VwGH 2008/02/0277

VwGH2008/02/027729.6.2012

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der L GmbH in B, vertreten durch Dr. Markus Kostner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6a, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juli 2008, Zl. IIb2-1-22-33/122, betreffend Versagung einer Bewilligung nach § 82 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22. April 2008 wurde auf Ansuchen der beschwerdeführenden Partei eine Bewilligung gemäß § 82 Abs. 1 und 5 StVO 1960 zur Durchführung von verkehrsfremden Tätigkeiten für die Durchführung der Nachsorge auf den Autobahnkontrollstellen K. und R. erteilt und ausgesprochen, dass die Bewilligungspflicht all jene Tätigkeiten umfasse, die der Vorbereitung zur Transportbegleitung dienten, und die Transportbegleitung an sich. Müssten im Rahmen dieser Tätigkeiten die Verkehrsflächen der Kontrollstelle K. oder R. betreten werden, so sei eine der ÖNORM EN 471 entsprechende Warnkleidung zu tragen (Spruchpunkt 1).

Der Antrag bezüglich der Durchführung von verkehrsfremden Tätigkeiten hinsichtlich der Anwerbung für die unter Spruchpunkt 1 genannten Tätigkeiten wurde abgewiesen (Spruchpunkt 2).

Gegen Spruchpunkt 2 dieses Bescheides erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 2008 wurde die Berufung gegen Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Verkehrsflächen der Kontrollstellen K. und R. seien Teile der Autobahn, die ausschließlich zum Zwecke der Durchführung von Kontrolltätigkeiten durch Organe der Straßenaufsicht oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes gewidmet und zur Erfüllung dieser Aufgaben errichtet worden seien.

Auch bei sicherheitspolizeilichen Einsätzen, wie z.B. bei Alarmfahndungen, dienten die Kontrollstellen als Alarmfahndungspunkte, weshalb vom Straßenerhalter bewusst diese Flächen nicht als Parkplätze gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1b StVO 1960 gekennzeichnet worden seien, um in solchen Fällen, die jederzeit eintreten könnten, das Risiko für mögliche dort anwesende Verkehrsteilnehmer so gering als möglich zu halten.

Wenn der rechtsfreundliche Vertreter der Berufungswerberin in seiner Stellungnahme vom 17. Juni 2008 ausgeführt habe, dass durch diese Anwerbungstätigkeiten die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt werde, müsse dem entgegen gehalten werden, dass - wie aus der Stellungnahme des Landespolizeikommandos für Tirol zu entnehmen sei - während des Kontrollbetriebes auf den Fahrspuren (2 Kontrollspuren, 1 Durchfahrtsspur) unterschiedliches, meist aber sehr starkes Schwerverkehrsaufkommen vorherrsche.

Die Auseinandersetzungen zwischen Nachsorgeunternehmern seien sowohl verbal, als auch tätlich und teilweise in Gegenwart der beanstandeten Lenker geführt worden und hätten direkt neben der Fahrbahn, bzw. teilweise auf der Fahrbahn stattgefunden. Dadurch sei nicht auszuschließen, dass Lenker, die sich im Fahrzeug zum Parkplatz begäben, als auch jene, die die Kontrollstelle verließen, bzw. jene, die sich zu Fuß auf dem Weg vom Parkplatz zum Kontrollgebäude befänden (und umgekehrt), abgelenkt würden und dadurch dem Verkehr nicht mehr die notwendige Aufmerksamkeit schenken könnten.

Auch die der Stellungnahme angeschlossenen Lichtbilder dienten nicht dem Beweis, dass durch die anwerbenden Tätigkeiten die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Aus diesen sei lediglich die Lage der "Anwerbungsplätze" ersichtlich, nicht jedoch seien die Gefahren im laufenden Kontrollbetrieb zu erkennen. Selbst wenn diese Plätze - wie auf der Kontrollstelle K. - durch Betonleitwände abgesichert seien, so könne bei Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Lenker der vorbeifahrenden Lastkraftwagen dadurch abgelenkt würden. Dies berge wiederum ein nicht unbeträchtliches Unfallpotential in sich.

Für die Berufungsbehörde stehe nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens unter Einbeziehung sämtlicher Stellungnahmen und sorgfältiger Interessensabwägung fest, dass eine Genehmigung nach § 82 Abs. 1 StVO 1960 auf den Verkehrsflächen der Kontrollstelle K. und R. auf der A 12 Inntalautobahn eine wesentliche Beeinträchtigung zumindest der Sicherheit des Verkehrs darstelle.

Ein Lokalaugenschein auf den Kontrollstellen sei für die belangte Behörde entbehrlich, weil die Stellungnahme des Landespolizeikommandos für Tirol ausführlich, schlüssig und nachvollziehbar sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sie inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragte.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 82 Abs. 1 und 5 StVO 1960 lauten:

"(1) Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

…..

(5) Die Bewilligung nach Abs. 1 ist zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist. Wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs erfordert, ist die Bewilligung bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen; die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung weggefallen sind."

Nach der hg. Rechtsprechung genügt es für eine Versagung der Genehmigung nach § 82 Abs. 5 StVO 1960, wenn entweder die Sicherheit oder die Leichtigkeit oder die Flüssigkeit des Verkehrs wesentlich beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2005, Zl. 2003/02/0053).

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, es sei für die ausreichende Beurteilung der im konkreten Fall bestehenden verkehrstechnischen Verhältnisse iVm § 82 StVO 1960 erforderlich, einen Lokalaugenschein durchzuführen, bzw. setze diese eine Beweisaufnahme zur Feststellung der konkreten örtlichen Umstände voraus. Beides sei unterblieben.

Die belangte Behörde stütze sich auf die im Verfahren eingeholte Stellungnahme des Landespolizeikommandos für Tirol vom 4. Juni 2008. Sie übersehe dabei, dass es sich dabei lediglich um sehr allgemein gehaltene Ausführungen handle, die keine bzw. nur rudimentäre Hinweise auf die konkreten örtlichen Verhältnisse, wie sie auf den Kontrollstellen K. und R. vorherrschten, gäben. Eine Beschreibung der gesamten Örtlichkeit fehle. Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Stellungahme dargetan, dass jene Bereiche, in denen das Anwerben durch Mitarbeiter der Beschwerdeführerin erfolgen solle, durch (teilweise massive) Schutzeinrichtungen von den Fahrspuren getrennt seien. Der vorhandene Schutz der Fußgänger gewährleiste zugleich, dass der durchfahrende Schwerverkehr von Personen, die die Fußgängerbereiche benutzten, nicht beeinträchtigt werde.

Mit diesen Ausführungen gelingt es der beschwerdeführenden Partei nicht, die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels darzutun, zumal der Sachverhalt, wie die entsprechende Anwerbung für Dienstleistungen der beschwerdeführenden Partei stattfinden soll, von der beschwerdeführenden Partei ausführlich im Verfahren schriftlich und auch durch Vorlage von Lichtbildern dargelegt wurde. Im Lichte des Beschwerdevorbringens sind keine stichhältigen Argumente dafür erkennbar, dass die Durchführung eines Lokalaugenscheins bzw. weiterer Erhebungen vor Ort erforderlich waren. Selbst wenn massive Schutzeinrichtungen den Fußgängerverkehr vom sonstigen Verkehr auf den beiden Kontrollstellen trennen, wird damit nicht widerlegt, dass durch die konkrete Anwerbetätigkeit an den von der beschwerdeführenden Partei bezeichneten Stellen der jeweiligen Kontrollstelle eine die Verkehrssicherheit gefährdende Tätigkeit ausgeführt wird, die schon wegen der Ablenkung der vorbeifahrenden Lkw-Lenker, die sich von der Kontrollspur in den fließenden Verkehr einordnen müssen, als wesentliche Verkehrsbeeinträchtigung qualifiziert werden muss.

Insoweit die beschwerdeführende Partei bemängelt, es fehle an Feststellungen, an welcher Stelle die von der belangten Behörde erwähnten Auseinandersetzungen von Mitarbeitern der beschwerdeführenden Partei mit Mitarbeitern eines anderen Nachsorgeunternehmens stattgefunden hätten, so ist auch dieser Verfahrensmangel nicht relevant, zumal die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde selbst einräumt, dass es im Zuge der Anwerbetätigkeit bereits zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen eigenen Mitarbeitern und Mitarbeitern eines anderen Nachsorgeunternehmens gekommen sei, sodass die Annahme der Behörde nicht unschlüssig ist, dass es auch in Zukunft zu derartigen Vorfällen kommen könnte, die geeignet seien, die Verkehrssicherheit auf den Kontrollstellen wesentlich zu beeinträchtigen. Ob die Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei - wie in der Beschwerde behauptet wird - bei diesen Vorfällen "lediglich passiv verwickelt" gewesen seien, ist für die Wertung der wesentlichen Verkehrsbeeinträchtigung, die von solchen Auseinandersetzungen ausgeht, nicht relevant.

Es bedurfte zur Beurteilung der wesentlichen Verkehrsbeeinträchtigung, die nach Ansicht der belangten Behörde von der Anwerbetätigkeit ausgeht, auch keiner ergänzenden Einholung eines verkehrstechnischen Sachverständigen, zumal diese Beeinträchtigung schon aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin evident ist.

Die beschwerdeführende Partei räumt in der Beschwerde ferner ein, dass auch im "Parkplatzbereich" der Kontrollstellen eine Anwerbetätigkeit durchgeführt werde. Weshalb durch diese Anwerbetätigkeit keine wesentliche Verkehrsbeeinträchtigung erfolgen soll - wie in der Beschwerde behauptet wird - vermag die beschwerdeführende Partei nicht einsichtig darzulegen, zumal es auch offenkundig ist, dass gerade in diesem Bereich bei ständigem Zu- und Abfahren von Fahrzeugen ein Ablenken der Fahrer durch die dort stattfindende Anwerbetätigkeit der Verkehrssicherheit abträglich ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. Juni 2012

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