B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §34 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2004755.1.00
Spruch:
I413 2004755-1/9.Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Dr. Thomas OBERHOFER, Steuerberater, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) vom 05.03.2012, Zl. Sv-1001-13-76, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß §§ 31 Abs 1, 34 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision zur Zahl Ra 2017/15/0025 ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist Rauchfangkehrermeisterin und bezahlte an die im Betrieb beschäftigten Rauchfangkehrer Schmutzzulagen aus, was die belangte Behörde im Rahmen einer am 02.01.2012 durchgeführten Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) festgestellt wurde.
2. Mit Bescheid vom 05.03.2012, Zl. V/JP/VW, verpflichtete die belangte Behörde, die Tiroler Gebietskrankenkasse, die Beschwerdeführerin, den Betrag von EUR 4.771,51 unverzüglich nach Zustellung des Bescheides an die belangte Behörde zu bezahlen.
3. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 06.03.2012 zugestellten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 02.04.2012 fristgerecht Einspruch und beantragte die gesamte dem Kollektivvertrag entsprechend ausbezahlte Schmutzzulage als sozialversicherungsfreies Entgelt zu qualifizieren und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben sowie dem Einspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4. Mit Schriftsatz vom 30.05.2012 legte die belangte Behörde den Einspruch samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Landeshauptmann von Tirol vor und wies in der Stellungnahme darauf hin, dass in dieser Angelegenheit auch ein Verfahren beim Finanzamt Kufstein-Schwaz anhängig sei.
5. Mit Bescheid vom 25.06.2012, GES-SV-1001-13/76/1-2012, gab der Landeshauptmann von Tirol dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Einspruchs Folge und erkannte dem Einspruch die aufschiebende Wirkung zu.
6. Mit Schreiben vom 25.06.2012, GES-SV-1001-13/76/1-2012, übermittelte der Landeshauptmann von Tirol der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der belangten Behörde vom 30.05.2012 zur Kenntnis und trug ihr auf, mitzuteilen, ob sie allenfalls mit einer Aussetzung des Verfahrens einverstanden wäre.
7. Mit Schriftsatz vom 10.07.2012 erklärte sich die Beschwerdeführerin mit der Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Finanzverwaltung einverstanden.
8. Mit Schreiben vom 18.07.2012, GES-SV-1001.13/76/2-2012, übermittelte der Landeshauptmann von Tirol der belangten Behörde die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 10.07.2012 und teilte mit, dass der Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Finanzverwaltung zugestimmt worden sei und ersuchte um unverzügliche Zusendung des betreffenden Bescheides. Eine formelle Aussetzung des Verfahrens erfolgte nicht.
9. Mit Schreiben vom 18.12.2012, eingelangt am 14.03.2014, legte der Landeshauptmann von Tirol dem Bundesverwaltungsgericht die Akten vor.
10. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 07.03.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Geschäftsabteilung I407 abgenommen und der Gerichtsabteilung I409 neu zugewiesen.
11. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Geschäftsabteilung I409 abgenommen und der Gerichtsabteilung I412 neu zugewiesen.
12. Mit Befangenheitsanzeige vom 06.10.2016 erklärte sich die Leiterin der Gerichtsabteilung I412 für befangen, weil sie als seinerzeitige Sachbearbeiterin im Amt der Tiroler Landesregierung mit der Behandlung der gegenständlichen Beschwerde (vormals Einspruch) befasst gewesen sei und wurde der Geschäftsabteilung I407 zugewiesen.
13. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Geschäftsabteilung I407 abgenommen und der Gerichtsabteilung I413 neu zugewiesen.
14. Mit Schreiben vom 18.01.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien um Mitteilung des Verfahrensstandes des Finanzverfahrens.
15. Mit Schreiben vom 23.01.2018 teilte die belangte Behörde mit, dass das Verfahren beim Bundesfinanzgericht zu RV/3100117/2015 behänge und bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Ra 2017/15/2015 unterbrochen sei.
16. Mit Schreiben vom 24.01.2018 teilte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit, dass das Bundesfinanzgericht am 08.02.2017 zu RV/3100163/2016 zugunsten der Beschwerdeführerin entschieden habe und nun eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof behänge.
17. Derzeit ist ein Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts am 08.02.2017 zu RV/3100163/2016, anhängig, das dieselbe Beschwerdeführerin betrifft und dasselbe Thema (steuerliche Behandlung von Schmutzzulagen, welche für die sozialversicherungsrechtliche Behandlung ausschlaggebend ist).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin hat gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 05.03.2012, mit welchem Sozialversicherungsbeiträge für gewährte Schmutzzulagen betreffend den Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2010 vorgeschrieben wurden, Beschwerde (vormals Einspruch) erhoben.
Zur Klärung der Frage, ob die gewährten Schmutzzulagen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum einkommensteuerpflichtig sind, behängt ein Verfahren zur Zahl Ra 2017715/0025 beim Verwaltungsgerichtshof.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Aussetzung durch das Bundesverwaltungsgericht relevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
Derzeit ist ein Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hinsichtlich des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom 08.02.2017, Zl RV/3100163/2016, das die Lösung der gegenständlichen grundsätzlichen Rechtsfrage, nämlich die steuerliche und damit auch die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Schmutzzulagen im Unternehmen der Beschwerdeführerin zum Gegenstand hat, anhängig.
Eine Entscheidung in diesem Revisionsverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof ist noch nicht getroffen worden.
Gegenwärtig ist vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren anhängig, welches die gleiche zu lösende Rechtsfrage zum Gegenstand hat.
Gemäß § 34 Abs 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn
1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und
2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof das Aussetzen des Verfahrens unter Bezeichnung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat zu entfallen, wenn das Verwaltungsgericht in der Mitteilung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bezeichnen hätte, das es in einer früheren Mitteilung schon einmal bezeichnet hat. Mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes an das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG ist das Verfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Parteien die Fortsetzung des Verfahrens mitzuteilen.
Die gegenständliche Rechtsfrage, ob im konkreten Fall Schmutzzulagen steuerfrei und damit auch frei von Sozialversicherungsbeiträgen sind, war vom Bundesfinanzgericht bereits im oben genannten Verfahren hinsichtlich der steuerrechtlichen Behandlung, der die sozialversicherungsrechtliche folgt, zu beantworten, gegen die dortige Entscheidung des Bundesfinanzgerichts wurde Revision erhoben, die eben diese Rechtsfrage zum Gegenstand hat. Dem Verwaltungsgerichtshof wurde die Revision zwar schon vorgelegt, dieser hat über diese Revision noch nicht entschieden.
Es ist anzunehmen, dass bei dem beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren im Vergleich zum beim Verwaltungsgerichtshof zur Zahl Ra 2017/15/00025 anhängigen Verfahren ähnlich gelagerte Sachverhalte vorliegen.
Auch im Hinblick auf das Vorbringen in der außerordentlichen Revision und der auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Prüfung der Sozialversicherungspflichtigkeit von Schmutzzulagen erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens als im Sinne der Effizienz und Verfahrensökonomie erforderlich.
Da – wie oben dargestellt – die Voraussetzungen des § 34 Abs 3 VwGVG gegeben sind, wird das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der im Spruch bezeichneten Rechtssache ausgesetzt.
Der Verwaltungsgerichtshof wird von der Aussetzung unter einem verständigt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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