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§ 77 WTBG 2017

Aktuelle FassungIn Kraft seit 16.9.2017

Aufträge und Bevollmächtigung

§ 77.

(1) Berufsberechtigte sind verpflichtet, die Übernahme eines Auftrages abzulehnen, der sie bei Ausübung ihrer Tätigkeit an Weisungen fachlicher Art des Auftraggebers binden würde. Die Annahme von Aufträgen durch Berufsberechtigte, die sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Deckungsumfang ihrer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung nicht enthalten sind, ist unzulässig. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, alle oder bestimmte Deckungsumfänge der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen des Berufsberechtigten zu prüfen und das Ergebnis der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (im Folgenden: APAB) mitzuteilen. Bei hinreichenden Bedenken oder im Fall eines Auskunftsersuchens der APAB hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine solche Prüfung ohne unnötigen Verzug durchzuführen. Der Berufsberechtigte hat der Kammer der Wirtschaftstreuhänder alle für die Prüfung erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(2) Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, sind verpflichtet, Prüfungs- oder Sachverständigenaufträge abzulehnen, wenn Ausschließungsgründe oder Befangenheitsgründe gemäß § 19 oder § 20 JN vorliegen. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, haben einen bereits übernommenen Prüfungs- oder Sachverständigenauftrag zurückzulegen, wenn Ausschließungsgründe oder Befangenheitsgründe gemäß § 19 oder § 20 JN nachträglich bekannt werden oder nachträglich eintreten, sofern diese nicht unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten, beseitigt sind. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, haben zu gewährleisten, dass ihre Unabhängigkeit bei der Durchführung von Prüfungs- oder Sachverständigenaufträgen nicht beeinträchtigt wird. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, sind verpflichtet, alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Unabhängigkeit bei der Durchführung von Prüfungs- oder Sachverständigenaufträgen zu gewährleisten.

(3) Berufsberechtigte sind verpflichtet, vor der Annahme oder der Fortsetzung eines Prüfungs- oder Sachverständigenauftrages zu prüfen, zu beurteilen und zu dokumentieren:

  1. 1. alle Umstände betreffend ihre Unabhängigkeit einschließlich allfälliger Gefährdungen ihrer Unabhängigkeit und allfällig ergriffener Schutzmaßnahmen zur Verminderung dieser Gefährdungen und
  2. 2. die Verfügbarkeit über kompetente Mitarbeiter, die Zeit und die Ressourcen, die zu einer angemessenen Durchführung des Prüfungs- oder Sachverständigenauftrages erforderlich sind.

(4) Wirtschaftstreuhänder dürfen eine Vertretungsvollmacht nur annehmen, wenn nicht ein anderer Wirtschaftstreuhänder zur Vertretung bevollmächtigt ist. Abweichend von § 1022 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811, wird die erteilte Vollmacht durch den Tod des Gewalthabers nicht aufgehoben, es sei denn dies wird ausdrücklich vereinbart. Eine einem Wirtschaftstreuhänder erteilte Vollmacht gilt als eine dem Fortbetrieb erteilte.

(5) Berufsberechtigte sind berechtigt, einen bereits übernommenen Auftrag zurückzulegen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Wichtige Gründe sind insbesondere

  1. 1. die sich nachträglich ergebende Unerfüllbarkeit des Auftrages oder
  2. 2. die Verhinderung durch eine Krankheit oder
  3. 3. die sich nachträglich ergebende Feststellung, dass der Auftraggeber bewusst unrichtige oder unvollständige Unterlagen zur Verfügung gestellt hat.

(6) Berufsberechtigte sind berechtigt, die ihnen erteilten Auskünfte und übergebenen Unterlagen des Auftraggebers, insbesondere Zahlenangaben, als richtig und vollständig anzusehen. Prüfungsaufträge und andere Aufträge, die zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit verpflichten, dürfen nur nach gewissenhafter Erhebung des Zutreffens der zu bestätigenden Tatsachen und Umstände ausgeführt werden.

(7) Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, haben bei Durchführung von Abschlussprüfungen eine kritische Grundhaltung gemäß Art. 21 Abs. 2 der Abschlussprüfungs-RL einzunehmen und während der gesamten Prüfung beizubehalten. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, sind ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrungen verpflichtet, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es aufgrund von Sachverhalten oder Verhaltensweisen, die auf Unregelmäßigkeiten wie Betrug oder Irrtümer hinweisen, zu einer wesentlichen falschen Darstellung gekommen sein könnte. Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, sind zu einer kritischen Grundhaltung insbesondere verpflichtet bei der Beurteilung

  1. 1. von Prüfungsnachweisen und
  2. 2. von Schätzungen in Bezug auf Zeitwertangaben, auf Wertminderungen von Vermögenswerten, auf Rückstellungen und auf künftige Cashflows.

(8) Berufsberechtigte sind verpflichtet, die übernommenen Angelegenheiten, Aufgaben, Vertretungen und Verteidigungen gesetzmäßig zu führen und die Rechte des Auftraggebers gegen jedermann mit Treue und Nachdruck zu verfolgen. Sie sind im Rahmen ihrer Aufträge befugt, alle ihren Auftraggebern zur Verfügung stehenden gesetzmäßigen Angriffs- und Verteidigungsmittel zu gebrauchen.

(9) Gesellschaften, die einen Wirtschaftstreuhandberuf ausüben, haben für jeden von ihnen übernommenen Auftrag mindestens eine natürliche Person, welche die für die Erledigung entsprechende Berufsberechtigung besitzt, zu bestimmen. Der Name des für die Erledigung bestimmten Berufsberechtigten ist dem Auftraggeber schriftlich bekanntzugeben.

(10) Personen, die für einen Berufsberechtigten in welchem Rechtsverhältnis auch immer tätig sind, dürfen während, innerhalb und anlässlich der Beendigung dieser Tätigkeit nur mit Zustimmung des Berufsberechtigten

  1. 1. Aufträge oder Bevollmächtigungen von dessen Klienten selbst übernehmen oder
  2. 2. dessen Klienten anderen Berufsberechtigten zuführen.

(11) Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis.

(12) Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über einen generellen Haftungsausschluss sind unzulässig.

(13) Honorare für Abschlussprüfungen und die Prüfungsverträge dürfen nicht von der Erbringung zusätzlicher Leistungen für das geprüfte Unternehmen beeinflusst oder bestimmt und an keinerlei Bedingungen geknüpft werden. Das Honorar hat in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und dem voraussichtlichen Umfang der Abschlussprüfung zu stehen.

Schlagworte

Prüfungsauftrag, Angriffsmittel

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2017

Gesetzesnummer

20009983

Dokumentnummer

NOR40197425

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