BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W166.2270678.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Verein ChronischKrank, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 09.12.2022, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.12.2023, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist seit 17.10.2022 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung (GdB) im Ausmaß von 50 v.H. Sie stellte am 17.10.2022 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), welcher laut einem diesbezüglichen Vermerk auf dem verwendeten Formblatt gegebenenfalls auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt und als solcher gewertet wurde. Mit dem Antrag wurden diverse medizinische Beweismittel vorgelegt.
Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.11.2022 eingeholt, in welchem im Wesentlichen Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Anamnese:
Knietotalendoprothese beidseits 2010 rechts und 09/2022 links, Ohr-OP links, Entfernung der Gebärmutter, Mittelfußknochenbruch rechts mit 12 Jahren
Derzeitige Beschwerden:
Das linke Ohr ist taub. Ich habe Schmerzen im Kreuz, das linke Knie ist geschwollen, ist heiß, ich habe Schmerzen und ein Knacksen in der linken Leiste. Ich kann oft die rechte Hand nicht hinaufheben. Ich habe Schmerzen an der ganzen rechten Körperseite. Die Muskeln sind verspannt, sodass ich mich nicht rühren kann. Die Schmerzen gehen bis zum rechten Knöchel. Wenn ich mich vorbeuge, schmerzt das Kreuz. Ich habe Schmerzen auf der Seite und hinten am rechten Oberschenkel und außen am rechten Unterschenkel. Ich kann nicht lange sitzen, nicht lange gehen. Ich kann mich nicht so bewegen, wie ich will.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Deflamat, Cerebokan, Calciduran, Pantip, Duloxetin, Neurontin, Durogesic Pfl., Sirdalud, Legalon, Dioscomb, Novalgin, Nahrungsergänzungsmittel Weihrauchbalsam und -spray
Laufende Therapie: keine
Hilfsmittel: 1 Unterarmstützkrücken,
Sozialanamnese:
Pens.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
01 und 09/22 Diagnosenliste Traumazentrum Wien, Standort XXXX ,
06/22 Neurologische Diagnosenliste, ohne klinischen Befund, ohne Medikation.
Keine radiologischen Befunde, keine neurologisch-fachärztlicher Befund.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
altersentsprechend
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 166,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: unauffällig
Thorax: symmetrisch, elastisch
Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz
Obere Extremitäten:
Rechtshänder. Die linke Schulter steht höher, ist gering verkürzt. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Die Gelenke sind altersentsprechend unauffällig.
Armheben ist beidseits über die Horizontale möglich, beim Nackengriff reichen die Hände zum Hinterhaupt, beim Kreuzgriff reicht rechts die Daumenkuppe bis TH12, links bis TH9.
Übrige Gelenke sind altersentsprechend frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett.
Untere Extremitäten:
Der Barfußgang ohne Hilfsmittel ist unelastisch, etwas breitbasig, minimal linkshinkend. Zehenballen-, Fersenstand und Einbeinstand sind mit anhalten möglich. Anhocken wird nicht ausgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Annähernd Symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Rückenlage auf der Untersuchungsliege wird schmerzbedingt nicht eingenommen, dadurch Beinlänge nicht objektivierbar. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird an den Zehen rechts als „kalt“, sonst als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten.
Rechtes Knie: blasse alte Narbe streckseitig, das Gelenk ist ergussfrei und bandfest.
Linkes Knie: relativ frische Narbe streckseitig, gering überwärmt, nicht gerötet. Gering intraartikulärer Erguss, bandfest.
Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Hüften altersentsprechend frei, Knie S rechts 0-0-120, links 0-0-100, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Wirbelsäule
Der rechte Beckenkamm steht etwas höher. Zarte Ausgleichsskoliose an der Lendenwirbelsäule. Etwas verstärkte Brustkyphose, regelrechte Lendenlordose. Kein Gibbus. Druckschmerz über der unteren Lendenwirbelsäule, Darmbein-Kreuzbein-Gelenke rechts mehr als links druckschmerzhaft.
Deutlich Bewegungsschmerz an der Lendenwirbelsäule.
Beweglichkeit:
Halswirbelsäule: allseits ½ eingeschränkt
Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: Beim Vorwärtsbeugen reichen die Hände zu den Kniegelenken, Seitwärtsneigen und Rotation je ½ eingeschränkt.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt mit Unterarmstützkrücke rechts zur Untersuchung, das Gangbild ist gering linkshinkend, sicher. Beim Gehen ist der Oberkörper vorgeneigt. Das Aus- und Ankleiden wird im Stehen durchgeführt.
Status Psychicus:
wach, Sprache unauffällig
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: Pos.Nr. Gdb %
1 Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.02 40
Oberer Rahmensatz dieser Position, da Cervicolumbalsyndrom und mittelgradige Funktionsbehinderung, ohne neurologisches Defizit
2 Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat, 02.02.02 40
Knietotalendoprothese beidseits
Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringe
Beugehemmung bei gutem operativem Ergebnis an den Kniegelenken, aber Gangbildstörung und Gangleistungsminderung
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, wegen wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Ein chronisches Schmerzsyndrom kann auf Grund fehlender Befunde nicht beurteilt werden.
Taubheit am linken Ohr und eine Vertebrostenose sind nicht befunddokumentiert.
An Befunden liegen lediglich Diagnosenlisten vor, keinerlei radiologische Befunde, keine klinischen Befunde, keine elektrophysiologischen Befunde.
Während der Untersuchung wurde mehrfach, aber erfolglos versucht, der Partei den Unterschied zwischen einer Diagnosenliste und einem (klinischen oder radiologischen) Befund verständlich zu machen.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Kein VGA
Anmerkung zur Untersuchung:
Während der Anamneseerhebung stürzt der Sohn der Partei in den Ordinationsraum und verlässt diesen auch auf wiederholte Aufforderung nicht.
Auf die Ankündigung, dass die Untersuchung abgebrochen wird, falls er den Untersuchungsraum nicht verlässt, beginnt er zu brüllen, die Stimme überschlägt sich, der Inhalt des Gebrüllten ist nur teilweise verständlich. Er werde dem SV zivilrechtliche Klagen, Beschwerde bei der ÄK und sonst wo angedroht. Die weiteren Drohungen wurden nicht verstanden.
Die BG wurde lediglich wegen Rücksicht auf die BW nicht abgebrochen, um ihr die Unbill eines weiteren Untersuchungstermins zu ersparen und auch die Polizei musste nicht herbeigerufen werden, da die Person schließlich den Untersuchungsraum doch wieder verlassen hat.
Die zu untersuchende Partei hat der unfassbaren Entgleisung ihres Sohnes wortlos und eher teilnahmslos beigewohnt.
In der Folge waren dann doch eine normale Befragung und Untersuchung der Partei möglich. Für eine weitere Untersuchung der Partei steht der Endgefertigte in Hinkunft allerdings nicht mehr zur Verfügung.
Dauerzustand
(…).
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Nach kurz zurückliegender Implantation einer Knietotalendoprothese links wird noch 1 Unterarmstützkrücke verwendet. Damit ist eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m ist ohne Unterbrechung zumutbar und möglich. Niveauunterschiede können überwunden werden. Es besteht ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten. Greifformen sind erhalten.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein.“
Mit Schreiben vom 24.11.2022 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.
Aufgrund von Befundnachreichungen wurde seitens der belangten Behörde eine ergänzende ärztliche Stellungnahme des bereits befassten fachärztlichen Sachverständigen vom 07.12.2022 eingeholt, in welcher Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Es wurden Befunde nachgereicht.
11/22 orthop. Befundbericht mit Diagnosen, ohne klinischen Befund ab 07/2022 bis 14.09.2022 Befundbericht AUVA Traumazentrum Wien Standort XXXX über Implantation einer Knietotalendoprothese links und CT-gezielte Infiltration L5 beidseits (danach deutliche Beschwerdebesserung), 08/22 unauffällige Coronarangiographie
07/22 Internistischer Befundbericht beschreibt LSB
06/22 Röntgenbefund beschreibt höchstgradige Varusgonarthrose links
01/22 Befundbericht AUVA Traumazentrum Wien Standort XXXX über stat. Aufenthalt vom 05.01. bis 18.01.2022 beschreibt nicht frische Fraktur von L1 und L5 und mit geringer Höhenreduktion. Spangenbildung TH XIl/L I. In einem neurologischen Befund findet sich kein Hinweis auf ein radikuläres motorisches Defizit.
Ein MR-Befund vom 07.01.22 beschreibt nicht frische Deckplattenimpression L5, Vertebrostenose, Neuroforamenstenosen und deutliche Degeneration.
Die nachgereichten Befunde dokumentieren die Beschwerden an der Wirbelsäule und den Verlauf nach Knietotalendoprothese. Eine Änderung der Einschätzung der Leiden im Gutachten ist allerdings aufgrund eines fehlenden motorischen Defizits nicht angezeigt.“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.12.2022 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab und stützte sich in der Begründung auf das eingeholte fachärztliche Gutachten und die fachärztliche Stellungnahme.
Gegen den angefochtenen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und legte diverse medizinische Beweismittel vor.
Da die belangte Behörde beabsichtigte ein Beschwerdevorentscheidungsverfahren durchzuführen, wurden weitere fachärztliche Sachverständigengutachten eingeholt:
In dem Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 20.01.2023 wurde - basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin - im Wesentlichen Nachfolgendes ausgeführt:
„Anamnese:
VGA 11/2022
Derzeitige Beschwerden:
"Die Knie sind ganz gut, das Bein re ist 12mm länger, das war in XXXX .im Sommer 2022 habe ich das rechte Knie bekommen.
Die Stürze und der Wirbelsäulenbruch hat mich weniger mobil gemacht. Ich habe auch Bandscheibenvorfälle und Vorwölbungen.
Die Neurologin im TZW hat gesagt, ich werde nie wieder ohne Schmerzen sein. die Kur hat eine Erleichterung gebracht, aber die Wirbelsäule hat sich wieder verschlechtert. Der Schmerz strahlt bis in den rechten Fuß aus.“
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Vertirosan, Deflamat, Pantoloc, Neurontin, Cerebokan, Duloxetin, Durogesic alle 72 h, Legalon, Dioscomb, Novalgin bei Bedarf, Sirdalud, Reparil Drg.laut Liste Dr. XXXX 18.11.2022
Sozialanamnese:
in Pension, verwitwet.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
VGA 11/2022; CT TZW 1/2022: BECKENÜBERSICHT Keine sicheren Zeichen einer frischen Knochenverletzung. Hochgradige Arthrose der Iliosakralgelenke Coxarthrose beidseits.
LWS Nicht frische Fraktur von und mit geringer Höhenreduktion. Spangenbildung TH XIl/L I. Soweit irrt beurteilbar Einengung der Neuroforamina, vor allem IV/LV. Vakuumphänomen in der Bandscheibe IV/LV
Neurokonsil Anamnestisch wird bei der Pat. eine Peroneusparese angegeben, die derzeit jedoch von mir nicht verifiziert werden konnte. Im klinisch neurologischen Status kein Hinweis auf ein radikuläres, motorisches Defizit. Lediglich ein sensibles Defizit L5/S1 links.
MRT LWS 7.1.2022: absolute Vertebrostenose L4/5 auf 0,7 cm, allerdings geringe Neuroforameneinengungen.
Multisegmentale lumbale Diskopathie,
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
sehr gut
Größe: 166,00 cm Gewicht: 89,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput unauffällig, Collum o.B., HWS in R 40-0-40, KJA 1 cm, Reklination 14 cm. BWSdrehung 25-0-25, normale Lendenlordose, FKBA 35 cm, Seitneigung bis 10 cm ober Patella.
Geringer Beckenschiefstand. Thorax symmetrisch, Abdomen unauffällig.
Schultern in S 30-0-160, F 150-0-40, R bei F90 60-0-70, Ellbögen 0-0-125, Handgelenke 500-50, Faustschluß beidseits möglich. Nacken-und Kreuzgriff möglich. Wegen Lumbalgie im Sitzen: Hüftgelenke in S 0-0-100, Kniegelenke 0-0-115 zu links 0-0-105, Sprunggelenke 5-040, kein Fallfuß. Lasegueprüfung nicht möglich.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Gang in Strassenschuhen mit 2 Krücken, aber auch ohne Gehbehelfe im Untersuchungsraum möglich.
Status Psychicus:
Normale Vigilanz, regulärer Ductus.
Ausgeglichene, leicht weinerliche Stimmungslage.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, absolute Vertebrostenose L4/5, kein relevantes sensomotorisches Defizit
2 Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat, Knietotalendoprothese beidseits
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
unverändert
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein-und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Im Vordergrund stehen belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden, die die Mobilität einschränken. Die Gesamtmobilität ist aber ausreichend, um kurze Wegstrecken, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zu bewältigen. Kraft und Koordination sind ausreichend. Es bestehen keine dauerhaften erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder gleichzusetzende neurologische Ausfälle. Ein Aktionsradius von 10 Minuten ist ihr möglich.“
In dem Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 20.01.2023 wurde - basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin - im Wesentlichen Nachfolgendes ausgeführt:
„Anamnese:
VORLIEGENDE VORGUTACHTEN:
Unfallchirurgisches/allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten BASB, BBG 22 11 2022:
1 Degenerative und posttraumatische Veränderungen der WS GdB 40%
2 Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat, Knietotalendoprothese beidseits GdB 40%
Gesamt GdB 50%
Dauerzustand
Keine „ZE“
Nachreichung von Befunden durch die AW - Schreiben vom 24 11 2022
Schreiben/Stellungnahme der AW vom 08 12 2022
Orthopädische Stellungnahme BASB, BBG 07 12 2022:
Keine Änderung
AKTUELL:
Beschwerdevorentscheidung
ANAMNESE:
als Kind mehrfach Lungenentzündung, Mittelohrentzündung, Fieberkrämpfe als Kind
Fußbruch rechts als Kind (Gips)
in den 70er Jahren Ohr-OP links, seither Taubheit links, Hörminderung rechts
Gebärmutterentfernung 1986 (Myome)
vor 30a Blasenoperation
Ende 1980 Lungenembolie- ohne längerfristige Therapie. Sie sei erst nachträglich zum Arzt gegangen
in den 90er Jahren Lungenoperation links (gutartig)
2010 KTEP. Das Bein rechts sei 12mm länger seither und deswegen habe sie eine WS Schiefstellung
viele private Schicksalsschläge
Sturz 09/2021 und 24 12 2021 – war nicht im KH, aber beim Orthopäden. Wurde zum Röntgen geschickt.
05 01 2022 Unfallambulanz AUVA LBI - Aufnahme zur Schmerztherapie für ein paar Tage- Einstellung auf Schmerzpflaster
Sommer 2022 Coronarangiographie- es habe soweit alles gepasst
23 08 2022 KTEP links
10 12 2022: schrie eine Person zufällig sehr laut in der Nähe ihres rechten (guten) Ohres. Ihr sei übel geworden, sie habe Brechreiz bekommen. Am nächsten Tag ging sie ins Spital, wurde in mehrere Spitäler geschickt. Seither nehme sie Cerebokan und Vertirosan. Es sei eine Wölbung und Rötung vom Trommelfell festgestellt worden und es sei ein Hörverlust festgestellt worden.
Derzeitige Beschwerden:
Sie habe Rückenschmerzen. Sie könne nicht lange sitzen. Sie könne sich nicht bücken und nicht strecken. Bei den geringsten Bewegungen habe sie im unteren LWS Bereich Schmerzen. Es ziehe teils rechts von Hüfte bis Oberschenkel an die äußere Wade bis zum Rist. Das dauere mindestens 10 Minuten, da könne sie nicht rühren. Leichte Schmerzen habe sie immer. Seit der 2. Knieoperation haben die Schmerzen der LWS wieder zugenommen. Sie nehme auch seither Stützkrücken. Links in der Leiste knacke es, rechts ziehe es. Sie knicke auch manchmal richtig zusammen. Wenn sie gehe schmerzen die Leiste und sie knicke zusammen und könne gar nicht mehr gehen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Vertirosan 2x1
Deflamat 75 1x1
Pantoloc
Neurontin 300 3x1
Cerebokan 2x1
Duloxetin 60 1x1
Durogesic Pflaster 12mg/h alle 72 Stunden
Legalon 2x1
Dioscomp 70 2x1
Novalgin Tbl. 0-1-1
Novalgin gtt 1x1
Sirdalud 2 0-0-1
Reparil Drg 20 1x2
LWS Gurt
2 UA Stützkrücken
keine nervenfachärztliche Behandlung
Sozialanamnese:
VS, Gymnasium mit Matura
Nach dem Tod des Gatten habe sie das Geschäft ihrer Eltern übernommen ( XXXX ) und war selbstständig,
ist in Pension
verwitwet (2x), 2 erw. Kinder, 1 Sohn verstorben (Multiples Myelom)
Führerschein B: ja, fahre auch selbst
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Es werden alle Befunde eingesehen aber nur die das neurologische Fachgebiet im weitesten Sinn betreffenden Befunde zitiert:
Krankengeschichte AUVA LBI 05 01 2022- 18 01 2022:
Diagnose
Fract. corp. vert.LI et Lv invet. dolens
Coxarthrosis utriusque
Endoprothesis gen. dext.
Paresis nevi peronei sin.,incip. s.i.
Surditas sin.
Allergie auf Acetylsalicylsäure
…. Schmerzen beim Heben des linken Beins. Die Hüfte bis 90 Grad beugbar, die Rotation dabei auch schmerzhaft.
Rechts kein Rotationsschmerz. Patellarsehnenreflex beidseits auslösbar, jedoch rechts stärker als links.
Im autonomen Peroneus besteht in der 1. Zwischenzehenfalte eine reduzierte Sensibilität.
Links stumme Sohle, rechts Babinski negativ.
Achillessehnenreflex dezent auslösbar.
BECKENÜBERSICHT - Keine sicheren Zeichen einer frischen Knochenverletzung.
Hochgradige Arthrose der Iliosakralgelenke. Coxarthrose beidseits.
LWS - Nicht frische Fraktur von L I und L V mit geringer Höhenreduktion. Spangenbildung TH XIl/L I. Soweit im CT beurteilbar Einengung der Neuroforamina, vor allem L IV/V. Vakuumphänomen in der Bandscheibe L IV/L V
Neurologischer Behandlungsverlauf (OÄ Dr. XXXX ):
Pat. ist seit vielen Jahren eine chronische Schmerzpat. Und ist bis jetzt durch die Hände, von vielen Fachärzten unterschiedlicher Fachrichtungen gegangen.
Derzeit klagt sie über Rückenschmerzen.
Es besteht derzeit eine LWK I Fraktur und eine LWS V Fraktur.
Anamnestisch wird bei der Pat. eine Peroneusparese angegeben, die derzeit jedoch von mir nicht verifiziert werden konnte.
Klinisch neurologischer Status:
Lasegue bds. 90 Grad, Heben des gestreckten Beines/Beugen und Strecken bds. Kraftgrad 5 - wenngleich auf der li.
Seite mehr schmerzeingeschränkt. Kniebeugen- und strecken Kraftgrad 5.
Dorsal/Plantarflexion. Ab- und Adduktion Kraftgrad 5.
PSR links abgeschwächt, rechts gut auslösbar. ASR bds. schwach auslösbar. Es besteht eine Hypästhesie L5/S1 links.
Zusammenfassung:
Im klinisch neurologischen Status kein Hinweis auf ein radikuläres, motorisches Defizit. Lediglich ein sensibles Defizit L5/S1 links.
Zusätzlich besteht eine chronische Belastungsreaktion bei der Pat.
Aus diesem Grunde würde ich folgende Therapiemodifikation vornehmen:
Duloxetin 60mg 1-0-0, Sirdaludänderung auf 3x2mg. ...der chronischen Schmerzen würde ich auch ein Schmerzpflaster anraten. Wenn das Schmerzpflaster etabliert ist, kann die Therapie mit Tramal und Diclofenac beendet werden.
……10 01 2022: Die Patientin hoch zufrieden mit der Schmerzsymptomatik, die Schmerzen im Moment kaum mehr vorhanden, allerdings klagt sie über erhebliche Übelkeit.
Handschriftliche Diagnoseauflistung Nervenfachärztin Dr. XXXX 02 06 2022:
Laufende Diagnose:
Fraktur LWK I und LWK 5
Spinalkanalstenose
Coxarthrose bds
Endoprothese Knie rechts
Bestehende Peroneusparese links
Mit diesen Diagnosen ist die Pat nicht mehr in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
75-jährige in gutem AZ
Ernährungszustand:
Adipositas, BMI 32
Größe: 166,00 cm Gewicht: 89,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Neurologisch:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung
Visus: Lesebrille und Brille fürs Autofahren
Pupillen mittelweit, rund isocor
Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit
Sensibilität: unauffällig
Hörvermögen anamnestisch rechts reduziert, links taub anamn.
Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich
Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch
Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE:
Rechtshänder
Kraft: seitengleich unauffällig
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: Nacken und Schürzengriff: rechts endlagig eingeschränkt, links unauffällig
Seitabduktion bds. bis knapp über die Horizontale
Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar
Pinzettengriff: bds. möglich
Feinmotorik: ungestört
MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Eudiadochokinese
AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation
FNV: zielsicher bds.
Sensibilität: seitengleich unauffällig
UE:
Kraft: seitengleich unauffällig, frgl. minimale Großzehenheberschwäche links- wechselnd dargeboten
Trophik: trophische Störungen US w.b. chron. venösem Geschehen
Tonus: unauffällig
Motilität: nicht eingeschränkt
PSR: mittellebhaft, spurweise links betont
ASR: seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
AW möchte im Sitzen untersucht werden, da sie nur auf der Seite und nicht in der dafür nötigen Rückenlage liegen könne. Beine werden gut vorgestreckt und gegen Widerstand gut gehalten (KG5)
Sensibilität: Zehen 3-5 rechts fußrückseitig reduziert angegeben und leicht am seitlichen US rechts.
Stand und Gang: geht hinkend ohne Hilfsmittel, Füße und Zehen werden bds. gut angehoben und auf der Ferse aufgesetzt und bds. gut abgerollt. Romberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: wird zögerlich nur einige Schritte durchgeführt, kein Abweichen, keine Falltendenz
Zehen- und Fersenstand: mit Anhalten bds. gut möglich
Sprache und Sprechen: unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt mit 2 UA Stützkrücken gehend alleine zur Untersuchung, kommt mit Taxi
Status Psychicus:
Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage indifferent, Befindlichkeit negativ getönt, bds. affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik, Hw. f. neurotisch strukturierte Persönlichkeit
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Schmerzsyndrom Wirbelsäule, Lumboischialgie rechts ohne motorische radikuläre Ausfälle
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hörstörung: siehe HNO Fachgutachten
Gelenks- und Wirbelsäulenabnützung und Z.n. Verletzungen, Schmerzsyndrom: siehe orthopädisches Gutachten
Aus nervenfachärztlicher Sicht erreicht das Wirbelsäulenleiden keinen zusätzlichen gesonderten Grad der Behinderung, da keine motorischen radikulären Ausfälle nachvollziehbar sind. Das Leiden wird im orthopädischen Gutachten bewertet.
Die vorbeschriebene Peroneusparese links lässt sich in der gegenständlichen Untersuchung nicht nachvollziehen, was auch mit dem neurologischen Befund (Unfallabteilung XXXX ) korreliert.
Andere nervenfachärztliche Leiden sind nicht dokumentiert.
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
s.o.“
In dem Aktengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 19.01.2023 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2022-12 Tonaudiogamm HNO Kl. XXXX .: rechts geringer Hochtonstörung, links pantonal 75 - 105dB. Hörverlust nach Röser (Vierfrequenztabelle) rechts 31%, links 100%;
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
aktenmäßig
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Rechts geringgradige Hörstörung, links praktische Taubheit.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstmalige HNO-Begutachtung. Hörstörung ist neues Leiden.
Das Leiden wäre mit 30% GdB einzustufen entspr. 12.02.01 Z2/K6.
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Eine Hörstörung behindert weder das Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels noch das Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein.
Gutachterliche Stellungnahme:
Aus HNO-Sicht liegt eine "Unzumutbarkeit" nicht vor.“
In der die fachärztlichen Gutachten zusammenfassenden Gesamtbeurteilung vom 24.01.2023 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
„Zusammenfassung der Sachverständigengutachten
Dr.in XXXX Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie 20.01.2023
Dr. XXXX Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie 20.01.2023
XXXX Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde 19.01.2023
Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Lfd. Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1 Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, absolute Vertebrostenose L4/5, kein relevantes sensomotorisches Defizit
2 Schmerzsyndrom Wirbelsäule, Lumboischialgie rechts ohne motorische radikuläre Ausfälle
3 Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat, Knietotalendoprothese beidseits
4 Rechts geringgradige Hörstörung, links praktische Taubheit.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-Leiden 1 und 3: keine Änderung zum Vorgutachten 11/22
-Das WS Leiden (unter Leiden 2) wurde aus neurologischer Sicht extra angeführt, erreicht aber aus nervenfachärztlicher Sicht keine zusätzlichen Grad der Behinderung, da keine motorischen radikulären Ausfälle nachvollziehbar sind. Das Leiden wird im orthopädischen Gutachten unter Leiden 1 bewertet.
-Die vorbeschriebene Peroneusparese links lässt sich in der gegenständlichen Untersuchung nicht nachvollziehen, was auch mit dem neurologischen Befund (Unfallabteilung XXXX 1/22) korreliert.
-Andere nervenfachärztliche Leiden sind nicht dokumentiert.
-Erstmalige HNO-Begutachtung. Hörstörung ist neues Leiden.
Das Leiden wäre mit 30% GdB einzustufen entspr. 12.02.01 Z2/K6.
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein-und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet. Eine Hörstörung behindert weder das Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels noch das Ein- und Aussteigen oder den sicheren Transport
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Im Vordergrund stehen belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden, die die Mobilität einschränken. Die Gesamtmobilität ist aber ausreichend, um kurze Wegstrecken, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zu bewältigen. Kraft und Koordination sind ausreichend. Es bestehen keine dauerhaften erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder gleichzusetzende neurologische Ausfälle. Ein Aktionsradius von 10 Minuten ist ihr möglich.“
Mit einem der Beschwerdeführerin zu den ärztlichen Ermittlungsergebnissen gewährten Parteiengehörs wurden weitere medizinische Beweismittel vorgelegt und ausgeführt, dass die vorgelegten fachärztlichen Befunde von XXXX vom 02.06.2022 und von Dr. XXXX vom 23.11.2022 gutacherlicherseits nicht berücksichtigt worden seien.
Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin nachfolgende ergänzende ärztliche Stellungnahme des bereits befassten Facharztes für Orthopädie vom 30.03.2023 eingeholt:
„Es wurde im Rahmen des Parteiengehörs Einspruch erhoben, es liegen Berichte vor, die eine Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln beinhalten.
1) Das Attest Dris XXXX ist lediglich eine Diagnosenliste ohne nachvollziehbare Schlussfolgerung.
2) Gleiches gilt für das Schreiben Dris XXXX vom 23.1.2023.(Anm.: gemeint 23.11.2022) Das Kalkül kann dadurch nicht geändert werden.“
Die belangte Behörde konnte nicht mehr fristgerecht eine Beschwerdevorentscheidung erlassen und legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 21.04.2023 vor.
Da auch die von der belangten Behörde eingeholte fachärztliche Stellungnahme vom 30.03.2023 der Beschwerdeführerin nicht mehr zur Kenntnis gebracht wurde, wurde diese vom ho. Gericht mit Schreiben vom 29.09.2023 der Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten vom Verein ChronischKrank, im Rahmen des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt.
Mit ho. am 12.10.2023 eingelangter Stellungnahme wies die vertretene Beschwerdeführerin nochmals daraufhin, dass ihr auf Grund der vorgelegten Befunde vom 02.06.2022 und vom 23.11.2022 die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei und sei die Stellungnahme des fachärztlichen Sachverständigen vom 30.03.2023 nicht ausreichend.
Die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Verein ChronischKrank, die belangte Behörde, sowie der im Verfahren beigezogene fachärztliche Sachverständige – welcher die Beschwerdeführerin persönlich untersucht hat – wurden mit Schreiben vom 23.10.2023 zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen. Dem Sachverständigen wurden alle bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden medizinischen Beweismittel, eingeholten Gutachten und Stellungnahmen zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung übermittelt.
Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 12.12.2023 im Beisein der Beschwerdeführerin und des fachärztlichen Sachverständigen statt. Die rechtliche Vertretung hatte nach Angaben der Beschwerdeführerin keine Zeit an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die Vollmacht bleibe aber aufrecht.
Der Beschwerdeführerin wurde im Zuge der Verhandlung Gelegenheit gegeben, sich zum Sachverhalt und den Gutachten eingehend zu äußern, zu den vorliegenden Gutachten Stellung zu nehmen und anhand von Fragen an den Sachverständigen diese zu erörtern.
Am 02.01.2024 langte ho. ein Schreiben der Beschwerdeführerin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Bei der Beschwerdeführerin liegen nachfolgende Funktionseinschränkungen vor:
1 Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, absolute Vertebrostenose L4/5, kein relevantes sensomotorisches Defizit
2 Schmerzsyndrom Wirbelsäule, Lumboischialgie rechts ohne motorische radikuläre Ausfälle
3 Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat, Knietotalendoprothese beidseits
4 Rechts geringgradige Hörstörung, links praktische Taubheit.
Bei der Beschwerdeführerin liegen belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden und Abnützungen der Wirbelsäule vor.
Motorische radikuläre Ausfälle liegen nicht vor. Eine Peroneusparese links ist nicht objektivierbar.
Die Gesamtmobilität ist ausreichend gut, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels - und ohne Unterbrechung zurücklegen zu können. Ein erforderliches dauerhaftes Verwenden von zwei Unterarmstützkrücken ist befundmäßig nicht ableitbar.
Eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung liegt nicht vor, ausreichende Gang- und Standsicherheit konnte objektiviert werden. Eine erhöhte Sturzgefahr ist nicht gegeben.
Im Bereich der Gelenke liegt kein Streckdefizit und kein wesentliches Beugedefizit bei stabilen Bandverhältnissen vor. Der Bewegungsumfang sämtlicher Gelenke der unteren und oberen Extremitäten sowie Kraft und Koordination sind gut und ausreichend.
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Ein- und Aussteigen ist gewährleistet. Die Greiffunktionen sind beidseits erhalten. Das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist unbeschränkt möglich.
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren und der oberen Extremitäten. Erhebliche Einschränkungen der Wirbelsäule liegen ebenfalls nicht vor.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor.
Die geforderten Voraussetzungen für eine schwere Hörbehinderung oder eine Gehörlosigkeit liegen nicht vor.
Die vorgebrachten Schmerzzustände wurden berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin nimmt in der Regel leichte Schmerzmittel ein.
Die Beschwerdeführerin steht aktuell nicht in fachärztlicher Behandlung und nimmt auch keine Physiotherapien in Anspruch. Eine Therapierefraktion ist nicht gegeben.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Behindertenpass ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen und zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beruhen auf der von der belangten Behörde eingeholten sachverständigen Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.01.2023, welches das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 20.012023, das Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 20.01.2023 und das Aktengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 19.01.2023 zusammenfasst und der orthopädischen fachärztlichen Stellungnahme vom 30.03.2023, sowie den diesbezüglichen Erörterungen durch den fachärztlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung.
In diesen ärztlichen Sachverständigengutachten und in der mündlichen Verhandlung wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig – unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchungen – auf die Leiden der Beschwerdeführerin und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung von der vorsitzenden Richterin zu ihren gesundheitlichen Beschwerden befragt, gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, ihr Zustand habe sich leider nicht verbessert und sie habe nach wie vor schwere Schmerzzustände. Auch schon bei minimalen Tätigkeiten zu Hause aber auch bei Einkäufen oder Bankwegen müsse sie nach zehn Minuten unterbrechen und sich setzen, weil die Lende im Kreuz überfordert sei und sie krampfartige Zustände im Rücken bekomme. Sie könne sich weder bücken noch strecken. Wenn sie beispielsweise Gläser aus der Kredenz hole, löse das einen Nervenschmerz aus, der von der Hälfte vom Rücken über die rechte Hüfte, das rechte Knie bis runter zum Knöchel gehe und sie bewegungsunfähig mache.
Der fachärztliche Sachverständige aus dem Fachbereich der Orthopädie/Unfallchirurgie hat in seinem Gutachten vom 20.01.2023 - unter Berücksichtigung der im Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel und nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung - festgehalten, dass bei der Beschwerdeführerin belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden im Vordergrund stehen und diese als „Degenerative und posttraumatische Veränderungen der Wirbelsäule, absolute Vertebrostenose L4/5“ diagnostiziert. Weiters hat der fachärztliche Sachverständige „Aufbraucherscheinungen am Bewegungsapparat und Knietotalendoprothese beidseits“ diagnostiziert. Ein relevantes sensomotorisches Defizit konnte vom fachärztlichen Sachverständigen nicht objektiviert werden. Diesbezüglich hat auch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie in ihrem Gutachten vom 20.01.2023 festgehalten, dass bei der Beschwerdeführerin eine Lumboischialgie rechts ohne motorische radikuläre Ausfälle vorliegt. Eine beschriebene Peroneusparese links hat sich aus neurologischer Untersuchung nicht objektivieren lassen und korreliert dies aus fachärztlicher Sicht auch mit dem neurologischen Befund einer Unfallabteilung eines Krankenhauses von 1/2022. Auch andere nervenfachärztliche Leiden sind nicht dokumentiert.
In der mündlichen Verhandlung hat der fachärztliche Sachverständige die gutachterlichen Beurteilungen bekräftigt und ergänzend ausgeführt, dass bei der Beschwerdeführerin deutliche Abnützungen an der Wirbelsäule bestehen, weshalb dieses Leiden auch mit einem Grad der Behinderung von 40% eingeschätzt worden ist. Diese Funktionseinschränkung beinhaltet auch die Schmerzen im Sinne einer Lumboischialgie derzeit rechtsbetont allerdings - und das ist maßgeblich relevant - eben ohne motorische Ausfälle.
Zu den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Schmerzzuständen ist festzuhalten, dass diese von der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie im Gutachten vom 20.01.2023 als „Schmerzsyndrom Wirbelsäule“ diagnostiziert und bei der Beurteilung im Zusammenhang mit der beantragten Zusatzeintragung berücksichtigt wurden.
Der Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie führte in der mündlichen Verhandlung zur Schmerzsymptomatik aus, dass die von der Beschwerdeführerin verwendeten Schmerzmittel, bis auf das Morphiumpflaster - welches die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben jeden dritten Tag nehme - leichte Schmerzmittel sind. Aus fachärztlicher Sicht ist aus dem in der mündlichen Verhandlung Gehörten und aus dem Ergebnis der stattgehabten persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin abzuleiten, dass sie mit den leichten Schmerzmitteln, welche sie nach eigenen Angaben zwei oder drei Mal am Tag einnimmt, zurechtkommt. Es ist aus fachärztlicher Sicht davon auszugehen, dass bei der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln leichte bis kurzfristig mittlere Schmerzen auftreten können, starke Schmerzen sind unter der Therapie nicht zu erwarten.
Der fachärztliche Sachverständige führte weiters aus, dass für den Fall des Nichtwirkens der Schmerztherapie die Möglichkeit bestehe diese zu intensivieren. Diesbezüglich spreche er insbesondere das Morphiumpflaster an, welches aufgrund der Anwendung sicher nicht für drei Tage eine gleich hohe Wirkstoffkonzentration gewährleiste. Überdies gäbe es mittlerweile neue Präparate, die in Tabletten- oder Kapselform eingenommen werden könnten und eine bessere Schmerzbekämpfung über den Tag bieten würden. Zusammenfassend ist aber aus fachärztlicher Sicht festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Regelfall leichte Schmerzmittel verwendet. Dies wurde für den fachärztlichen Sachverständigen auch dadurch bekräftigt, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, wenn sie akut starke Schmerzen habe, die sie bewegungsunfähig machen würden, sprühe sie sich mit dem Boswellia (Weihrauchharz) ein, das bringe innerhalb von zehn Minuten eine Linderung, der Schmerz sei nicht ganz weg, aber sie könne sich wieder bewegen.
Insgesamt ergibt sich - wie oben bereits umfassend ausgeführt - anhand des Gangbilds und der durchgeführten Untersuchungsergebnisse kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren oder unmöglich machen.
Auf die Frage in der mündlichen Verhandlung, ob die Beschwerdeführerin in fachärztlicher Behandlung stehe bzw. wer ihr die Schmerzmedikation verschreibe, gab die Beschwerdeführerin an, sie sei im Februar 2023 auf Reha gewesen und der Arzt dort habe ihre Medikamentenliste zusammen- bzw. umgestellt. Seitdem verschreibe ihr der Hausarzt die Medikamente entsprechend dieser Liste. In fachärztlicher Behandlung stehe sie derzeit nicht. Physiotherapien seien ihr verschrieben worden, sie habe aber keine einzige davon in Anspruch genommen, weil sie es mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln nicht schaffe, ihr das Taxi zu teuer sei, sie Strafen bekomme, wenn sie mit dem Auto fahre und ihre erwachsenen Kinder aufgrund von Berufstätigkeit und Erkrankung nicht helfen könnten.
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin damit individuelle Umstände aber keine substantiierten Gründe vorgebracht hat, um Physiotherapie nicht in Anspruch zu nehmen. Überdies ist festzuhalten, dass die Einnahme von Medikamenten und die Inanspruchnahme von Therapien grundsätzlich zumutbare Therapieoptionen sind und Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – nicht gegeben ist.
Zur von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Sturzgefahr führte der fachärztliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung aus, dass eine erhöhte Sturzgefahr bezüglich der Knieprothesen nicht gegeben ist, weil kein Streckdefizit und kein Beugedefizit bei stabilen Bandverhältnissen besteht. Die offenbar aktuell diagnostizierte Beinlängendifferenz von 18 mm kann mit Schuheinlagen bzw. Schuherhöhungen zumindest teilweise ausgeglichen werden und stellt keine Ursache für eine erhöhte Sturzneigung dar. Eine gewisse Ängstlichkeit der Beschwerdeführerin bezüglich der Mobilität könne zwar aufgrund der Degenerationen in der Wirbelsäule nachvollzogen werden, die Veränderungen sind aber derart, dass die geforderte Wegstrecke von 300 bis 400 Meter allenfalls unter Verwendung von Schmerzmitteln und einer einfachen Gehhilfe - im Sinne eines Stockes oder von Walkingstöcken - zurückgelegt werden kann und die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sicher ist.
Zu dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin zwei Unterarmstützkrücken verwendet, führte sie in der mündlichen Verhandlung befragt aus, sie benütze die Krücken immer, wenn sie außer Haus sei, zu Hause verwende sie einen Stock, wobei dies auf die Schmerzen ankomme und daher benütze sie auch zu Hause manchmal zwei Krücken.
Der fachärztliche Sachverständige führte dazu in der mündlichen Verhandlung aus, dass das dauerhafte Verwenden von zwei Unterarmstützkrücken befundmäßig nicht ableitbar ist. Dass sie aus Sicherheits- oder psychischen Gründen verwendet würden sei offensichtlich, eine medizinische Indikation dazu sei aber nicht gegeben. Eventuell würden sie von der Beschwerdeführerin auch aufgrund von Sturzangst verwendet, dies sei aus fachärztlicher Sicht so aber nicht nachvollziehbar. Der fachärztliche Sachverständige für Orthopädie/Unfallchirurgie wies nochmals darauf hin, dass auch die Fachärztin für Neurologie in ihrer gutachterlichen Beurteilung bzw. in der Gesamtbeurteilung zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist.
Zum Hinweis der vertretenen Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 12.10.2023 auf die Befunde des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. XXXX vom 23.11.2022 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX vom 02.06.2022, welche bestätigen würden, dass die Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen könne, ist festzuhalten, dass dies Befunde vom in der mündlichen Verhandlung anwesenden Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bereits in der fachärztlichen Stellungnahme vom 30.03.2023 berücksichtigt wurden.
In der mündlichen Verhandlung führte der fachärztliche Sachverständige dazu aus, dass es sich bei beiden vorgelegten Attesten um Diagnosenlisten ohne nachvollziehbaren Befund handelt. Die Schriftstücke würden zwar als „Befunde“ bezeichnet, es seien aber Atteste, weil die getroffenen Schlussfolgerungen nicht befunddokumentiert seien. Üblicherweise werde die bewältigbare Gehstrecke nach den subjektiven Angaben der Patienten festgehalten. In der fachärztlichen Stellungnahme vom 30.03.2023 wurde korrekt ausgeführt, dass die beiden vorgelegten Atteste zu keiner Änderung der Beurteilung führen.
Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde bzw. in der Stellungnahme vom 12.10.2023 keine Einwendungen erhoben bzw. medizinische Beweismittel vorgelegt, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten. Die Beschwerdeführerin ist den fachärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der befassten ärztlichen Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der eingeholten sachverständigen Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.01.2023, welches das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 20.012023, das Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 20.01.2023 und das Aktengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 19.01.2023 zusammenfasst und der orthopädischen fachärztlichen Stellungnahme vom 30.03.2023, und werden diese daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Zu dem von der Beschwerdeführerin ho. am 02.01.2024 eingelangten Schreiben, mit welchem sie zur Einbringung von Einwendungen zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2023 um Fristerstreckung ersuchte, ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit hatte, Einwendungen gegen die Niederschrift zu erheben. Von der vorsitzenden Richterin am Schluss der mündlichen Verhandlung dazu befragt, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie auf das Verlesen der Niederschrift oder die Vorlage zur Durchsicht verzichte. Einwendungen wurden nicht erhoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz (BBG) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung „Behindertenpass“ in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck „Behindertenpass“;
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug „Sozialministeriumservice“ im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1.(..)
c) gehörlos oder schwer hörbehindert;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorzunehmen. (…)
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung vorzunehmen.
(…)
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde die bei der Beschwerdeführerin vorliegende Hörstörung als „Rechts geringgradige Hörstörung, links praktische Taubheit“ unter der Positionsnummer 12.02.01, Z2/K6, der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingeschätzt. Der Facharzt für HNO-Heilkunde hat diesbezüglich in seiner gutachterlichen Beurteilung vom 19.01.2023 korrekt ausgeführt, dass eine Hörstörung, welche zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen könnte, nicht vorliegt.
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032). Auf andere Umstände, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel kommt es beispielsweise gerade nicht an (VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
[...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Eine bei der Beschwerdeführerin diagnostizierte Beinlängendifferenz von 18 mm kann, wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, aus fachärztlicher Sicht mit Schuheinlagen oder auch Schuherhöhungen zumindest teilweise ausgeglichen werden und stellt keine Ursache für eine erhöhte Sturzneigung dar. Auch liegt die Beinlängendifferenz von 1,8 cm deutlich unter der oben angeführten Beinlängendifferenz von 8 cm, ab welcher von einer diesbezüglichen erheblichen Funktionseinschränkung ausgegangen werden kann.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
[…]
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 Metern ausgeht (u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht in den eingeholten Gutachten überprüft und – wie bereits ausgeführt – festgestellt, dass die Beschwerdeführerin bei ausreichend guter Gesamtmobilität in der Lage ist, eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechung - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels - zurückzulegen.
Da unter Zugrundelegung der gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachten vom 24.01.2023, welches das Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 20.012023, das Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 20.01.2023 und das Aktengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 19.01.2023 zusammenfasst und der orthopädischen fachärztlichen Stellungnahme vom 30.03.2023, die vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass bei der Beschwerdeführerin keine maßgeblichen Einschränkungen der oberen bzw. unteren Extremitäten und der Wirbelsäule oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass rechtfertigen.
Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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