VwGH 2001/16/0060

VwGH2001/16/006028.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der M in P, vertreten durch Mag. Wolfgang Ilgenfritz, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Villach, Haydnstraße 5, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Dezember 2000, Zl. Ib-1711/81a, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Getränkesteuerangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde E), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
BAO §83 Abs1;
LAO Tir 1984 §63 Abs1;
NO 1871 §5 Abs4a;
RAO 1868 §8 Abs1;
WTBG 1999 §3 Abs1 Z3;
WTBO §33 Abs1 litc;
ZPO §30 Abs2;
AVG §10 Abs1;
BAO §83 Abs1;
LAO Tir 1984 §63 Abs1;
NO 1871 §5 Abs4a;
RAO 1868 §8 Abs1;
WTBG 1999 §3 Abs1 Z3;
WTBO §33 Abs1 litc;
ZPO §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 31. März 1998 gab die Beschwerdeführerin im Wege des Steuerberaters Franz Schmid, der die Eingabe mit dem Zusatz "i.A."

fertigte, eine berichtigte Getränke-Speiseeis-Steuererklärung für das Jahr 1997 ab, worin gestützt auf die Behauptung der "EU-Widrigkeit" die Rückerstattung der Getränkesteuer begehrt bzw. der Antrag gestellt wurde, die Steuer mit "NULL" festzusetzen.

Mit dem an die Beschwerdeführerin "z.H. Hr. Franz Schmid" gerichteten Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. März 1998 wurde die Getränkesteuer mit S 87.701,28 festgesetzt und der Antrag auf Null-Veranlagung und Rückzahlung abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde vom Steuerberater Franz Schmid unter Nennung der Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22. April 1998 berufen, wobei er die Berufung mit den Worten "Namens und auftrags meiner oben bezeichneten Mandantschaft erhebe ich ..." einleitete und sich mit einer Aussetzung des Berufungsverfahrens ausdrücklich einverstanden erklärte.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 27. Mai 1997 wurde das Verfahren über die Berufung unter Hinweis auf das beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 97/16/0194 anhängige Verfahren ausgesetzt. Auch dieser Bescheid wurde an die Beschwerdeführerin z.Hd. Franz Schmid gerichtet. Er blieb unbekämpft.

Mit Berufungsentscheidungen vom 5. September 2000 (wiederum gerichtet an die Beschwerdeführerin z.Hd. Franz Schmid) wurde einerseits die Getränkesteuer für alkoholische Getränke mit S 0,-- festgesetzt (zur Zl. 920-4/1u), andererseits aber (zur Zl. 920- 4/2u) folgender Spruch gefällt:

"Die Verrechnung mit Abgabenschuldigkeiten, Verwendung zur Tilgung vollstreckbarer Abgabenschuldigkeiten und Rückzahlungen = die Erstattung der mit Bescheid vom 05.09.2000, Zl. 920-4/1, mit S 0,00 festgesetzten in der Höhe von S 53.363,70 entrichteten Steuer auf alkoholische Getränke, ist nicht zulässig."

Dieser Bescheid wurde dem Steuerberater Franz Schmid am 6. September 2000 zugestellt.

Am 26. September 2000 langte bei der mitbeteiligten Partei eine mit 25. September 2000 datierte Vorstellung gegen die Ablehnung des Antrages auf Rückzahlung der Getränkesteuer ein.

Dazu wurde die Beschwerdeführerin mit Note der belangten Behörde vom 27. November 2000 unter Hinweis auf die Verspätung der Vorstellung zur Stellungnahme aufgefordert.

Am 11. Dezember 2000 langte bei der belangten Behörde eine mit 7. Dezember 2000 datierte Stellungnahme des Steuerberaters Franz Schmid ein, die - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:

"Zurückkommend auf Ihr Schreiben vom 27.11.2000, mit der Bitte um Stellungnahme zum Versäumnis der Rechtsmittelfrist, teile ich Ihnen mit, dass der betreffende Bescheid der Gemeinde Eben datiert mit 5. September 2000 in unserer Kanzlei wahrscheinlich am 6. September einlangte. In einer kleinen Steuerberatungskanzlei auf dem Lande sind Berufungen bereits Chefsache und bedauerlicherweise haben meine Frau (die als Sekretärin beschäftigt ist) und ich an jenem Tag zu Hause Urlaubsvorbereitungen zu unserer am Freitag den 7. September geplanten Urlaubsfahrt nach Frankreich getroffen. Am Montag, den 25. September habe ich nach Beendigung des Urlaubs sofort die Berufung eingebracht. Durch meinen Urlaubskonsum kam ich zwar unverschuldet zum Fristversäumnis, da die Rechtsmittelfrist innerhalb zweier Wochen äußerst knapp bemessen ist, aber durch die faktische Zustellung wird dieser Umstand rechtlich irrelevant.

Der Ausweg aus dieser für mich unter Umständen unangenehmen Haftungssituation liegt darin begründet, dass ich für meine Mandantin bei der Finanzbehörde Zustellungsvollmacht habe, aber nicht gegenüber der Gemeinde Eben a.A. Dadurch wurde der Bescheid rechtlich nicht ordnungsgemäß zugestellt und ist daher rechtsunwirksam.

Aus diesem Grunde bitte ich Sie, den Bescheid vom 5. September 2000 nochmals an M in P zu zustellen und zeichne ..."

Auf der Rückseite dieser Stellungnahme findet sich ein Aktenvermerk folgenden Wortlautes:

"AV: Herrn Schmid angerufen. Gibt an, er habe nur eine Vollmacht betreffend dem Finanzamt im Rahmen des Online-Dienstes. Eine schriftliche Vollmacht könne er nicht vorweisen."

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als verspätet zurück, wobei sie die Meinung vertrat, es sei im gesamten Verfahren nie damit argumentiert worden, dass keine Zustellvollmacht bestünde. Die Zustellung der Berufungsentscheidung an Franz Schmid sei daher rechtens erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückzahlung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke betreffend das Jahr 1997 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Die mitbeteiligte Partei äußerte sich nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 112 Abs. 2 der Tiroler Gemeindeordnung beträgt die Vorstellungsfrist zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des letztinstanzlichen Bescheides eines Gemeindeorganes.

§ 33 Abs. 1 der bis 1. Juli 1999 in Kraft gestandenen Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung lautete auszugsweise:

"(1) Den Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften sind unbeschadet der Bestimmungen der §§ 31 und 32 folgende berufsmäßig ausgeübte Tätigkeiten vorbehalten:

...

c) die Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechts sowie Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften; hiebei ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis;

..."

Nunmehr (seit 1. Juli 1999) bestimmt § 3 Abs. 1 Z. 3 WTBG

Folgendes:

"(1) Den zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

...

3. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfenangelegenheiten vor den Finanzbehörden, den übrigen Gebietskörperschaften und den Unabhängigen Verwaltungssenaten hiebei ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis, ..."

Damit ist (entsprechend den Bestimmungen der §§ 30 Abs. 2 ZPO, 10 Abs. 1 letzter Satz AVG, 8 Abs. 1 RAO und 5 Abs. 4a NO) auch für Steuerberater klargestellt, dass es des nach den Verfahrensgesetzen (so insbesondere auch gemäß § 63 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung) an sich erforderlichen schriftlichen Nachweises des Vorliegens einer Vollmacht nicht bedarf, wenn sich der einschreitende Steuerberater auf die erteilte Vollmacht beruft. Gerade das hat aber im vorliegenden Fall der für die Beschwerdeführerin einschreitende Steuerberater Franz Schmid insbesondere durch die im Berufungsschriftsatz ausdrücklich verwendeten Worte "Namens und auftrags meiner Mandantschaft" getan. Damit bedurfte es auch im Verfahren vor der mitbeteiligten Partei keiner schriftlichen Vollmacht (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 92/18/0460).

Wie in der zu § 30 Abs. 2 ZPO ergangenen zivilgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zutreffend betont wurde, ist eine nähere Prüfung, ob in Fällen, in denen sich ein entsprechender Parteienvertreter auf eine erteilte Vollmacht beruft, tatsächlich eine Vollmacht vorliegt, nur bei Vorliegen konkreter Bedenken angezeigt (vgl. z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechtes2 Rz 428 Abs. 2 mwN sowie Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO2 Rz 2 zu § 30 ZPO und die dort ref. Judikatur und Literatur). Zum Ausgleich dafür zwingt aber der erleichterte Nachweis den betreffenden Parteienvertreter standesrechtlich zu besonderer Sorgfalt (Fucik a.a.O. unter Hinweis auf OBDK, AnwBl 1996, 622).

Mit Rücksicht darauf, dass sich aus der Aktenlage nicht die geringsten Bedenken betreffend das Vorliegen einer Vertretungsmacht und damit auch eine Zustellvollmacht (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/15/0110) des einschreitenden Steuerberaters (der ja auch schon die berichtigte Abgabenerklärung erstattet hatte und) der auch jetzt in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde mehrfach ausdrücklich aus "steuerlicher Vertreter" der Beschwerdeführerin bezeichnet wird (!) ergeben, war die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Partei berechtigt, die Berufungsentscheidung and die Beschwerdeführerin

z. Hd. des genannten Steuerberaters zuzustellen und begann daher mit dieser Zustellung die Vorstellungsfrist zu laufen. Daraus folgt aber zwingend die Verspätung der Vorstellung.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Mit Rücksicht auf die einfache Rechts- und Sachlage sowie die angeführte Judikatur konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

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