BVwG W136 2162087-1

BVwGW136 2162087-125.9.2017

BDG 1979 §43 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
HDG 2014 §62 Abs3 Z1
HDG 2014 §62 Abs3 Z2
HDG 2014 §72
HDG 2014 §72 Abs2 Z2
VwGVG §28 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W136.2162087.1.00

 

Spruch:

W136 2162087-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Bgdr Dr. Norbert HUBER und Olt Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Daniel Kornfeind, Singerstraße 27/28, 1010 WIEN, gegen den Beschluss der DISZIPLINARKOMMISSION FÜR SOLDATEN vom 19.04.2017, GZ 867-10-DKS/16, betreffend die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

 

A)

 

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid zu den Spruchpunkten Z 3, 4, 6 und 8 gem. § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG aufgehoben wird und dazu das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 Z 2 iVm § 62 Abs. 3 HDG 2014 eingestellt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte Z 1, 2, 5 und 7 bestätigt.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin (BF) steht in einem privat-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Militärärztin beim österreichischen Bundesheer. Ihre Dienststelle ist das XXXX, wo sie als XXXX tätig ist.

 

2. Mit Bescheid vom 17.10.2016, GZ: 866-03-DKS/16, wurde über die BF gemäß § 40 Abs. 3 HDG 2014 die Dienstenthebung verhängt. Im Wesentlichen wurde der BF vorgeworfen, sie habe (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht

 

"1.) sich gegenüber der Firma R- Pharma mit der Errichtung eines Privatkontos als "berechtigter Warenempfänger" ausgegeben und über die Heeresapotheke Arzneimittel (BOTOX) für den Eigenbedarf bestellt,

 

2.) am 14. Juli 2016 einen GWD (behandlungsberechtigte Person) ohne Einholung der notwendigen Genehmigung durch Kdo EU in der Privatklinik XXXX operieren wollen,

 

3.) am 17. August 2016 ab ca. 1500 Uhr zwei betagte, bis dato unbekannte Personen, welche "Nicht Berechtigte" und ihre Privatpatienten sind, während der Normdienstzeit ärztlich betreut,

 

4.) am 17. August 2016 die "Nicht Berechtigten" Personen XXXX und XXXX zwischen 1700 und 1724 Uhr, somit während ihres Journaldienstes, ärztlich betreut und

 

5.) am 23. März 2016 für ihren Normnachtdienst 30 min länger als MDL gelegt."

 

3. Nach Beschwerdevorlage im Februar 2017 wurde mit hg. Erkenntnis vom 01.03.2017, GZ W136 2147375-1, die Dienstenthebung der BF aufgehoben, da vom Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich einzelner Anlastungen kein Verdacht von Dienstpflichtverletzungen erkannt werden konnte und hinsichtlich jener Sachverhalte, wo konkrete Verdachtsmomente bestanden, nicht erkannt werden konnte, dass bei Belassung der BF im Dienst wesentliche dienstliche Interessen verletzt würden.

 

4. Auf Grundlage der Disziplinaranzeige des Disziplinarvorgesetzten der BF vom September 2016 sowie vier weiteren Nachtragsdisziplinaranzeigen erließ die belangte Behörde (DKS) am 19.04.2017 den beschwerdegegenständlichen Beschluss, mit dem ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, wegen des Verdachtes, die BF habe, (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht)

 

"1.) am 23. März 2016 für ihren Normnachtdienst 30 min länger (bis 8:00) als MDL gelegt sowie

 

2.) am 14. Juli 2016 im Krankenhaus Privatklinik XXXX einen GWD (behandlungsberechtigte Person) ohne Einholung der notwendigen Genehmigung durch Kdo EU operieren wollen sowie

 

3.) am 17. August 2016 ab ca. 1500 Uhr zwei betagte, bis dato unbekannte Personen, welche "Nicht Berechtigte" und ihre Privatpatienten sind, während der Normdienstzeit ärztlich betreut,

 

4.) am 17. August 2016 die "Nicht Berechtigten" Personen XXXX und XXXX zwischen 1700 und 1724 Uhr, somit während ihres Journaldienstes, ärztlich betreut sowie

 

5.) sich gegenüber der Firma R- Pharma mit der Errichtung eines Privatkontos als "berechtigter Warenempfänger" ausgegeben und über die Heeresapotheke Arzneimittel (BOTOX) für den Eigenbedarf bestellt sowie

 

6.) in ein Ermittlungsverfahren eingegriffen indem sie am 23. November 2016 von den SanUO Vzlt O und OStV M ein Gedächtnisprotokoll – bezüglich der ihr mit Spruchpunkt 2.) vorgeworfenen Angelegenheit – gefordert hat sowie

 

7.) sich am 23. November 2016 während einer aufrechten Dienstenthebung, in dem sie von der Reinigungskraft B einen Schlüssel verlangt hat, Zutritt zu ihrem Alarmzimmer im XXXX verschafft sowie

 

8.) einer Weisung ihres vorgesetzten Kommandanten zur niederschriftlichen Einvernahme am 24. Jänner 2017 zu erscheinen, nicht Folge geleistet" Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges, insbesondere hinsichtlich des Dienstenthebungsverfahrens und den anzuwenden Normen des VBG und BDG 1979 im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Sachverhalt ausreichend erhoben worden sei und daher das Disziplinarverfahren einzuleiten sei.

 

5. Mit fristgerechter Beschwerde beantragte die BF die Aufhebung des bekämpften Bescheides und Einstellung des Disziplinarverfahrens. Zu den Vorwürfen sei festzuhalten, dass zu den Spruchpunkten 3 und 4. das Bundesverwaltungsgericht im Gegenstand der Beschwerde gegen die Dienstenthebung keine hinreichende Verdachtslage gesehen habe. Tatsächlich habe die BF keine Behandlung durchgeführt. Bei den Anlastungen zu den Punkten 1. und 2 handle es sich um derartig geringfügige Fehlleistungen, dass daraus keine Pflichtverletzung im Sinne eines Disziplinarvergehens zu konstruieren sei. Die Bestellungen der BF über die Heeresapotheke seien nicht einmal der Anstaltsapothekerin seltsam vorgekommen, weshalb auch hier ein disziplinarrechtliches Vorgehen unbegründet sei.

 

Zur Anlastung Spruchpunkt 6 habe die BF zwei Mitarbeiter ihrer Dienststelle befragt und gebeten, ein Gedächtnisprotokoll zu verfassen, das die BF im Disziplinarverfahren verwenden könne. Worin das Disziplinarvergehen liegen solle, zeige die belangte Behörde nicht auf.

 

Tatsächlich habe sich die BF, der Zutrittsberechtigung und Schlüsseln abgenommen worden seien, mit dem Schlüssel der Reinigungskraft Zugang zu Ihrem Dienstzimmer verschafft, um dort befindliche Gegenstände zu holen. Dies sei überhaupt erst deswegen notwendig geworden, weil sie rechtswidrig vom Dienst freigestellt worden war.

 

Hinsichtlich der Nichtbefolgung einer Weisung, sei die BF kurzfristig zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen worden. Umgehend habe der Vertreter der BF der belangten Behörde mitgeteilt, dass ein derart kurzfristiger Termin zur Beschuldigtenvernehmung im Hinblick auf Terminkollisionen einem Entzug der Verteidigerrechte gleichkäme, weswegen eine Verlegung des Termins erfolgt sei. Es sei interessant, der BF das Nichterscheinen zu einem abgesagten Termin anzulasten.

 

6. Mit Schriftsatz vom 14.06.2017 (eingelangt beim BVwG am 21.06.2017) legte die DKS dem BVwG die gegenständliche Beschwerde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – zur Entscheidung vor. Der zuständige Senat des BVwG führte am 25.09.2017 eine nichtöffentliche Sitzung durch.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

 

Zu den einzelnen Anlastungen im Verdachtsbereich kann folgender Sachverhalt festgestellt werden:

 

Zu Z 1.) Die BF gesteht nach der Aktenlage die unrichtige Verbuchung der Mehrdienstleistung zu am fraglichen Tag zu und gibt an, ihren Fehler über Aufforderung ihres Kommandanten korrigiert zu haben.

 

Zu Z 2.) Die BF gesteht nach der Aktenlage (niederschriftliche Einvernahme durch den Disziplinarvorgesetzten) zu, dass sie selbst vergessen habe, die durch sie nach der Erlasslage notwendige Genehmigung für die in der Privatklinik durchgeführte Operation einzuholen. Die Operation wurde jedoch schließlich mit der notwendigen Genehmigung durchgeführt, da sich andere Bedienstete darum gekümmert haben.

 

Zu Z. 3) Laut Disziplinaranzeige, wurden die angeführten Personen zum fraglichen Zeitpunkt am Flur der Dienststelle der BF von deren Vorgesetzten angetroffen und gaben an, zur BF zu wollen. Die unmittelbar darauf von ihrem Vorgesetzten angesprochene BF gab an, dass sie diesen Personen freundschaftliche Hilfe leisten würde.

 

Zu Z. 4) Laut Disziplinaranzeige hat die militärische Wache der Dienststelle an der die BF Dienst versieht, die Anwesenheit der genannten Personen im fraglichen Zeitraum (24 Minuten) auf dem Areal der Liegenschaft wahrgenommen. Diese Besucher gaben an, einen Termin bei der BF zu haben. Die BF gibt an, diese Personen hätten Befunde abgeholt.

 

Zu Z. 5) Die BF hat bei der Pharmafirma im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Medikamente bestellt und als Lieferadresse die Heeresapotheke ihrer Dienststelle angegeben. Dies ergibt sich aus der Aktenlage und den Angaben der BF.

 

Zu Z. 6) Im Zuge eines Termins mit ihrem Dienstvorgesetzten während der Dienstenthebung suchte die BF auch dieXXXX Ambulanz auf und ersuchte dort zwei Mitarbeiter, ein Gedächtnisprotokoll über den unter Z 2 des bekämpften Bescheides angelasteten Sachverhalt zu erstellen. Diese Mitarbeiter kamen diesem Ersuchen nach. Diese Feststellung konnte aufgrund der Aktenlage (niederschriftliche Aussage der Mitarbeiter) getroffen werden.

 

Zu Z. 7) Im Zuge des vorangeführten Besuches ließ sich die BF von der Reinigungskraft den Schlüssel zu dem von ihr vor ihrer Dienstenthebung genutzten Dienstzimmers aushändigen und suchte dieses Zimmer unbegleitet auf. Nach höchstens einer halben Stunde, übergab die BF den Schlüssel jenen Bediensteten, die sie um Erstellung des Gedächtnisprotokolls ersucht hatte. Als die BF des Dienstes enthoben wurde, war ihr ihre Zutrittsberechtigung zur Liegenschaft und ihr Zimmerschlüssel entzogen worden. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage (niederschriftliche Einvernahme der Reinigungskraft).

 

Zu 8.) Am 23.01.2017 nachmittags wurde der (dienstenthobenen) BF telefonisch durch einen Bediensteten im Kommando mitgeteilt, dass sie sich am 24.01.2017 zur Beschuldigteneinvernahme durch ihren Disziplinarvorgesetzten an ihrer Dienststelle einzufinden hätte. Die BF teilte mit, dass ihr dies aus terminlichen Gründen (Nachtdienst) nicht möglich sei. Daraufhin wurde sie mit Ladung vom selben Tag zur Beschuldigteneinvernahme am 25.01.2017 geladen. Die BF erschien zu diesem Termin. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage (Disziplinaranzeige).

 

2. Rechtliche Beurteilung:

 

2.1. Zuständigkeit des BVwG

 

Art. 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

 

Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gem. Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG ebenso wie das Heeresdisziplinarrecht (als militärische Angelegenheit gem. Art 102 Abs. 2 B-VG) unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Aufgrund der gesetzlicher Anordnung in § 75 Abs. 1 HDG 2014, wonach über Beschwerden gegen einen Beschluss der Disziplinarkommission nach § 72 Abs. 2 HDG 2014 das BVwG durch einen Senat zu entscheiden hat, liegt bei Beschwerden gegen einen Einleitungsbeschluss oder gegen eine Einstellung nach § 62 Abs. 3 HDG 2014 in diesem Verfahrensstadium Senatszuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gem. § 13. (1) VwGVG kommt einer rechtzeitig eingebrachten und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung zu.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 28. (1) VwGVG normiert, dass sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gem. Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Der für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung des Einleitungsbeschlusses entscheidungswesentliche Sachverhalt ist ausreichend erhoben. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und wird vom BVwG aus den o.a. Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 VwGVG). Ein Fall des Art. 6 EMRK liegt in diesem Verfahrensstadium noch nicht vor (vgl. im Übrigen auch VfSlg 16716/2002 mwH, wonach ein Einleitungsbeschluss keine Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" i.S.d Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK], BGBl. Nr. 210/1958 darstellt - für einen Verhandlungsbeschluss gilt sinngemäß das Gleiche u. VfGH 30.11.2004, B 94/04). Ein unionsrechtlicher Anknüpfungspunkt, der die Anwendung des Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, indizieren würde, liegt nicht vor.

 

Zu A)

 

2.2. Der gemäß Vertragsbedienstetengesetz 1948 anzuwendende § 43 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333, idF BGBl. I Nr. 138/2017 (BDG 1979) lautet:

 

"§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

 

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt."

 

§ 5a Abs. 1 VBG lautet:

 

"§ 5a. (1) Der Vertragsbedienstete hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Vertragsbediensteten betraut ist."

 

§ 72 des Heeresdisziplinargesetzes 2014 – HDG 2014, BGBl. I. Nr. 2/2014 (WV) lautet:

 

"§ 72. (1) Der Vorsitzende der Disziplinarkommission hat die Disziplinaranzeige dem zuständigen Senat zur Entscheidung darüber zuzuweisen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Die hiefür notwendigen Erhebungen sind auf Verlangen des Senatsvorsitzenden vom Disziplinarvorgesetzten des Verdächtigen durchzuführen oder zu veranlassen.

 

(2) Ist nach Durchführung der notwendigen Erhebungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat der Senat

 

1. einen Einleitungsbeschluss zu erlassen oder,

 

2. sofern ein Einstellungsgrund nach § 62 Abs. 3 vorliegt, das Verfahren mit Beschluss einzustellen.

 

Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte im Einzelnen anzuführen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anzuordnen. [ ]"

 

2.3. Im Zusammenhang mit einem nach dem Heeresdisziplinarrecht zu fassenden Einleitungsbeschluss im Kommissionsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

 

Zum HDG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Einleitungsbeschluss, welcher im Kommissionsverfahren als Einleitung des Verfahrens zu erlassen ist, zwar nicht die einzelnen Fakten in allen für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschreiben muss, aber es muss gegen den Beamten ein aus den konkreten Tatsachen abgeleiteter bestimmter Verdacht ausgesprochen werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen (Hinweis E vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243). Erst der Spruch des Disziplinarerkenntnisses stellt die letzte im Disziplinarverfahren erfolgende Konkretisierung der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe dar. Was für einen Einleitungsbeschluss gilt, kann als Richtlinie auch für die formlos zu erfolgende Einleitung eines Kommandantenverfahrens herangezogen werden (VwGH 16.10.2008, 2008/09/0050).

 

Da die Bestimmungen des HDG 1994 über den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - den vergleichbaren Bestimmungen des BDG 1979 im Wesentlichen entsprechen, bestehen keine Bedenken, die in dieser Hinsicht zum BDG 1979 ergangenen Grundsätze der Rechtsprechung auf das HDG 1994 zu übertragen, insbesondere auch hinsichtlich der Vorgangsweise, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Einleitungsbeschluss und Verhandlungsbeschluss gleichzeitig gefasst werden (Hinweis E 15.9.1994, 92/09/0382; VwGH 17.05.2000, 97/09/0373).

 

Im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof lassen sich unter Bedachtnahme auf die Gleichartigkeit der diesbezüglichen Bestimmungen im BDG 1979 und im HDG 2014 die vom ihm entwickelten Grundsätze seiner Rechtsprechung zum Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 auch auf im Kommissionsverfahren nach dem HDG 2014 ergangene Einleitungsbeschlüsse übertragen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

 

2.4. Der Beschwerde zu den Spruchpunkten 3, 4, 6 und 8 des bekämpften Bescheides kommt Berechtigung zu.

 

Wie bereits im Beschwerdeverfahren betreffend die Dienstenthebung der BF mit hg. Erkenntnis W136 2147375-1 ausgeführt, kann im Hinblick auf die Verantwortung der BF, sie habe jene Personen die sie an ihrer Dienststelle aufgesucht haben freundschaftlich unterstützt bzw. ihnen lediglich Befunde ausgehändigt, ohne weitere Hinweise nicht erkannt werden, dass der Verdacht bestünde, die BF habe diese Personen entgegen der Erlasslage unberechtigterweise in einer militärmedizinischen Einrichtung ärztlich behandelt. Offenbar hegte nicht einmal der Vorgesetzte der BF, der Leiter dieser militärmedizinischen Einrichtung, diesen Verdacht, sonst hätte er wohl, die "unberechtigten" Patienten, die er immerhin angesprochen hat, der Einrichtung verwiesen und sich nicht mit der Erklärung der BF zufrieden gegeben. Nachdem nach der vorliegenden Aktenlage als auch im bekämpften Bescheid hinsichtlich dieser Anlastung offen bleibt, aus welchen Umständen der Verdacht zu den Punkten Z 3. und 4 geschöpft wird, war der Einleitungsbeschluss diesbezüglich mangels hinreichender Begründung der Verdachtslage zu beheben.

 

Dasselbe gilt für die Anlastung unter Spruchpunkt Z. 6., wonach die BF in ein Ermittlungsverfahren eingegriffen haben soll, indem sie zwei Mitarbeiter ihrer Dienststellen um die Erstellung eines Gedächtnisprotokolls zu jenem Sachverhalt, der ihr als Pflichtverletzung unter Spruchpunkt 2 angelastet wird, ersucht hat. Nachdem auch zu dieser Anlastung im bekämpften Bescheid völlig offen bleibt, warum bzw. worin hier der Verdacht einer Pflichtverletzung gesehen wird bzw. lediglich ausgeführt wird, die BF habe "auch in diesen Fällen die nötige Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit vermissen lassen" war auch diese Anlastung mangels Verdachtslage iZm mit einer Pflichtverletzung aufzuheben. Schließlich kommt auch dem Beschwerdevorbringen zu Spruchpunkt Z 8 Berechtigung zu. Im Nichterscheinen zu einem einvernehmlich abgesagten bzw. verschobenen Termin ist kein Weisungsverstoß zu erblicken. Im Übrigen stellt eine erfolglose telefonische Terminvereinbarung durch einen Mitarbeiter eines Disziplinarvorgesetzten, der Erhebungen im Sinne des § 72 Abs. 1 zweiter Satz HDG 2014 zu tätigen hat, keine Weisung im Sinne des § 5a VBG dar. Die Spruchpunkte 6. und 8. des bekämpften Bescheides waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge fehlender Begründung im Sinne des Beschwerdevorbringens zu beheben

 

Nachdem hinsichtlich der Anlastungen zu den Z 3 und 4 keine Verdachtslage besteht und die festgestellten Sachverhalte zu den Anlastungen Z 6 und 8 keine Pflichtverletzungen darstellen war das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 Z 2 iVm § 62 Abs. 3 Z 1 und 2 HDG 2014 einzustellen.

 

2.5. Hingegen kommt dem Beschwerdevorbringen zu den Spruchpunkten Z 1., 2. 5 und 7 keine Berechtigung zu.

 

Mit dem Vorbringen, wonach es sich bei der unrichtigen Verbuchung einer Mehrdienstleistung um einen Fehler minderen Grades handle, der ohnehin korrigiert wurde, ist der Verdacht einer Pflichtverletzung, möge sie auch geringfügig sein, nicht ausgeräumt. Nachdem nach der Aktenlage die BF bereits im Zusammenhang mit der Führung ihrer Zeitkarte ermahnt wurde, wird im weiteren Verfahren diesbezüglich ein allfälliges Strafbedürfnis unter Beachtung, dass die BF ihren Fehler offenbar korrigiert hat, zu beurteilen sein.

 

Zum Spruchpunkt Z 2 wurde beschwerdegegenständlich lediglich ohne nähere Begründung ausgeführt, dass die Anlastung unrichtig sei. Damit ist eine Rechtswidrigkeit jedoch insbesondere im Hinblick darauf, dass die BF immerhin einräumt, auf die Einholung der Genehmigung der Operation vergessen zu haben, nicht dargetan. Dasselbe gilt für das Vorbringen zu Spruchpunkt Z 5. Der Hinweis, dass die BF einer geübten Praxis gefolgt wäre und sie auch nicht darauf hingewiesen worden sei, dass sie nicht über die Anstaltsapotheke für den Privatgebrauch bestellen dürfe, räumt den Verdacht einer Pflichtverletzung iZm einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz nicht aus. Ob dieses Vorgehen der BF tatsächlich eine Dienstpflichtverletzung darstellt, wird im weiteren Verfahren zu klären sein.

 

Schließlich stellt entgegen dem Beschwerdevorbringen die Anlastung zu Spruchpunkt Z. 7 den Verdacht einer Pflichtverletzung dar. Der vom Dienst enthobenen BF, immerhin im Rang einer Oberstärztin, musste nach Entzug ihrer Zutrittsberechtigung bzw. Zimmerschlüsseln bewusst sein, dass sie grundsätzlich nicht mehr berechtigt ist, das von ihr mitbenützte Dienstzimmer zu benützen oder zu betreten. Sich dennoch im Zuge der Meldung bei ihrem Kommandanten ohne dessen Genehmigung Zugang zu diesem Zimmer zu verschaffen, sei es auch nur zum Zwecke der Mitnahme von dort befindlichen privaten Gegenständen, indem sie sich den Schlüssel von der Reinigungskraft mit der unwahren Begründung, sie hätte ihren eigenen vergessen, ausborgt, ist ein Verhalten, dass den Verdacht eines Verstoßes gegen die Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979, allenfalls § 5a VBG darstellt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Dienstenthebung der BF zu einem späteren Zeitpunkt durch das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben wurde. Denn zum fraglichen Zeitpunkt war die BF aufgrund der rechtswirksamen Dienstenthebung nicht berechtigt, das sonst von ihr benützte Dienstzimmer zu verwenden. Wenn die BF dazu einwendet, dass ihr während der Dienstenthebung bereits einmal durch ihren Kommandanten über ihr Ersuchen der Zutritt zum Zimmer gewährt wurde, gesteht sie damit im Ergebnis zu, dass ihr bewusst war, dass ein Zutritt zu dienstlichen Räumlichkeiten einer vorherigen Genehmigung bedarf, andernfalls sie diese gar nicht eingeholt hätte.

 

Zusammengefasst liegt zu den Spruchpunkten Z 1., 2. 5 und 7 des bekämpften Bescheides der begründete Verdacht einer Pflichtverletzung vor, weshalb diesbezüglich die Beschwerde abzuweisen war.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

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