Kein schuldhaftes rechtswidriges Verhalten der Geschäftsführerin, daher auch keine Geldbuße beim Verband
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7300066.2020
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Der Finanzstrafsenat Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes hat in den Finanzstrafsachen gegen
1. Frau A B, Adresse1,
2. ***Bf1***, Wien1
beide vertreten durch Christoph Zitz MBA, murtax Steuerberatungs GmbH Kuenburgstraße 10, 5580 Tamsweg
wegen des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), beim Verband gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG, über die Beschwerde des Amtsbeauftragten vom 17. September 2019 (gemeint wohl richtig: 3. Dezember 2020) gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim ehemaligen Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des ehemaligen Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom 30. September 2020, SpS 2000, in der Sitzung am 27. Mai 2021 in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ehemaligen Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des ehemaligen Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 2019, SpS 2000, wurde das gegen
1) A B, Russland, derzeit in Karenz, wohnhaft Adresse1, und
2) ***Bf1***, Wien;
(ergänzt: wegen des Verdachts der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, die Umsatzsteuervorauszahlung 06/2019 iHv € 75.000,00 nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet zu haben) gemäß § 136 FinStrG eingestellt.
Als Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
"Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht nachstehender Sachverhalt fest:
Die ***Bf1*** wurde am 26.8.2013 gegründet. Als im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführerin fungiert seither bis dato die Beschuldigte.
Mit Bericht vom 9.10.2019 wurde bei der ***Bf1*** eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 01-07/2019 abgeschlossen, bei welcher festgestellt wurde, dass mit Rechnung vom 12.6.2019 die Liegenschaft für € 375.000.-- zuzüglich € 75.000.-- USt an die B-GmbH verkauft wurde.
Mit 30.8.2019 wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für 06/2019 eingereicht, wobei der gegenständliche Liegenschaftsverkauf nicht erklärt wurde.
Dem Vorgang ging zunächst eine Email vom 11.6.2019 der Erstbeschuldigte an ihren Steuerberater Mag. C (Beilage 1 zum Protokoll) voraus, in welcher sie ersucht, dem Käufer eine Rechnung laut Kaufvertragsentwurf, also inkl. USt, auszustellen.
Diese Rechnung (die USt ausweisend, Beilage 3 zum Protokoll) vom 12.6.2019 wurde ihr vom Steuerberater am 20.6.2019 wiederum per Email (Beilage 2 zum Protokoll) übermittelt.
Der Kaufvertrag wurde am 17.6.2019 unterfertigt, wobei der Käufer die Vorsteuer auf das Abgabenkonto der ***Bf1*** überrechnen hätte sollen und diese wiederum als USt abgeführt hätte werden sollen. Dass die Erstbeschuldigte davon ausging, ergibt sich aus ihrem Email an den Steuerberater vom 16.10.2019 und dessen Antwort von 17.10.2019.
Die Überrechnung erfolgte schließlich am 26.7.2019 (siehe die im Akt erliegende Buchungsabfrage).
Die Erstbeschuldigte ging daher zu Recht davon aus, dass die USt aus dem gegenständlichen Kaufvertrag in die UVA 06/2019, welche vom Steuerberater im elektronischen Weg eingebracht wurde, Eingang gefunden hätte.
Dass A B es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hätte, die aus der gegenständlichen Rechnung resultierende Umsatzsteuervorauszahlung für 06/2019 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit zu entrichten oder abzuführen, konnte somit nicht mit der für eine finanzstrafrechtliche Verurteilung nötigen Sicherheit festgestellt werden.
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der Erstbeschuldigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat, welche zur Gänze durch die in den Feststellungen detailliert zitierten Urkunden untermauert wurden.
Dazu hat der Spruchsenat erwogen:
Nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begeht eine Finanzordnungswidrigkeit, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, daß der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird.
Nach § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Nachdem die Erstbeschuldigte nach den Feststellungen jedenfalls vorsatzlos gehandelt hat, war das Finanzstrafverfahren sowohl gegen sie, als auch gegen den belangten Verband, gemäß § 136 FinStrG einzustellen.
In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Amtsbeauftragten vom 3. Dezember 2020 wird wie folgt ausgeführt:
Angefochten werde die Einstellung gem. § 136 FinStrG hinsichtlich der Geschäftsführerin A B, Adresse1, sowie des belangten Verbandes die ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** mit folgendem Inhalt:
"Die Grundlage des Verfahrens bildet die Betriebsprüfung vom 09.10.2019 bei der ***Bf1***, bei welcher festgestellt wurde, dass ein Liegenschaftsverkauf im Juni 2019 nicht in der UVA gemeldet wurde.
In den Rechtfertigungen der Beschuldigten, eingebracht durch den vorangegangenen Verteidiger sowie durch die Beschuldigte selbst, wird argumentiert, dass durch den Überrechnungsantrag lt. Kaufvertrag davon ausgegangen worden wäre, dass die Umsatzsteuer nicht separat zu melden gewesen wäre.
Im Rahmen der Verhandlung vor dem Spruchsenat wurde durch die Beschuldigte weiters vorgebracht, dass sie den Steuerberater mit der Erstellung der Rechnung für den gegenständlichen Liegenschaftskauf beauftragt hätte. Die Verfehlung wäre bei diesem zu suchen, da dieser die UVA nicht korrekt beim FA eingebracht hätte.
Die Aussagen der Beschuldigten haben die FSB veranlasst, das Finanzstrafverfahren gegen den ehemaligen Steuerberater, C Steuerberatungs GmbH, einzuleiten.
Dieser gab in seiner Rechtfertigung an, dass er an diesem Liegenschaftsverkauf nur so weit involviert wurde, als dass er den Rechnungsentwurf erstellt hätte.
Ihm wäre, nach Übermittlung des Rechnungsentwurfes, nicht mitgeteilt worden, ob die Liegenschaft veräußert wurde. Die durch die Beschuldigte übermittelten Belege der ***Bf1*** an den Steuerberater hätten auch keinen Liegenschaftsverkauf erkennen lassen, sodass die UVA nur nach den vorhandenen Belegen erstellt worden wären.
Da die Beschuldigte den Liegenschaftsverkauf nicht ordnungsgemäß dem Steuerberater mitgeteilt hat, ihr aber aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit (seit Mai 2014) die Pflicht zur Einreichung einer vollständigen und wahrheitsgemäßen UVA bewusst war, welche auch nicht durch die Überrechnung der USt durch den Käufer umgangen werden kann, hielt sie es ernstlich für möglich, dass die Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit abgeführt wurde und fand sich damit ab.
Es wird daher die Aufhebung des Erkenntnisses des Spruchsenates in diesem Punkt begehrt und um eine angemessene Bestrafung ersucht."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.
Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohte Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungendieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.
§ 2 Abs. 1 Z. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG): Entscheidungsträger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten.
§ 3 Abs. 1 VbVG: Ein Verband ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
§ 3 Abs. 2 VbVG: Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat.
Da das Beschwerdeverfahren gegen Frau A B als Geschäftsführerin der ***Bf1*** und somit als Entscheidungsträgerin iSd § 3 Abs. 2 VbVG kein rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten ergeben hat, liegen die Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldbuße über die ***Bf1*** als belangten Verband nicht vor.
Die Beschwerde des Amtsbeauftragten war daher abzuweisen.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
§ 160 Abs. 1 FinStrG: Über Beschwerden ist nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.
§ 160 Abs. 2 lit a FinStrG: Das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Ein solcher Antrag kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Da der Amtsbeauftragte in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtsfolgen ergeben sich schon aus dem Gesetz, sodass eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorlag.
Wien, am 27. Mai 2021
Zusatzinformationen | |
|---|---|
Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 28 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
