BFG RV/6100264/2023

BFGRV/6100264/202315.9.2023

Einbringung einer Beschwerde durch einen Steuerberater, ohne entsprechenden Hinweis auf eine Vertretung oder Bevollmächtigung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100264.2023

 

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Verein***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Steuerberater***, ***Adr2***, betreffend Beschwerde vom 16. Juni 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 16. Mai 2023 betreffend Aussetzungszinsen 2023 Steuernummer ***VereinStNr*** beschlossen:

Der Vorlageantrag vom 17. August 2023 wird gemäß § 264 Abs 4 lit e iVm § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich gemäß Abs 2 nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 83 Abs 2 von Amts wegen zu veranlassen.

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat, bestehen für bestimmte Berufsgruppen wie zB Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder.

§ 77 Abs 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 lautet:

"Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Für Vorlageanträge sind §§ 260 Abs 1 und 274 Abs 3 Z 1 sowie Abs 5 gemäß § 264 Abs 4 lit e und f BAO sinngemäß anzuwenden.

Im verfahrensgegenständlichen Fall wird im Vorlageantrag vom 17. August 2023 von der Antragstellerin beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über ihre Beschwerde vom 16. Juni 2023 gegen den Bescheid vom 16. Mai 2023 über die Festsetzung von Aussetzungszinsen entscheiden.
Die Beschwerde, auf die Bezug genommen wird, lautet wie folgt:

"St.Nr.: ***VereinStNr*** ***Verein***, ***Adr***

Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.05.2023, eingelangt am 24.05,2023, betreffend
die Festsetzung von Aussetzungszinsen

Sehr geehrter Damen und Herren!

Gegen obigen Bescheid vom 16.05.2023 wird innerhalb offener Frist Beschwerde mit folgender Begründung eingebracht:

Da die zugrunde liegende Angelegenheit noch nicht rechtskräftig ist, wurden Aussetzungszinsen voreilig festgesetzt.

Es wird daher beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Weiter beantragen wir den Betrag von € 2.039,41 von der Einhebung bis zur rechtskräftigen Erledigung auszusetzen.

Sollte die Beschwerde im Laufe des Verfahrens an das Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt werden, beantrage ich schon jetzt Senatszuständigkeit und ersuchen um persönliche Ladung zu einer mündlichen Verhandlung. Zur Besprechung der Sache schlage ich die Anberaumung eines Erörterungstermins vor.

Vielen Dank im Voraus für Ihre positive Erledigung.

Mit freundlichen Grüßen
***Steuerberater*** (handschriftlich unterzeichnet)"

Diese Bescheidbeschwerde wurde von ***Steuerberater*** eingebracht. Auf eine erteilte Bevollmächtigung beruft sich dieser - anders als im Vorlageantrag vom 17. August 2023 - nicht. Auch ein Vermerk wie zB "Vollmacht erteilt" oder "mit Vollmacht ausgewiesen", der ausreichend wäre, um den urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung zu ersetzen (VwGH 23.6.2003, 2003/17/0096) fehlt. Eine Wendung wie "vertreten durch …" oder die Worte "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft", die ebenfalls als wirksame Berufung auf die Bevollmächtigung genügen würden (VwGH 28.6.2001, 2001/16/0060), finden sich in der vorliegenden Bescheidbeschwerde nicht. Das Schreiben enthält auch keinen Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.
Dem Steuerberater ist gesetzlich die Befugnis eingeräumte, mit der Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis zu ersetzen. Die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung - allenfalls in Form der oben angeführten zulässigen Vermerke und Wendungen - ist jedoch ein Mindesterfordernis. Unterbleibt eine solche Berufung auf die Bevollmächtigung, ist für die Abgabenbehörde nicht erkennbar, dass der Steuerberater im Rahmen seiner Berufsbefugnisse in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter des Beschwerdeführers einschreiten will.
Die Bescheidbeschwerde lässt ihrem Inhalt nach nicht darauf schließen, dass für die ***Verein*** eingeschritten wird. Grundsätzlich muss der, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck bringen. Eine Person, die ein Rechtsmittel einreicht, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, ist selbst Einschreiter (vgl BFG 27.2.2019, RV/6101073/2015).
Der bloße Umstand, dass in der Kopfzeile der Beschwerde ***Verein*** sowie deren Adresse und Steuernummer genannt ist, bedeutet nicht, dass für diese eingeschritten wird. Dies deswegen, weil im Betreff auch der Name einer Person aufscheinen kann, der geeignet erscheint, die (Rechts)Sache zu bezeichnen, ohne eine Aussage über den Einschreiter zu treffen (zB VwGH 14.3.1990, 86/13/0175).

Die Beschwerdevorentscheidung vom 13. Juli 2023, auf die im Vorlageantrag Bezug genommen wird, ist an die ***Verein*** ergangen, diese hat laut Aktenlage jedoch keine Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid vom 16. Mai 2023 erhoben, weshalb das Bundesfinanzgericht über eine solche (nicht existierende) Beschwerde auch nicht entscheiden kann. Der Vorlageantrag erweist sich daher als nicht zulässig.
Die Bescheidbeschwerde von ***Steuerberater*** vom 16. Juni 2023 ist laut Aktenlage unerledigt.

§ 274 Abs 3 Z 1 BAO bestimmt, dass der Senat ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen kann, wenn die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
§ 274 Abs 5 BAO lautet:
"Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs. 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind Abs. 3 und 4 sowie § 273 Abs. 1, § 275 und § 277 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt."

Diese Regelungen sind, wie bereits eingangs ausgeführt, für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.
Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb bei dem vorliegenden eindeutigen und klaren Sachverhalt (keine Berufung auf eine erteilte Bevollmächtigung) eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten ließe. Aufgrund dessen konnte in Ausübung des vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens von der Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung Abstand genommen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am 15. September 2023

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 11 WTBG 2017, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 137/2017
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e und f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 28.06.2001, 2001/16/0060
VwGH 23.06.2003, 2003/17/0096
VwGH 14.03.1990, 86/13/0175
BFG 27.02.2019, RV/6101073/2015

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