BFG RV/7102585/2020

BFGRV/7102585/202010.7.2020

Nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter - Dienstverhältnisse

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102585.2020

 

Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0076.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TPA Steuerberatung GmbH, Praterstraße 62-64, 1020 Wien, über die Beschwerde vom 5. Dezember 2016 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 7. November 2016 betreffend Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2010 bis 2013
zu Recht erkannt.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

  1. 1. Die Abgaben werden festgesetzt wie folgt:

2010 - Dienstgeberbeitrag (DB): Euro 20.653,65 Zuschlag zum DB: Euro 1.835,88
2011 - Dienstgeberbeitrag: Euro 22.005,86 Zuschlag zum DB: Euro 1.956,07
2012 - Dienstgeberbeitrag: Euro 24.248,77 Zuschlag zum DB: Euro 2.155,45
2013 - Dienstgeberbeitrag: Euro 21.860,66 Zuschlag zum DB: Euro 1.943,16.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  1. 1. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine in der Softwareentwicklung tätige GmbH.

Beim gegenständlichen Verfahren handelt es sich um das fortgesetzte Verfahren nach dem Erkenntnis des VwGH, Zl. Ra 2018/13/0061 vom 19.5.2020.
Mit diesem Erkenntnis hob der VwGH aufgrund der außerordentlichen Revision der Bf. die Entscheidung des BFG vom 21.6.2018, Gz. RV/7103576/2017, zur Beschwerde der Bf. vom 5.12.2016 hinsichtlich der Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag der Jahre 2010 bis 2013 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

Die wesentlichen Elemente des bisherigen Verfahrens werden, zum Teil zusammengefasst, dargestellt.

Bei der Bf. fand hinsichtlich der lohnabhängigen Abgaben der Jahre 2010 bis 2013 eine Außenprüfung (AP - GPLA) statt.
Die Feststellungen der AP betrafen die bei der Bf. im Prüfungszeitraum tätigen fünf Gesellschafter. Es handelte sich um drei zu je 23,25% (PA, RAn und ED) Beteiligte, einen zu 5% (RAlbe) Beteiligten sowie um die zu 25,25% beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführerin (Ges-Gf).
Die Gesellschafter-Geschäftsführerin war seit Gründung der Bf. im Jahr 1996 als Geschäftsführerin tätig.
Die AP war aufgrund des festgestellten Sachverhalts zur Beurteilung gelangt, dass sowohl die wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführerin als auch die nicht wesentlich Beteiligten als Dienstnehmer der Bf. zu sehen waren.
Die Abgabenbehörde folgte den Feststellungen der AP und erließ mit Datum 7.11.2016 die dementsprechenden Bescheide über die Festsetzung des DB und DZ sowie eines Säumniszuschlages zum DB jeweils für die Jahre 2010 bis 2013.

Zur mit 25,25% wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerin stellte die AP, auch aufgrund deren eigener Angaben, fest, dass diese zu 90% ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft mit Röntgen-Kassenverrechnungen zu tun gehabt habe. Dafür habe sie monatliche Honorarnoten gelegt, die nicht dem DB, DZ und der Kommunalsteuer unterzogen worden seien.
Die AP hielt u.a. fest, dass die Geschäftsführerin als Dienstnehmerin zu beurteilen sei.
Die formale Abrechnung der Vergütungen über Honorarnoten stehe der Beurteilung als Einkünfte iSd § 22 Z 2 EStG nicht entgegen. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin sei trotz einer Beteiligung von mehr als 25% als Dienstnehmerin iSd § 41 Abs. 2 FLAG 1967 zu beurteilen und seien daher u.a. DB und DZ nachzufordern.
Zu den vier nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftern hielt die AP fest, dass die Auftragsverhältnisse mit der Bf. als Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs. 2 EStG zu beurteilen seien. Aufgrund u.a. deren Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Bf. sowie aufgrund der für alle Gesellschafter fehlenden Weisungsgebundenheit sei die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG zutreffend.
Die Honorare der Gesellschafter stellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 dar und lägen Dienstverhältnisse gem. § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor. DB, DZ und Kommunalsteuer seien daher entsprechend nachzufordern.

Mit Schriftsatz vom 5.12.2016 wurde gegen die angeführten Bescheide rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese wurde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 12.6.2017 seitens der Abgabenbehörde als unbegründet abgewiesen.

In der Folge wurde am 4.7.2017 der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht eingebracht.
Nach durchgeführter mündlicher Verhandlung wurde die Beschwerde mit Erkenntnis des BFG vom 21.6.2018, Gz. RV/7103576/2017, soweit sie die Festsetzung der Dienstgeberbeiträge sowie der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag der Jahre 2010 bis 2013 betraf, abgewiesen.
Die Begründung der Beschwerde, der Verfahrensgang, der Sachverhalt und die rechtliche Würdigung sind dem Erkenntnis zu entnehmen.

Gegen das angeführte Erkenntnis wurde eine außerordentliche Revision erhoben.
Der VwGH hob in der Folge die Entscheidung des BFG mit Erkenntnis, Zl. Ra 2018/13//0061, vom 19.5.2020, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

Die Revision der Bf. richtete sich gegen die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 auf die Tätigkeit der vier, nicht als Geschäftsführer tätigen, nicht wesentlich beteiligten, Gesellschafter der Bf.
Gegen die Einbeziehung der Honorare der Gesellschafter-Geschäftsführerin in die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Festsetzung der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre 2010 - 2013 wurden keine Vorbringen erstattet.

Im nun fortgesetzten Verfahren vor dem BFG wurde der ursprüngliche Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung mit Fax vom 25.6.2020 zurückgenommen.

Über die Beschwerde wurde erwogen

§ 63 Abs. 1 VwGG bestimmt: "Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des BFG vom 21.6.2018, auf das verwiesen wird, war vom Vorliegen von Dienstverhältnissen, sowohl der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerin sowie der vier nicht wesentlich Beteiligten der Bf. ausgegangen worden. Deren Honorare wurden in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe in den Jahren 2010 bis 2013 einbezogen und dementsprechend lohnabhängige Abgaben (DB und DZ) festgesetzt.

Die außerordentliche Revision der Bf. richtete sich gegen die im Erkenntnis des BFG angewendete gesetzliche Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 im Zusammenhang mit der Tätigkeit der vier nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter der Bf.
Die Revision richtete sich nicht gegen die im Erkenntnis des BFG zur Tätigkeit der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerin getroffene Feststellung hinsichtlich der Beurteilung der Honorare als Arbeitslöhne iSd § 22 Z 2 EStG und deren Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gem. § 41 FLAG.

Der VwGH hat in seinem aufhebenden Erkenntnis, Zl. VwGH Ra 2018/13/0061 vom 19.5.2020, auf das verwiesen wird, hinsichtlich der vier nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter der Bf. erwogen.

Der VwGH hielt fest, dass Tatbestandsmerkmal des § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 ist, dass im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung getroffen wird, mit der von der dispositiven Regelung des GmbHG abgewichen wird und Sonderrechte eingeräumt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Generalversammlung Beschlüsse nur mit einer qualifizierten Mehrheit von z.B. 80% fassen kann, was dazu führt, dass ein mit 20% (Sperrminorität) am Stammkapital beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer Beschlüsse und damit allenfalls auch Weisungen (§ 20 Abs. 1 GmbHG) an ihn verhindern kann. Das Fehlen der Weisungsgebundenheit aus einem anderen Grund steht der Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 entgegen.
Auf den mit 5% beteiligten Gesellschafter, dem ein Vetorecht im "Rahmenvertrag" zugestanden worden war, war die genannte gesetzliche Bestimmung schon aus diesem Grund nicht anzuwenden.

Bei den mit jeweils 23,5% beteiligten Gesellschaftern war Folgendes zu beachten.
Ist ein Gesellschafter einer GmbH nicht als Geschäftsführer, sondern in der GmbH in einer anderen Funktion tätig, so kann seine persönliche Abhängigkeit - unter dem Aspekt seiner rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung der GmbH aufgrund seiner Beteiligungsrechte - erst dann verneint werden, wenn er kraft dieser Beteiligung die Ausübung der dem Geschäftsführer als Vertreter der GmbH ihm als Beschäftigtem der GmbH gegenüber zukommenden Weisungsmacht bestimmen oder verhindern kann. Dazu reicht aber eine Beteiligung an der GmbH, kraft derer er nur eine Beschlussfassung der Gesellschafter verhindern, aber nicht bestimmen kann, nicht aus, weil ihm dadurch nicht die Rechtsmacht eingeräumt wird, über Weisungen an den Geschäftsführer gemäß § 20 Abs. 1 GmbHG durch Beschlussfassung der Gesellschafter wirksam die Wahrnehmung der für die persönliche Abhängigkeit maßgeblichen Belange seitens des Geschäftsführers zu beeinflussen (vgl. insoweit VwGH 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg 12325 A/1986).
Im gegenständlichen Fall lagen hinsichtlich der drei betreffenden Gesellschafter nur Beteiligungen iHv jeweils 23,5 % vor. Das in § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 geforderte Tatbestandsmerkmal, den Weisungen eines anderen aufgrund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung nicht folgen zu müssen, war somit nicht erfüllt.

Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 war auf die Tätigkeit der vier nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter der Bf. nicht anzuwenden.
Die in Rede stehenden Honorare stellten keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, sodass keine Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013 aus diesem Titel zu erfolgen hatte.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt statt zu geben.

 

Der weitere Beschwerdepunkt betraf die mit 25,25% wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführerin der Bf. und die Festsetzung von DB und DZ für die Jahre 2010 bis 2013 aufgrund der in diesem Jahren an sie bezahlten Honorare.
Zu dieser Feststellung war in der erhobenen Revision der Bf. kein Vorbringen erstattet worden. Aufgrund des als unstrittig zu beurteilenden Sachverhalts, war daher wie im Erkenntnis des BFG vom 21.6.2018 zu entscheiden.

Hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts wird auf die Entscheidung des BFG verwiesen.

Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.
Der Beitrag gemäß § 41 Abs. 5 FLAG beträgt 4,5% der Beitragsgrundlage.

Gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt.

Unstrittig war, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin, Frau Ges-Gf, mit 25,25% im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 an der Bf. wesentlich beteiligt war. Wie dem Firmenbuch zu entnehmen war und auch durch die Gesellschafter bestätigt worden war, hatte die Gesellschafter-Geschäftsführerin seit Gründung der Bf. im Jahr 1996 diese Funktion erfüllt und die rechtlich vorgesehenen Leistungen der Geschäftsführung erbracht.
Die Gesellschafter-Geschäftsführerin war zudem im operativen Bereich der Bf., im Bereich Röntgen-Kassenverrechnung, tätig.
Ihre Leistungen wurden mittels Honoraren abgerechnet.

Strittig war, ob die im Prüfungszeitraum, d.h. in den Jahren 2010 - 2013, bezahlten Honorare als Arbeitslöhne im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 zu beurteilen waren und diese daher in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gem. § 41 FLAG einzubeziehen waren.

Die Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG 1967 iVm § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 stellt nicht auf die Art der Tätigkeit des an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten ab (vgl. VwGH 15.9.2011, 2011/15/0083; 26.3.2014, 2012/13/0052).

Da das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandsmerkmal der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 beseitigt wird, verbleibt hinsichtlich der Beurteilung des Vorliegens eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses nur noch das Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 25.11.2009, 2007/15/0181 und vom 19.3.2008, 2008/15/0083), dass der Umstand, dass der Gesellschafter nicht nur Aufgaben der Geschäftsführung, sondern auch Tätigkeiten im operativen Bereich der GmbH ausübt, einer Übernahme der in der Judikatur erarbeiteten Grundsätze, unter welchen von der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ausgegangen werden kann, nicht entgegensteht.
Es ist vielmehr von einem funktionalen Verständnis hinsichtlich des Begriffs der Eingliederung in den Organismus des Betriebs der Gesellschaft auszugehen.
Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als laufend zu erkennenden Lohnzahlung, kann in einer dem Gesetzeswortlaut verpflichteten Auslegung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 nur noch in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre (VwGH, verstärkter Senat 10.11.2004, 2003/13/0018 und Rechtssatz).

Wie der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, wird eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft, sei es durch Führung, sei es durch operatives Wirken auf ihrem Betätigungsfeld, verwirklicht wird.

Hier nahm die alleinige Geschäftsführerin seit ihrer Bestellung im Jahr 1996 die Aufgaben der Geschäftsführung der Gesellschaft wahr. Schon allein dadurch war das Merkmal der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft zweifelsfrei gegeben (VwGH 4.2.2009, 2008/15/0260). Sowohl durch diese für die Bf. ununterbrochen erbrachte und nach außen erkennbare Tätigkeit im Führungsbereich, als auch durch ihre Tätigkeit im operativen Bereich, war die organisatorische Eingliederung der Gesellschafter-Geschäftsführerin klar erkennbar.

Auch wenn der Frage des Unternehmerrisikos und der laufend zu erkennenden Lohnzahlung hier keine Bedeutung mehr zukam, war festzuhalten, dass hinsichtlich eines etwaigen Unternehmerwagnisses weder ins Gewicht fallende Einkommensschwankungen vorlagen, noch von einem ausgabenseitigen Einnahmenrisiko gesprochen werden konnte.
Wie die Geschäftsführerin selbst vorbrachte, bediente sie sich keiner eigenen Mitarbeiter oder Stellvertreter, sondern erbrachte die Dienstleistungen jeweils selbst. Es standen ihr zudem die Mitarbeiter der Bf. zur Verfügung.

Zu den in der Beschwerde angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken der Bf. war auf das zur Thematik ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.3.2001, G 109/00, zu verweisen. Demnach sind verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, jedoch im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar.

Das BFG kam somit in Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und Würdigung des vorliegenden Sachverhalts zum Schluss, dass die für die Tätigkeiten der Gesellschafter-Geschäftsführerin insgesamt bezahlten Vergütungen solche im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 darstellten.

Damit waren die Beträge in den Jahren 2010 bis 2013, wie durch die AP festgestellt, in die jährliche Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gem. § 41 FLAG einzubeziehen und die Abgabe entsprechend festzusetzen.

Für die Erhebung des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag (DZ) iHv 0,4 % war gem. § 41 FLAG iVm § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 die durch die AP für die Gesellschafter-Geschäftsführerin ermittelte Bemessungsgrundlage heranzuziehen und der DZ festzusetzen.

Die Beschwerde gegen die hinsichtlich der auf Basis der Honorare der Gesellschafter-Geschäftsführerin erfolgte Festsetzung der Dienstgeberbeiträge sowie die Festsetzung der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013 war in diesem Punkt abzuweisen.

Über die Beschwerde war wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aufgrund des Erkenntnisses des VwGH vom 19.5.2020, Ra 2018/13/0061, dem mit diesem Erkenntnis des BFG gefolgt wird, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

 

 

 

Beilage - wie im Spruch angeführt

 

 

Wien, am 10. Juli 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 63 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 19.05.2020, Ra 2018/13/0061

Stichworte