BFG RV/7100514/2017

BFGRV/7100514/201718.4.2019

Anwendungsfall des § 3 Abs 2 EStG bei Bezug von Arbeitslosengeld, zeitweisen geringfügigen Einkünften (Teilversicherung) und zeitweisen unselbständigen Einkünften bei Vollbeschäftigung (Vollversicherung)

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100514.2017

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter RI in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch STB, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes XY vom 12.07.2016, betreffend Einkommensteuer 2015, zu Recht erkannt: 

 

 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2015 beträgt Euro 78,00.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Berechnung wird auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom 28.10.2016 verwiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

 

Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte elektronisch für 2015 einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung ein. Der Bf. bezog im Veranlagungsjahr 2015 für die Monate 01/2015 bis 04/2015 Arbeitslosengeld. Der Bf. war gleichzeitig in den Monaten Jänner 2015  bis April 2015 geringfügig beschäftigt. Ab Mai 2015 bis Dezember 2015 hatte der Bf. ein Vollzeitdienstverhältnis. Das Finanzamt (FA) ging von einem Anwendungsfall des § 3 Abs. 2 EStG (Hochrechnung) aus und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2015, der zu einer betragsmäßig kleinen Nachforderung führte.

Ausführungen der steuerlichen Vertretung in der Beschwerde : GANZJÄHRIGE nichtselbständige Einkünfte sind gem. § 3 Abs. 2 EStg iVm Rz 114 LStR grundsätzlich NICHT hochzurechnen. Als ganzjährig gilt ein Lohnzettel mit einem Bezugszeitraum vom 01.01.-31.12. Somit sind die AMS Bezüge von … in der Höhe von EUR 2.767,20 nicht hochzurechnen, da ... das ganze Jahr über durchgehend bei der …. beschäftigt war (siehe Jahreslohnzettel K16 1.1.-31.12.2015).

Die Beschwerde wurde mit BVE (Beschwerdevorentscheidung) abgewiesen. Insbesondere wird in der Begründung der BVE vom FA wie folgt ausgeführt:

… Es sind daher zur Bestimmung des Durchschnittssteuersatzes die in den Monaten Mai bis Dezember 2015 bezogenen Einkünfte auf ein fiktives Jahreseinkommen hochzurechnen. Lediglich die in den Monaten Jänner bis April 2015 bezogenen geringfügigen Einkünfte werden zur Bestimmung des Durchschnittssteuersatzes aus der Hochrechnung herausgenommen und in tatsächlicher Höhe angesetzt. Es werden daher nunmehr an Stelle der in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze für vier Monate geschätzten Bezüge (€ 1.623,92) die tatsächlich in den Monaten Jänner bis April 2015 bezogenen geringfügigen Einkünfte (€ 1.492,-) aus der Hochrechnung herausgenommen. Dabei ergibt sich, dass nach wie vor die Kontrollrechnung zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führt, sodass diese auch angewendet wird. ...

... Bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) - siehe Hinweise zur Berechnung – wurden zuerst Ihre steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet, Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf Ihr Einkommen angewendet (Umrechnungsvariante). Danach ist anhand einer Kontrollrechnung festzustellen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs.2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergibt. Da dies in Ihrem Fall zutrifft, wurde der Tarif ... auf ein Einkommen von 18.273,07 € angewendet. ... 

Zur Kürzung der Sonderausgaben hielt das FA in der BVE folgendes fest: ... Die Personenversicherungsprämien werden im Zuge der Beschwerdeerledigung nachträglich gestrichen, weil Sie laut Finanzamtsbestätigung der Versicherungsgesellschaft ... nicht Versicherungsnehmer und somit zur Zahlung der Prämien Verpflichteter sind, sondern lediglich eine der versicherten Personen. Ein Nachweis, dass Sie selbst Versicherungsnehmer sind und die Prämien selbst direkt an die Versicherung bezahlt haben, wurde trotz entsprechendem Schriftverkehr (E-Mail) mit ihrer steuerlichen Vertretung nicht erbracht. ...

Ausführungen im Vorlageantrag der steuerlichen Vertretung: Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt und in der RZ 114 der LStR angeführt betrifft die Hochrechnung nur jene Einkünfte, die außerhalb des Zeitraumes (für das restliche Kalenderjahr) des Bezuges der oben angeführten Transferleistungen bezogen werden. Gleichzeitig während der Zeit der Transferleistung bezogenen Einkünfte sind daher nicht auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Die im Bescheid angeführte Hochrechnung ist mE eben nicht durch § 3 Abs. 2 EStG gedeckt und widerspricht auch den Lohnsteuerrichtlinie. Ich stelle daher den Antrag, den Steuerbescheid 2015 ohne Hochrechnung neu zu erlassen.

Stellungnahme des FA im Vorlagebericht: Der Steuerpflichtige war im Veranlagungsjahr 2015 nichtselbständig bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Für den Zeitraum Jänner bis April bezog er Arbeitslosengeld und war für diesen Zeitraum geringfügig beschäftigt, sodass die Bezüge in den Monaten Jänner bis April bei Weitem geringer waren, als jene in den restlichen Monaten. Die Gesetzesbestimmung des § 3 Abs 2 EStG 1988 hat den Zweck, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes oder ähnlicher Transferleistungen hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer versteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat. Bezieht hingegen ein Steuerpflichtiger ganzjährig Einkünfte in gleicher Höhe (insbesondere ganzjährig bezogene Pensionen oder ganzjährig bezogene geringfügige Einkünfte) und nur daneben bestimmte steuerfreie Transferleistungen, so führen diese zu keiner Progressionsmilderung bei den Arbeitseinkünften, wodurch ganzjährig bezogene Einkünfte von der Hochrechnung auszunehmen sind. Wenn aber während des Bezuges der steuerfreien Transferleistungen kein oder nur ein geringerer Bezug beim Arbeitgeber vorliegt, tritt eine über die Steuerfreistellung der Transferleistungen hinausgehende Progressionsmilderung bei den Arbeitseinkünften ein, sodass nur jene Bezüge aus der Hochrechnung herauszunehmen sind, die sich mit dem Bezug der steuerfreien Transferleistungen überschneiden. Im konkreten Fall waren Sie zwar im Jahr 2015 durchgehend bei einer Firma beschäftigt, jedoch waren Sie während des Zuflusses der steuerfreien Transferleistungen von Jänner bis April 2015 nur geringfügig beschäftigt. Dies würde zu einer über die Steuerfreistellung der Transferleistungen hinausgehende Progressionsmilderung bei den Arbeitseinkünften führen, welche durch Anwendung des § 3 Abs 2 EStG 1988 zu vermeiden war. Es waren daher zur Bestimmung des Durchschnittssteuersatzes die in den Monaten Mai bis Dezember 2015 bezogenen Einkünfte auf ein fiktives Jahreseinkommen hochzurechnen. Lediglich die in den Monaten Jänner bis April 2015 bezogenen geringfügigen Einkünfte werden zur Bestimmung des Durchschnittssteuersatzes aus der Hochrechnung herausgenommen und in tatsächlicher Höhe angesetzt. Dabei ergab, dass die Kontrollrechnung zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führt, sodass diese auch angewendet wurde.

Das FA stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Rechtsgrundlagen und Erwägungen:

 

§ 3 Abs. 2 EStG (Einkommensteuergesetz) lautet:

(2) Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. Die diese Bezüge auszahlende Stelle hat bis 31. Jänner des Folgejahres dem Wohnsitzfinanzamt des Bezugsempfängers eine Mitteilung zu übersenden, die neben Namen und Anschrift des Bezugsempfängers seine Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), die Höhe der Bezüge und die Anzahl der Tage, für die solche Bezüge ausgezahlt wurden, enthalten muß. Diese Mitteilung kann entfallen, wenn die entsprechenden Daten durch Datenträgeraustausch übermittelt werden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren des Datenträgeraustausches mit Verordnung festzulegen.

Der Bf. bezog in den Monaten Jänner 2015 bis April 2015 Arbeitslosengeld. Gleichzeitig war der Bf. in den Monaten Jänner 2015  bis April 2015 geringfügig beschäftigt (7 Wochenstunden, Monatslohn Euro 373,00). Ab Mai 2015 bis Dezember 2015 hatte der Bf. ein Dienstverhältnis (Vollversicherung) mit je 40 Wochenstunden. Das Finanzamt sah darin einen Anwendungsfall des § 3 Abs. 2 EStG.

Die steuerliche Vertretung geht davon aus, dass der Bf. ganzjährig beschäftigt war und ganzjährig nichtselbständige Einkünfte gemäß § 3 Abs. 2 EStG iVm Rz 114 LStR nicht hochzurechnen sind. Die steuerliche Vertretung verweist darauf, dass nur „ein“ Lohnzettel vom Arbeitgeber ausgestellt wurde.

Bestimmte steuerfreie Bezüge (Transferleistungen), wie das vorliegende Arbeitslosengeld, neben steuerpflichtigen Einkünften lösen gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 eine besondere Berechnung (Hochrechnung) aus. Hochzurechnen sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988).

Als Schutzbestimmung gegen ungewollte Steuermehrbelastungen wurde im Gesetzestext normiert, dass die festzusetzende Steuer nicht höher sein darf als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge (somit auch des Arbeitslosengeldes) ergeben würde (Kontrollrechnung).

Bereits den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP ) war zu entnehmen (vgl. VwGH vom 20.07.1999, Zl. 94/13/0024), dass die die Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG den Zweck hat, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat (vgl. auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1990, 89/14/0283). Da nämlich bei Durchführung eines Jahresausgleiches eine gleichmäßige Verteilung der Einkünfte auf sämtliche Monate des Kalenderjahres vorgesehen und der so ermittelte "Monatslohn" für die Steuerermittlung maßgebend ist, wird dieser fiktive Monatslohn entsprechend geringer, wenn in die Verteilung Zeiträume einbezogen werden, in denen keine Arbeitseinkünfte bezogen wurden. Solche Zeiträume sollen durch die Hochrechnung neutralisiert werden.

Der Umstand, dass das Gesetz ausdrücklich nur eine Umrechnung jener Arbeitseinkünfte vorsieht, "die für das restliche Kalenderjahr" bezogen wurden, ist offensichtlich auf die typisierende Betrachtungsweise zurückzuführen, dass während der Dauer eines Arbeitslosengeldbezuges regelmäßig keine ins Gewicht fallenden Arbeitseinkünfte zufließen. Gerade in Fällen, in denen neben dem Arbeitslosengeldbezug aber nur geringfügige Arbeitseinkünfte erzielt würden, wäre es mit der Zielsetzung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 unvereinbar, diese Bezugszeiträume nicht zu neutralisieren und den progressionsmildernden Umstand der Steuerbefreiung des Arbeitslosengeldes für die nicht befreiten Einkünfte zum Tragen kommen zu lassen (vgl. VwGH vom 20.07.1999, Zl. 94/13/0024). Der VwGH geht somit auch im Falle von geringfügigen Arbeitseinkünften neben dem Arbeitslosengeldbezug von einem Anwendungsfall des § 3 Abs. 2 EStG aus.

Bezieht ein Steuerpflichtiger unstrittig Arbeitslosengeld iSd § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres und außerhalb dieses Teiles des Kalenderjahres steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist der Tatbestand des § 3 Abs. 2 EStG 1988 erfüllt. Somit hat die im § 3 Abs. 2 leg. cit. angeordnete Rechtsfolge einzutreten, dass die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Jahr hochzurechnen sind (vgl. VwGH vom 22.11.2006, 2006/15/0084).

Im vorliegenden Falle war der Bf. nicht über das gesamte Jahr geringfügig beschäftigt (4 Monate Teilversicherung), sondern für den Bf. bestand für die weiteren 8 Monate ein Vollversicherungsverhältnis. Der Bf. bezog unstrittig Arbeitslosengeld iSd § 3 Abs 1 Z 5 lit. a EStG 1988  nur für einen Teil des Kalenderjahres. Außerhalb dieses Teiles des Kalenderjahres bezog der Bf. jedenfalls steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Es kann dem FA somit nicht entgegen getreten werden, wenn das FA von einem Anwendungsfall des § 3 Abs. 2 EStG ausging. Ein wirklicher Zweifelsfall liegt in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht vor.

Das FA wies in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung darauf hin, dass nach Bekanntgabe/ Übermittlung der konkreten, einzelnen Monatslohnzetteln für 01-12/2015, die Jänner bis April 2015 bezogenen geringfügigen Einkünfte aus der Hochrechnung in tatsächlicher Höhe (Euro 1.492,00) herausgenommen wurden (vorher Schätzung anhand der Geringfügigkeitsgrenzen). Die in den Monaten Mai bis Dezember 2015 bezogenen Einkünfte (Anmerkung: Zeitraum der Vollversicherung) wurden z ur Bestimmung des Durchschnittssteuersatzes auf ein fiktives Einkommen hochgerechnet. Weiterhin führte aber die Kontrollrechnung zu dem für den Bf. günstigeren Ergebnis, womit die Kontrollrechnung bei der Besteuerung anzuwenden war.

Soweit sich die steuerliche Vertretung auf RZ 114 der Lohnsteuerrichtlinien beruft ("Widerspruch zu den Lohnsteuerrichtlinien"), ist festzuhalten, dass die Lohnsteuerrichtlinien für das BFG grundsätzlich keine rechtsverbindliche Rechtsquelle darstellen. Zusätzlich lässt sich aus RZ 114 der Lohnsteuerrichtlinien nicht ableiten, dass die nichtselbständigen Einkünfte im Zeitraum der Vollversicherung nicht hochzurechnen wären ("restliches Kalenderjahr") bzw. der vorliegende Fall kein Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 EStG ist. Eine geringfügige Beschäftigung für das gesamte Jahr liegt jedenfalls nicht vor. 

Die steuerliche Vertretung führt ins Treffen, dass nur „ein“ Lohnzettel vom Arbeitgeber ausgestellt wurde. Auf dem vom Arbeitgeber übermittelten Jahreslohnzettel 1.1.2015 bis 31.12.2016 wurde „Vollbeschäftigung“ angegeben. Nicht entscheidend in der vorliegenden Rechtssache ist, ob der Arbeitgeber „nur einen einheitlichen Ganzjahreslohnzettel“ übermittelt hat oder nicht.

Laut Rechtsansichten u.a. der Sozialversicherung sind formell gesonderte Lohnzettel auszustellen : Beitragsgrundlagen für geringfügig Beschäftigte sind jeweils in einem eigenen Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis anzuführen. Wenn ein Dienstnehmer in einem Beitragsjahr zwischen Voll- und Teilversicherung gewechselt hat (er somit über und unter der Geringfügigkeitsgrenze war), ist sowohl für die Vollversicherung, wie auch für die geringfügige Beschäftigung jeweils ein Lohnzettel zu erstellen (vgl. u.a. Homepage OÖGKK: Fragen und Antworten zum Lohnzettel, Finanz.at: Lohn- und Gehaltsabrechnung (Lohnzettel), Österreichische Sozialversicherung, sozialversicherung.at: Lohnzettel-gültig bis 31.12.2018).

Sozialversicherungsrechtliche Anmeldungen bzw. Änderungsmeldungen bei Wechsel von Vollversicherung auf Teilversicherung und umgekehrt waren auch im Jahr 2015 erforderlich (vgl. Erläuterungen zu Regierungsvorlage 618 der Beilagen XXV. GP zum damaligen Meldepflicht-Änderungsgesetz): Auch die bisher zu erstattenden Änderungsmeldungen bei Wechsel von Vollversicherung auf Teilversicherung und umgekehrt sind weiterhin erforderlich, da vom Umfang der Versicherung abhängt, ob die betreffende Person krankenversichert ist oder nicht. Kommt es nämlich während des Bestandes der Teilversicherung zu einer Erhöhung des Entgelts, mit dem die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, so liegt ab Beginn des jeweiligen Zeitraumes Vollversicherung vor. Treten bei Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses die Voraussetzungen für eine geringfügige Beschäftigung ein, so endet die Vollversicherung mit dem Ende des Beitragszeitraumes. Ist aber bereits am Ersten eines Beitragszeitraumes bekannt, dass ab diesem Zeitpunkt nur eine geringfügige Beschäftigung vorliegen wird, so endet die Vollversicherung mit dem Ende des vorangegangenen Beitragszeitraumes. Auf Grund dieser Regelungen bedarf es daher einer Meldung, da sonst die Frage, ob eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung vorliegt oder nicht, erst durch eine bis zu eineinhalb Monate später einlangende monatliche Beitragsgrundlagenmeldung beurteilt werden könnte).

Personenversicherungsprämien als Sonderausgaben wurden im Zuge der Beschwerdevorentscheidung vom FA nicht anerkannt, da laut Bestätigung der Versicherungsgesellschaft der Bf. nicht Versicherungsnehmer und somit zur Zahlung der Prämien Verpflichteter war. Dagegen wurden im Rahmen des Vorlageantrages durch den Bf. bzw. der steuerlichen Vertretung keine Einwendungen erhoben.

Abzugsberechtigt ist der Versicherungsnehmer, somit jene Person, die den Versicherungsbeitrag abgeschlossen hat. Sonderausgaben können grundsätzlich nur von jener Person geltend gemacht werden, die zu ihrer Leistung verpflichtet ist (persönliche Zurechnung). Der Versicherungsnehmer kann, muss aber nicht die begünstigte Person sein.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (vgl. u.a. die obig angeführte Judikatur des VwGH).

 

 

Wien, am 18. April 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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