BVwG G308 1426123-2

BVwGG308 1426123-229.7.2016

AsylG 2005 §7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AsylG 2005 §7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:G308.1426123.2.00

 

Spruch:

G308 1426123-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am

XXXX,

Staatsangehörigkeit: ungeklärt, vertreten durch RA Dr. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2016, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl.: Nr. 2013/33, zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)), Außenstelle Linz, vom 26.03.2012, Zl. XXXX, wurde der dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) mit Bescheid vom 23.03.1993, Zahl: XXXX, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß

§ 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.); gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Albanien ausgeweisen (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde dabei auf die mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in den Jahren 1997 bis 2011, darunter Suchtmitteldelikte, das Verbrechen des schweren Betruges, der Vergehen der Urkundenunterdrückung, des Gebrauchs fremder Ausweise, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Diebstahls und des Verbrechens der Verleumdung, verwiesen.

Im Verfahrensgang wurde eine ergänzende Einvernahme im Rahmen eines in der Folge eingestellten Aberkennungsverfahrens vor dem damaligen Bundesasylamt, Außenstelle Linz, vom 20.07.2010 wörtlich wiedergegeben. Diese beginnt wörtlich mit "(ASt. gibt an nicht die Albanische Staatsbürgerschaft zu besitzen.)" Darauf wurde nicht weiter eingegangen und im Bescheid festgestellt, dass der BF aufgrund seiner glaubhaften Angaben und erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse albanischer Staatsangehöriger sei.

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene, mit 12.04.2012 datierte und beim Bundesasylamt am 13.04.2012 eingelangte, Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX2014, GZ.: XXXX, hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und das Verfahren gemäß den Übergangsbestimmungen des

§ 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung insoweit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II.).

3. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX2014, Zl. XXXX, wurde die Behandlung der gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gerichteten Beschwerde abgelehnt.

4. Der BF wurde am 15.09.2015 im Rahmen des Aberkennungsverfahrens zur Prüfung der Verhängung einer Rückkehrentscheidung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, niederschriftlich einvernommen. Die Staatsangehörigkeit des BF wurde dabei nicht thematisiert.

5. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, vom 07.03.2016 wurde der BF darüber in Kenntnis gesetzt, dass seitens des Bundesamtes beabsichtigt werde, gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen. Diesbezüglich werde er zur Stellungnahme binnen einer Frist von einer Woche aufgefordert.

Am 23.03.2016 langte eine mit 16.03.2016 datierte handschriftliche und persönliche Stellungnahme des BF bei der belangten Behörde ein, worin der BF im Wesentlichen vorbrachte, seines Erachtens noch immer Konventionsflüchtling zu sein und daher nicht einfach nach Albanien abgeschoben werden zu können (AS 249).

Darüber hinaus langte am 08.04.2016 eine mit selben Tag datierte Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF zum beabsichtigten Einreiseverbot von 10 Jahren bei der belangten Behörde ein (AS 251). Der BF besitze nicht die albanische Staatsbürgerschaft, sondern sei staatenlos.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.04.2016, zugestellt am 13.04.2016, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.); gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt II.); gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst auf die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF, die erneute Verhängung der Untersuchungshaft wegen des Verdachtes des Verbrechens des Suchtgifthandels und damit auf ein Überwiegen der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten und familiären Interessen des BF verwiesen. Die Staatsangehörigkeit des BF wurde abermals mit Albanien festgestellt; dies aufgrund eigener Angaben des BF. Darüber hinaus sei von der Behörde zur Entscheidungsfindung der gesamte Akteninhalt des gegenständlichen Verfahrens herangezogen worden. Der Einwand der fehlenden albanischen Staatsangehörigkeit wurde nicht aufgegriffen.

7. Mit dem am 11.05.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, eingebrachten und mit selben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen und der Beschwerde Folge geben, in der Sache selbst entscheiden, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot aufgehoben werden, die Abschiebung nach Albanien für unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabsetzen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

Begründend wurde unter anderem vorgebracht, dass die belangte Behörde unrichtig festgestellt habe, dass der BF albanischer Staatsangehöriger sei. Diese Feststellung sei nicht richtig; der BF sei staatenlos und sei diese Feststellung insofern wesentlich, als es dem BF deswegen nicht möglich sei, Österreich zu verlassen. In richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde dann auch zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Abschiebung des BF aufgrund seiner Staatenlosigkeit nicht zulässig sei.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.05.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

9. Hinsichtlich des BF liegen acht strafgerichtliche Verurteilungen vor. Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX2014 wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Vergehens des schweren Betruges unter Verwendung einer falschen oder verfälschten Urkunde sowie eines falschen, verfälschten oder entfremdeten unbaren Zahlungsmittels und eines dadurch 5.000 Euro übersteigenden Schadens sowie des versuchten gewerbsmäßgigen schweren Betruges, des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls, des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften durch Erwerb und Besitz zum persönlichen Gebrauch sowie durch Erwerb, Besitz und Überlassen eines anderen, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Der BF wurde am 04.11.2015 erneut festgenommen und am 05.11.2015 vom Polizeianhaltezentrum XXXX in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX2015 wurde über den BF wegen des Verdachtes des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, die Untersuchungshaft verhängt. In diesem Beschluss wird der BF in Bezug auf seine Staatsangehörigekeit als "staatenlos" bezeichnet, ebenso wie auf der Vollzugsinformation und dem Haftmeldezettel.

Nachdem das weitere Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen XXXX, GZ: XXXX, abgeführt wird, wurde der BF am 22.03.2016 von der Justizanstalt XXXX in die Justizanstalt XXXX überstellt, wo er sich aktuell immer noch im Stande der Untersuchungshaft befindet.

Aus den im Verwaltungsakt einliegenden Auszügen aus den Strafakten des BF, darunter Urteile diverser Strafgerichte im Zeitraum 1997 bis 2004 ist ersichtlich, dass der BF schon zumindest seit dem Jahr 2001 in Bezug auf seine Staatsangehörigkeit als "staatenlos" geführt wird.

Im Verwaltungsakt liegt darüber hinaus eine Kopie des von der Republik Österreich ausgestellten Konventionspasses des BF ein (AS 11).

Aus dem vorliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters vom 25.07.2015 ergibt sich, dass der BF seit 01.06.1993 durchgehend mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet ist. Er hat darüber hinaus amtliche Meldungen eines Haupt- bzw. Nebenwohnsitzes von 10.06.2013 bis 10.10.2013 in der Justizanstalt XXXX (Nebenwohnsitz), von 05.11.2015 bis 24.11.2015 in der Justizanstalt XXXX (Nebenwohnsitz), von 24.11.2015 bis 22.03.2016 in der Justizanstalt XXXX (Hauptwohnsitz) und seit 22.03.2016 in der Justizanstalt XXXX (Hauptwohnsitz).

Aktenkundig ist darüber hinaus ein Sozialversicherungsdatenauszug vom 22.09.2015, aus welchem sich durchaus Zeiten der Erwerbstätigkeit, jedoch auch Zeiten des Bezuges von Leistungen aus der Sozial- bzw. Arbeitslosenversicherung ergeben.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

2.2. Zu Spruchteil A):

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ist allerdings auf Grund der Regelung des § 17 VwGVG ausgeschlossen. Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat festgehalten, dass bei der Ausübung des Ermessens nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch die Bedeutung und Funktion der Rechtmittelbehörde ins Kalkül zu ziehen sei und die Einräumung eines Instanzenzuges nicht "zur bloßen Formsache degradiert" werden dürfe. Der Umstand dass es die Vorinstanz ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse zu erarbeiten, rechtfertige nicht, dass sich der Rechtsweg "einem erstinstanzlichen Verfahren (...) nähert", in dem eine ernsthafte Prüfung des Antrages erst bei der zweiten und letzten Instanz beginnt und auch endet. (VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

Im gegenständlichen Fall hat sich ergeben, dass die belangte Behörde erforderliche Ermittlungen zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts unterlassen hat. Dies aus folgenden Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Folge der rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten und der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegen den BF, entsprechend der im Rahmen der Einführung der Verwaltungsgerichtesbarkeit diesbezüglich anwendbaren Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 20 AsylG 2005, dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen und dabei festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 46 FPG nach Albanien zulässig ist. Aufgrund der mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen wurde weiters gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Im hier zu beurteilenden Fall enthält der angefochtene Bescheid keine Feststellungen darüber, aus welchen Gründen der - zwar in Albanien geborene und aufgewachsene - BF, dem in weiterer Folge in Bezug auf seinen ehemaligen Herkunftsstaat über seine Eltern der Status des Asylberechtigten zukam und der über einen österreichischen Konventionspass verfügte, entgegen der schon seit zumindest dem Jahr 2000/2001 im Rahmen diverser Ermittlungs- und Strafverfahren als "staatenlos" angeführten Nationalität des BF die albanische Staatsbürgerschaft dennoch innehaben sollte.

Auch wenn der Asylakt und die Unterlagen zum Aberkennungsverfahren bis zum 10.04.2015 teilweise in Verstoß geraten sind, lässt sich aus dem vorhandenen Akteninhalt feststellen, dass der BF im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 20.07.2010 angab, nicht über die albanische Staatsbürgerschaft zu verfügen (AS 17). Auf dieses Vorbringen wurde nicht eingegangen und die Einvernahme des BF ohne diesbezügliche Rückfrage fortgesetzt. Im darauffolgenden Bescheid über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten vom 26.03.2012 wurde festgestellt, dass der BF aufgrund seiner glaubhaften Angaben und erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse albanischer Staatsangehöriger sei. Die belangte Behörde hat sich bei dieser Feststellung auch nicht auf einen allenfalls vorhandenen oder vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis oder ein sonstiges Dokument bezogen.

Auch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 15.09.2015 (AS 125) im Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrenscheidung wurde die Frage der Staatsangehörigkeit des BF zu keiner Zeit thematisiert.

Am 23.03.2016 langte eine mit 16.03.2016 datierte handschriftliche und persönliche Stellungnahme des BF bei der belangten Behörde ein, worin der BF im Wesentlichen vorbrachte, seines Erachtens immer noch Konventionsflüchtling zu sein und daher nicht einfach nach Albanien abgeschoben werden zu können (AS 249). Darüber hinaus langte am 08.04.2016 eine mit selben Tag datierte Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF zum beabsichtigten Einreiseverbot von 10 Jahren bei der belangten Behörde ein (AS 251). Der BF besitze nicht die albanische Staatsbürgerschaft, sondern sei staatenlos.

Dennoch hat die belangte Behörde keinerlei diesbezügliche Ermittlungen durchgeführt und im verfahrensgegenständlichen Bescheid erneut die albanische Staatsangehörigkeit des BF unter Heranziehung des gesamten Akteninhaltes des Verfahrens zur Entscheidungsfindung festgestellt. Eine Auseinandersetzung mit dem wiederholten Vorbringen des BF (ua. persönliche Stellungnahme des BF vom 16.03.2016 (AS 249) und Stellungnahme seines Rechtsvertreters vom 08.04.2016 (AS 251)) und der Tatsache, dass sämtliche strafgerichtliche Aktenteile zumindest seit dem Jahr 2001 den BF als staatenlos führen, ist nicht erfolgt. Der Einwand wurde nicht einmal insofern aufgegriffen, als die belangte Behörde ein allenfalls vorliegendes unsubstantiiertes Vorbringen und damit eine mangelnde Feststellbarkeit der Staatenlosigkeit des BF angenommen hätte.

Unter anderem ist am Haftmeldezettel (AS 161, 243) als Staatsangehörigkeit des BF "STAATENLOS" angegeben, ebenso im kriminalpolizeilichen Aktenindex des Bundesministeriums für Inneres (AS 163), dem Strafregister der Republik Österreich (AS 169), dem Beschluss auf Verhängung der Untersuchungshaft des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX2015 (AS 195), der Vollzugsinformation der Justizanstalt XXXX vom 23.03.2016 (AS 237) und dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX2001, GZ: XXXX (Handakt AS 39).

In der gegenständlichen Beschwerde vom 11.05.2016 (AS 373 ff) wurde neuerlich vorgebracht, dass der BF staatenlos und jedenfalls kein Staatsangehöriger Albaniens sei, weshalb eine Ausweisung nach Albanien jedenfalls unzulässig sei.

Der belangten Behörde ist nun vor dem Hintergrund dieses unklaren Sachverhalts in Bezug auf den tatsächlichen Staatsangehörigkeitsstatus des BF vorzuwerfen, dass sie sich im angefochtenen Bescheid, ohne überhaupt irgendwelche Ermittlungen in dieser Hinsicht durchzuführen, mit der bloßen Feststellung begnügte, dass der BF albanischer Staatsangehöriger sei, ohne überhaupt einen Versuch zu unternehmen, diese Feststellung zu begründen.

Die belangte Behörde ist dabei vorzuwerfen, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt - auch nicht während der zwei vorerst eingestellten Aberkennungsverfahren mit dem sogar wiederholt explizit vorgebrachten Einwand von Seiten des BF auseinandergesetzt hat, dass er staatenlos, jedenfalls aber nicht Staatsbürger Albaniens sei. Dies auch in Anbetracht der aktenkundigen Unterlagen aus den diversen Strafverfahren des BF und den Auszügen aus Strafregistern oder dem kriminalpolizeilichen Aktenindex, die den BF allesamt als "staatenlos" bezeichnen.

In Anbetracht eines derart unklaren Sachverhalts, dessen Klärung allerdings für die Entscheidung von maßgeblicher Bedeutung ist, hätte die belangte Behörde von Amts wegen Ermittlungen vornehmen müssen, um die Staatsangehörigkeit des BF oder aber dessen Staatenlosigkeit festzustellen. So wurde der BF zuletzt zwar am 15.09.2015 niederschriftlich einvernommen, eine Frage, welche Staatsangehörigkeit er habe, wurde ohne erkennbaren Grund aber nicht gestellt, obwohl der belangten Behörde zu jenem Zeitpunkt bereits bekannt sein musste, dass von Seiten des BF die albanische Staatsangehörigkeit (wiederholt) verneint worden war.

Die im angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde grob mangelhaft geführten Ermittlungsverfahrens getroffenen Feststellungen und Erwägungen entsprechen jedenfalls nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Aus all dem ergibt sich, dass die belangte Behörde insoweit notwendige Ermittlungen jedoch gänzlich unterlassen und im angefochtenen Bescheid auch keine hinreichende Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere im Hinblick auf eine erforderliche herkunftsstaatsbezogene Prüfung - vorgenommen hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Die belangte Behörde (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - BFA) wird daher zunächst alle zur Ergänzung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und allenfalls - je nach Ausgang des Ermittlungsverfahrens - einen neuen Bescheid zu erlassen haben.

Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.

Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

Da alle Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG vorliegen, war der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im Hinblick auf die eben dargelegte Mangelhaftigkeit des Bescheides kann eine weitere Auseinandersetzung mit den übrigen in der gegenständlichen Beschwerde aufgezeigten Mängeln und den weiteren in der Beschwerde gestellten Anträgen unterbleiben.

2.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde in der Beschwerde zwar beantragt, da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

2.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu den Grundsätzen des Ermittlungsverfahrens, der Bescheidbegründung und der Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte