BVwG I413 2152280-1

BVwGI413 2152280-14.4.2018

B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §2 Z4
GGG Art.1 §26
GGG Art.1 §26a Abs1 Z2
GGG Art.1 §32 TP9 litb Z1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2152280.1.00

 

Spruch:

I413 2152280-1/10E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch TWP Thurnherr Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Präsident des Landesgericht Feldkirch vom 15.02.2017, Zl. 1Jv3156-33/16d, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 13.06.2014 beim Bezirksgericht Bregenz die Einverleibung des Eigentumsrechts in (1)

XXXX mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.622,25, (2) XXXX mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 759,00, (3) XXXX mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.882,80 und in (4) XXXX mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 235,35 für XXXX und beantragte "die Eintragungsgebühr gemäß § 26a Abs 1 Z 2 GGG zu ermäßigen, weil die Verlassenschaft als Gesellschafterin der XXXX die Liegenschaften in die XXXX einbringt."

 

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 20.07.2016, 911 TZ 4284/2014 - VNR 3, schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichts Feldkirch für den Präsidenten des Landesgerichts der Beschwerdeführerin die "Eintragungsgebühr laut GGG TP 9 lit. B Z 1 Eigentumsrecht für XXXX (97.500,00)" in Höhe von EUR 1.073,00 sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG in Höhe von EUR 8,00, offener Gesamtbetrag EUR 1.081,00 vor. Dieser Gesamtbetrag sei binnen 14 Tagen auf das im Weiteren genau bezeichnete Konto des Bezirksgerichts Bregenz mit dem Verwendungszweck: 911 TZ 4284/2014-VNR 3 zu bezahlen, widrigenfalls ein Exekutionsverfahren eingeleitet werde.

 

3. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 20.07.2016 zugestellten Mandatsbescheid erhob sie fristgerecht die Vorstellung vom 01.08.2016. Im Wesentlichen brachte die Beschwerdeführerin vor, dass auf die gegenständliche Übertragung die §§ 26, 26a GGG idF BGBl I Nr 1/2013 anzuwenden seien (vgl Art VI Z 59 GGG) und daher die Eintragungsgebühr für die gegenständliche Einbringung auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes, maximal jedoch mit 30 % des Wertes des einzutragenden Rechtes zu berechnen gewesen wäre und beantragte daher die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Mandatsbescheides, in eventu den Antrag auf Stundung an die zuständige Behörde weiterzuleiten, in eventu den Antrag auf Ratenzahlung an die zuständige Behörde weiterzuleiten.

 

4. Mit Schreiben vom 31.08.2016 erstattete der Revisor des Landesgerichts Feldkirch eine Stellungnahme, in der die Anwendbarkeit des § 26a GGG verneint wurde und der Beschwerdeführerin die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.

 

5. Mit Schriftsatz vom 06.10.2016 nahm die Beschwerdeführerin Stellung und erstattete weiteres Vorbringen zum maßgeblichen Sachverhalt.

 

6. Mit bekämpftem Bescheid vom 15.02.2017, 1 Jv 3156-33/16d, verpflichtete die belangte Behörde die Beschwerdeführerin dazu, binnen 14 Tage bei sonstiger Exekution die im Grundbuchsverfahren TZ 4284/14 des Bezirksgerichts Bregenz entstandene Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit b Z 1 GGG in Höhe von EUR 1.073,00 und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in Höhe von EUR 8,00 auf das Konto des Bezirksgerichtes Bregenz, BIC: BUNDATWW, IBAN:

AT890100000005480333, Verwendungszweck: TZ 4284/14 einzuzahlen. Zusammenfassend begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit dass der Begünstigungstatbestand des § 26a GGG (in der Fassung vom 01.07.2015) im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei und auch die Abteilung I 7 des Bundesministeriums für Justiz diese Meinung vertrete. Die Verlassenschaft werde kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 547 dritter Satz ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 so betrachten, das würde sie noch vom Verstorbenen besessen. Aus dieser gesetzlichen Fiktion folge jedoch nicht, dass der Erblasser und der ruhende Nachlass rechtlich ident seien. Vielmehr komme dem ruhenden Nachlass eine eigene Rechtspersönlichkeit zu, welcher bei Erwerb dinglicher Rechte auch in das Grundbuch eingetragen werden könne. Der ruhende Nachlass als Zurechnungsobjekt, nicht jedoch der im Grundbuch eingetragene XXXX, stand in einem Gesellschafterverhältnis zur (nach dem Tod von XXXX gegründeten) XXXX. Da für die Inanspruchnahme des Begünstigungstatbestandes des § 26a Abs 1 Z 2 GGG (idF vor 01.07.2015) auf das Verhältnis zwischen eingetragenem und neu einzutragendem Eigentümer abzustellen sei, liege kein Erwerbsvorgang zwischen einer Gesellschaft und einem Gesellschafter iSd § 26a Abs 1 Z 2 GGG vor.

 

7. Gegen diesen, der Beschwerdeführerin am 21.02.2017 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 15.03.2017, in der die mangelhafte und unrichtige Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden. Die Beschwerdeführerin beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Entscheidung in der Sache selbst und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit wegen fehlender Sachverhaltsermittlungen an die belangte Behörde.

 

8. Mit Schriftsatz vom 03.04.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.04.2017, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Vorlagebericht, Bescheid vom 15.02.2017 und Gebühren- und Kostenakt des für die Eintragung zuständigen Bezirksgerichts vor.

 

9. Mit Schriftsatz vom 23.06.2017 ersuchte die beschwerdeführende Partei um Verlegung der für 27.06.2017 anberaumten Verhandlung, weil sich die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Beschwerdeführerin im Krankenhaus aufhalte. Das Bundesverwaltungsgericht verlegte mit Schreiben vom 26.06.2017 die mündliche Verhandlung vom 27.06.2017 auf den 31.07.2017.

 

10. Am 31.07.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der die Komplementärin der beschwerdeführenden Partei befragt wurde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der in Pkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben und festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Der am XXXX geborene XXXX verstarb am XXXX ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Als Verlassenschaftskuratorin mit dem Recht der Vertretung des ruhenden Nachlasses wurde dessen Lebensgefährtin XXXX gerichtlich bestellt.

 

XXXX war vor der Eintragung der Beschwerdeführerin grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaften (1) XXXX, (2) XXXX, (3) XXXX und (4)

XXXX.

 

Die Beschwerdeführerin, XXXX, ist eine zu XXXX im Firmenbuch eingetragene, Kommanditgesellschaft. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20.02.2014 durch die Verlassenschaft nach XXXX, vertreten durch XXXX, als Komplementärin und durch XXXX (vertreten durch XXXX) und XXXX (vertreten durch XXXX) als Kommanditisten mit je einer Einlage von EUR 100,00 errichtet. Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin ist die Vermögensverwaltung, insbesondere der Kauf und Verkauf sowie die Verwaltung von land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften und Betrieben im In- und Ausland.

 

Die aktuellen Gesellschafter der Beschwerdeführerin sind XXXX als unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) und die Kommanditisten mit einer Haftsumme von je EUR 100,00 XXXX.

 

Die Komplementärin ist reine Arbeitsgesellschafterin, die Vermögensrechte an der Gesellschaft stehen ausschließlich den Kommanditisten zu.

 

XXXX war der leibliche Vater der Kommanditisten und gesetzlichen Erben nach XXXX. XXXX ist deren Mutter.

 

Die Verlassenschaft nach XXXX wurde mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 05.03.2015, 12 A/13x, zu je einem Sechstel des Nachlasses den gesetzlichen Erben nach XXXX, seinen Kindern XXXX eingeantwortet.

 

Mit dem zwischen der Verlassenschaft nach XXXX und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Sacheinlage- und Einbringungsvertrag (Immobilien) vom 11.04.2014 übertrug die Verlassenschaft nach XXXX der Beschwerdeführerin ua die Liegenschaften (1) XXXX, (2) XXXX, (3) XXXX und (4) XXXX. Diesen Sacheinlage- und Einbringungsvertrag (Immobilien - Landwirtschaft) genehmigte das Bezirksgericht Bregenz mit Beschluss vom 28.04.2014 verlassenschafts- und pflegschaftsgerichtlich.

 

Am 13.06.2014 suchten die Beschwerdeführerin und die Verlassenschaft nach XXXX beim Bezirksgericht Bregenz als zuständiges Grundbuchsgericht um Einverleibung des Eigentumsrechts an den Liegenschaften (1) XXXX, (2) XXXX, (3) XXXX und (4) XXXX zugunsten der Beschwerdeführerin an. Das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin an den Liegenschaften ist im Grundbuch eingetragen.

 

Die Beschwerdeführerin leistete bislang keine Eintragungsgebühr.

 

Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) des Kostenbeamten der belangten Behörde vom 20.07.2016, 911 TZ 4284/2014 - VNR 3, wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung einer Eintragungsgebühr laut GGG TP 9 lit b Z 1 in Höhe von EUR 1.073,00 zuzüglich der Einhebungsgebühr nach § 6a Abs 1 GEG in Höhe von EUR 8,00, insgesamt sohin EUR 1.081,00 verpflichtet.

 

Gegen diesen Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde und aus der Befragung der Komplementärin der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 31.07.2017 sowie durch Einschau in das offene Grundbuch.

 

Dass der am XXXX geborene XXXX am XXXX ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben ist und dass als Verlassenschaftskuratorin mit dem Recht der Vertretung des ruhenden Nachlasses dessen Lebensgefährtin XXXX gerichtlich bestellt wurde, ergibt sich unzweifelhaft aus den vorgelegten Unterlagen (Beilage ./1).

 

Dass der verstorbene XXXX grundbücherlicher Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften war, ist unstrittig und ergibt sich unzweifelhaft aus den historischen Grundbuchsauszügen.

 

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin und ihrer Errichtung ergeben sich aus den Eintragungen im Firmenbuch gemäß dem aktuellen Firmenbuchauszug (Beilage ./A), aus dem historischen Firmenbuchauszug, Beilage ./5), aus dem Gesellschaftsvertrag (Beilage ./7) sowie aus der glaubhaften Aussage der Komplementärin der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung.

 

Dass die Komplementärin reine Arbeitsgesellschafterin ist, und die Vermögensrechte an der Gesellschaft ausschließlich den Kommanditisten zustehen ergibt sich zweifelsfrei aus dem Gesellschaftsvertrag (Beilage ./7) iVm dem Einantwortungsbeschluss (Beilage ./4) sowie aus der glaubhaften Aussage der Komplementärin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 31.07.2017. Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung am 31.07.2017 vorgelegten Geburtsurkunden und Vaterschaftsanerkenntnisse (Beilagen ./B bis ./G) steht unzweifelhaft fest, dass XXXX der Vater und XXXX die Mutter der Kommanditisten der Beschwerdeführerin ist.

 

Die Feststellung, dass die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften durch den in Kopie vorliegenden Sacheinlage- und Einbringungsvertrag (Beilage ./2) der Beschwerdeführerin übertragen wurden, ergibt sich aus dieser Urkunde; dass dieses Rechtsgeschäft verlassenschafts- und pflegschaftsgerichtlich genehmigt wurde, ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 28.04.2014 (Beilage ./3).

 

Die Feststellung, dass die Verlassenschaft nach XXXX den leiblichen Kinder von XXXX als dessen gesetzliche Erben zu je einem Sechstel des Nachlasses eingeantwortet wurde, basiert unstrittig auf dem vorgelegten Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 05.03.2015 (Beilage ./4).

 

Die Feststellung betreffend das Grundbuchsansuchen am 20.05.2014, den Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) des Kostenbeamten der belangten Behörde vom 20.07.2016, 911 TZ 4284/2014 - VNR 3, und die dagegen erhobene Vorstellung ergibt sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt.

 

Dass die Beschwerdeführerin verbücherte Eigentümerin an den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften ist, ergibt sich aus den aktuellen Grundbuchsauszügen zu (1) XXXX, (2) XXXX, (3) XXXX und (4) XXXX. Dass keine Eintragungsgebühr bislang geleistet wurde, ergibt sich aus dem Parteienvorbringen sowie aus dem Verwaltungsakt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Zu A)

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist ausschließlich strittig, ob ein begünstigter Erwerbsvorgang nach § 26a GGG vorliegt.

 

3.3. Hierbei ist von folgender maßgeblicher Rechtslage auszugehen:

 

Gemäß § 2 Z 4 GGG wird der Anspruch der Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragungen in die öffentlichen Bücher mit Vornahme der Eintragung begründet. Die Eintragung wurde im Grundbuch vorgenommen. Daher ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Vornahme der Eintragung maßgeblich. Für die hier wesentliche Bestimmung des § 26a GGG ist daher dessen Wortlaut in der Fassung der Grundbuchsgebührennovelle, BGBl I Nr 1/2013, maßgeblich.

 

§ 26a GGG, BGBl I Nr 501/1984 idF BGBl I Nr 1/2013 lautete wie folgt:

 

"Begünstigte Erwerbsvorgänge

 

§ 26a. (1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:

 

1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers; 2. bei Übertragung einer Liegenschaft aufgrund einer Verschmelzung, Umwandlung, Einbringung, Realteilung, Spaltung oder eines Zusammenschlusses von Gesellschaften, aufgrund eines Erwerbsvorgangs zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter oder aufgrund der Vereinigung aller Anteile einer Personengesellschaft; dies gilt jeweils auch für die Übertragung ideeller Anteile an diesen Grundstücken beziehungsweise Liegenschaften. (2) Eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage tritt nur ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch Vorlage geeigneter Urkunden, bei Lebensgefährten insbesondere durch Bestätigungen über den Hauptwohnsitz zu bescheinigen. (3) Die Bundesministerin für Justiz hat unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung die näheren Umstände und Modalitäten für die zur Ermittlung des Werts erforderlichen Angaben nach § 26 Abs. 2, für die Inanspruchnahme der Begünstigungen nach § 26a Abs. 1 sowie für die Bescheinigungen nach § 26a Abs. 2 nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zu bestimmen."

 

Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1984 BlgNR, 24. GP , 7 ff) regelt § 26a GGG begünstigte Erwerbsvorgänge, bei denen eine von § 26 GGG abweichende Bemessungsgrundlage - und zwar grundsätzlich der dreifache Einheitswert - heranzuziehen ist. Die Art der Übertragung der Liegenschaft ist unerheblich. Es solle mit der vorgeschlagenen Regelung eine verfassungsrechtlich zulässige Begünstigung einzelner Liegenschaftstransaktionen (engerer Familienkreis sowie Strukturänderungen bei Gesellschaften) erzielt werden. Zu der hier relevanten Regelung der Z 2 führen die Erläuterungen (aaO, S 8) aus: "Z 2 erfasst die Übertragung von Liegenschaften in gesellschaftsrechtlichen Konstellationen. Von der Bestimmung erfasst sind zunächst im Wesentlichen die Tatbestände des UmgrStG sowie generell Übertragungen zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter. Schließlich sind noch Übertragungen erfasst, die aufgrund der Vereinigung aller Anteile einer Personengesellschaft erfolgen. Die vorgesehenen Begünstigungen, sollen - ähnlich der Gebührenbefreiungen des NeuFöG, das der Förderung der Neugründung von Betrieben bzw. deren Übernahme durch Neuunternehmer und somit der Förderung des Wirtschaftswachstums dient - Eintragungen, die aufgrund gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden, gebührenrechtlich begünstigen, um so Wachstumsanreize zu schaffen und die Betriebsfortführung zu erleichtern. Gleichzeitig soll die Bestimmung auch die Mittelzuführung an die Gesellschaft und Mittelrückführung an den Gesellschafter fördern. Auch hier wird dem Naheverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft so wie Bereich der natürlichen Personen Rechnung getragen."

 

3.4. Gemäß § 431 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr 946/1811 (ABGB), muss zur Übertragung des Eigentums unbeweglicher Sachen das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).

 

Vom Intabulierungsgrundsatz bestehen Ausnahmen, in denen die Eintragung in das öffentliche Buch nur deklarativ ist, wenn das Eigentum schon außerbücherlich erworben worden ist. Dies ist der Fall aufgrund der Einantwortung (zu den weiteren Ausnahmen Barth/Dokalik/Potyka, ABGB25, 2017, S 267). Außerhalb dieser Fälle der Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes besteht kein Platz für sog "außerbücherliches Eigentum" (Barth/Dokalik/Potyka, ABGB25, 2017, S 267).

 

Gemäß § 26a Abs 1 Z 2 GGG ist der bei der Einverleibung einer Liegenschaft gerichtsgebührenrechtlich "begünstigte Erwerbsvorgang" nach dieser Bestimmung die "Übertragung einer Liegenschaft" in näher definierten gesellschaftsrechtlichen Konstellationen. Der Begriff der "Übertragung" in § 26a Abs 1 Z 3 GGG ist aufgrund der Einheit der Rechtssprache im Bereich des öffentlichen Rechtes und im Zivilrecht (VwGH 27.05.2004, 2003/07/0119) im Sinne des nach § 431 ABGB normierten Intabulationsgrundsatzes zu verstehen und es ist daher davon auszugehen, dass als "Übertragung" im Sinne des § 26a Abs 1 Z 1 GGG nur eine solche in Betracht kommt, die - unmittelbar - vom im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der Liegenschaft (vom bücherlichen Eigentümer) auf einen in der genannten Bestimmung angeführten Familienangehörigen erfolgt (BVwG 12.05.2014, W108 2002097-1) und im Sinne des § 26a Abs 1 Z 2 GGG nur eine solche in Betracht kommt, die unmittelbar vom im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der Liegenschaft auf eine in der Bestimmung angeführte Gesellschaft bzw Personengesellschaft erfolgt.

 

3.5 Im vorliegenden Fall war grundbücherlicher Voreigentümer der verstorbene XXXX. Weder die Verlassenschaft (der ruhende Nachlass nach XXXX), noch seine gesetzlichen Erben nach Einantwortung, sondern die maßgeblich von der Verlassenschaft errichtete Beschwerdeführerin wurde in das Grundbuch eingetragen.

 

Die Verlassenschaft - der ruhende Nachlass - existiert als Rechtssubjekt vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers bis zum Eigentumserwerb durch den Erben (OGH 27.07.1978, 3 Ob 85/78, OGH SZ 69/193 ua). Die Rechts- und Parteifähigkeit des ruhenden Nachlasses dauert nur bis zur Einantwortung (OGH 27.02.2001, 5 Ob 14/01x). Dass der ruhende Nachlass Rechtspersönlichkeit besitzt, ist nunmehr - wie der bekämpfte Bescheid zutreffend ausführt - gesetzlich in § 546 ABGB (idF ErbRÄG 2015) normiert, war aber - wie vorzitierte Urteile des OGH zeigen, bereits vor dem ErbRÄG 2015 anerkannt.

 

Der ruhende Nachlass (die Verlassenschaft) errichtete nun mit den gesetzlichen Erben nach XXXX rund vier Jahre nach dessen Tod die Beschwerdeführerin und brachte am 11.04.2014 die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften mittels Sacheinlage- und Einbringungsvertrages in die Beschwerdeführerin ein.

 

Die Einantwortung der gesetzlichen Erben in den Nachlass erfolgte erst am 05.03.2015. Das Eigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft hatte die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits - über den Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 11.04.2014 und die Verbücherung - längst erworben.

 

Damit erwarb die Beschwerdeführerin, deren Gesellschafter nunmehr die nicht erbberechtigte XXXX als Komplementärin und die sechs gesetzlichen Erben als Kommanditisten sind, vor Einantwortung der gesetzlichen Erben Eigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Die Beschwerdeführerin stellt nicht eine Art "alter ego" des Nachlasses (bzw eines Teils des Nachlasses) von XXXX dar. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Verlassenschaft und die gesetzlichen Erben die Gründer der Beschwerdeführerin sind. Zudem ist die nunmehrige Komplementärin zwar nicht am Vermögen berechtigt und reine Arbeitsgesellschafterin, aber als Komplementärin die Person, die die Geschäfte der Beschwerdeführerin führt und damit die Geschicke der Beschwerdeführerin bestimmt. Den Komplementären kommt dagegen nur die Stellung (passiver) Kapitalgeber zu.

 

Damit ist - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - das für die Inanspruchnahme des § 26a Abs 1 Z 2 GGG wesentliche Verhältnis zwischen dem eingetragenen Voreigentümer und dem neu einzutragenden Eigentümer durchbrochen. Ratio der Begünstigungsbestimmung des § 26a Abs 1 Z 1 und Z 2 GGG ist es, dass nur der engste in Z 1 genannte Familienkreis oder die in Z 2 eng gefassten gesellschaftsrechtlichen Konstellationen, wie sie etwa im Zusammenhang mit dem Umgründungssteuergesetz oder zwischen Gesellschaftern und ihrer Gesellschaft vorkommen, begünstigt werden. Würde man der Auslegung der Beschwerdeführerin folgen, wäre die Ausnahme des § 26a GGG von der Regel des § 26 GGG der Regelfall und jedes beliebige Zuführen von Vermögen in eine Gesellschaft durch Einbringung würde zum Ausnahmefall des § 26a Abs 1 Z 2 GGG führen. Dies ist mit dem GGG nicht in Einklang zu bringen.

 

Im vorliegenden Fall liegt gerade keine von § 26a Abs 1 Z 2 GGG erfasste gesellschaftsrechtliche Konstellation vor, weil der ruhende Nachlass nach XXXX, also eine vom Verstorben verschiedene juristische Person und nicht der Verstorbene selbst in einem Gesellschaftsverhältnis zur Beschwerdeführerin stand. Der ruhende Nachlass und der verstorbene XXXX sind nicht rechtlich ident. Hieran ändert der - zwischenzeitig durch das ErbRÄG 2015 geänderte § 547 ABGB nichts. Nach § 547 3. Satz ABGB, idF vor dem ErbRÄG war vor der Annahme des Erben die Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde. Diese Bestimmung hatte wohl sachenrechtliche Bedeutung, nicht aber die Bedeutung, dass der ruhende Nachlass (die Verlassenschaft) mit dem Erblasser identisch wäre. Vielmehr ist die Verlassenschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet und damit vom Verstorbenen verschieden. Es ist nicht bloß auf die Einbringung von Vermögen in eine Gesellschaft abzustellen, wie die Beschwerde vermeint, um die Begünstigung des § 26a Abs 1 Z 2 GGG in Anspruch zu nehmen, sondern es ist - wie aus § 26a Abs 1 GGG klar hervorgeht - auf das Verhältnis zwischen dem eingetragenen Voreigentümer und dem neu einzutragenden Eigentümer abzustellen, weshalb die belangte Behörde mit Recht die Begünstigung des § 26a Abs 1 Z 2 GGG nicht in Anwendung brachte. Die Beschwerdeführerin hat mit dem verstorbenen XXXX nichts zu tun. Sie existierte zu seinen Lebzeiten nicht. Sie ist auch nicht ein "alter ego" der Verlassenschaft oder der gesetzlichen Erben, zumal sie mit der sie beherrschenden Komplementärin zwischenzeitig eine nicht erbberechtigte Person aufweist. Die gegenständliche Einbringung ist somit nicht als Erwerbsvorgang zu qualifizieren, der gemäß § 26a Abs 1 Z 2 GGG begünstigt ist. Um die Begünstigung in Anwendung zu bringen, wäre es nötig gewesen, zunächst die Einantwortung der gesetzlichen Erben in das Liegenschaftsvermögen abzuwarten, damit diese als vom Intabulationsprinzip des § 431 ABGB ausgenommene außerbücherliche Eigentümer die Anteile am Liegenschaftsvermögen in die Beschwerdeführerin einbringen. Stattdessen gründeten aber der ruhende Nachlass und die noch nicht eingeantworteten gesetzlichen Erben nach XXXX die Beschwerdeführerin, um mittels Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 11.04.2014 das Immobilienvermögen des ruhenden Nachlasses der Beschwerdeführerin zu übertragen. Eine solche Konstellation ist durch § 26a GGG nicht begünstigt.

 

Damit war nach TP 9 lit b Z 1 GGG vorzugehen. Nach dieser Bestimmung ist für Eintragungen in das Grundbuch, und zwar für Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums vom Wert des Rechtes - im vorliegenden Fall aufgrund der Nichtanwendbarkeit des § 26a GGG gemäß § 26 Abs 1 GGG der Wert des Grundstückes, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre - eine Gebühr in Höhe von 1,1 vH zu leisten. Auf Basis des im Vorstellungs- und im Beschwerdeverfahren unbestritten gebliebenen Verkehrswertes für die gegenständliche Liegenschaft von EUR 97.500,00 1,1 %, beträgt die auf eine ganze Zahl gerundete Eintragungsgebühr EUR 1.073,00. Zur Eintragungsgebühr ist noch die gesondert ausgewiesene Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben, sodass der Gesamtbetrag EUR 1.081,00 beträgt.

 

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage, der Auslegung des § 26a Abs 1 GGG in Bezug auf die Einbringung von Vermögen in eine Gesellschaft, abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bislang klärte der Verwaltungsgerichtshof lediglich, dass Übertragungen von Liegenschaften auf eine Privatstiftung nicht von § 26a Abs 1 Z 2 GGG erfasst sind, weil diese Bestimmung nur auf Gesellschaften, nicht auch auf Privatstiftungen abstellt (VwGH 19.10.2017, Ro 2016/1670019). Im Übrigen fehlt es aber an Rechtsprechung, in welcher Form das Verhältnis zwischen dem eingetragenen Vorberechtigten und jener Gesellschaft gestaltet sein muss, um von einer durch § 26a Abs 1 Z 2 GGG begünstigten Übertragung ausgehen zu können. Diese Frage geht über den Einzelfall hinaus, da verschiedene gesellschaftsrechtliche Konstellationen im Zusammenhang mit der Übertragung von Liegenschaftsvermögen denkbar sind. Daher war die ordentliche Revision zuzulassen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte