BVwG G313 1311655-3

BVwGG313 1311655-325.1.2016

B-VG Art.133 Abs4
FPG §69 Abs2
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §69 Abs2
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:G313.1311655.3.00

 

Spruch:

G313 1311655-3/10E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX StA. Serbien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2015, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

gem. § 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG idgF aufgehoben. In Entsprechung des Antrages vom 17.12.2014 wird das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX, Zl. XXXX verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot gemäß § 69 Abs. 2 FPG behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde von der Bundespolizeidirektion XXXX mit Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FPG und § 63 Abs. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Begründet wurde das Aufenthaltsverbot damit, dass der BF mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 127, 129/1 u. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 13 Monate bedingt unter einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden sei.

Der Bescheid erwuchs am 25.10.2003 in Rechtskraft und wurde dieses Aufenthaltsverbot ebenfalls mit 25.10.2003 durchsetzbar.

2. Mit Eingabe vom 17.12.2014 stellte der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter den Antrag auf Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes.

Begründend wurde ausgeführt, dass er sich nun lange Zeit wohlverhalten habe und sich nichts mehr zu Schulden kommen habe lassen. Zwischenzeitig sei er mit der ungarischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und würde diese ein Kind von ihm erwarten. Seine Ehegattin sei in XXXX aufhältig. Er sei nunmehr auch begünstigter Drittstaatsangehöriger und beantrage daher die Aufhebung seines Aufenthaltsverbotes.

Vorgelegt wurde unter einem eine in Ungarn am XXXX ausgestellte Heiratsurkunde.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX, zugestellt an den rechtsfreundlichen Vertreter des BF am 30.01.2015, wurde der Antrag des BF gemäß § 69 Abs. 2 FPG idgF, abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF aufgrund mehrerer gerichtlich strafbarer Handlungen der Landesgerichte XXXX, XXXX und XXXX rechtskräftig verurteilt worden sei. Aufgrund seiner massiven strafrechtlichen Verurteilungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass er erneut straffällig werde. Es bestehe gegenwärtig eine Aufenthaltsermittlung wegen eines Vergehens gegen seine Person. Dass er über familiäre Beziehungen im Bundesgebiet verfüge, habe aufgrund der Aktenlage festgestellt werden können. Die geforderte Beziehungsintensität habe jedoch nicht festgestellt werden können, zumal auch seine zahlreichen Verurteilungen und die damit einhergehenden Gefängnisaufenthalte dagegen sprechen würden. Die Gründe, die zur Erlassung des seinerzeitigen Einreiseverbotes (gemeint wohl: Aufenthaltsverbotes) geführt hätten, seien dem Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 09.10.2003 entnommen. Gegenwärtig bestehe eine aufrechte Aufenthaltsermittlung wegen Vergehens vom 29.11.2013 gegen seine Person. Im Fall des BF könne vom Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen, die eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes verlangen würden, nicht ausgegangen werden. Es könne von einer wesentlichen Änderung seiner Situation nicht gesprochen werden. Er sei zwar mit einer ungarischen Staatsbürgerin verheiratet, jedoch rechtfertige dieser Umstand keinesfalls die Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes. Das gegen ihn mit Bescheid der BPD XXXX erlassene Aufenthaltsverbot sei aufgrund seiner strafbaren Handlungen zu erlassen gewesen. Der BF sei mit Urteil des LG XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 127, 129/1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 13 unbedingt (richtigerweise: bedingt), mit Urteil des LG XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 127, 128 Abs. 1/4, 129/1 und 2, 130 2. und 4. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und mit Urteil des LG XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen § 83 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Tagen verurteilt worden. Ein Wohlverhalten seiner Person habe insofern nicht gesehen werden können, als gegen ihn von der StA XXXX eine Aufenthaltsermittlung wegen eines Vergehens erlassen worden sei. Weiters sei zu erkennen gewesen, dass er nicht nur im Bundesgebiet, sondern auch bereits in Deutschland straffällig geworden sei. Seine strafrechtliche Karriere habe er vor zwei Jahrzehnten begonnen und diese konsequent weiter verfolgt. Daher sei auch nicht zu erkennen gewesen, dass er dieses Verhalten ob der Aufenthaltsermittlung eingestellt hätte. Es sei somit davon auszugehen, dass das Aufenthaltsverbot nach wie vor notwendig sei, um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die durch einen Aufenthalt seiner Person in Österreich entstehen würde, zu verhindern. Auch seien keine Gründe hervorgekommen, wonach Art. 8 EMRK die Verkürzung oder Aufhebung des Aufenthaltsverbotes verlangen würde. Die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände hätten sich in entscheidungsrelevanter Weise nicht geändert, sodass sein Antrag abzuweisen sei.

4. Mit dem am 05.02.2015 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid.

Im Wesentlichen zusammengefasst wurde vorgebracht, dass er begünstigter Drittstaatsangehöriger sei. Er wäre mit der ungarischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und habe mit dieser ein gemeinsames Kind, welches am XXXX in XXXX geboren sei. Seit seiner Verurteilung vor nunmehr fast 10 Jahren sei er nicht wieder strafrechtlich verurteilt worden. Einerseits seien die Gründe für das Aufenthaltsverbot auf Grund des bisherigen Wohlverhaltens seit der letzten Verurteilung weggefallen und führe er ein Familienleben mit einer ungarischen Staatsangehörigen sowie einem gemeinsamen Kind. Andererseits sei er auch begünstigter Drittstaatsangehöriger. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG dürfe ein Aufenthaltsverbot gegen begünstigte Drittstaatsangehörige nur für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden. Da diese 10 Jahre seit Verhängung bereits vergangen seien, sei das Aufenthaltsverbot schon allein aus diesem Grunde aufzuheben. Strafrechtliche Verurteilungen alleine seien außerdem keine Grundlage, die ein Aufenthaltsverbot rechtfertigen würde, sodass der Hinweis auf die strafrechtlichen Verurteilungen durch die belangte Behörde fehl gehe. Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und das Aufenthaltsverbot aufzuheben, in eventu das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

5. Die Beschwerde wurde am 19.02.2015 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien und ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

1.2. Der BF weist im Bundesgebiet folgende strafrechtlichen Verurteilungen auf:

* Urteil des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 127, 129/1 u. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 13 Monaten bedingt unter einer Probezeit von 3 Jahren

* Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen §§ 127, 128 Abs. 1/4, 129/1 u. 2, 130 (2. u. 4. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren

* Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen § 83/2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 14 Tagen

Gegen den BF wurde mit Bescheid vom Bundespolizeidirektion XXXX mit Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FPG und § 63 Abs. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches mit 25.10.2003 in Rechtskraft erwuchs.

Der BF befindet sich seit 14.02.2015 erneut in Haft.

Im Bundesgebiet lebt die Ehegattin des BF, XXXX, geb. XXXX, StA. Ungarn. Der BF und seine Ehegattin sind Eltern des Kindes XXXX, geb. XXXX.

Mit Telefax vom 21.01.2016 legte der BF die Namensänderungsurkunde einschließlich seiner Eheschließung auf den Namen XXXX vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur privaten und familiären Situation des BF basieren auf seine Angaben vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilungen des BF entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8.Hauptstück des FPG. (Z. 3).

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 2013/10 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 i. d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Zu Spruchteil A):

3.1. Anzuwendendes Recht:

Gemäß § 125 Abs. 3 FPG gelten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbotes mit derselben Gültigkeitsdauer.

Gemäß § 125 Abs. 16 leg. cit. bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 39/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem. § 60 leg. cit. oder Rückkehrverbote gem. § 62 leg. cit. bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Gemäß § 125 Abs. 25 S. 2 leg. cit. bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gem. § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten.

Da das gegenständliche gem. § 60 FPG alt erlassene Aufenthaltsverbot sowohl vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 38/2011 als auch BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurde, hat dieses gegenwärtig immer noch Gültigkeit und ist verfahrensgegenständlich zur Beurteilung des vom BF gestellten Aufhebungsantrages § 69 Abs. 2 und 3 FPG idF BGBl. I Nr. 87/2012 heranzuziehen.

3.1.1. Der mit Gegenstandslosigkeit und Aufhebung betitelte § 69 FPG lautet:

"(1) Eine Ausweisung wird gegenstandslos, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist. § 27b gilt.

(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

(3) Das Aufenthaltsverbot tritt außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.2. Wenn nach der durch das FrÄG 2011 geänderten Rechtslage gem. § 67 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 ein Aufenthaltsverbot nur für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden darf, weil die Voraussetzungen nach § 67 Abs. 3 FPG 2005 idF FrÄG 2011 nicht erfüllt sind und eine Verkürzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht in Betracht kommt (vgl. § 69 Abs. 2 FPG 2005 idF FrÄG 2011), ist dem Umstand, dass nach derzeitiger Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Fremden erlassen werden dürfte in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren die Behörde das Aufenthaltsverbot jedenfalls von Amts wegen (aber auch auf Antrag des Fremden) aufzuheben hat. Demgegenüber ist, wenn das Vorliegen einer Gefährdung immer noch zu bejahen und auch sonst die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zulässig ist, der Antrag auf dessen Aufhebung abzuweisen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde die gesetzlich höchstzulässige Dauer (noch) nicht überschritten wurde (VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267).

3.2.1. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde stattzugeben:

Aus dem nunmehr für die Beurteilung heranzuziehenden § 67 FPG idgF ergibt sich, dass gegen den BF nach der derzeitigen Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen werden dürfte, da der BF als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht die hierfür in § 67 Abs. 3 leg. cit. vorgesehenen Qualifikationen erfüllt. Ausgehend davon, dass gegen den BF nach derzeitiger Rechtslage somit lediglich ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot erlassen werden dürfte und seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes am 09.10.2003 bereits mehr als 10 Jahre vergangen sind, war dem Antrag des BF auf Aufhebung daher in der Form nachzukommen, dass das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot aufzuheben war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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