienstete die Interessen jüdische Immobilienspekulanten und Immobilienjongleure gezielt massiv schützen.
3. Im Schreiben vom 10.4.2017 hat XXXX der einschreitenden Vizepräsidentin des Landesgerichts Klagenfurt vorgeworfen, sie habe sich von "Beteiligten der Causa XXXX" wider besseres Wissen zu verfehlten, oberflächlichen und rechtswidrigen Handlungen anstiften lassen.
Im Schreiben vom 10.4.2017 hat XXXXweiters folgende Formulierungen gebraucht:
* Auffallend ist, dass faktisch ausschließlich jüdische Personen und Gesellschaften an den Handlungen zum Schutz der XXXX und deren Konsorten beteiligt sind. So ist es auch sicher kein Zufall, dass die Jugendfreundin von XXXX, XXXX (ORF), Richterin XXXX des BG Josefstadt an faktisch allen Prozessen im Hintergrund beteiligt war. Ihr Ehemann ist XXXX, Vorstand der Richtervereinigung und Richter des BVwGH – der Kollege des Vorstands der Vertretung der Richterschaft ist ihr Kollege XXXX. Der wiederum ein Verfahren iVm. der XXXX gegen meine Person geführt hat.
* Gemäß dem Anteil der jüdischen Bevölkerung von 0,3% ist eine derartige Häufung jedenfalls markant und signifikant.
* XXXX hat wider besseren Wissens auf Grundlage frei erfundene Sachverhalte, Strafanzeigen gegen meinen Sohn eingebracht. Ziel war es offenbar, ein weiteres Mal meinen Sohn auf jeden Fall zu stoppen.
* An diesen kriminellen Handlungen sind Personen im Dunstkreis der SPÖ und der Behörde, allen voran der Justiz massiv beteiligt.
* An diesen Handlungen iVm. der Causa XXXX sind augenscheinlich zahlreiche Personen und Gesellschaften div Behörden beteiligt, die eindeutig jüdisch sind.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der zweifelsfreien Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Gegenständlich ist die Frage, ob die von der Behörde mit dem nunmehrigen Fehlen der Verlässlichkeit begründete Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin hinsichtlich der Beschwerdeführerin rechtmäßig erfolgte bzw. – das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechts- und Sachlage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – diese Entscheidung nunmehr rechtmäßig ist.
Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht bei einer – im gegenständlichen Fall vorliegenden – Parteienbeschwerde nur zu prüfen, ob es zu einer Verletzung in subjektiven Rechten gekommen ist (VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0062), aber ist Sache des Verfahrens nur der Inhalt des Spruches – hier: Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin –, nicht der Grund, warum es zum Inhalt des Spruches gekommen ist – hier: ob die Gründe für die Entziehung rechtsrichtig angenommen wurden (VwGH 21.1.2016, Ra 2015/12/0027). Mit anderen Worten hat das Bundesverwaltungsgericht alle Gründe zu prüfen, die zum von der Behörde ausgesprochenen Ergebnis führen können.
2. Gemäß § 14 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2017 (in Folge: SDG), gilt für den Dolmetscher der II. Abschnitt – das sind die §§ 2 bis 12 leg.cit. – mit Ausnahme des § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben b, f und i SDG sowie des § 2a SDG mit hier nicht relevanten Besonderheiten sinngemäß.
Gemäß §§ 14, 10 Abs. 1 Z 1 SDG ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher vom Präsidenten des Landesgerichts – hier: vom örtlich zuständigen Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt, im Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht – durch Bescheid – im Beschwerdeverfahren durch Erkenntnis – zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z 2 SDG, seinerzeit (also zum Zeitpunkt der Eintragung) nicht gegeben gewesen waren oder später weggefallen sind.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG müssen für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet insbesondere auch als in der Person des Bewerbers gelegenen Voraussetzung die Vertrauenswürdigkeit gegeben sein.
Im vorliegenden Verfahren ist fraglich, ob bei der Beschwerdeführerin die notwendige Vertrauenswürdigkeit gegeben ist. Dass es des Vorliegens anderer im § 2 Abs. 2 SDG genannter Voraussetzungen ermangelt, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.
Einleitend hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass eine einmalige Fehlleistung in einer Verhandlung – so sie vom betreffenden Dolmetscher eingestanden und bereut wird – keinen Grund für eine Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher darstellt; zwar ist die Beschwerdeführerin bisher aktenkundig erst einmal negativ im Rahmen der Dolmetschertätigkeit in Erscheinung getreten, allerdings hat sie diese Fehlleistung dem zuständigen Richter zugeschrieben; auf Grund der unten dargestellten anderen Gründe spielt die Frage, ob hier die Fehler bei der Beschwerdeführerin liegen, aber keine entscheidungsrelevante Rolle.
3. Das SDG enthält – wie auch weitere Gesetze, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Vertrauenswürdigkeit normieren (etwa § 5 Abs. 2 RAO hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit; § 34 Abs. 2 FSG 1997 hinsichtlich der Tätigkeit als Sachverständiger zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; § 57a Abs. 2 KFG 1967 hinsichtlich der Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen; § 4 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG 1998 hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit; § 11 Z 4 PsychotherapieG hinsichtlich der Tätigkeit als Psychotherapeut) – keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0094). Die Frage der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen und in sinngemäßer, von § 14 SDG angeordneter Anwendung, eines Dolmetschers oder einer Dolmetscherin im Sinne des SDG betrifft seine bzw. ihre persönlichen Eigenschaften. Es kommt darauf an, ob der oder die Betreffende in einem solchen Maß vertrauenswürdig ist, wie es die rechtssuchende Bevölkerung von jemandem erwarten darf, der in die Liste der Dolmetscher eingetragen ist. In Ansehung der bedeutsamen Funktion, die dem Dolmetscher bei der Wahrheitsfindung in gerichtlichen und behördlichen Verfahren mit Bezug auf eine der Amtssprache nicht mächtigen Partei obliegt, darf daher nicht der leiseste Zweifel an seiner bzw. ihrer Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem bzw. ihrem Pflichtbewusstsein bestehen; bei dieser Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen;
auch ein einmaliges – gravierendes – Fehlverhalten kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0094;
23.3.1999, 96/19/1229; 3.7.2000, 98/10/0368 und 26.7.2008, 2008/06/0033). Das bedeutet insbesondere, dass die Vertrauenswürdigkeit nach dem SDG im oberen Bereich anzusiedeln ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich in den oben zitierten Entscheidungen ausführt, dürfen die rechtssuchende Bevölkerung und auch die Gerichte von jemandem, der in die Liste der Sachverständigen – selbiges gilt auch für die eingetragenen Dolmetscher – eingetragen ist und dem eine bedeutsame Funktion bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen und behördlichen Verfahren obliegt, erwarten, dass nicht der leiseste Zweifel an dessen Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewusstsein besteht. Für den Entziehungsgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit kommt es nur darauf an, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Sachverständigen überhaupt zukommt oder nicht (VwGH 20.1.1993, 92/01/0798). Es kann daher auch ein Verhalten, das nicht im Zusammenhang mit der Dolmetschertätigkeit steht, den Entziehungsgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit begründen (VwGH 06.07.1999, 99/10/0090). Bei der Entscheidung der Frage, ob bei der Dolmetscherin die Vertrauenswürdigkeit im Sinne der §§ 14, 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG weggefallen ist, haben subjektive Momente, wie etwa Entschuldigungsgründe, außer Betracht zu bleiben, weil der Entzug der Dolmetschereigenschaft eine Maßnahme ist, die das klaglose Funktionieren der Rechtspflege sichern soll und nicht eine Bestrafung des Sachverständigen darstellt (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229 und 1.4.1981, 01/0669/80). Auch Handlungen, die nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt haben, können geeignet sein, das Vertrauen in eine korrekte Ausübung der Dolmetschertätigkeit zu erschüttern, sofern sie Zweifel an der Charakterstärke und dem Pflichtbewusstsein des oder der Betreffenden aufzeigen (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229).
Mit der Verwendung des Wortes "Vertrauenswürdigkeit" zur Umschreibung einer Eigenschaft, über die ein Dolmetscher verfügen muss, hat der Gesetzgeber einen so genannten unbestimmten Gesetzesbegriff geschaffen, der mittels der aus der Rechtsordnung unter Heranziehung der jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen abzuleitenden Wertungen auszulegen ist (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229 und 1.4.1981, 01/0669/80). Daher kann ein Zweifel an diesen Eigenschaften insbesondere nicht dadurch entstehen, dass sich der Dolmetscher gegen gerichtliche oder behördliche Entscheidungen zur Wehr setzt oder sich über – nach seiner bzw. ihrer Meinung – nicht rechtmäßig handelnden Amtspersonen beschwert (allgemeiner, aber in diesem Sinne: VwGH 06.03.1979, 2448/77). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass die Verlässlichkeit des Sachverständigen – selbiges gilt für Dolmetscher – ein korrektes Verhalten vor Gericht erfordert, sodass mehrfach gerichtliche Ordnungsstrafen im Zusammenhang mit auffälligen Aktionen des Sachverständigen die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger rechtfertigen würden (VwGH 19.10.1983, 82/01/0239).
4. Für das Bundesverwaltungsgericht stellen sich im Lichte der Feststellungen drei alleine und in einer Gesamtsicht zu beurteilende Untergruppen von Handlungen, die zumindest an eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit im Sinne des SDG der Beschwerdeführerin denken lassen; diese sind
1. der Umstand, dass die Beschwerdeführerin die in einer Besprechung am 30.8.2016 zur Mitteilung des Landesgerichts Salzburg vom 17.8.2016, 41 HV 40/16p, eingeräumte Frist von drei Wochen für die Erstattung einer Stellungnahme ohne Fristerstreckungsersuchen hat verstreichen lassen und erst nach acht Wochen zu den Vorhaltungen Stellung nahm;
2. der Umstand, dass die Beschwerdeführerin insbesondere im Schreiben vom 9.2.2017 eine (aus objektiver Sicht) antisemitische Gesinnung erkennen ließ, da sie – insbesondere in Verwendung des Satzes "Dem Vernehmen nach, sind auch Sie Jüdin, war (wohl richtig: was) offenbar erklärt, dass Sie nicht in der Lage sind Recht von Unrecht zu unterscheiden." – erkennen lässt, dass sie von der Zugehörigkeit zur Ethnie der Juden darauf schließt, dass eine Person "nicht in der Lage" sei "Recht von Unrecht zu unterscheiden". Da diese Formulierung allgemein ist und die Unfähigkeit, Recht von Unrecht zu unterscheiden, alleine mit der Zugehörigkeit zur Ethnie der Juden begründet, ist diese Formulierung rassistisch und antisemitisch. Da diese Formulierung in einem Schreiben in einem offenen Verfahren verwendet wurde, ist diese jedenfalls geeignet einem größeren Personenkreis bekannt zu werden und ist als schriftliche Äußerung – im Gegensatz zu einer mündlichen Äußerung im Affekt – auch schwerwiegender, da schriftliche Äußerungen vor Bekanntwerden leichter zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren sind;
3. der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 9.2.2017 und im Schreiben vom 10.4.2017 auf Grund der oben festgestellten verwendeten Formulierungen der Justiz als Gesamtes sowie einzelnen Organwaltern im Justizsystem unbewiesen Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen hat. Dies ist selbst in der Gedankenwelt der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die am für die Beschwerdeführerin relevanten, vor dem Bezirksgericht Josefstadt geführten Verfahren unbeteiligten Personen wie der als Behörde einschreitenden Vizepräsidentin des Landesgerichts Klagenfurt als auch dem Hofrat am Verwaltungsgerichtshof XXXX nicht nachvollziehbar; aus einer objektiven Sicht sind die Anschuldigungen gegen die anderen Organwalter auch nicht nachvollziehbar. Dies schon alleine aus dem Grund, da ansonsten auch nur bei Vorliegen eines dringenden Verdachtes seitens der jeweiligen Dienstbehörden Maßnahmen zu setzen gewesen wären.
Schon alleine die Verwendung von objektiv rassistischen und/oder antisemitischen Formulierungen in einem Schreiben in einem behördlichen Verfahren stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts einen Umstand dar, der mit der Vertrauenswürdigkeit der Verfasserin nicht in Einklang zu bringen ist und für sich alleine zur Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin führen muss, da Angehörige der betroffenen ethnischen Gruppe mit gutem Grund das Vorhandensein für sie nachteiliger Vorurteile vermuten müssen.
Auch die Beschuldigung der Vizepräsidentin des Landesgerichts Klagenfurt als auch dem Hofrat am Verwaltungsgerichtshof XXXX, die in den von der Beschwerdeführerin genannten Verfahren am Bezirksgericht Josefstadt überhaupt keine Rolle gespielt haben, ist mit der Vertrauenswürdigkeit der Verfasserin solcher Anschuldigungen nicht in Einklang zu bringen, da diese schon alleine mit diesen Anschuldigungen zeigt, dass sie auch Personen, die gar nichts mit dem Verfahren, das sie als Grund für die von ihr behauptete Korruption und den von ihr behaupteten Amtsmissbrauch, zu tun haben, grundlos zu beschuldigen bereit ist. Auch diese Beschuldigungen – ohne dass das Bundesverwaltungsgericht darauf eingehen muss, dass auch die Beschuldigungen gegen die Organwalterinnen des Bezirksgerichts Josefstadt nicht nachvollziehbar sind – sind für sich alleine geeignet, einen Tatbestand zur Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin der Beschwerdeführerin darzustellen.
Es muss auf die weiteren Verfehlungen in den Schreiben nicht mehr eingegangen werden; ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht die zur Verhängung der Ordnungsstrafe maßgeblichen Formulierungen in der Beschwerde nicht im Entziehungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin verwendet hat.
5. Daher kommt der Beschwerdeführerin nicht die notwendige Vertrauenswürdigkeit im Sinne des SDG zu. Somit ist die Beschwerde gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid abzuweisen und lediglich der Spruch klarer zu fassen.
6. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte verzichtet werden, weil die Behörde der Beschwerdeführerin alle relevanten Beweismittel vorgehalten hat bzw. diese von der Beschwerdeführerin stammen und die Behörde insbesondere auch die relevanten Stellen in den oben zitierten Schreiben der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt hat. Da es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Vertrauenswürdigkeit der Sachverständigen und Dolmetscher um eine objektive Wahrnehmung geht und der Inhalt der Schreiben auch außer Streit steht – dass diese nicht von der Beschwerdeführerin stammen wurde nie behauptet – war von einer mündlichen Verhandlung keinerlei weitere Aufklärung der Sachlage zu erwarten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In gegenständlicher Entscheidung stellt sich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, weil hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des SDG hinreichend Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – diese hat das Bundesverwaltungsgericht unter A) dargestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt – vorhanden ist.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
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