AsylG 2005 §58
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:L512.2118520.3.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag.a Marlene JUNGWIRT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a Nadja LORENZ gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Beschluss:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge „Pakistan“ genannt) brachte am 05.04.2022 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ein.
2. Mit als Bescheid bezeichneten Schriftstück des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG vom 05.04.2022 gemäß § 58 Abs. 11 Ziffer 2 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 05.04.2022 auf Heilung eines Mangels gemäß § 4 AsylG-DV abgewiesen (Spruchpunkt II.).
3. Mit Schriftsatz vom 23.10.2023 wurde Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des mit als Bescheid bezeichneten Schriftstückes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX erhoben. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
4. Im Zuge einer schriftlichen Stellungnahme nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wurde unter anderem moniert, dass im Anwendungsbereich des § 18 AVG jede Urschrift einer Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar bleiben muss (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009). Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, muss die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein (VwGH 28.06.2011, 2010/17/0176, 29.11.2011, 2010/10/0252). Die Darstellung der Amtssignatur (§ 19 Abs. 3 E-GovG 2004) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (VwGH 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).
Eine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG ist ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen. Eine Paraphe ist keine Unterschrift (VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389).
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückzuweisen sein, da die Erledigung der Behörde vom XXXX in ihrer Urschrift ausschließlich eine Paraphe und keine Unterschrift des Organwalters (XXXX) aufweist, folglich der Erledigung der Behörde vom XXXX keine Bescheidqualität zukommt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die im Verwaltungsakt der belangten Behörde einliegende Urschrift der angefochtenen behördlichen Erledigung bezeichnet auf der letzten Seite Referent „ XXXX “ in gedruckter Form als genehmigende Person.
Die Urschrift weist zwar einen handschriftlichen Zusatz neben dem gedruckten XXXX auf, welcher offensichtlich eine Unterschrift darstellen solle, aus dieser „Unterschrift“ lässt sich jedoch mangels charakteristischer Merkmale der Name des Unterzeichners auch dann nicht herauslesen, wenn man dessen Namen kennt. Die Identifikation einzelner Buchstaben ist - nicht möglich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
Im Anwendungsbereich des § 18 AVG muss jede Urschrift einer Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar bleiben (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009, jeweils unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG I², § 18 Rz 8). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.10.2014 festgehalten, dass unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein muss (vgl. VwGH 15.20.2014, Ra 2014/08/0009). Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (vgl. VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018; 31.10.2014, Ra 2014/08/0015; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG muss also jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift – bzw. bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung – genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070 unter Hinweis auf VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252).
Eine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG ist ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. VwGH 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; VwGH 27.09.2005, 2004/06/0217).
Anhand dieser Kriterien sind jene Fälle zu beurteilen, in denen die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entspricht (zur grundsätzlichen Vereinbarkeit mit dem Begriff der Unterschrift siehe VwGH 4. 9. 2000, 98/10/0013; 27. 9. 2005, 2004/06/0217), sondern das Schriftstück etwa lediglich ein „Namenskürzel“ aufweist (vgl VwGH 28. 4. 2008, 2007/12/0168; die Qualität einer „Paraphe“ als Unterschrift [pauschal] verneinend VwGH 4. 9. 2000, 98/10/0013 [so auch Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger9 Rz 190/4]; idS auch VwGH 6. 4. 1996, 91/10/0009; 6. 5. 1996, 91/10/0060; bejahend offenbar VwGH 21. 9. 2010, 2007/11/0277 [Rz 24]). Aus der vom VwGH entwickelten („überzeugenden“) Definition der Unterschrift wird abgeleitet, dass ihr keine „Mitteilungsfunktion (im Sinn einer Namensbekanntgabe [vgl § 18 Abs 4 erster Satz AVG und dazu Rz 19]), sondern eine Individualisierungsfunktion (im Sinn eines Identitätsmerkmals) zukommt“ (Raschauer in FS Koja 591; vgl auch Feik, EDV/ADV 233). (Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 (Stand 1.1.2014, rdb.at), Rz 23)
Eine Paraphe ist keine Unterschrift (vgl. VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051).
Im vorliegenden Fall wurde die Urschrift der behördlichen Entscheidung lediglich mit zwei unleserlichen „Schriftzügen“, sohin einer Paraphe, unterfertigt. Verkannt wird nicht, dass es auf die Leserlichkeit einer Unterfertigung prinzipiell nicht ankommt, unstrittig ist aber ebenso, dass die (einen Nichtbescheid nach sich ziehende) Paraphe von der (rechtskonformen) Unterschrift dadurch abzugrenzen ist, dass eine verständige Person den Namen des Unterfertigers, so dieser ihm bekannt ist, herauszulesen vermag und Individualität vorliegt. Gerade dies liegt im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor, hat doch der Name „ XXXX ““ – selbst bei Zugrundelegung eines toleranten Beurteilungsmaßstabes – keinen erkennbaren Zusammenhang mit der verwendeten „Unterschrift“, die im Wesentlichen aus zahlreichen miteinander verbundenen Schlingen besteht.
Aufgrund des Vorliegens eines Nichtbescheides war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Begriff der Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG abgeht.
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