Rückzahlung nur, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung auch ein Guthaben am Konto ist.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.7400092.2018
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3231/2018 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 13.3.2019 abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/15/0078. Mit Erk. v. 18.6.2020 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7400083/2020 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat in der Beschwerdesache der A-GmbH, Wien, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Wiedner Hauptstraße 46/6, 1040 Wien, über die Beschwerde der Abgabepflichtigen vom 21. Februar 2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom 19. Jänner 2018, MA 6, betreffend Rückzahlung von Abgaben nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2018 in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters, der Vertreterinnen der belangten Behörde sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen vom 19. Jänner 2018, MA 6, wurden unter Spruchpunkt 2) Anträge der A-GmbH (in weiterer Folge: Bf.) auf Rückzahlung der bereits entrichteten Wettterminalabgaben gemäß § 239 Abs. 1 BAO mangels Guthabens abgewiesen mit der Begründung, dass ein Guthaben erst dann entstehe, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige, wenn somit auf ein und demselben Abgabenkonto per Saldo ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen bestehe (VwGH vom 24. Juni 1999, Zl. 96/15/0100).
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 21. Februar 2018 wurde der angefochtene Bescheid in allen Spruchpunkten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes angefochten und - soweit es die beantragte Rückzahlung betrifft - ausgeführt, dass nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei für die Auferlegung einer Wettterminalabgabe hinsichtlich der bezeichneten Geräte keine rechtliche Grundlage bestehe. Die Beschwerde richte sich gegen die Abweisung des Antrages auf Rückzahlung der bereits entrichteten Wettterminalabgabe.
Es werde daher beantragt, das Bundesfinanzgericht möge
a.) gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen
b.) in Senatsbesetzung entscheiden (§ 272 Abs 2 Z 1 lit a BAO) und
c.) den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Wettterminalabgabe für die Monate Jänner 2017 bis Dezember 2017 mit EUR 0,00 festgesetzt und der Beschwerdeführerin der Betrag von EUR 434.700,00 rückerstattet wird,
in eventu d.) den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache an die belangte Behörde zurückverweisen.
Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO verzichtet.
Anmerkung: Nachdem der Vertreter der Bf. aus Fairnessgründen - unter Zitierung der die Rechtsfrage betreffenden Judikatur - darauf hingewiesen wurde, dass laut Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes Kosten für die zweimalige Anreise und Vertretung vor dem BFG anfallen werden, wurde vom Vertreter der Bf. der Antrag auf mündliche Verhandlung ausdrücklich aufrechterhalten.
In der mündlichen Verhandlung wurden von beiden Parteien Stellungnahmen und Ausführungen zu den zugrundeliegenden Wettterminalabgaben vorgebracht, zur Frage der Rückzahlung wurde lediglich vom steuerlichen Vertreter vorgebracht, dass doch mit dem Rückzahlungsantrag auch die dahinter stehenden Abgabenbescheide angefochten sind. Obwohl vom Vorsitzenden in der Verhandlung wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass Sache der Beschwerdeverfahren nur die Frage der beantragten Rückzahlungen ist, wurde vom steuerlichen Vertreter angeregt, dass BFG möge dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorlegen:
Ist Art. 1 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 2015/1535 dahingehend auszulegen, dass nationale Bestimmungen, die eine Abgabenpflicht für das Halten von Wettterminals vorsehen, eine technische Vorschrift im Sinne der genannten Bestimmung darstellt?
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
Gemäß § 239 Abs. 1 (1. Satz) BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
§ 215 Abs. 1 BAO: Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 2 BAO: Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 3 BAO: Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
§ 215 Abs. 4 BAO: Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Zum Beschwerdeinhalt:
Ausgehend vom Sachverhalt, dass die A-GmbH die verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben selbst berechnet und entrichtet hat, aber in den Beschwerden gegen die Festsetzungsbescheide jeweils die Rückzahlung dieser entrichteten Abgaben beantragte, ist zunächst - wie von der belangten Behörde schon richtig dargestellt - darauf hinzuweisen, dass ein Guthaben erst entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgebend sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen (Hinweis Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar6, Rz 1 zu § 215 BAO sowie VwGH 16.5.2002, 2001/16/0375; VwGH 23.2.2006, 2005/16/0141; VwGH 1.3.2007, 2005/15/0137; VwGH 25.2.2010, 2007/16/0184; VwGH 25.2.2010, 2009/16/0311; VwGH 5.9.2012, 2009/15/0095).
Voraussetzung für den Erfolg eines Rückzahlungsantrages gemäß § 239 BAO ist nicht das Vorliegen einer (zu Unrecht) bezahlten Abgabe, sondern ein Guthaben - also ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen aufgrund tatsächlich durchgeführter Gutschriften auf dem Abgabenkonto (vgl VwGH 24.06.1999, 96/15/0100).
Dem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO ist daher der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (VwGH 16.5.2002, 2001/16/0375).
Eine Rückzahlung setzt jedenfalls ein "Guthaben" im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung voraus (vgl. VwGH 19.12.1986, 86/15/0058, sowie VwGH 27.05.1998, 98/15/0062 oder VwGH 5.9.2012, 2009/15/0095).
Die beschwerdeführende Partei behauptet in ihren Eingaben, dass für die verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben tatsächlich keine Abgabepflicht bestünde und daher die geleisteten Beträge zurück zu zahlen wären.
Nach der Verrechnungsregel des § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabenpflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.
Laut Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei ergibt sich aus den Buchungen am Abgabenkonto kein Guthaben, das allenfalls antragsgemäß zurückgezahlt werden könnte, da es laut oben zitierter Judikatur allein auf die tatsächlich durchgeführten Buchungen ankommt.
Es kann nur wiederholt darauf hingewiesen werden, dass es für die Beurteilung, ob ein Guthaben am Abgabenkonto besteht, auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt. Weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Erledigung der Rückzahlungsanträge bestand ein Guthaben am Abgabenkonto, das zurückgezahlt werden hätte können.
Soweit der steuerliche Vertreter in der Verhandlung darauf hinwies, dass mit dem Antrag auf Rückzahlung auch eine Prüfung der zugrunde liegenden Abgabenbescheide verbunden wäre, ist festzuhalten, dass die Beschwerden über die Abgabenbescheide von einem anderen Senat noch zu prüfen sein werden.
Eine materiellrechtliche Prüfung der verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben ist im Rückzahlungsverfahren nicht vorgesehen.
Da somit ein gemäß § 239 Abs. 1 BAO rückzahlbares Guthaben auf dem Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei nicht besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Eine Entscheidung über die Beschwerde gegen die Wettterminalabgabenbescheide ergeht zu einem späteren Zeitpunkt von einer anderen Gerichtabteilung.
Ein Grund für ein Vorabentscheidungsersuchen, ob Art. 1 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 2015/1535 dahingehend auszulegen ist, dass nationale Bestimmungen, die eine Abgabenpflicht für das Halten von Wettterminals vorsehen, eine technische Vorschrift im Sinne der genannten Bestimmung darstellt?, wird im Zusammenhang mit den Beschwerdeverfahren zu den Rückzahlungsanträgen nicht gesehen, sodass dieser Anregung nicht Folge geleistet wird.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Auf die oben dargestellte ausführliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diversen Fragen im Zusammenhang mit Rückzahlungsanträgen wird verwiesen. Weitere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit Rückzahlungsanträgen waren nicht zu lösen, sodass ein Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 21. Juni 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen: | § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH 24.06.1999, 96/15/0100 |