BVwG W144 2107571-1

BVwGW144 2107571-11.6.2015

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W144.2107571.1.00

 

Spruch:

W144 2107571-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., Sta. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2015, Zl. 1049150901/140333528, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Im November 2014 verließ er seine Heimat und begab sich auf dem Landweg über den Iran und die Türkei nach Bulgarien, wo er unter dem Nationale XXXX XXXX einen Asylantrag stellte. In der Folge reiste er letztlich im Dezember 2014 nach Österreich ein und stellte unter dem Namen XXXX am XXXX den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Zur Person des BF liegen 3 EURODAC-Treffermeldungen auf:

* Bulgarien vom 15.12.2014 (Asylantragsstellung)

* Ungarn vom 26.12.2014 (erkennungsdienstliche Behandlung)

* Ungarn vom 26.12.2014 (Asylantragsstellung)

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion XXXX vom 31.12.2014 gab der BF neben seinen Angaben zum Reiseweg an, dass er in Bulgarien von der Polizei aufgegriffen worden sei. Es seien seine Fingerabdrücke registriert worden, danach sei er 8 Tage lang in einem Lager untergebracht gewesen. Insgesamt habe er sich zwölf Tage in Bulgarien aufgehalten. In der Folge sei er nach Ungarn gelangt, wo er nach einem polizeilichen Aufgriff 4 Tage lang in einem Lager in XXXX untergebracht worden sei. Sein Zielland sei Österreich gewesen, er wolle nicht in eines dieser Länder zurückkehren. Seine Familie habe dieses Land für ihn ausgesucht. Der Einvernehmende wisse ja auch, dass es in diesen Ländern nicht gut sei. Er selbst finde es dort auch nicht gut, dort hätte er keine Zukunft. Er habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht. Wenn er um Asyl angesucht hätte, wäre er nicht hierhergekommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 26.01.2015 unter Bezugnahme auf die Eurodac-Treffermeldungen ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien. Bulgarien stimmte am 09.02.2015 diesem Wiederaufnahmeersuchen ausdrücklich zu.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 25.03.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärte der BF, dass er eine Rechtsberatung in Anspruch genommen habe und seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden.

Er habe vor einer Woche eine Operation am Auge gehabt, er habe Unterlagen von Kliniken und bisherigen Behandlungen mit. Außerdem habe er Medikamente, die er regelmäßig nehmen müsse. Alle drei Tage habe er einen Termin in der Uniklinik XXXX Nach Vorhalt, dass sich auf den kopierten ärztlichen Unterlagen (welche aus Indien stammen) ein anderer Name befinde, erklärte der BF, dass es sich um einen Schreibfehler der Ärzte in Indien gehandelt habe. In seinem Gesichtsbereich befänden sich noch Splitter, er müsse noch einmal operieren gehen. Eine zweite Operation sei geplant, es gebe aber noch keinen Termin. Er nehme Medikamente gegen seine Schmerzen. Nachdem er in Bulgarien im Gesichtsbereich geschlagen worden und schlecht behandelt worden sei, habe sich seine Sichtbereich verschlechtert.

Er habe in der EU bzw. im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten keine Verwandten und er lebe auch mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Andere Bindungen zu Österreich habe er auch nicht.

Nach Vorhalt, dass Bulgarien zur Führung seines Asylverfahrens zuständig sei, erklärte der BF, dass Flüchtlinge in Bulgarien nicht wie Menschen behandelt werden würden. Dort gebe es keine Menschenrechte. Als er dort angekommen sei, habe er erzählt, dass er medizinische Behandlung benötige, doch sei ihm seitens der Polizei nicht geglaubt worden; er sei eingesperrt worden. Als er hingegen nach Österreich gekommen sei, sei er sofort medizinisch behandelt worden und man habe sich um ihn gekümmert. Er habe in Bulgarien nicht freiwillig einen Asylantrag gestellt. Er sei von der Polizei gezwungen worden seine Fingerabdrücke abzugeben, er sei auch geschlagen worden. Die Personen würden entweder lebenslang eingesperrt werden oder sie müssten einen Asylantrag stellen. Man sehe in diesem Land keine Zukunft. Obwohl er den Behörden seine Unterlagen gezeigt habe, sei er sehr schlecht behandelt worden. Auf Nachfrage wann bzw. wo und von wem er in Bulgarien geschlagen worden sei, erklärte der BF, dass er das Datum nicht wisse, ca. vor vier Monaten. Er wisse nicht, wie die Polizei Station heiße, bei der er geschlagen worden sei. Die Polizisten hätten ihn dann in ein Flüchtlingslager gebracht, er wisse nicht, wie dieses geheißen habe. Er habe Schmerzen gehabt und sei es ihm sehr schlecht gegangen. Als er geschlagen worden sei, sei es ihm noch schlechter gegangen; er habe Schmerzen im Gesichts- und Kopfbereich. Auch die Sicherheitsmitarbeiter im Lager hätten sie schlecht behandelt, wenngleich nicht geschlagen. Wenn man habe reden wollen, habe man den (Wisch‑)Mopp ins Gesicht bekommen, damit man still sei. Er habe diesen Vorfall in Bulgarien nicht bei den dortigen Behörden gemeldet, da er in derselben Polizeistation eingesperrt gewesen sei, sodass er nicht die Möglichkeit gehabt habe. Der Dolmetscher habe ihm bei der Polizei erklärt, dass er entweder die Fingerabdrücke abgeben solle, oder er würde lebenslang eingesperrt werden. Die Medikamente, die er bei sich gehabt habe, seien ihm nach der Ankunft im Lager weggenommen worden. Er habe nicht aus dem Lager hinausgehen dürfen. Auf die Frage, wie er dann nach Österreich gelangen konnte, erklärte der BF, dass er einen Freund gehabt habe der ihn herausgeholt habe. Der Name des Freundes sei nicht mehr erinnerlich. Er wolle die Länderfeststellungen zu Bulgarien nicht hören, das sei alles eine Lüge, was ihm vorgelesen werde. Er habe keine Hilfe erhalten, obwohl er gesagt habe, dass er krank sei. Von einer medizinischen Versorgung in Bulgarien habe er nichts gesehen. Er habe kein Essen und keine medizinische Hilfe bekommen, er sei eingesperrt, geschlagen und erniedrigt worden. Wenn er in ein anderes Land abgeschoben werden solle, bringe er sich um.

Unter einem legte der BF medizinische Unterlagen des Universitätsklinikums XXXX vor, aus denen sich ergibt, dass er an einem dekompensierten Sekundärglaukom (bundesverband-glaukom.de: ... entsteht sekundär, also zweitrangig, aus einer Erkrankung, die primär, also erstrangig, vorgelegen hat, oder vorliegt) nach einer Minenexplosion mit Opticusatrophie links (Wikipedia: Opticusatrophie = degenerative Erkrankung des Sehnerven, die sich durch den Schwund von Nervenzellen über weite Teile seines Verlaufs hinweg auszeichnet und meist als Folgezustand unterschiedlichster Krankheitsprozesse oder als Primärerkrankung des Nerven selbst auftritt) im Endstadium leide.

Eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren Dris. XXXX vom XXXX ergab Folgendes:

"Medizinische Vorgeschichte

Es liegen Befunde vor:

Subjektive Beschwerden

Der AW gibt an, pulsierende Kopfschmerzen zu haben. Er schlafe fast nicht. Nur 2-3 Stunden. Der Appetit sei schlecht. Er habe Schmerzen im Kopfbereich. Manchmal wolle er lieber sterben. Träumen würde er ab und zu, Inhalte nicht erinnerlich. Wenn er an Bulgarien denke habe er Angst, dann zittere er. Sterben wolle er nur, wenn er nach Bulgarien müsse, wenn er hierbleiben dürfe, dann wolle er leben (gefragt nach Suizidgedanken). er sei vergesslich. Nachgefragt vergesse er die Inhalte des Gespräches.

4. Psychologische Schlussfolgerungen

1. Liegt aus aktueller Sicht eine belastungsabhängige krankheitswertige psychische

Störung vor? Genaue Klassifizierung: Nein

2. Liegen sonstige psychische Krankheitssymptome vor: Nein

Begründung

Befund:

Der AW ist orientiert und bewusstseinsklar. Es können keine Denkstörungen exploriert werden. Die kognitiven Funktionen sind ausreichend, es werden adäquate Antworten gegeben. Kein Vorbeiantworten. Die Aufmerksamkeit ist nicht verändert. Die Stimmung ist weitgehend euthym, der Affekt in beiden SKB ausreichend gut modulierbar. Es finden sich keine beobachtbaren Symptome frei flott. Angst, keine objektiven Symptome großer Müdigkeit. Es können keine intrusiven Symptome exploriert werden. keine tiefgreifende Verstörung, keine Schreckhaftigkeit. Die angegebene Vergesslichkeit kann derzeit nicht nachvollzogen werden. Suizid für den Fall der Überstellung angegeben, zur Zeit der Befundaufnahme ist keine Suizidalität fassbar.

Schlussfolgerung:

Zum Zeitpunkt der Befundaufnahme finden sich keine Symptome einer krankheitswertigen Störung. Die angegebenen Schlafstörungen können derzeit nicht objektiviert werden (keine Zeichen großer Müdigkeit), keine depressiven oder traumatypischen Symptome fassbar.

Die Diagnosestellung erfolgt symptom- und kriterienorientiert nach ICD-10 in Anlehnung an das AMDP-System (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie) unter Einbeziehung der aktuellen Forschungsergebnisse der Psychotraumatologie."

In der Folge legte der BF medizinische Unterlagen des Landesklinikums XXXX vor, wonach eine mittelgradige depressive Episode, Hepatitis B und besagtes Sekundärglaukom nach Minenexplosionsverletzung diagnostiziert worden ist. Weiters werde eine Hepatitis B Abklärung zur Bestimmung der Viruslast angeraten.

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 11.05.2015 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

"zur Lage im Mitgliedstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie in Bulgarien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sind oder diese dort zu erwarten hätten.

Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:

Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen, verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben.

(VfGH 17.6.2005, B 336/05, UBAS zu 268.445/3-X/47/06 vom 14.03.2006)

Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering seien, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird."

(VwGH, 31.5.2005, Zl. 2002/20/0095)

Die höchstgerichtliche Judikatur ist gerade bei Anträgen ab 01.01.2006 aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 von besonderer Bedeutung.

Zu Bulgarien werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom Dezember 2014).

1. Allgemeines zum Asylverfahren

 

Antragsteller 2013

Bulgarien

7.145

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2013

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründen

NEGATIV

 

2.810

180

2.280

 

335

Die Daten

werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

 

Antragsteller 1. Qu. 2014

Antragsteller 2. Qu. 2014

Bulgarien

2.030

1.510

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 8.7.2014; Eurostat 3.10.2014)

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründen

NEGATIV

1. Qu. 2014

2.865

1.495

1.295

 

70

2. Qu. 2014

310

175

35

 

100

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 8.7.2014; Eurostat 3.10.2014)

Bulgarien war Ende 2013, insbesondere aufgrund der Situation in Syrien, mit einem großen Zustrom von Asylwerbern konfrontiert, die für das Land eine erhebliche Belastung darstellten. (VB 24.10.2013)

Es gab zu diesem Thema eine Reihe von Berichten, vor allem von Seiten des UNHCR, der im vorläufig letzten vom April 2014 zahlreiche Verbesserungen im bulgarischen Asylverfahren und bei den Unterbringungsbedingungen attestierte. (UNHCR 04.2014)

Es gab eine Reihe von Verbesserungen und Beschleunigungen in den Asylverfahren, vor allem bei Syrern, welche die größte Asylwerber-Gruppe in Bulgarien darstellen. Durch diese Konzentration auf Syrer sollen jedoch Nicht-Syrer benachteiligt sein und ihre Verfahren entsprechend länger dauern. (BMB 2014 vgl. AIDA 18.4.2014)

Zuständig für das Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). (SAR o.D.)

SAR hat angesichts der Überlastung in der 2. Hälfte des Jahres 2013 160 neue Mitarbeiter angeworben. Seit 24. Jänner 2014 gibt es eine funktionierende COI-Unit. (EASO 02.2014, vgl. UNHCR 04.2014)

Jeder Asylwerber, mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger, durchläuft zuerst das sogenannte beschleunigte Verfahren, im Rahmen dessen innerhalb einer Frist von drei Tagen entschieden wird, ob ein Asylantrag offensichtlich unbegründet (z. B. Fluchtgrund rein wirtschaftlicher Natur) ist, oder ob ein ordentliches Verfahren eingeleitet wird. (BT 9.9.2011)

Entzieht sich ein Asylwerber in irgendeiner Weise dem Verfahren, wird dieses ausgesetzt ("ausgesetztes Verfahren"). Innerhalb einer 3-monatigen Frist kann der betreffende AW eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen, wenn er eine akzeptable Erklärung für seine Absenz abgeben kann (z.B. Krankenbestätigung etc.). Sind die Erklärungen jedoch unglaubwürdig oder unwahr, wird das Verfahren nach Ablauf der 3 Monate beendet.

Von einem "abgesagten Verfahren" spricht man in zwei Fällen:

?) im beschleunigten Verfahren bei einem offensichtlich unbegründeten Antrag. Die Absage ist dann binnen 7 Tagen anfechtbar.

b) im allgemeinen Verfahren wird eine Absage erteilt, wenn der AW falsche Angaben macht. Die Absage ist dann binnen 14 Tagen anfechtbar. (VB 23.1.2014)

Beschwerdemöglichkeiten

Gegen negative Entscheidungen im ordentlichen inhaltlichen Asylverfahren ist binnen 14 Tagen inhaltliche Beschwerde vor dem regional zuständigen Verwaltungsgericht möglich. Gegen dessen Entscheidungen wiederum ist kassatorische Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich. Beide Beschwerden haben aufschiebende Wirkung. Beschwerdeverfahren dauern in jeder der zwei Instanzen angeblich durchschnittlich 12 Monate. (AIDA 18.4.2014)

Kostenfreie Rechtshilfe

2013 wurde das nationale Gesetz über die Rechtshilfe geändert und verpflichtende staatlich finanzierte Rechtshilfe für AW in allen Phasen des Asylverfahrens eingeführt, wenn diese nicht bereits anderweitig gewährleistet ist. AW haben demnach ab Registrierung ihres Asylantrags das Recht die Bestellung eines Rechtsvertreters zu beantragen. Zuvor war staatliche Rechtshilfe nur in Beschwerdeverfahren vor einem Gericht verfügbar gewesen. In der Praxis hat die für staatliche Rechtshilfe zuständige Stelle (untersteht dem bulg. Justizministerium) keine Finanzmittel zur Verfügung, weswegen zusammen mit dem BHC ein EFF (Europäischer Flüchtlingsfonds)-Projekt eingereicht wurde. Die Rechtshilfe, die im Rahmen von EFF-Projekten gewährt wird, umfasst Rechtsberatung und -vertretung im erstinstanzlichen Verfahren bzw. bei Beschwerden und Übersetzungskosten. Solange Geldmittel zur Verfügung stehen, ist die Rechtshilfe für jeden AW wie oben geschildert im erstinstanzlichen Verfahren verfügbar. Das gilt auch für Folgeantragsteller. In Beschwerdeverfahren, wo auch zuvor bereits Rechtshilfe verfügbar war, geschieht die Finanzierung aus dem Staatshaushalt und wird immer gewährt, außer bei Folgeanträgen ohne neue Elemente. Es gibt lediglich Kritik an der Qualität der Rechtshilfe, die aber auch für Bulgaren nicht besser ist. (AIDA 18.4.2014)

Laut Auskunft der Staatlichen Flüchtlingsagentur erfolgt die verpflichtende staatlich finanzierte Rechtshilfe für Asylwerber in allen Phasen des Asylverfahrens nach dem EFF-Projekt und steht zur Verfügung (VB 29.8.2014b).

Es gibt auch NGOs, die Rechtshilfe anbieten, etwa das Bulgarian Helsinki Committee (BHC), das teilweise von UNHCR finanziert wird; die Legal Clinic for Refugees and Immigrants, das Center for Legal Aid-Voice in Bulgaria und die Foundation for Access to Rights (ECRE 7.2014).

Haft

Grundsätzlich ist die automatische Inhaftierung von Asylwerbern in Bulgarien verboten. Wer in der Haft einen Asylantrag stellt wird in der Regel entlassen. Im beschleunigten Verfahren ist die Inhaftierung des Antragstellers möglich. Rechtsmittel gegen eine Haftentscheidung ist generell binnen 14 Tagen möglich. Eine automatische richterliche Überprüfung der Haft ist nicht vorgesehen, dafür eine monatliche administrative Überprüfung. Haft von Personen unter 18 Jahren ist grundsätzlich verboten (EMN 2014).

Quellen:

2. Dublin-Rückkehrer

Bulgarien war Ende 2013, insbesondere aufgrund der Situation in Syrien, mit einem großen Zustrom von Asylwerbern konfrontiert, die für das Land eine erhebliche Belastung darstellten. (VB 24.10.2013)

Es gab zu diesem Thema eine Reihe von Berichten, vor allem von Seiten des UNHCR, in denen auch zu einem Moratorium von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien aufgerufen wurde. (UNHCR 2.1.2014) Auch der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muižnieks, äußerte sich Ende 2013 dahingehend. (ECRE 20.12.2013) Im vorläufig letzten UNHCR-Bericht vom April 2014 wurden Bulgarien zahlreiche Verbesserungen im Asylverfahren und bei den Unterbringungsbedingungen attestiert. Eine generelle Suspendierung der Dublin-Überstellungen erscheint UNHCR daher nicht mehr gerechtfertigt. (UNHCR 04.2014) Eine Meinung, der sich die NGO Border Monitoring Bulgaria nicht anschließt. (BMB 2014) Auch ECRE (April 2014) und Amnesty International (März 2014) äußersten sich gegenteilig. (AIDA 18.4.2014) Ebenso Human Rights Watch. (HRW 04.2014) UNHCR gibt lediglich zu bedenken, dass bezüglich der Dublin-Überstellung bestimmter Gruppen (Vulnerable) weiterhin Gründe gegen eine Überstellung sprechen könnten. (UNHCR 04.2014)

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung hängt vom Stand des Verfahrens in Bulgarien ab.

1. erstmaliges Stellen eines Asylantrags:

Bei der Aufnahme eines Drittstaatsangehörigen, der zum ersten Mal einen Asylantrag stellt, wird diese Person entsprechend registriert und es wird ein Verfahren zur Prüfung des Antrags eingeleitet. (VB 31.1.2012)

2. inhaltlich negativ entschiedenes Verfahren:

Wurde über das Vorbringen bereits inhaltlich abschließend negativ entschieden, kann der Rückkehrer einen Folgeantrag stellen. Tut er das nicht, kommt er in ein Abschiebezentrum. (UNHCR 04.2014) Ein Folgeantrag wird auf Vorliegen neuer Elemente geprüft. Liegen solche nicht vor, wird er als offensichtlich unbegründet abgelehnt. (UNHCR 2.1.2014)

3. inhaltlich nicht entschiedenes Verfahren:

* Wenn Personen nach BG rücküberstellt werden, zu deren Vorbringen es noch keine inhaltliche Entscheidung gibt, wird ihr Verfahren an der Stelle wieder eröffnet, an der es ausgesetzt wurde. (UNHCR 04.2014)

* Sind zwischen Aussetzung des Verfahrens und Rückkehr des AW mehr als 3 Monate vergangen, ist das Verfahren inzwischen in Abwesenheit beendet worden. Hat noch kein Interview stattgefunden, wird dieses bei Rückkehr nachgeholt. Ohne Interview gibt es keine Entscheidung. (UNHCR 04.2014)

Zwischen 1.1. und 27.3.2014 wurden 11 AW und 2 subsidiär Schutzberechtigte als "take back"-Fälle nach BG überstellt (aus HU, SE, SUI). In einem Fall wurde der AW über die Entscheidung in Abwesenheit in seinem Verfahren informiert und zur Außerlandesbringung inhaftiert. Die anderen wurden offen untergebracht, ihre Verfahren wieder eröffnet und neue Ausweiskarten ausgegeben. (UNHCR 04.2014)

Dublin-Rückkehrer haben in Bulgarien kein Problem beim Zugang zum Asylverfahren. Lediglich im Falle, dass ihr erstinstanzliches Verfahren in Abwesenheit negativ entschieden und dies rechtskräftig wurde, werden sie bei Rückkehr in Abschiebehaft genommen. (AIDA 18.4.2014)

Folgeanträge sind jederzeit möglich und sie haben aufschiebende Wirkung. Auch ist die Zahl der Folgeanträge nicht begrenzt. Wenn keine neuen Elemente vorgebracht werden, werden sie im beschleunigten Verfahren üblicherweise binnen 3 Tagen als unzulässig abgelehnt. Gegen negative Entscheidungen zu Folgeanträgen ist Beschwerde möglich, welche ebenso automatisch aufschiebende Wirkung hat. Zugang zu Unterbringung erhalten Folgeantragsteller jedoch nicht mehr. Die Behörde hat angeblich die Möglichkeit Folgeantragsverfahren monatelang zu verzögern. In Verbindung mit dem fehlenden Recht auf Unterbringung soll das lt. NGOs AW davon abhalten Folgeanträge zu stellen. Priorisiert werden angeblich nur Folgeanträge von Syrern. (AIDA 18.4.2014)

Beschwerdemöglichkeiten

Die Entscheidungen der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat im Dublin-Verfahren können binnen 7 Tagen beim Verwaltungsgericht Sofia-Stadt beeinsprucht werden. Gem. Gesetz fallen für Gerichtsverfahren keine Gebühren oder anderen Kosten an, mit Ausnahme der Kosten für Expertisen. Auch diese können Asylwerbern erlassen werden, wenn sie am Existenzminimum leben. (VB 6.2.2014)

Beschwerden im Dublin-Verfahren haben keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird vom AW ausdrücklich beantragt. (AIDA 18.4.2014)

Jeder einzelne Verwaltungsakt, unterliegt der Gerichtskontrolle, egal ob ein Beschluss, mit welchem Rücküberstellung an den jeweiligen zuständigen Mitgliedsstaat genehmigt wird, ein Beschluss, mit welchem Asyl in der Republik Bulgarien abgelehnt wird, eine Anordnung zur Unterbringung in speziellen Heimen für illegale Einwanderer, eine Anordnung zur Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen bis zur Grenze der Republik Bulgarien, eine Anordnung der Landesverweisung usw. (VB 31.1.2012)

Nach den oben geschilderten Änderungen am nationalen Gesetz über die Rechtshilfe, ist seit 2013 staatlich finanzierte rechtliche Vertretung auch für AW im Dublin-Verfahren möglich. Zusätzlich zur schon zuvor verfügbaren Rechtshilfe im Beschwerdeverfahren vor einem Gericht. In der Praxis bestehen auch hier die o.g.

Finanzierungsprobleme für die Rechtshilfe in erster Instanz. (AIDA 18.4.2014)

Unterbringung nach Rücküberstellung

Je nachdem, in welcher Phase sich das Asylverfahren in der Republik Bulgarien befindet, werden die Dublin-Rückkehrer unterschiedlich untergebracht. Bei noch laufendem Verfahren werden sie in einem offenen Registrierungs- und Aufnahmezentrum der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat untergebracht. Wenn der Asylantrag bereits abgelehnt wurde, der jeweilige Beschluss rechtskräftig ist und die Abschiebung des jeweiligen Drittstaatsangehörigen aus dem Land bevorsteht, wird dieser in einem Zentrum zur temporären Unterbringung illegaler Fremder untergebracht, damit seine Abschiebung organisiert werden kann. In der Regel darf die Haftdauer 6 Monate nicht überschreiten, ausnahmsweise kann die Festnahme um weitere 12 Monate verlängert werden, jedoch darf die Gesamtdauer nicht mehr als 18 Monate betragen. Die Haftbefehle und die Befehle zur Verlängerung der Haftdauer unterliegen einer Gerichtskontrolle. In diesen Schubhaftzentren werden Familien und Vulnerable ebenfalls in speziellen, abgesonderten Räumlichkeiten untergebracht, welche ihrem Alter und ihren Bedürfnissen entsprechend ausgestattet sind. (VB 31.1.2012)

Quellen:

3. Non-Refoulement

Die Europäische Kommission hat am 1. April 2014 bestätigt, dass gegen Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des möglichen Refoulements von syrischen Flüchtlingen an der bulgarisch-türkischen Grenze begonnen wurde. Der erste Schritt des Vertragsverletzungsverfahrens ist der "Letter of formal notice", in dem das Land um seine Einschätzung des Problems gebeten wird. (ECRE 4.4.2014) Es gibt Berichte über derartige "push-backs" an der genannten Grenze, die sich auf Aussagen von Migranten stützen. Die bulgarischen Behörden weisen derartige Vorwürfe in der Regel kategorisch zurück. (UNHCR 04.2014, vgl. BMB 2014 / HRW 04.2014)

Die Regierung gewährt einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, wo ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. UNHCR bestätigt, dass das Risiko für genuine Flüchtlinge, abgelehnt zu werden, gering ist, wenn auch Ausnahmefälle vorkommen. (USDOS 27.2.2014)

Quellen:

4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / vulnerable Gruppen

Das bulgarische Asylgesetz definiert als vulnerable Gruppen:

Minderjährige oder Unmündige, Schwangere, Alte, alleinstehende Elternteile mit minderjährigen oder unmündigen Kindern und Behinderte, die Opfer schwerer Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt wurden. (Law, Art. 30 a)

Gemäß den Bestimmungen des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes hat jeder Ausländer während eines laufenden Asylverfahrens das Recht auf Sozialhilfe unter den Bestimmungen und in dem Ausmaß, die für bulgarische Staatsbürger gelten. Alleinerziehende Mütter fallen unter die Kategorie "schutzbedürftige Bevölkerungsgruppe". Nach Durchführung eines Interviews zur Abklärung der sozialen Hintergründe und Berücksichtigung der besonderen Stellung dieser Personenkategorie wird den jeweiligen Personen nach Ermessen des zuständigen Sozialarbeiters einmalige Sozialhilfe gewährt. Darüber hinaus sind alle Asylwerber mit laufendem Asylverfahren, sowohl die Eltern als auch ihre Kinder, zu monatlichen Sozialleistungen für Essen berechtigt, und zwar in Höhe des für das Land üblichen garantierten Mindesteinkommens. (VB 24.6.2014)

Die Gesetze sehen, außer für Kinder, keine spezifischen Mechanismen zur Identifizierung vulnerabler AW vor. Die Anwendung des beschleunigten Verfahrens auf Vulnerable ist nur im Falle von UMA ausgeschlossen. NGOs haben Bedenken bezüglich eines Mangels an Verfahrensgarantien für Vulnerable, speziell UMA. Insbesondere stoßen sie sich daran, dass in der Praxis statt der Bestellung eines Vormunds angeblich oft Sozialarbeiter beigezogen werden, was rechtlich umstritten sein soll. (AIDA 18.4.2014)

Bei Zweifeln an der Minderjährigkeit eines Antragstellers kann der Entscheider der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat eine medizinische Altersfeststellung veranlassen. Standardverfahren ist ein Handwurzelröntgen. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. Sozialarbeiter haben in jedem Fall eine Einschätzung des besten Interesses des Minderjährigen abzugeben. (AIDA 18.4.2014)

Die Gesetze sehen vor, bei der Festlegung einer Unterbringung auf eine bestehende Vulnerabilität Rücksicht zu nehmen. Inwieweit das tatsächlich passiert, hängt angeblich von der Auslastung der Unterbringungskapazitäten ab. (AIDA 18.4.2014)

Für Asylwerber-Kinder ist der Zugang zu kostenfreier Bildung bzw. Berufsausbildung unter denselben Bedingungen wie für bulgarische Kinder explizit gesetzlich festgeschrieben. In der Praxis soll dieser Zugang in Pastrogor nicht gegeben sein, da das Zentrum recht abgelegen ist. Es soll keine Vorbereitungskurse geben, die auf den Zugang zum bulgarischen Erziehungssystem vorbereiten. Für AW-Kinder mit speziellen Bedürfnissen gibt es keine besonderen Arrangements, außer jenen für bulgarische Kinder. AIDA 18.4.2014)

UNHCR äußert sich besorgt, dass für Vulnerable und UMA nach wie vor keine geeigneten Früherkennungs- und Zuweisungsmechanismen, vorhanden seien und auch keine spezifische Unterstützung. Obwohl die Zivilgesellschaft hier versuche die Lücke zu schließen, gäbe es Unzulänglichkeiten, trotzdem das Zentrum Banya mittlerweile ganz für alleinstehende Mütter und UMA gewidmet wurde. (UNHCR 04.2014) Auch EASO ortet Probleme durch den Mangel an Bildung und Fürsorge für Kinder in den Zentren. (EASO 02.2014). EASO hat beginnend mit 5.2.2014 Unterstützung für die Zuweisung von UMA geleistet. Der Entwurf für ein entsprechendes Handbuch liegt bereits vor. SAR und UNICEF arbeiten am Aufbau einer eigenen Schule für minderjährige AW in Varshets. (EASO 02.2014)

Quellen:

5. Versorgung

5.1. Unterbringung

AW in Bulgarien haben Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens. Das umfasst Unterkunft, Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversorgung und psychologische Hilfe. In der Praxis werden bei Platzknappheit mittellose AW prioritär in den Unterbringungszentren versorgt. Spezielle Bedürfnisse und Obdachlosigkeitsrisiko (Vorhandensein von Mitteln, Beruf und potentielle Jobaussichten, Zahl der Familienmitglieder und etwaige Vulnerabilität) werden in jedem Fall berücksichtigt. Folgeantragsteller haben diese Rechte nicht, es sei denn, sie sind vulnerabel. Wenn AW bestätigen, dass sie über Mittel verfügen, können sie auch außerhalb eines Zentrums wohnen. Wird die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, ist das vor Gericht binnen 7 Tagen anfechtbar. Dafür ist auch Rechtshilfe vorgesehen. (AIDA 18.4.2014)

Die materielle Versorgung der AW umfasst Unterbringung in Zentren und Sozialhilfe in Form eines monatlichen Handgeldes in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) pro Person (auch Kinder). Die Höhe dieses Betrags wird von UNHCR als ungenügend kritisiert. Gibt es nach einem Jahr noch keine Entscheidung im Asylverfahren, hat der AW Zugang zum Arbeitsmarkt. Was die monatliche finanzielle Unterstützung betrifft, werden AW nicht schlechter behandelt als Bulgaren, nur verfügen sie in der Regel nicht über Ersparnisse, Besitz oder Familie im Lande, um sich zusätzlich abzusichern. (AIDA 18.4.2014, vgl. UNHCR 04.2014)

Mit Stand 6. Juni 2014 lebten 2.329 AW und Schutzberechtigte in den Zentren. 2.359 lebten unter externen Adressen. Wer außerhalb der Zentren lebt, bekommt das monatliche Handgeld (BGN 65,-) nicht mehr. Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, soll außerdem immer noch verbreitet sein und zu einem Problem der Obdachlosigkeit unter AW und Schutzberechtigten beitragen, wobei jedoch keinerlei Zahlen hierzu vorhanden sind und sich die NGO BMB auch keinerlei Schätzung zutraut. (BMB 2014)

SAR führt verschiedene Unterbringungseinrichtungen für AW:

Registrierungs- und Empfangszentren (RRC) Sofia und Banja und Harmanli; das Transitzentrum (TC) Pastrogor. Das RRC Sofia besteht seinerseits aus den Zentren Kovacevtsi, Vrazhdebna und Voenna Rampa und verfügt zudem über das Integrationszentrum (IC) Ovcha Kupel (BMB 2014), das AW und Schutzberechtigten den Zugang zu Sprach- und Jobtraining und anderen Aktivitäten bietet, die für die Integration wichtig sind. (UNHCR 2013)

Die bulgarischen Behörden haben Anstrengungen zur Verbesserung der Unterbringungsbedingungen unternommen. Gebäude wurden renoviert und Möblierung sowie Verpflegung verbessert. Gewisse Unzulänglichkeiten sollen jedoch fortbestehen, wie überlastete elektrische und Abwasserleitungen, ungenügende medizinische Versorgung und Mangel an Übersetzern. NGOs klagen über einen Mangel an Sozialarbeitern. Bei Übersetzern sei angesichts der Überzahl an arabischen Antragstellern, eine gewisse Benachteiligung nicht-arabischsprachiger AW feststellbar, da man sich hauptsächlich auf die Bereitstellung von Arabisch-Übersetzern konzentriere. (BMB 2014)

Statistik der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge zur Belegung der Unterbringungen; Stand: 28.8.2014; Auslastung bei 47%:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(VB 29.8.2014a)

In Busmantsi und Liubimets befinden sich die dem bulgarischen Innenministerium (Direktion für Migration) unterstehenden "Zentren für die vorübergehende Unterbringung von Fremden". Das sind geschlossene Schubhaftzentren. AW kommen mit diesen Zentren in der Regel nur in Kontakt, wenn sie beim illegalen Grenzübertritt betreten wurden und erst in der Haft einen Asylantrag stellten. Im Oktober 2013 wurde von der Direktion für Migration in Elhovo ein sogenanntes "Verteilungszentrum" eröffnet, in dem AW für max. 20 Tage untergebracht werden, bevor sie auf die Unterbringungszentren aufgeteilt werden können. Die Kapazität dieser 3 Haftzentren liegt bei insgesamt 1.000 Plätzen. (AIDA 18.4.2014)

In Busmantsi und Liubiments werden Familien und alleinstehende Frauen getrennt von den anderen Inhaftierten untergebracht. Innerhalb der Zentren ist in der Regel freie Bewegung erlaubt. Bildungsprogramme für Kinder oder Sprachunterricht sind nicht vorgesehen. Kostenlose Übersetzerleistungen werden angeboten. Tägliche Hofgänge sind vorgesehen, es gibt die Möglichkeit für religiöse Betätigung, TV und Sportgelegenheiten. In puncto medizinische Versorgung wird hauptsächlich ambulant und präventiv behandelt. Wenn nötig können Inhaftierte auch in Spitälern behandelt werden. Vulnerable werden je nach Einzelfall gesondert untergebracht, etwa im Krankenrevier (EMN 2014).

Quellen:

5.2. Medizinische Versorgung

AW haben in Theorie und Praxis Zugang zu derselben Krankenversorgung wie bulgarische Staatsbürger, sind aber auch den Unzulänglichkeiten des bulgarischen Gesundheitssystems aufgrund von Unterfinanzierung in gleichem Maße ausgesetzt. SAR ist verpflichtet, die Krankenversicherung der AW zu übernehmen. (AIDA 18.4.2014; vgl. VB 29.8.2014b)

Mit April des Jahres hat SAR in allen Zentren die medizinische Versorgung übernommen. Es gibt Berichte von Antragstellern über unzureichende medizinische Versorgung. Auch soll es, aufgrund der Tatsache, dass die bulgarische Krankenversicherung die Kosten für Medikamente nicht übernimmt, für AW nicht möglich sein von ihren BGN 65,- an monatlichem Handgeld (ca. Euro 33,-), Medikamente in Apotheken zu kaufen. (BMB 2014)

Im Hinblick auf Verbesserung und Erleichterung des Zugangs zu medizinischen Dienstleistungen wurden in allen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat Sprechzimmer mit medizinischem Personal eröffnet. Es steht auch die Eröffnung einer Zahnarztpraxis bevor. Anfang Juni 2014 hatten 49,5% der in den Zentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge untergebrachten Personen internationalen Schutz in Bulgarien erhalten. Unabhängig davon ob sie krankenversichert sind oder nicht, bekommen diese Personen kostenlose medizinische Untersuchung und Betreuung. Die restlichen Personen (50,5 %) sind im Status des Asylwerbers und sind ohnehin gesetzlich krankenversichert. Die Sozialarbeiter der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat helfen über das BRK bei der Organisation und der Lieferung von kostenlosen Arzneimitteln für Bedürftige. (VB 13.6.2014)

Laut der Gesetzgebung der Republik Bulgarien haben Ausländer im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ein Recht auf Krankenversicherung, zugängliche medizinische Grundversorgung und unentgeltliche medizinische Versorgung unter den für bulgarische Staatsbürger geltenden Bestimmungen und Bedingungen, und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung als Schutzsuchende. Unter Berücksichtigung des besonderen Status dieser Personenkategorie sieht der Gesetzgeber vor, dass ihre Rechte als Krankenversicherte ab dem Datum der Eröffnung eines Asylverfahrens entstehen. Im Zuge des laufenden Asylverfahrens genießen Ausländer Rechte als Krankenversicherte im selben Umfang wie bulgarische Staatsbürger. Im Hinblick auf die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit werden AW nach der Eröffnung eines Asylverfahrens einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Im Falle einer Krankheit werden entsprechende Behandlungsmaßnahmen eingeleitet. Diese Maßnahmen sind für AW kostenlos und werden in den Unterbringungszentren durchgeführt. Nach Eröffnung eines Asylverfahrens und Erhalt einer Registrierungskarte haben AW das Recht, einen Arzt (Allgemeinarzt) und einen Zahnarzt auszuwählen.

Folgende Leistungen sind umfasst: Prophylaxe; ambulante und Krankenhausbehandlung; Rehabilitation; Versorgung in der Schwangerschaft; Entbindung und Mutterschaft; Abtreibungen aufgrund medizinischer Indikation und nach Vergewaltigung; zahnmedizinische und zahntechnische Behandlung; Verschreibung und Abgabe von zugelassenen Arzneimitteln; usw. Die Kosten werden von der Nationalen Krankenkasse getragen. Wer nicht krankenversichert ist, muss diese Leitungen selbst bezahlen. Immer gewährt wird medizinische Nothilfe. Die Nationale Krankenkasse übernimmt gänzlich oder teilweise die Kosten für Arzneimittel, medizinische Erzeugnisse und diätetische Lebensmittel für spezielle medizinische Zwecke, welche für die häusliche Krankenpflege pflichtversicherter Personen gedacht sind, und zwar für bestimmte Erkrankungen, die mit einer Verordnung des Gesundheitsministers festgelegt worden sind. Asylwerbern mit rechtskräftig negativ abgeschlossenem Asylverfahren, die sich in Schubhaft befinden, wird rund um die Uhr unentgeltliche medizinische Versorgung gewährleistet. Die Untersuchungen und die medizinische Betreuung erfolgen im Medizinischen Institut beim Innenministerium. (VB 24.6.2014)

Es gibt in Bulgarien 3 Zentren in denen AW eine psychologische bzw. psychiatrische Betreuung erhalten können. Es sind dies Sofia, Pastrogor und Harmanli (nur psychologische Behandlung). Es gibt eine enge Kooperation mit der NGO "Asset", welche auf die Betreuung von traumatisierten Personen spezialisiert ist. Für psychiatrische Behandlungen werden die AW von den Psychologen an einen Spezialisten überwiesen. Im Juni begann weiters eine Schulung für die Betreuer von Staatlicher Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat und bulgarischem Rotem Kreuz für den Umgang mit traumatisierten Personen, welche von der israelischen NGO "Isra AID" durchgeführt wird. (VB 13.6.2014)

Die Unterbringung vulnerabler Asylwerber - alleinstehende Frauen mit minderjährigen Kindern - erfolgt in speziellen, entsprechend den Bedürfnissen gestalteten Unterbringungsstellen. Im Registrierungs- und Aufnahmezentrum Harmanli steht ein separates Gebäude mit 180 Plätzen zur Verfügung, momentan ist dies nur zu 25% belegt. Eine andere Unterbringungsstelle wird im Registrierungs- und Aufnahmezentrum in Banja entstehen. Dort werden in Kürze 10 Häuser mit insgesamt 40 Plätzen fertiggestellt. Ältere Leute werden je nach Wunsch zusammen mit Angehörigen untergebracht. Momentan bekommen alle Asylwerber, untergebracht in den territorialen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat zweimal am Tag kostenlose Nahrung, sowie unabhängig von ihrem Alter auch eine soziale Unterstützung von 65 BGN/Monat. SAR versorgt die Flüchtlinge zusammen mit dem Bulgarischen Roten Kreuz (BRK) mit Nahrungs- und Hygienepaketen. Seit Anfang des Jahres wurden in allen Unterbringungszentren Sozialarbeiter von der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge und Sozialarbeiter und Mediatoren vom BRK angestellt. Im Gebäude für alleinstehende Mütter in Harmanli wurde auch ein Kinderzimmer eingerichtet, wo die Kinder täglich von ihren Eltern und/oder Freiwilligen vom BRK oder NGOs unterhalten und versorgt werden. In allen Zentren werden auch Bulgarisch-Sprachkurse für Kinder und Erwachsene durchgeführt, zu denen jeder Interessierte Zugang hat. (VB 13.6.2014)

Quellen:

5.3. Unterstützung durch NGOs

Eine Reihe von NGOs unterstützen Asylwerber, so etwa der Bulgarische Rat für Flüchtlinge und Migranten (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM). Er arbeitet mit UNHCR zusammen und ist besonders auf den Gebieten Anwaltschaft, Lobbying und Spendensammlung für Asylwerber und der Vernetzung zwischen NGOs und staatlichen Institutionen aktiv. (BCRM o.D.)

Das Bulgarian Helsinki Committee hat sich dem Ziel verschrieben den Respekt vor den Menschenrechten zu fördern, Rechtsreformen in Bulgarien anzustoßen und betreibt unter anderem seit 1994 ein Refugees' and Migrants' Legal Protection Programme. Es wird von UNHCR unterstützt und kooperiert mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat. Es bietet jährlich ca. 5.000 Menschen Rechtsberatung und -vertretung und hilft bei der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien oder bei der Rückkehr in das Herkunftsland. Die rechtliche Beratung ist kostenlos und das Team des Bulgarian Helsinki Committee vertritt Asylwerber in Asylverfahren und vor Gericht und anderen Behörden. (BHC o.D.a /BHC o. D.b)

Der Refugee-Migrant Service (RMS) des Bulgarischen Roten Kreuzes (BRC) engagiert sich seit 1997 in der Flüchtlingshilfe, Integrationsförderung für Flüchtlinge, Toleranzvermittlung etc. Das BRC ist die größte NGO Bulgariens, die soziale Dienste und Hilfe für Flüchtlinge anbietet. Der RMS bietet finanzielle und andere Hilfe für anerkannte Flüchtlinge, Personen mit humanitärem Aufenthaltsrecht, Asylwerber, abgelehnte Asylwerber und andere Migranten und betreut jedes Jahr 1.500 bis 2.000 Personen. Seit 2005 bietet man Antragstellern an den Grenzen Verpflegung und Medikamente an. Die Hilfe für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge gehört zu den Hauptaktivitäten des BRC. Im bulgarischen Gesetz wird das BRC als Organisation genannt, die mit der Regierung bei Unterbringung, sozialer Anpassung und in allen Aspekten der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien zusammenarbeitet. Der RMS arbeitet mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat, dem UNHCR, IOM, der Grenzpolizei u.a. zusammen und unterhält Kontakte zu allen aktiven bulgarischen NGOs. (BRC o.D.) BRC unterstützt die Insassen der Registrierungs- und Empfangszentren mit Essenspaketen, Medikamenten und Handgeldern. (UNHCR 2013)

Die NGO Legal Clinic for Refugees and Immigrants stellt Asylwerbern kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung. Es werden auch inhaftierte Flüchtlinge, Asylwerber und Immigranten betreut. Das Zentrum Busmanti wird wöchentlich besucht. Die Mitarbeiter verfassen Beschwerden u.a. Dokumente usw.

Momentan nimmt die NGO keine neuen Fälle mehr an, die kostenlose Beratung wird aber weiterhin angeboten. (lcrien o.D.)

Quellen:

6. Schutzberechtigte

Es gibt für Personen mit Schutzstatus keine finanzielle Hilfe oder Unterstützung bei der Wohnungssuche, weshalb einige, denen die Mittel fehlen sich selbständig unterzubringen, in den Unterbringungszentren für AW bleiben, was zu deren Überbelegung beiträgt. (UNHCR 7.2.2014, vgl. EASO 02.2014 / UNHCR 04.2014)

Mit Stand 6. Juni 2014 lebten 2.329 AW und Schutzberechtigte in den Zentren. 2.359 lebten unter externen Adressen. Schutzberechtigte haben grundsätzlich die Möglichkeit bis zu 6 Monate nach Statuszuerkennung im Unterbringungszentrum bleiben zu können. Wer außerhalb der Zentren lebt, bekommt die BGN 65,- monatliches Handgeld nicht mehr. Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, soll immer noch verbreitet sein und zu einem Problem der Obdachlosigkeit unter AW und Schutzberechtigten beitragen, wobei jedoch keinerlei Zahlen hierzu vorhanden sind und sich die NGO BMB auch keinerlei Schätzung zutraut. (BMB 2014)

Fremde müssen sich binnen 14 Tagen ab der Zuerkennung eines Schutzstatus in der Gemeinde melden, in der sie zu leben gedenken, damit sie ins Melderegister aufgenommen werden können. Gemäß Gesetz haben sie die Möglichkeit für 6 Monate eine finanzielle Unterstützung für Wohnen zu erhalten. Ihr Aufenthalt im Zentrum kann entsprechend verlängert werden. Unterstützung durch das nationale Programm zur Flüchtlingsintegration (NPIR) kann binnen 2 Monaten ab Statuszuerkennung beantragt werden. Nach einem Interview wird ein individueller Integrationsplan erstellt und unterzeichnet. Die Teilnehmer verpflichten sich, Sprachtraining, Kurse zur kulturellen und sozialen Anpassung, sowie Jobtraining ein Jahr lang regelmäßig zu besuchen. Die Leistungen des NPIR sind sehr umfassend und detailliert festgelegt, die Plätze im NPIR sind jedoch auf 60 pro Jahr begrenzt und nur in Sofia verfügbar. 2011 waren von 194 Schutzberechtigten 83 im NPIR, 37 davon schlossen es ab. (UNHCR 2013)

Laut UNHCR ist momentan kein nationales Programm zur Flüchtlingsintegration (NPIR) operativ, ein neues Programm sei aber in Ausarbeitung und solle 2.000 Schutzberechtigte abdecken. Das Budget hierfür sei aber noch nicht beschlossen. (UNHCR 04.2014) SAR berichtet, dass im Rahmen des neuen nationalen Programms zur Flüchtlingsintegration (NPIR) für den Zeitraum 2014-2016,. Schutzberechtigte 1 Jahr lang an dem Programm teilnehmen und im Rahmen dessen für 6 Monate folgende Leistungen und Beihilfen beziehen können: Krankenversicherung, ein Stipendium von 8 BGN pro Tag für Bulgarisch-Sprachkurse und Job-Training; kostenlosen Transport, Unterstützung bei der Wohnungssuche und ein finanzieller Beitrag zur Monatsmiete. (VB 3.4.2014) Laut BMB gab es Anfang Juni 2014 noch immer kein funktionierendes NPIR und die diesbezüglich vorgestellte Strategie verfüge über keine gesicherte Finanzierung. (BMB 2014) Laut SAR wurde ein nationaler Plan zur Verwirklichung der Integrationsstrategie 2014 und eine Jahresfinanzberechnung für die zu treffenden Maßnahmen vorbereitet. Der Plan und die Finanzberechnung, seien jedoch nicht angenommen worden (VB 29.8.2014b). Mit ein Grund dafür dürften die Neuwahlen in Bulgarien im Oktober gewesen sein (vgl. AJ 19.8.2014).

Gemeindewohnungen zu erhalten ist für Personen mit einem Schutzstatus in BG aufgrund diskriminierender Bestimmungen oder geringer Kapazitäten in den meisten großen Städten angeblich nicht möglich. Obdachlose Personen mit einem Schutzstatus können in den Obdachlosenheimen untergebracht werden. Diese stellen aber keine Dauerlösungen dar. In einem dieser Zentren in Sofia existieren Zugangshindernisse wie das Erfordernis eines Unbescholtenheitszeugnisses. Obdachlose Fremde verlassen sich hauptsächlich auf Hilfe von Bekannten innerhalb der jeweiligen ethnischen Community. Der RMS des BRC bietet finanzielle Hilfe für das Anmieten von Unterkünften; Medizin und Essenspakete. Neben den NGOs, welche die Hauptunterstützer von obdachlosen Fremden sind, sind die Kirchen als Unterstützer zu nennen. Katholische Kirche und das Prelom Christian Center bieten soziale Hilfe. Wie die Sozialmediatoren des BRC, unterstützt Prelom die Fremden auch bei Problemen mit der Bürokratie. Generell werden die Maßnahmen des bulgarischen Staates von den Betroffenen positiv bewertet, stellenweise seien aber zusätzliche Anstrengungen nötig. (UNHCR 2013)

UNHCR berichtet, dass es in der Praxis zu einer Lücke in der medizinischen Versorgung nach der Anerkennung von AW als Schutzberechtigte kommen könne, die durch den Statuswechsel verursacht würde und bis zu 2 Monate betragen könne, während derer die Schutzberechtigten in den Datenbanken der nationalen Krankenversicherung als "nicht versichert" aufschienen. Zusätzlich müssen sie BGN 17,-- (EUR 8,7) monatlich an die Versicherung abführen, wie bulgarische Bürger auch. Die Krankenversicherung umfasst keine Medikamente und keine psychologische Betreuung. (UNHCR 7.2.2014 / UNHCR 04.2014) SAR bestätigt, dass Schutzberechtigte zu medizinischer Versorgung im selben Umfang wie bulgarische Staatsbürger berechtigt sind. Die Krankenversicherung decke einerseits Medikamente ab, die in den Listen der Krankenkasse als kostenlos geführt werden und andererseits solche, bei denen ein Selbstbehalt besteht. Auch wird bestätigt, dass Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen müssen bzw. ein allfälliger Arbeitgeber. (VB 29.8.2014b).

Die Rechte und Pflichten von Ausländern, denen in der Republik Bulgarien Schutz gewährt worden ist, sind in der nationalen Gesetzgebung geregelt. Auf Grundlage des Art. 36 des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes hat ein subsidiär Schutzberechtigter die Rechte und Pflichten eines Ausländers mit erteilter Daueraufenthaltsberechtigung in der Republik Bulgarien. Mit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus oder des subsidiären Schutzes erwerben Ausländer die gleichen Rechte wie bulgarische Staatsbürger in Bezug auf Arbeit und sie dürfen sich auch bei dem nach aktuellem Wohnsitz zuständigen Arbeitsamt arbeitslos melden. Gemäß Gesetz über die soziale Unterstützung und seiner Durchführungsverordnung haben Personen mit zuerkanntem Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutz das Recht auf Sozialhilfe wie bulgarische Staatsbürger. Sozialhilfe bedeutet Unterstützung in Form von Geldhilfe und Sachleistungen und Sozialleistungen. Jegliche direkte oder indirekte Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen Zugehörigkeit, der Staatsangehörigkeit, der politischen Gesinnungen, der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung, der familiären Situation oder der Herkunft, usw. ist unzulässig. Gemäß Gesetz über die Pflichtkrankenversicherung, ist die Krankenversicherung für Personen mit zuerkanntem Flüchtlingsstatus oder subsidiär Schutzberechtigte verbindlich und diese sind als eigene Krankenversicherungsgruppe einbezogen. (VB 4.9.2011)

Es existieren Berichte über Probleme beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, diese dürften aber zu einem gewissen Grad Informations- und Verständigungsdefiziten geschuldet sein. Größere Probleme soll für AW und Schutzberechtigte der Kauf von Medikamenten bereiten, die selbst bezahlt werden müssen. Das bulgarische Rote Kreuz hilft hier zwar mit Kostenübernahmen, das scheint aber nicht automatisch der Fall zu sein. Familien mit kleinen Kindern werden demnach vorgereiht. (UNHCR 2013)

Es gibt Berichte, dass Schutzberechtigte, die weiter in den Zentren untergebracht waren, Probleme mit der medizinischen Behandlung im Zentrum gehabt hätten, weil diese ihre Krankversicherungsbeiträge selbst entrichten müssen und sich einen Hausarzt auszusuchen haben. Jeder Besuch bei diesem Hausarzt kostet BGN 2,- (ca Euro 1,-). Diese Umstände führen angeblich dazu, dass Schutzberechtigte "üblicherweise außerhalb des Gesundheitssystems" bleiben würden. (BMB 2014)

In Bezug auf die medizinische Betreuung von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten verhält es sich so, dass bei Nichtzahlung einer Rate der Pflichtkrankenversicherung (bei Arbeitslosen ist dies ein Fixbetrag von BGN 16,80 bzw. € 8,58 pro Monat), die Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten nicht sofort ihre Rechte auf Krankenversicherung verlieren. Gemäß Gesetz ist das erst der Fall, wenn Personen, die verpflichtet sind eine Krankenversicherung zu zahlen, mehr als drei Monatsraten im Zeitraum von 36 Monaten nicht bezahlt haben. Personen, die ihre Krankenversicherung unterbrochen haben, sind verpflichtet medizinische Leistungen selbst zu bezahlen. Um ihre Rechte wiederherzustellen, müssen sie alle pflichtmäßigen Krankenversicherungsraten für die letzten 36 Monate bezahlt haben. Die Krankenversicherung gilt dann wieder ab dem Zahlungsdatum. Kosten für Personen bis zum 18. Lebensjahr werden vom Staat getragen. Dasselbe gilt auch für Lehrlinge über 18 Jahre bis zum Abitur sowie für reguläre Studenten bis zum 26. Lebensjahr und für Doktoranden, unabhängig vom Alter. Bei dringender Notwendigkeit haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte das Recht auf einmalige Sozialhilfe, wofür sie sich bei den Direktionen für Sozialhilfe beim Ministerium für die Arbeit und Sozialpolitik je nach Meldeadresse und ungeachtet des Krankenversicherungsstatus bewerben können. Im Hinblick auf Verbesserung und Erleichterung des Zugangs zu medizinischen Dienstleistungen wurden in allen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat Sprechzimmer mit medizinischem Personal eröffnet. Es steht auch die Eröffnung einer Zahnarztpraxis bevor. Momentan haben 49,5% von den in den Zentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge untergebrachten Personen internationalen Schutz in Bulgarien erhalten. Unabhängig davon ob sie krankenversichert sind oder nicht, bekommen diese Personen kostenlose medizinische Untersuchung und Betreuung. Die restlichen Personen (50,5 %) sind im Status des Asylwerbers und sind ohnehin gesetzlich krankenversichert. Die Sozialarbeiter der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat helfen über das BRK bei der Organisation und der Lieferung von kostenlosen Arzneimitteln für Bedürftige. (VB 13.6.2014)

Die NGO Bulgarischer Rat für Flüchtlinge und Migranten (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM) arbeitet u.a. auf dem Gebiet der Integration von Flüchtlingen. Sie arbeitet mit UNHCR zusammen und ist besonders auf den Gebieten Anwaltschaft, Lobbying und Spendensammlung für Asylwerber und der Vernetzung zwischen NGOs und staatlichen Institutionen aktiv. (BCRM o.D.)

Die NGO Bulgarian Helsinki Committee betreibt u.a. seit 1994 ein Programm zum Rechtsschutz für Flüchtlinge. Es wird von UNHCR unterstützt und kooperiert mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat. Es bietet jährlich ca. 5.000 Menschen Rechtsberatung und -vertretung und hilft bei der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien oder bei der Rückkehr in das Herkunftsland. Die rechtliche Beratung ist kostenlos und das Team des Bulgarian Helsinki Committee vertritt Asylwerber in Asylverfahren und vor Gericht und anderen Behörden. (BHC o.D.b)

Der Refugee-Migrant Service (RMS) des Bulgarischen Roten Kreuzes (BRC) engagiert sich seit 1997 in der Flüchtlingshilfe, Integrationsförderung für Flüchtlinge, Toleranzvermittlung etc. Das BRC ist die größte NGO Bulgariens, die soziale Dienste und Hilfe für Flüchtlinge anbietet. Der RMS bietet finanzielle und andere Hilfe für anerkannte Flüchtlinge, Personen mit humanitärem Aufenthaltsrecht, Asylwerber, abgelehnte Asylwerber und andere Migranten und betreut jedes Jahr 1.500 bis 2.000 Personen. Seit 2005 bietet man Antragstellern an den Grenzen Verpflegung und Medikamente an. Die Hilfe für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge gehört zu den Hauptaktivitäten des BRC. Im bulgarischen Gesetz wird das BRC als Organisation genannt, die mit der Regierung bei Unterbringung, sozialer Anpassung und in allen Aspekten der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien zusammenarbeitet. Der RMS arbeitet mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat, dem UNHCR, IOM, der Grenzpolizei u.a. zusammen und unterhält Kontakte zu allen aktiven bulgarischen NGOs. (BRC o.D.)

Die NGO Legal Clinic for Refugees and Immigrants stellt Flüchtlingen kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung. Es werden auch inhaftierte Flüchtlinge, Asylwerber und Immigranten betreut. Momentan nimmt die NGO keine neuen Fälle mehr an, die kostenlose Beratung wird aber weiterhin angeboten. Kostenlose Rechtsberatung wird angeboten für Verwaltungsverfahren, Gerichtsverfahren usw. (lcrien o.D.)

Quellen:

6.1. Prüfung subsidiärer Schutz

Gemäß bulgarischer Gesetzgebung wird der subsidiäre Schutz Ausländer gewährt, die gezwungen sind, ihr Herkunftsland wegen der Gefahr eines ernsthaften Schadens zu verlassen. Als ernsthafter Schaden gelten Todesstrafe oder Hinrichtung; reale Gefahr schwerer Angriffe, Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung; sowie persönliche Bedrohung im allgemeinen Sinn, wenn die Lage im Herkunftsland selbst eine Angriffsgefahr darstellt. Zuerst wird geprüft, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für den Status als anerkannter Flüchtling erfüllt. Falls der Status "anerkannter Flüchtling" nicht gewährt wird, wird der "subsidiäre Schutz" geprüft. Demgemäß enthalten die Entscheidungen der Flüchtlingsagentur zur Gewährung von subsidiärem Schutz zwei Punkte. Im ersten Punkt wird der Status "anerkannter Flüchtling" negativ beschieden; im zweiten Punkt wird der subsidiäre Schutz gewährt. In solchen Fällen hat der Asylwerber die Möglichkeit, die Entscheidung für die Nichtgewährung des Status "anerkannter Flüchtling" anzufechten (VB 30.9.2014).

Beschwerden gegen Entscheidungen der Staatlichen Flüchtlingsagentur in welchen der Flüchtlingsstatus verwehrt und subsidiärer Schutzstatus gewährt wurde, sind selten. 2014 gab es bis Mitte November nur fünf solcher Beschwerden, von denen zu jenem Zeitpunkt noch keine entschieden war. Während des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer alle Rechte eines subsidiär Schutzberechtigten. Gemäß dem Verwaltungsprozesskodex werden die Ladungen für die Parteien im Beschwerdeverfahren an die den Behörden zuletzt bekannte Adresse zugestellt. Wenn eine Verfahrenspartei verhindert ist, vertagt das Gericht die Verhandlung. Eine weitere Verschiebung aus demselben Grund ist jedoch nicht erlaubt und das Verfahren wird verhandelt. Gibt es vom Beschwerdeführer keine oder eine falsche Adresse, wird eine Frist von 7 Tagen gestellt, in der dieser Umstand zu beheben ist. Passiert das nicht (und bleiben Ladungen somit unzustellbar), wird das Verfahren eingestellt. Der Antragsteller kann das Verfahren insofern wieder aufnehmen lassen, als es ihm freisteht einen neuen Asylantrag zu stellen. Die Behörden haben den Antrag und auf neue Umstände und Fakten zu prüfen. Im positiven Fall wird der Flüchtlingsstatus zuerkannt und gleichzeitig der subsidiäre Schutz eingestellt (VB 17.11.2014).

Subsidiärer Schutz wird unbefristet gewährt, wobei die Subschutzberechtigten bulgarische Identitätsdokumente mit einer Gültigkeit von 3 Jahren erhalten. Nach Ablauf der 3-jährigen Gültigkeit können neue beantragt werden. Wenn keine gesetzlichen Gründe zur Aufhebung oder Aberkennung des gewährten subsidiären Schutzes bestehen, werden die Dokumente für dieselbe Dauer neu ausgestellt (VB 30.9.2014).

Quellen:

D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

[ ... ]

Die in den Feststellungen zu Bulgarien angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des §5 BFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.

Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des §5 BFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Bulgarien nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese -aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Bulgarien- nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Aus Ihren Angaben sind keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

Soweit Sie bei der Einvernahme am 25.03.2015 zu Bulgarien angeben, dass Sie in Bulgarien von bulgarischen Polizisten bzw. Mitarbeiter des bulgarischen Flüchtlingslagers unrechtmäßig behandelt wurden, ist anzuführen, dass Sie bei Ihrer ersten Möglichkeit in Österreich bei Ihrer Erstbefragung am 31.12.2014 dies anzugeben kein Wort darüber verloren haben. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist für das Bundesamt nicht glaubhaft, nachdem Sie diese Angaben lediglich auf Behauptungen stützen, welche sich zudem als gesteigert darstellen. Bei der Erstbefragung am 31.12.2014 haben Sie derartige Behauptungen zu Bulgarien nicht getätigt.

Auch der VwGH geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 7.6.2000, 2000/01/0250).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304).

Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Auch sei angeführt, soweit Sie im Verfahren angeben bulgarische Polizeiangehörige bzw. Mitarbeiter des Flüchtlingslagers in Bulgarien hätten Sie unrechtmäßig behandelt, sowie die medizinische Versorgung in Bulgarien nicht gegeben ist, ist darauf hinzuweisen, dass Bulgarien als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen ist. Sie haben jedenfalls die Möglichkeit, sich in Bulgarien an die dortigen Behörden zu wenden und gegen unrechtmäßig handelnde Polizeiangehörige eine Beschwerde oder Anzeige einzubringen. Dass Ihnen dies -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet- nicht möglich oder zumutbar wäre, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist im gegenständlichen Fall keine drohende Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Falle Ihrer Überstellung nach Bulgarien ersichtlich.

[ ... ]

Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:

Neben der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Rates sind für Bulgarien folgende Richtlinien beachtlich:

Gegen Bulgarien hat die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 226 des EG-Vertrages wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

Insofern ergibt sich aus diesem Umstand -ebenso wie aus dem sonstigen Amtswissen- kein Hinweis, dass Bulgarien die vorstehend angeführten Richtlinien nicht in ausreichendem Maß umgesetzt hätte oder deren Anwendung nicht in ausreichendem Umfang gewährleisten würde. Unter diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ergibt sich in Ihrem Fall kein Hinweis auf eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verletzung Ihrer durch die vorstehend angeführten Richtlinien gewährleisteten Rechte in Bulgarien im Falle Ihrer Überstellung in dieses Land.

[ ... ]

...... ist festzuhalten, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte

für eine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Bulgarien ergeben haben. Weiters ist festzuhalten, dass Sie im Verfahren keine konkreten auf Sie persönlich bezogenen Umstände glaubhaft gemacht haben, die gerade in Ihrem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall Ihrer Abschiebung nach Bulgarien als wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

[ ... ]

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Bulgarien mit Schreiben vom 09.02.2015 ausdrücklich bereit erklärt hat, Sie im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin Verordnung zur Prüfung Ihres Asylantrages zu übernehmen und es kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen der Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Bulgarien kann daher auch nicht erwartet werden."

Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt und sohin Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Humanitäre Aspekte gem. Art. 16 oder Art 17 Abs. 2 leg.cit. lägen ebenfalls nicht vor. Es sei auch aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer des BF kein schützenswertes Privatleben in Österreich aufgebaut worden, und könne (sinngemäß) ein Familienleben des BF in Österreich mangels familiärer Anknüpfungspunkte nicht festgestellt werden. Seine Ausweisung stelle daher keinen ungerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der BF im Wesentlichen geltend machte, dass eine ausreichende medizinische Behandlung seiner Person in Bulgarien nicht gegeben wäre. Der BF verwies auf die geltend gemachten gesundheitlichen Probleme (Augenleiden sowie mittelgradige depressive Episode) und führte aus, dass selbst in den Feststellungen des BFA angeführt werde, dass es Kritik an der medizinischen Versorgung in Bulgarien gebe. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des BF zähle dieser zur Gruppe der vulnerablen Asylwerber, gegen deren Überstellung nach Bulgarien sich auch UNHCR ausspreche. Österreich wäre verpflichtet gewesen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Weiters habe der BF vorgebracht, dass er in Bulgarien von der Polizei geschlagen worden sei. Das BFA erachte dieses Vorbringen als nicht glaubwürdig, da der BF dies bei der polizeilichen Erstbefragung mit keinem Wort erwähnt habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass für die Eingaben während der polizeilichen Erstbefragung ein anderer Maßstab anzulegen sei, wie auch der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden habe. Es sei zu berücksichtigen, dass der BF aufgrund seiner sehr schlechten Erfahrungen mit der Polizei in Bulgarien dementsprechend verängstigt gewesen sei, da er auch in Österreich vom Uniformierten befragt worden sei. Vor dem BFA habe er in der Folge sehr schlüssig und nachvollziehbar von seinen Misshandlungen berichtet. Weiters habe das BFA das Parteiengehör verletzt und die eingebrachte Stellungnahme vom 02.04.2015 zu den Länderfeststellungen zu Bulgarien einfach ignoriert. Die Behörde verkenne im gegenständlichen Fall ihre Verpflichtung zu einer Einzelfallprüfung. Zumindest hätte das BFA in casu eine Einzelfallzusicherung der bulgarischen Behörden einholen müssen, dass diese in der Lage seien, dem BF eine lückenlose weitere medizinische Behandlungen zukommen zu lassen und ihn in einer angemessenen Unterkunft unterzubringen.

Die Staatendokumentation zeichne ein unausgewogenes beschönigendes und einseitiges Bild der Aufnahme- und Versorgungssituation für Flüchtlinge in Bulgarien. Kritische Berichte wie etwa des bulgarischen Helsinki Komitees, von ai, Proasyl und ECRE hätten hingegen keinen Eingang in die Beweiswürdigung gefunden. In Bulgarien herrsche mangelnder Zugang zu Rechtsberatung, es gebe eine mangelhafte Versorgungs- und Aufnahmesituation, und eine unzureichende medizinische Versorgung. Im Falle einer Dublinrücküberstellung könnten Rückkehrer nur einen Asylfolgeantrag stellen, sofern ihr erstinstanzliches Verfahren während der Abwesenheit negativ entschieden worden wäre. Es gebe systematische Inhaftierungen von Asylsuchenden und habe ECRE am 07.04.2014 einen generellen Abschiebestopp empfohlen, ebenso ai und Proasyl. Mehrere Mitgliedstaaten der EU hätten nach dem April 2014 Dublin Überstellungen nach Bulgarien ausgesetzt. Das bulgarische Asylsystem leide insgesamt betrachtet an systemischen Mängeln. Diesbezüglich wurde auf eine Reihe von Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte aus dem Jahr 2014 verwiesen. Das Grundversorgungssystem in Bulgarien habe viel zu geringe Aufnahmekapazitäten und sei von schweren qualitativen Missständen gekennzeichnet.

Mit Schriftsatz vom XXXX legte der BF einen klinisch-psychologischen Befund, undatiert, von " XXXX " Mag. XXXX (Klinische- und Gesundheitspsychologin) vor, wonach der BF neben Zeichen einer mittelgradigen depressiven Episode auch Zeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang sowie der ebenfalls oben dargestellte Reiseweg des BF.

Besondere, in der Person des Antragstellers gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der BF steht wegen eines Sekundärglaukoms mit einer Sehnervatrophie nach einer Minenexplosion in medizinischer Behandlung; er leidet weiters an einer mittelgradigen depressiven Episode mit wiederkehrenden Suizidgedanken, wogegen er medikamentös behandelt wird. Zudem zeigte er Zeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung als er am XXXX bei XXXX klinisch-psychologisch untersucht worden ist.

Es liegt keine aktuelle Suizidalität vor.

Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet keine Familienangehörigen und lebt auch sonst mit keiner Person in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Nicht festgestellt werden kann, dass der BF in Bulgarien von Polizisten geschlagen worden ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF sowie zu seiner Asylantragstellung in Bulgarien ergeben sich aus dem EURODAC-Treffer, dem Akt des BFA, dem darin befindlichen Schreiben der bulgarischen Behörden und zum Teil aus seinem eigenen Vorbringen. Soweit der BF angibt, dass er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt habe, steht dem der Eurodac-Treffer vom 15.12.2014, welcher die anfangs Kennung "1" trägt, die für eine Asylantragsstellung steht, sowie die Mitteilung der bulgarischen Behörden vom 09.02.2015, wonach der BF gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO (i.e. Asylantragstellung in Österreich während des laufenden Verfahrens in Bulgarien) übernommen werde, entgegen.

Aus dem Vorbringen des BF ergeben sich der Umstand, dass er keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich hat, sowie seine gesundheitliche Situation, die auch durch die medizinischen Unterlagen bestätigt wird. Dass der BF konkret an einer mittelgradigen depressiven Episode leidet, ergibt sich aus den Unterlagen des Landesklinikums XXXX sowie aus dem damit im Einklang stehenden Befund von XXXX . Dass zudem zum Untersuchungszeitpunkt des BF bei XXXX Zeichen einer PTSD vorgelegen sind, ergibt sich aus dem Befund von XXXX , wenngleich auch eine posttraumatische Belastungsstörung weder in der psychiatrischen Abteilung des Landesklinikums XXXX noch in der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren diagnostiziert worden ist. Jedenfalls ergibt sich aus keiner der vorgelegten medizinischen unterlagen eine akute Suizidalität des BF.

Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der BF in Bulgarien von Polizisten geschlagen worden sei, ergibt sich daraus, dass er sein diesbezügliches Vorbringen erst sehr spät, 4 Monate nach seiner Erstbefragung erstattet, und zuvor nicht einmal angedeutet hat, obwohl er wiederholt (2 Mal zu Frage 9.20 und zu Fragen 12.6. und 12.7. der Erstbefragung) danach gefragt worden ist, was er über den Aufenthalt in Bulgarien sonst noch angeben könne, bzw. was gegen eine Rückkehr dorthin spreche. Der BF hat lediglich angegeben, dass es dort nicht gut sei und er keine Zukunft in diesem Land sehe. Nach menschlichem Ermessen wäre bereits an dieser Stelle zu erwarten gewesen, dass der BF - wenn er sogar konkret und wiederholt nach seinen Erfahrungen gefragt worden ist - jedenfalls einen Hinweis auf derartige Misshandlungen, wie er sie später ins Treffen geführt hat (immer wieder Schläge von Polizisten bekommen), erstattet hätte. Gerade wenn der BF etwa XXXX gegenüber (sinngemäß) angegeben hat, dass er immer wieder an die Schläge in Bulgarien würde denken müssen ("Symptome des Wiedererlebens"), so erscheint noch weniger nachvollziehbar, dass der BF bei der Nachfrage nach eventuellen Rückkehrhindernissen kein diesbezügliches Vorbringen erstattet hat.

Es wird nicht verkannt, dass die Angaben anlässlich der Erstbefragung, die sich auf das Wesentliche konzentrieren soll, naturgemäß nicht erschöpfend sind, und nicht gesagt werden kann, dass jedes weitere neue Vorbringen von vornherein unglaubwürdig wäre. Wenn daher Asylwerber in der Erstbefragung Umstände nur andeuten bzw. umreißen, die sie später ausführen und die später unter die Andeutungen subsumiert werden können, dann spricht prima vista nichts gegen die Glaubwürdigkeit der späteren Angaben. Wenn jedoch Themenkreise bzw. Erfahrungen, die später als sehr gewichtig dargestellt werden (wie etwa erlittene Misshandlungen), selbst nach wiederholter Rückfrage nicht einmal ansatzweise erwähnt werden, dann erscheinen die späteren Angaben zweifelhaft.

Angesichts dessen, dass der BF vormals überhaupt keinen Hinweis auf derartige Misshandlungen, die er später quasi ins Zentrum seiner Kritik gerückt hat, getätigt hat, erscheint sein Vorbringen bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung offensichtlich gesteigert und nicht glaubwürdig.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien auch Feststellungen zur bulgarischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit 1.1.2014 sind das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Verfahrensgesetz (BFA-VG) und das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 87/2012 in Kraft getreten.

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates ("Dublin III-VO") anzuwenden:

"Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG ."

Die Dublin III-VO wurde am 29.6.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und trat am 19.7.2013 (am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung) in Kraft. Sie gilt im vorliegenden Fall aufgrund des Umstandes, dass das Gesuch um Aufnahme des Antragstellers seitens der erstinstanzlichen Behörde erst am 11.3.2014 und somit nach dem 1.1.2014 (dem ersten Tag des sechsten Monats nach dem Inkrafttreten) gestellt wurde.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

"KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des

Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines

seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

KAPITEL VI

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

Artikel 23

Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat

(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat

ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.

(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac- Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen. Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.

(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.

(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 gennanten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 25

Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz):

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Bulgariens zur Prüfung des Asylantrags des BF jedenfalls in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO begründet:

Bulgarien hat ausdrücklich seine eigene Verantwortlichkeit zur Prüfung des Antrags des BF auf internationalen Schutz bekundet und ist in der Folge bereits in ein diesbezügliches Verfahren eingetreten. Dies bedeutete (- ungeachtet einer anderen Grundlage wie etwa Art. 13 Dublin III-VO wegen der Einreise des BF aus dem Drittstaat Türkei nach Bulgarien) jedenfalls einen Selbsteintritt Bulgariens gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO und wurde Bulgarien nach dem Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls "dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen."

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und 17 Abs. 2 (humanitäre Klausel) Dublin III-VO ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine österreichische Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages des BF.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (zB 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre:

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, 96/21/0499; 09.05.2003, 98/18/0317; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0025; 25.04.2006, 2006/19/0673), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Bulgarien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben ausgeführt - ausführliche Feststellungen zum bulgarischen Asylwesen. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Die belangte Behörde behandelt in ihrem Bescheid etwa Rechtschutz- und Beschwerdemöglichkeiten gegen Entscheidungen der ersten Instanz, die Situation von sogenannten "Dublin-Rückkehrern", das Non-Refoulmentgebot sowie die Versorgung, einschließlich der medizinischen Versorgung, und Unterbringung von Asylwerbern in Bulgarien.

Schon vor dem Hintergrund der zitierten erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Bulgarien rücküberstellt werden, aufgrund der bulgarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Zu allgemeinen Einwänden, wie sie der BF etwa auch in seiner Stellungnahme vom 02.04.2015 und in seiner Beschwerde ausführt, dass Asylwerber in Bulgarien mit systemischen Mängeln im Asylsystem, etwa mit unzureichender (auch medizinischer) Versorgung, oder mit Haft unter unmenschlichen Bedingungen konfrontiert seien, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits wiederholt, zuletzt etwa in seinem Erkenntnis vom 19.1.2015, Zl. W168 2014058, ausgeführt:

"So die beschwerdeführende Partei während der Einvernahmen als auch in der Beschwerdeschrift anführt, dass sie schlecht versorgt und untergebracht worden wäre oder in für sie unzulässiger Weise in geschlossenen Betreuungseinrichtungen untergebracht worden wäre, so ist diesbezüglich auszuführen, dass sich diese Ausführungen nicht mit dem sich aus den Länderfeststellungen hinsichtlich der generellen Situation in Bulgarien decken. Konkrete Bedrohungen iSd Art. 3 EMRK sind aus diesen Ausführungen nicht zu entnehmen. So die beschwerdeführende Partei hierdurch andeuten würde, dass sie möglichen strafbaren Übergriffen seitens der bulgarischen Behörden ausgesetzt gewesen wäre, so ist hierzu auszuführen, dass gegen dieserart Übergriffe der Beschwerdeführer schon in Bulgarien die Möglichkeit gehabt hätte, hiergegen Strafanzeige zu erstatten und gegen diese Personen in concreto vorzugehen. Es ist klar festzuhalten, dass auch in Österreich illegal eingereiste Personen unter bestimmten Voraussetzungen in Schubhaft genommen, bzw. angehalten werden können. Weiters ist zu diesem Vorbringen grundsätzlich auszuführen, dass Übergriffe von privaten Personen, als auch staatlichen Organen in Bulgarien, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, zweifellos strafbar sind und entsprechend bei Geltendmachung geahndet werden. Auch ist hierzu auszuführen, dass den Grundsätzen eines Rechtsstaates widersprechende Übergriffe von Einzelpersonen auch in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stattfinden können. So die beschwerdeführende Partei dieserart Übergriffen oder Misshandlungen tatsächlich ausgesetzt gewesen war, so hat sie sich an die bulgarischen Behörden zur Verfolgung dieser Einzelpersonen zu wenden. Dass die bulgarischen Behörden solcherart Übergriffe generell tolerieren, bzw. dass Übergriffe einzelner Beamter oder auch privater Personen sanktionslos blieben oder systematisch durchgeführt würden, ist dem Amtswissen nach, als auch den Länderfeststellungen nicht zu entnehmen.

Im vorliegenden Verfahren haben die neuesten Berichte von UNHCR bereits Eingang in die Länderfeststellungen der erstinstanzlichen Behörde gefunden. Aus der Zusammenfassung dieses Berichtes von UNHCR vom April 2014 ergibt sich, dass im Zeitraum von 01.01. bis 31.03.2014 signifikante Verbesserungen in Bulgarien beobachtet wurden. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass eine generelle Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien nicht länger zu rechtfertigen sei. Dennoch wird eine Einzelfallprüfung angeraten.

Das erkennende Gericht räumt durchaus ein, dass es im bulgarischen Asylsystem Anfang des Jahres 2014 Probleme gegeben hat, die Anlass zur Sorge gaben. Den nunmehr vorgelegten aktuellen Berichten ist jedoch zu entnehmen, dass die bulgarischen Behörden belegbare Anstrengungen zur Verbesserung des Asylverfahrens unternommen haben und sich die Bedingungen für Asylwerber zuletzt nachweisbar verbessert haben. Hinsichtlich der hierzu seitens der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Bedenken bezüglich der Versorgungs- und Unterbringungslage ist auszuführen, dass sie selbst ausführt, dass sie sich freiwillig privat in Bulgarien untergebracht habe. Dass in Bulgarien keine ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten bestehen, deckt sich nicht mit den oben angeführten unzweifelhaften Länderfeststellungen. Dass der Standard dieser Unterbringungs-einrichtungen möglicherweise nicht dem österreichischen Standard entspricht ist unerheblich, solange grundlegende Versorgungsgarantien gewährleistet sind. Dass dies in concreto in Bulgarien der Fall ist, lässt sich aus den hierzu unzweifelhaften Länderfeststellungen unzweifelhaft entnehmen. Wie oben bereits ausgeführt, enthält der angefochtene Bescheid ausführliche Feststellungen zum bulgarischen Asylwesen, sowie hinsichtlich der Unterbringungs- und Versorgungslage. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes, und zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Feststellungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Bulgarien rücküberstellt werden, aufgrund der bulgarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, sodass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinn einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde. Wie aus den Länderfeststellungen zur Lage von Asylwerbern in Bulgarien vielmehr ersichtlich ist, herrschen in diesem Mitgliedstaat nach dem gegenwärtigen Informationsstand keineswegs derartige systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen, die mit der Situation in Griechenland vergleichbar wären.

Einzelne beanstandete Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Asylrichtlinien in einem Mitgliedstaat stellen jedenfalls noch keine Grundlage dafür dar, die auf unionsrechtlicher Stufe stehenden Dublin-Verordnung auf diesen Mitgliedstaat nicht mehr anzuwenden, etwa durch regelmäßige Ausübung des Selbsteintrittsrechtes (vgl. EGMR 06.06.2013, 2293/12, Mohammed)."

Der Umstand, dass ein Asylwerber nach einer Dublin-Rückstellung in Haft genommen werden könnte, reicht alleine nicht aus, eine Überstellung nach der Dublin Verordnung für unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).

Aus den Länderinformationen geht hervor, dass der anhängige Verfahren in Bulgarien nach einer Rückkehr weitergeführt werden bzw. dass im Falle von rechtskräftig entschiedenen verfahren Folgeanträge gestellt werden können. Das Verfahren des BF ist laut Mitteilung der bulgarischen Behörden, die einer Rückübernahme gem. Art 18 Abs. 1 lit. b zugestimmt haben, noch anhängig. Aus dem Akteninhalt und aus den Länderinformationen ergeben sich für das Bundesverwaltungsgericht keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer keinen Zugang zu einem ordentlichen Asylverfahren in der Sache haben würde. Im Übrigen läge es in der Verantwortung der Antragsteller selbst, wenn diese ohne das Verfahren im zuständigen europäischen Mitgliedsstaat abzuwarten, weiterreisen und damit allenfalls eine Entscheidung in Abwesenheit in Kauf nehmen.

Zur Situation von Asylwerbern generell und auch konkret zu Dublin-Rückkehrern hat das BFA im angefochtenen Bescheid auch die kritische Berichtslage (konkret etwa BHC, UNHCR, HRW, ECRE etc.) berücksichtigt und in eine gesamthafte Abwägung einfließen lassen. Es ist dabei zu betonen, dass sich die Lage in Bulgarien verbessert hat und demgemäß UNHCR seit April 2014 eine generelle Suspendierung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien nicht gerechtfertigt erscheint. Vor diesem Hintergrund können "systemische Mängel" im Sinne von vergleichbar gravierenden Mängeln wie sie in Griechenland gegeben sind, in Bulgarien nicht erkannt werden.

Soweit der BF geltend macht, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme vulnerabel sei und laut UNHCR Gründe vorliegen können, die gegen die Rücküberstellung von Vulnerablen nach Bulgarien sprechen, ist entgegenzuhalten, dass in Bezug auf die gesundheitliche Probleme die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) maßgeblich ist, welche die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Vor dem Hintergrund dieser strengen Judikatur des EGMR kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung des BF nach Bulgarien eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihm offensichtlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Endstadiums einer tödlichen Krankheit gegeben sind und in Bulgarien für Asylwerber medizinische Behandlung wie für bulgarische Staatsbürger gegeben ist.

Wenn in der Beschwerde eingewendet wird, dass es laut den Feststellungen auch Berichte von Antragstellern über unzureichende medizinische Versorgung und mangelnde Kostenübernahme für Medikamente gebe, so ergibt sich aus den Feststellungen ebenso, dass von etwaigen Unzulänglichkeiten im bulgarischen Gesundheitssystem Fremde wie bulgarische Staatsbürger in gleicher Weise betroffen sind. Fest steht, dass Asylwerber einen Anspruch auf medizinische Versorgung haben, sodass (gemessen an der Judikatur des EGMR, der regelmäßig auf die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK abstellt) allfällige vereinzelte Schwierigkeiten, diesen Anspruch durchzusetzen, noch kein "real risk" einer unmenschlichen Behandlung darstellen.

Es gibt in Bulgarien weiters 3 Zentren, in welchen Asylwerber psychologische und psychiatrische Betreuung erhalten.

Insgesamt gesehen handelt es sich im vorliegenden Fall des Beschwerdeführers nach dem Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte um keinen "ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind".

Wenn das BFA daher im Rahmen seines Ermessens nicht vom Selbsteintritt Österreichs gem. Art 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch gemacht hat, so bewegt es sich hiebei innerhalb des ihm eingeräumten Ermessensspielraums, sodass das BVwG diese Entscheidung nicht zu beanstanden hat.

Wie festgestellt, hat der Antragsteller keine tödlichen oder akut lebensbedrohlichen Erkrankungen aufgezeigt. Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk", weshalb eine - nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR - maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechte des BF gemäß Art. 3 EMRK nicht erkannt werden kann.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK wird, um doppelte Ausführungen zu vermeiden, auf nachstehende, unter Punkt 2. ausgeführte, Erwägungen, wonach - nach dem strengen Maßstab des EGMR - kein schützenswertes Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers erkannt werden kann, verwiesen.

Das BFA hat daher zu Recht keinen Gebrauch vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO gemacht. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.

2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG (iVm § 61 Abs. 1 FPG) ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über keinerlei verwandtschaftliche oder familiären Anknüpfungspunkte, sodass seine Außerlandesbringung damit im Hinblick auf ein etwaiges Familienleben jedenfalls keinen Eingriff gem. Art. 8 EMRK darstellt.

Der durch die normierte Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:

Der nunmehriger Aufenthalt des BF in Österreich in der Dauer von ca. 5 Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Zudem ist dieser Aufenthalt, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt etwa für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124). Der Antragsteller musste sich weiters seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein. Sonstige Integrationsaspekte liegen demgegenüber nicht vor, sodass bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Privatleben des BF zulässig (und schon im Hinblick auf die geringe zeitliche Komponente geradezu geboten) ist. Die Verwaltungsbehörde hat daher eine korrekte Interessensabwägung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt, so insbesondere zur Person der beschwerdeführenden Partei, zum Konsultationsverfahren, zum gesundheitlichen Zustand und den familiären und privaten Beziehungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich wie auch betreffend die Situation des Asyl- und Aufnahmewesens im Zielland, wurde von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit in Bezug auf den Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes auf. Schließlich wurde in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt behauptet, bzw. war dieses Vorbringen, hier in Bezug auf systemische Mängel in Bulgarien, unsubstantiiert (vgl. VwGH, 28.05.2014, Ra 2014/20/0017).

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die Entscheidung liegt allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche bereits durch umfassende und im Detail bzw. in der fachlichen Substanz unwidersprochen gebliebene Feststellungen festgehalten wurde und demgemäß in einer Tatbestandsfrage.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf umfangreiche Judikatur des EGMR sowie auf eine ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.

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