BFG RV/7101160/2017

BFGRV/7101160/201719.12.2017

Kündigungs- und Auflösungsgründe über ein Geschäftslokal nicht so umfassend, dass Vertrag auf bestimmte Dauer vorliegt

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101160.2017

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/16/0040. Zurückweisung mit Beschluss vom 26.4.2018.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache der Bf., X., vertreten durch RA, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 13. Dezember 2016, Erf.Nr. x/x, betreffend Gebühren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am 15. bzw. 21. Juli 2014 wurde zwischen der Bf., der Beschwerdeführerin als Vermieterin und der M. als Mieterin ein Mietvertrag abgeschlossen. Dieser Mietvertrag lautet auszugsweise:

1. Mietgegenstand

1.1. Die Vermieterin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1/1 mit der Grundstücksadresse Y1 und dem Grundstück Nr. 1/2 mit einer Gesamtfläche im Ausmaß von 883 m2 und der Liegenschaft EZ 2, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1/3 mit der Grundstücksadresse Y2, und dem Grundstück Nr. 1/4 mit einer Gesamtfläche von 786 m2, alle Katastralgemeinde A., Bezirksgericht B. (einzeln die „Liegenschaft“ und gemeinsam die „Liegenschaften“).

1.2. Die Vermieterin plant, auf den Liegenschaften nach Abbruch der bei Abschluss dieses Vertrages darauf befindlichen Gebäude ein Wohn- und Geschäftsgebäude gemäß beiliegendem Lageplan (Anlage ./A) neu zu errichten. Gegenstand dieses Mietvertrages ist das im Erdgeschoß dieses Gebäudes gemäß dem beiliegenden Grundrissplan (Anlage ./B) und der beiliegenden Baubeschreibung (Anlage ./C) zu errichtende Geschäftslokal für einen Handelsbetrieb mit einer Gesamtnettonutzfläche von mindestens 1.050 m² (der „Mietgegenstand“). Zum Mietgegenstand gehören auch drei in der Tiefgarage des Gebäudes gelegene und aus dem beiliegenden Garagenplan (Anlage ./D) ersichtliche Parkplätze. …..

2. Mietdauer

2.1. Das gegenständliche Mietverhältnis beginnt an dem auf den Eintritt der Rechtswirksamkeit dieses Vertrags (siehe Punkt 11.) nächstfolgenden Tag und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann von jeder Partei schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Letzten eines Kalendermonats aufgekündigt werden. Die Kündigung durch die Vermieterin kann nur aus den Gründen des § 1118 ABGB oder des § 30 Abs. 2 MRG erfolgen.

2.2. Die Mieterin verzichtet für die Dauer von 10 Jahren ab dem Übergabetag, das ist voraussichtlich der 01.12.2017, auf die Kündigung dieses Vertrags, sodass eine rechtswirksame Kündigung erstmals mit Wirkung zum 31.12.2028 ausgesprochen werden kann. Verschiebt sich der Übergabetag, dann verschiebt sich auch der Beginn des Zeitraums des Kündigungsverzichts entsprechend. Die Parteien werden den Beginn dieses Zeitraums im Übergabeprotokoll festhalten.

2.3. Die Vermieterin stimmt zu, dass das gegenständliche Bestandrecht im Grundbuch ob der Liegenschaft bzw. der Liegenschaften hinsichtlich des Mietgegenstands einverleibt wird. …..

4.4. Die Vermieterin wird, soweit in Punkt 4.5.nicht abweichend geregelt, auf ihre Kosten die für den Mietgegenstand entsprechend seinem im Lageplan (Anlage ./A), im Grundrissplan (Anlage ./B), der Baubeschreibung (Anlage ./C), dem Garagenplan (Anlage ./D), und der Fabrikateliste (Anlage ./E) beschriebenen Zustand erforderlichen behördlichen Genehmigungen, wie insbesondere die Baugenehmigung, einholen und Kopien der Bescheide der Mieterin spätestens am Übergabetag übergeben.

4.5. Die Vermieterin erstellt alle Pläne, die für die für den geplanten Geschäftsbetrieb der Mieterin erforderliche Betriebsanlagengenehmigung sowie die Genehmigung der Ladezone und der Werbeanlagen erforderlich sind. Die übrigen für die Erlangung dieser Genehmigungen erforderlichen Unterlagen (einschließlich einzuholender Gutachten) erstellt die Mieterin auf eigene Kosten. Die von der Vermieterin zu erstellenden Pläne dürfen erst nach vorheriger schriftlicher Freigabe durch die Mieterin eingereicht werden. Antragstellerin im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren sowie im Verfahren für die Genehmigung der Ladezone und für allfällig erforderliche Genehmigungen für Werbeanlagen gemäß Werbekonzept (Anlage ./E) ist die Mieterin. Die Vermieterin wird auf Aufforderung die von ihr als Eigentümerin des Mietgegenstands in diesen Verfahren benötigten Unterschriften leisten. Die Umsetzung und Einhaltung allfälliger in diesen Genehmigungsverfahren erteilter technischer oder baulicher Auflagen erfolgt durch die Vermieterin auf deren Kosten.

4.6. Am Übergabetag wird ein Übergabeprotokoll angefertigt, das von beiden Parteien unterzeichnet wird. Werden Mängel festgestellt, ist ein neuer Übergabetermin zu vereinbaren, bis zu dem die Mängel von der Vermieterin zu beseitigen sind.

…..

5.3. Die Vermieterin leistet gewähr; dass der Mietgegenstand am Übergabetag für den Betrieb eines Handelsunternehmens, insbesondere in Bezug auf die Widmung, geeignet fertig gestellt ist, eine Gesamtnettonutzfläche von mindestens 1.050 m² aufweist und über die für die behördliche Genehmigungsfähigkeit erforderliche Belichtung, die erforderlichen Fluchtwege, Zulieferwege, Stellplätze, Belüftungsanlagen, Brandmelde-, Brandentrauchungs-‚ Brandlösch- und Brandschutzeinrichtungen (falls behördlich gefordert) verfügt.

…..

7.1. Die Kosten für die kältetechnischen Anlagen (ausgenommen Kühlmöbel im Verkaufsraum) und Einrichtungen und deren Installation übernimmt die Vermieterin.

7.2. Die Mieterin ist berechtigt, auch während der Mietzeit alle baulichen Veränderungen die sie für zweckmäßig hält, auf eigene Kosten vorzunehmen. Die Vermieterin stimmt bereits jetzt derartigen Veränderungen zu, sofern die Standsicherheit, das äußere Erscheinungsbild des Mietgegenstandes und die weitere Vermietung nicht beeinträchtigt werden. Für den Fall, dass gem. WEG 2002 (idjgF) für bauliche Veränderungen die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich ist, ist die Mieterin selbst für die Einholung der Zustimmung verantwortlich. Die Mieterin ist bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verpflichtet.

7.3. Die Vermieterin verpflichtet sich, alle Erklärungen - auch gegenüber Behörden - abzugeben bzw. alle erforderlichen Ansuchen zu unterfertigen, die zur Durchführung baulicher Veränderungen erforderlich sind. Derartige bauliche Veränderungen gehen in das Eigentum der Vermieterin über, die Mieterin hat jedoch der Vermieterin entsprechende Pläne der baulichen Veränderungen umgehend zu übergeben.

…..“

Punkt 16. des Vertrages enthält eine Aufsandungserklärung. In dieser erklärt die Beschwerdeführerin ihre ausdrückliche Zustimmung, dass die Einverleibung des Bestandrechtes gemäß Punkt 2.3. dieses Vertrages für die M. einverleibt werden kann.

Im Punkt 24.1. dieses Vertrages wurde für Zwecke der Gebührenbemessung festgestellt, dass der Jahreswert der Leistungen dieses Vertrages € 230.184,00 brutto beträgt. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:

Mietzins Geschäftslokal in Höhe von

18.000,00

Mietzins Parkplätze in Höhe von

540,00

Betriebskostenakonto

642,00

Gesamt pro Monat

19.182,00

Gesamt pro Jahr

230.184,00

Für diesen Vertrag wurde am 5. September 2014 vom rechtsfreundlichen Vertreter der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin die Gebühr selbst berechnet und die für einen unbefristeten Bestandvertrag errechnete Gebühr in der Höhe von € 6.905,52 entrichtet.

Nach Durchführung einer Außenprüfung beim rechtsfreundlichen Vertreter der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin wurde vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel der Beschwerdeführerin mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom 13. Dezember 2016 die Gebühr mit € 29.923,92 vorgeschrieben. Unter Berücksichtigung des selbst berechneten Betrages ergibt sich auf Grund dieses Bescheides eine Nachforderung in der Höhe von € 23.018,40. Die wiederkehrenden Leistungen wurden ausgehend von einem zunächst auf die bestimmte Dauer von zehn Jahren abgeschlossenen und danach auf unbestimmte Dauer verlängerten Bestandvertrag mit dem dreizehnfachen Jahreswert bewertet. Dieser Bescheid enthält folgende Begründung:

„Die Festsetzung erfolgte auf Grund der unrichtigen Selbstberechnung.

Die Festsetzung erfolgt gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO da bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes vorliegen würden.

Anlässlich einer durchgeführten Überprüfung der Selbstberechnung wurde bei dem gegenständlichen Mietvertrag festgestellt, dass nicht ein Vertrag auf unbestimmte Dauer, sondern ein Vertrag auf bestimmte Dauer und darüber hinaus auf unbestimmte Dauer vorliegt. Dieser Umstand ist eine im Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsache bzw. ein neu hervorgekommenes Beweismittel iSd § 303 BAO und wurde bei der rechtlichen Würdigung bisher nicht berücksichtigt. Die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens hätten einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt.

Das gegenständliche Mietverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Mieterin verzichtet für die Dauer von zehn Jahren ab Übergabe auf die Kündigung dieses Vertrages. Die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters beschränken sich auf solche Gründe des § 30 Abs.2 MRG oder aus den Gründen des § 1118 ABGB.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VwGH 16.10.1989, 88/15/0040, festgestellt, dass die für den verfahrensgegenständlichen Bestandvertrag gewählte Formulierung der vertraglichen Kündigungsgründe nichts anderes zum Ausdruck bringt, als die Vereinbarung aller im vorliegenden Fall denkmöglicher Kündigungsgründe des § 30 Abs.2 MRG. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1989, Zl 88/15/0040, und vom 17. September 1990, Zl. 90/15/0034, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur). Sind jedoch nicht alle Kündigungsgründe auf den Sachverhalt anwendbar oder ist die Realisierung der Beendigungsgründe äußerst gering, ist anzunehmen, dass die Vertragsteile für eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollten.

Auch Kündigungsmöglichkeiten, die von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig sind bzw. grobes Fehlverhalten voraussetzen, führen nicht zu einer Vertragsauflösung aufgrund einer freien Entscheidung. (VwGH 24.3.1994, 93/16/0133).

Die Vermieterin kann den Vertrag während der Laufzeit - selbst unter Bedachtnahme auf ihre im Vertrag angeführten Kündigungsmöglichkeiten des § 30 Abs.2 MRG – somit keinesfalls jederzeit aus freien Stücken einseitig beenden, sodass gebührenrechtlich für den konkreten Fall von einem beidseitigen Kündigungsverzicht von 10 Jahre auszugehen ist. Nach dem Vertragsinhalt liegt ein Vertrag auf „bestimmte Dauer“ und darüber hinaus auf "unbestimmte Zeit" vor.

Berechnung:

€ 230.184,00 jährliche Bruttojahresmiete inkl. Betriebskosten x 13 Jahre (10 Jahre bestimmte Dauer + 3 Jahre unbestimmte Dauer) = € 2.992.392,00 X 1% = € 29.923,92 abzüglich selbstberechneter Betrag € 6.905,52 = € 23.018,40 Nachforderung

Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden.

Daher war dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen.

Nach § 33 TP 5 Abs. 5 GebG liegt die Berechnung und Entrichtung der Gebühr in der Verantwortung des Bestandgebers. Erweist sich eine Selbstberechnung als nicht richtig, ergeht daher auch der Bescheid gem. § 201 BAO primär an den Bestandgeber.“

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde vorgebracht (ohne Anmerkungen und Hervorhebungen):

„A. Sachverhalt

Am 15.7./21.7.2014 hat die Beschwerdeführerin als Vermieterin mit M. (FN 1a), Z., als Mieterin einen Mietvertrag abgeschlossen. Bei dem vertragsgegenständlichen Bestandsobjekt handelt es sich um ein Geschäftslokal, das sich (in Folge Grundbuchsänderungen nunmehr) auf der Liegenschaft EZ 2, KG A., bestehend aus Grundstück Nr 1/1, Nr 1/3, Nr 1/2 und Nr 1/4 mit der Adresse Y2, befindet. Zum Bestandsobjekt gehören als Mietgegenstand weiters drei Parkplätze.

Die Vertragsparteien vereinbarten ein unbefristetes Mietsverhältnis unter Einräumung eines beidseitigen Kündigungsrechtes. Die Beschwerdeführerin als Vermieterin kann den Vertrag aus den Gründen des § 1118 ABGB oder des § 30 Abs 2 MRG auflösen. Die Mieterin kann den Vertrag aufgrund eines vereinbarten zehnjährigen Kündigungsverzichtes erstmals mit Wirkung zum 31.12.2028 auflösen.

Im Vertrag wurde die Übergabe und Übernahme des Mietobjektes für den 1.12.2017 vereinbart.

Der monatliche Bruttomietzins errechnet sich wie folgt:

Mietzins Geschäftslokal in Höhe von

18.000,00

Mietzins Parkplätze in Höhe von

540,00

Betriebskostenakonto

642,00

Gesamt pro Monat

19.182,00

Gesamt pro Jahr

230.184,00

Die Gebührenselbstberechnung wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin fristgerecht am 5.9.2014 durchgeführt und die für den unbefristeten Bestandvertrag errechnete Gebühr in Höhe von € 6.905,52 ordnungsgemäß entrichtet.

Da nach Ansicht der belangten Behörde die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO vorliegen würden, erfolgte die erstmalige Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe in Höhe von € 29.923,92 gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO, mit der Begründung das beschwerdegegenständlichen Rechtsverhältnis auf bestimmte Dauer abgeschlossen worden sei, wobei es nach Ablauf von zehn Jahren in ein Mietverhältnis von unbestimmter Dauer übergehe. Unter Anrechnung der bereits entrichteten Gebühr in Höhe von € 6.905,52 setzte die belangte Behörde im angefochtenen Gebührenbescheid eine Nachforderung in Höhe von € 23.018,40 fest.

Der beschwerdegegenständliche Mietvertrag liegt der belangten Behörde vor.

B. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit

Der Bescheid vom 13.12.2016 zur Erfassungsnummer x/x über die Festsetzung einer Gebühr wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter, der die Selbstberechnung durchführte, am 16.12.2016 zugestellt, weshalb die Beschwerde binnen offener Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Die zulässig erhobene Beschwerde ist somit rechtzeitig.

C. Beschwerdeerklärung

Die Beschwerde richtet sich gegen die erstmalige Festsetzung der Gebühr in Höhe von € 29.923,92 für das von der belangten Behörde angenommene Mietverhältnis, das am 15.7./21.7.2014 abgeschlossen wurde und für das die Gebühr bereits am 5.9.2014 richtig selbstberechnet und entrichtet wurde, dem Grunde und der Höhe nach.

Die Beschwerdeführerin beantragt

die ersatzlose Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit, weil bei dem gegenständlichen Bestandvertrag von einer unbestimmten Vertragsdauer auszugehen ist und insofern die Selbstberechnung der Gebühr in Höhe von € 6.905,52 richtig war, weshalb kein Festsetzungsbescheid ergehen hätte dürfen.

D. Begründung der Beschwerde

Im vorliegenden Beschwerdefall handelt es sich um einen Bestandvertrag iSd §§ 1090ff ABGB, der nach § 33 TP 5 GebG der Rechtsgeschäftsgebühr unterliegt. Aus diesem Grund führte der rechtsfreundliche Vertreter der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin eine Selbstberechnung durch und wurde die nach § 33 TP 5 Abs 3 1. Satz GebG errechnete Gebühr in Höhe von € 6.905,52 entrichtet.

Die erstmalige Festsetzung der Gebühr erfolgte von Amts wegen im Rahmen der Außenprüfung nach §§ 147ff BAO bei der rechtsfreundlichen Vertretung, die die Selbstberechnung durchgeführt hat. Bis zum Schluss - und bei der Schlussbesprechung ausführlich mit der Prüferin thematisiert - herrschte Uneinigkeit darüber, ob angesichts der geltenden Rechtslage, der Judikatur und der Auffassungen in der Literatur bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG seitens einer Vertragspartei und unter Abgabe eines (befristeten) Kündigungsverzichtes der anderen Vertragspartei ein Vertrag mit unbestimmter Dauer für gebührenrechtliche Zwecke in einen Vertrag mit bestimmter Dauer umzuqualifizieren ist.

Die Beschwerdeführerin ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - der Auffassung, dass der Bestandvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde und deshalb die durchgeführte Gebührenselbstberechnung richtig ist. Aus diesem Grund hätte die Gebühr nicht mit Bescheid von Amts wegen erstmalig festgesetzt werden dürfen.

Indem die belangte Behörde zudem davon ausging, dass das Bestandverhältnis erst nach Ablauf von zehn Jahren in ein Rechtsverhältnis von unbestimmter Vertragsdauer übergeht, ist die dem Bescheid zugrunde liegende Gebührenberechnung unrichtig und führt zu einer nicht rechtmäßigen Nachforderung.

1. Qualifikation als Bestandvertrag mit unbestimmter Dauer

1.1. Berücksichtigung des Parteiwillens entsprechend der vereinbarten Vertragsbedingungen

Ob gebührenrechtlich ein Vertrag von bestimmter oder unbestimmter Vertragsdauer vorliegt, richtet sich nicht nach der Bezeichnung des Vertrages, sondern nach dessen Inhalt (VwGH 5.3.2009, 2007/16/0149 mwN). Entscheidend ist, ob die Vertragsparteien nach dem erklärten Vertragswillen auf eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollen oder nicht (VwGH 3.12.1964, 143/63; Twardosz, GebG6, § 33 TP 5, Rz 31). Die Vertragsdauer eines Bestandverhältnisses ist deshalb im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln.

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die eingeräumte Beendigungsmöglichkeit, die sich danach richtet, ob der Vertrag vorzeitig einseitig beendet werden kann und inwieweit der Vertrag Kündigungsbeschränkungen vorsieht (VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169; VwGH 3.12.1964, 143/63 mwN).

Der VwGH hat bereits in seinem Erkenntnis vom 3.12.1964 zu 143/63, das von einem verstärkten Senat in Bestätigung des Erkenntnisses vom 8.4.1964 zu 840/62 zur Abweichung von der vorherigen Rechtsprechung beschlossen wurde, ausgesprochen, dass nicht jeder auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Vertrag in ein Vertragsverhältnis von bestimmter Dauer umgedeutet werden dürfe, nur weil kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart sei.

Ein beiderseitiger Kündigungsverzicht ist im vorliegenden Beschwerdefall weder vertraglich vorgesehen noch entspricht dessen Annahme dem Parteiwillen. Auch sind vertraglich keine einzelnen Kündigungsgründe vereinbart worden, sondern kann nach dem Willen der Vertragsparteien das Bestandverhältnis von jeder Partei aufgelöst werden.

Das Auflösungsrecht der Beschwerdeführerin als Vermieterin ist „beschränkt" auf die ihr grundsätzlich gesetzlich zustehenden Kündigungsgründe nach § 1118 ABGB oder nach § 30 Abs 2 MRG (Pkt 2.1. des Mietvertrages). Die Ausübung ihres Auflösungsrechtes ist an keinerlei weiteren vertraglichen Bedingungen geknüpft.

Die Mieterin gab für die Dauer von zehn Jahren ab Übergabetag einen Kündigungsverzicht ab (Pkt 2.2. des Mietvertrages). Eine vertragliche Beschränkung ihrerseits auf Kündigungsgründe oder die Bindung vertraglicher Bedingungen an die Auflösung sind nicht vorgesehen (Stichwort „schuldhaftes Verhalten der Vertragspartei" und „Pönalzahlungen", dazu ausführlich unter Pkt 2 zu VwGH 24.3.1994, 93/16/0133).

Nur wenn nach seinem Inhalt der Vertrag vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keiner der Vertragsparteien einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit für beide Vertragsparteien auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169), liegt gebührenrechtlich ein Vertrag mit bestimmter Dauer vor. Da diese Voraussetzungen offenkundig nach dem Parteiwillen nicht vorliegen, ist bei der Berechnung der Gebühr von einem Vertrag auf unbestimmte Dauer auszugehen und ist die am 5.9.2014 durchgeführte Selbstberechnung richtig.

2. Keine Umqualifizierung auf bestimmte Vertragsdauer bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG

Nach ständiger Rechtsprechung (VwGH 16.10.1989, 88/15/0040; VwGH 17.9.1990, 90/15/0034; VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169; VwGH 9.9.2015, Ra 2015/16/0072; BFG 3.6.2015, RV/5100753/2013; BFG 14.7.2015, RV/7101783/2012) handelt es sich um ein Bestandverhältnis von unbestimmter Dauer, wenn alle Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG vereinbart sind. Dabei ist allerdings nur auf alle denkmöglichen Kündigungsgründe abzustellen (VwGH 16.10.1989, 88/15/0040; siehe dazu ausführlich Fn 2). Sollten nicht alle in § 30 Abs 2 MRG aufgelisteten Kündigungsgründe auf einen Sachverhalt zutreffen (wie etwa bei einer Geschäftsraummiete), liegt darin keine (vertragliche) Beschränkung der Kündigungsgründe, weil ungeachtet dessen grundsätzlich alle Kündigungsgründe und damit all jene, die theoretisch zutreffen könnten, dh die denkmöglich sind, als vereinbart gelten (Cupal/Patloch/Petrikovics, Immolex 2016, 221).

Ein einseitiger Kündigungsverzicht einer Vertragspartei schadet der Qualifizierung als Vertrag mit unbestimmter Vertragsdauer nicht, wenn auch nur eine Vertragspartei den Vertrag jederzeit kündigen kann (allen voran VwGH 3.12.1964, 143/63; VwGH 16.10.2014,2011/16/0169 mwN). Im Zusammenhang mit der Ausübung des Kündigungsrechtes ist für die Beurteilung als Vertragsverhältnis von unbestimmter Dauer bloß relevant, dass eine einseitige Auflösung die Befreiung der Vertragsparteien von ihren etwaigen vertraglichen Verpflichtungen nach sich zieht (VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169 mwN).

Die belangte Behörde übersieht, dass im vorliegenden Fall vertraglich alle Kündigungsmöglichkeiten offenstehen; die gesetzliche Beschränkung hinsichtlich der Anwendbarkeit mancher Kündigungsgründe führt nämlich zu keinem (vertraglichen) Kündigungsverzicht und ist für die Qualifizierung als Bestandvertrag mit unbestimmter Dauer nicht maßgeblich. Die Rechtsprechung sieht selbst bei ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung lediglich der denkmöglichen Kündigungsgründe keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten für eine Qualifizierung als Vertrag mit bestimmter Dauer (VwGH 16.10.1989, 88/15/0040).

Die Vertragsparteien des vorliegenden Beschwerdefalls vereinbarten, dass jede Partei jederzeit das Bestandverhältnis auflösen kann, wobei die Beschwerdeführerin als Vermieterin den Vertrag aus den Gründen des § 1118 ABGB oder des § 30 Abs 2 MRG auflösen kann. Das Kündigungsrecht der Mieterin ist insofern beschränkt, als die frühestmögliche Kündigung rechtswirksam erstmals mit Wirkung zum 31.12.2028 ausgesprochen werden kann. Diese vertragliche Beschränkung ist jedoch für die Qualifizierung als Bestandvertrag mit unbestimmter Dauer nicht wesentlich, weil es nach obig angeführter Rechtsprechung ausreicht, wenn bloß eine Vertragspartei den Vertrag auflösen kann. Andere vertragliche Beschränkungen wie (fortlaufende) Pönalzahlungen der Mieterin in der Höhe des Mietzinses bei einer Kündigung während einer bestimmten Dauer, sofern der Vermieterin kein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden kann, und Verletzungen wesentlicher (eingemahnter) Vertragsverpflichtungen als vertraglich vereinbarte Kündigungsvoraussetzung (so der Sachverhalt beim von der belangten Behörde zitierten VwGH-Erkenntnis vom 24.3.1994 zu 93/16/0133) oder wie ausdrückliche vertragliche Einschränkung auf einzelne Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG (zB VwGH 9.9.2015, Ra 2015/16/0072) liegen nicht vor.

Worin die belangte Behörde einen beidseitigen Kündigungsverzicht von zehn Jahren erblickt und warum deshalb von einer gebührenrechtlichen Kombination von einer bestimmten mit einer unbestimmten Vertragsdauer ausgegangen werden darf, ist für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, zumal die Vertragsparteien keine Vereinbarung dahingehend trafen, dass das Vertragsverhältnis vorerst nur auf eine bestimmte Dauer gelten sollte und sich die Laufzeit auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern niemand die Nichtfortsetzung erklärt (so der Sachverhalt bei der Grundsatzentscheidung des verstärkten Senats zu den Unterscheidungsmerkmalen betreffend Vertragsdauer und gebührenrechtliche Kombination von Verträge mit bestimmten und unbestimmten Dauer in VwGH 3.12.1964, 143/63). Hingegen wurde vertraglich vereinbart, dass das Vertragsverhältnis grundsätzlich unbefristet gelten soll, wobei die Mieterin ihrerseits auf die Kündigung innerhalb der ersten zehn Jahre verzichtet. Die Annahme der belangten Behörde, dass das Vertragsverhältnis von unbestimmter Dauer an eines mit unbestimmter Vertragsdauer anknüpft, entspricht nicht der tatsächlichen Vertragsgestaltung.

Da im vorliegenden Fall der Mietvertrag einer der Vertragsparteien (nämlich der Vermieterin) sämtliche Kündigungsmöglichkeiten nach § 30 Abs 2 MRG einräumt (Pkt 2.1. des Mietvertrages), entfällt eine weitergehende Prüfung nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe. Somit ist bereits nach dem in der ständigen Rechtsprechung des VwGH stets wiederholten Grundsatz, dass »[d]ie Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG [...] jedoch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar[stellt]", der beschwerdegegenständliche Vertrag gebührenrechtlich als ein Vertrag mit unbestimmter Dauer zu qualifizieren.

Somit wurde die Gebühr im Beschwerdefall ursprünglich richtig in Höhe von € 6.905,52 berechnet und fristgerecht entrichtet. Die belangte Behörde hätte deshalb die Gebühr nicht erstmalig festsetzen dürfen, zumal die Annahme des Vorliegens eines Vertragsverhältnisses von bestimmter Dauer, das in eines mit unbestimmter Vertragsdauer übergeht, unrichtig ist und die Gebühr zudem unrichtig in der Höhe von € 29.923,92 festgesetzt wurde. Aus diesen Gründen ist der Festsetzungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

3. Unzulässige Festsetzung der Gebühr mit Bescheid

Voraussetzung für eine erstmalige Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe ist nach § 201 Abs 1 BAO, dass der Abgabenpflichtige, der zur Selbstberechnung verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder sich die bekanntgegebe Selbstberechnung als nicht richtig erweist, wenn bei sinngemäßer Anwendung von § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.

Im Rahmen der Außenprüfung nach §§ 147ff BAO bei der rechtsfreundlichen Vertretung, die die Selbstberechnung durchgeführt hat, wurde nach Aufforderung durch die belangte Behörde von der rechtsfreundlichen Vertretung entsprechend der sie treffenden erhöhten Mitwirkungspflicht der beschwerdegegenständliche Mietvertrag vorgelegt.

Die Prüferin gelangte nach Prüfung des Vertrages zum Ergebnis, dass ein Vertrag mit bestimmter Dauer vorliege, der nach „Ablauf des zehnjährigen Kündigungsverzichtes in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht. Die belangte Behörde erließ entsprechend dieser Feststellung den nunmehr angefochtenen Bescheid.

Da im beschwerdegegenständlichen Fall - wie oben ausführlich dargestellt - ein Vertrag mit unbestimmter Dauer abgeschlossen wurde, hat der rechtsfreundliche Vertreter der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin die aufgrund dieses Rechtsgeschäft anfallende Gebühr in Höhe von € 6.905,52 jedoch richtig selbstberechnet. Eine bescheidmäßige erstmalige Festsetzung (von Amts wegen) hätte mangels Erfüllung der dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfolgen dürfen.“

In der mündlichen Verhandlung wurde von der Vertretung der Beschwerdeführerin ergänzend vorgebracht, dass § 30 Abs. 2 auch auf Geschäftsflächen anzuwenden ist und die Vermieterin den Vertrag, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, jederzeit kündigen kann, da vertraglich keine Kündigungsgründe vereinbart wurden. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass, sofern alle denkmöglichen Kündigungsgründe dem Vermieter zustehen, ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt.

Vom Finanzamt wurde nicht bestritten, dass das MRG auf Geschäftsräume anwendbar ist. Die Frage der Realisierung der Kündigung des Mietvertrages ist nach dem Verwaltungsgerichtshof nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit im Einzelfall zu prüfen. Mit Beschluss vom 19.12.2017, Ra 2017/16/0111, ist der Verwaltungsgerichtshof dieser Einzelfallprüfung nicht entgegengetreten.

Von der Vertretung wird erwidert, dass nicht immer ein Fehlverhalten des Mieters für die Kündigung erforderlich ist. In der Ziffer 9 wird der dringend benötigte Eigenbedarf geregelt, der auch bei Geschäftsräumen möglich ist. Nur vertragliche Kündigungsmöglichkeiten sind nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit zu bewerten.

Erwägungen

Dass es sich im vorliegenden Fall um einen Bestandvertrag iSd §§ 1090 ff ABGB handelt, der nach § 33 TP 5 GebG der Gebühr unterliegt, wird nicht bestritten. Nach Meinung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel liegt hier ein Vertrag von bestimmter und anschließender unbestimmter Dauer vor. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass ein Vertrag nur von unbestimmter Dauer vorliegt.

In dem gegenständlichen Mietvertrag wurde in Punkt 2. festgehalten, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird und von jeder Partei schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Letzten eines Kalendermonates aufgekündigt werden kann. Die Kündigung durch die Vermieterin kann nur aus den Gründen des § 1118 ABGB oder des § 30 Abs. 2 MRG erfolgen. Die Mieterin verzichtet für die Dauer von 10 Jahren ab dem Übergabetag auf die Kündigung dieses Vertrages. Die hier zitierten Bestimmungen lauten:

§ 1118 ABGB:

Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige Ausbesserungen.“

§ 30 Abs. 2 MRG:

Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie „D“ weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.“

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich (vgl. VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169).

Ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist gebührenrechtlich als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn sich aus seinem Inhalt ergibt, dass das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist.

Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandverträgen mit einer Vertragsdauer auf bestimmte und solchen mit einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile auf eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig aufzulösen, steht der Beurteilung dieses Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG nicht im Wege. Ein (seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener) Bestandvertrag ist im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt jedoch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar (VwGH 9.9.2015, Ra 2015/16/0072 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Laut dem vorliegenden Mietvertrag kann eine Kündigung durch die Beschwerdeführerin nur aus den Gründen des § 1118 ABGB oder des § 30 Abs. 2 MRG erfolgen. Den vorliegenden Fall entscheidet, ob der seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Mietvertrag nach dem Willen der Vertragspartner für die ersten zehn Jahre de facto bindend sein sollte.

Bei den Kündigungsgründen des § 1118 ABGB handelt es sich um solche, die entweder in der Person der Mieterin gelegen sind oder die im gegenständlichen Fall äußerst unwahrscheinlich sind, da es sich bei dem Mietgegenstand um ein erst zu errichtendes Objekt handelt. Die in der Person der Mieterin gelegenen Kündigungsgründe setzen ein grobes Fehlverhalten der Mieterin voraus, sodass die Vertragsauflösung nicht aufgrund einer freien Entscheidung der Beschwerdeführerin erfolgen kann.

Ob die eingeräumten Kündigungsrechte gemäß § 30 Abs. 2 MRG so umfassend sind, dass keine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit vorliegt und man daher von einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit auszugehen hat, ist von Fall zu Fall verschieden zu beantworten (VwGH 17.9.1990, 90/15/0034). Zu bedenken ist, dass die Bestimmungen des MRG primär auf Wohnraummiete abstellen. Im gegenständlichen Fall werden eine Geschäftsfläche für einen Handelsbetrieb und drei in der Tiefgarage gelegene Parkplätze vermietet. Damit scheiden bereits die Ziffern 5, 6, 8 und 16 des § 30 Abs. 2 MRG aus, da diese die Vermietung von Wohnräumen voraussetzen. § 30 Abs. 2 Z. 2 MRG kommt nicht zur Anwendung, weil das Mietentgelt nicht in einer Dienstleistung besteht. Ebenso greift die Ziffer 10 dieser Bestimmung nicht, da der Mietgegenstand ein Geschäftslokal ist und nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt ist.

§ 30 Abs. 2 Z. 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, welches im gegenständlichen Fall nicht vorliegt. § 30 Abs. 2 Z. 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor. § 30 Abs. 2 Z. 14 und Z. 15 MRG kommen nicht in Betracht, da der Mietgegenstand kein Miethaus ist und zudem – in Anbetracht dessen, dass es sich erst um ein zu errichtendes Objekt handelt – ein Abbruch oder Umbau des Gebäudes als unwahrscheinlich gilt.

§ 30 Abs. 2 Z. 1 (Mietzinsrückstand), Z. 4 (Untervermietung) und Z. 7 (vertragswidrige Verwendung) MRG fallen unter den Kündigungsgrund „Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung und Fristsetzung“. In der Z. 9 dieser Gesetzesstelle ist als Kündigungsgrund der Eigenbedarf normiert. Auch die Ziffer 11 scheidet aus, da diese nur für den Bund, ein Bundesland oder eine Gemeinde gilt.

Sämtliche Kündigungsgründe aus der Verletzung von Vertragspflichten und aus § 30 Abs. 2 Z. 3 MRG setzen ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners voraus, womit die Kündigungsrechte der Beschwerdeführerin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und jeglichem Einfluss der Beschwerdeführerin entzogen sind. Allein der Kündigungsgrund „Eigenbedarf“ liegt in der Sphäre der Beschwerdeführerin. Dieser auf einen einzelnen Fall beschränkte Kündigungsgrund ist allerdings nicht umfassender Natur, sodass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages äußerst gering ist. Hier wäre festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 19.12.2017, Ra 2017/16/0111, einer Einzelfallüberprüfung nicht entgegengetreten ist.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die vorzeitige Kündigung des Mietvertrages durch die Beschwerdeführerin bloß eingeschränkt möglich ist. Sämtliche Kündigungsgründe – abgesehen von dem „Eigenbedarf“ – sind dem Einfluss der Beschwerdeführerin entzogen. Die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des abgeschlossenen Mietvertrages durch die Beschwerdeführerin ist äußerst gering, sodass der gegenständliche Vertrag – da die Mieterin bei diesem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag einen Kündigungsverzicht von zehn Jahren abgegeben hat – unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Vertrag mit bestimmter Dauer von zehn Jahren und anschließend als Vertrag auf unbestimmte Dauer zu vergebühren ist.

Diese auf lange Zeit beabsichtigte Bindung der Vertragspartner erklärt auch die Einverleibung des Bestandrechtes im Grundbuch. Weiter sprechen für eine längere Laufzeit die Verpflichtungen, welche die Beschwerdeführerin gegenüber der Mieterin in den Punkten 4 (Erstellung aller für den Betrieb der Mieterin erforderlichen Pläne und Erlangung der Genehmigungen dafür) und 7 (Übernahme der Kosten für die kältetechnischen Anlagen und Zustimmung zu baulichen Veränderungen) des Vertrages übernommen hat. Nach dem gesamten Inhalt des gegenständlichen Vertragskonstrukts ist auszuschließen, dass eine der beiden Vertragsparteien die Absicht hätte, den Vertrag vor Ablauf von zehn Jahren zu kündigen.

An den Bindungswillen beider Vertragsteile auf zehn Jahre ist auch in Anbetracht des Mietgegenstandes nicht zu zweifeln. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein Geschäftslokal, das im Wesentlichen dem konkreten Bedarf der Mieterin entspricht, in einem erst zu errichtendem Gebäude nur auf lange Sicht vermietet wird. Im Hinblick auf die für die Gestaltung des Mietobjektes von der Beschwerdeführerin übernommenen Kosten muss es im besonderen Interesse der Beschwerdeführerin sein, dass das Mietverhältnis auf lange Zeit abgeschlossen wird.

Da hier ein Vertrag mit bestimmter Dauer vorliegt, der nach dem zehnjährigen Kündigungsverzicht in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht, hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel den Bescheid gemäß § 201 BAO vom 13. Dezember 2016 zu Recht erlassen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt (VwGH 16.10.1989, 88/15/0040; VwGH 17.9.1990, 90/15/0034; VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169 und VwGH 9.9.2015, Ra 2015/16/0072).

 

 

Wien, am 19. Dezember 2017

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

Verweise:

VwGH 16.10.1989, 88/15/0040
VwGH 16.10.2014, 2011/16/0169
VwGH 17.09.1990, 90/15/0034
VwGH 09.09.2015, Ra 2015/16/0072

Stichworte