BFG RV/4100024/2021

BFGRV/4100024/202128.9.2023

Vertreterpauschale

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100024.2021

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *ER* in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom 5. November 2020 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 7. Oktober 2020 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, 2018 und 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2018 und 2019 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Streitzeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er arbeitete bis 30.6.2017 bei der Firma **X** GmbH & Co KG und ist seit 3.7.2017 bei der Firma **Y** **Heizung** GmbH beschäftigt.

In seinen Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2017, 2018 und 2019 beantragte der Bf. die Berücksichtigung des Vertreterpauschales.

Mit Vorhalt vom 5.10.2020 ersuchte das Finanzamt den Bf., seine berufliche Tätigkeit im Detail darzustellen und bekannt zu geben, ob er Verträge abschließe. Die Dienstverträge sowie die Reiseaufzeichnungen seien vorzulegen. Auch möge mitgeteilt werden, welche Kosten dem Bf. durch seine Tätigkeit entstünden, die nicht vom Dienstgeber getragen worden seien. Welche Reisekostenersätze habe der Dienstgeber geleistet?

In Beantwortung dieses Vorhaltes legte der Bf. dem Finanzamt seinen Angestelltenvertrag mit der Firma **Y** und diverse Reisekostenabrechnungen sowie eine Rechnung eines selbständigen Buchhalters betreffend die Erstellung der Arbeitnehmerveranlagungserklärungen für die Jahre 2015 und 2016 vor.

Mit den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden gewährte das Finanzamt das beantragte Vertreterpauschale nicht. Begründend wurde ausgeführt, das Vertreterpauschale habe nicht berücksichtigt werden können, weil der Bf. keinen Nachweis über die als Werbungskosten abzuziehenden Ausgaben und Aufwendungen erbracht habe, die nicht vom Dienstgeber getragen worden seien.

Dagegen erhob der Bf. Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung des Vertreterpauschales. Dazu werde er noch Unterlagen vorlegen.

In der Folge legte der Bf. den Arbeitsvertrag mit der Firma **X** GmbH & Co KG dem Finanzamt vor.

Mit Datum 9.11.2020 erließ das Finanzamt einen Vorhalt, der inhaltlich dem Vorhalt vom 6.10.2020 entspricht.

In Beantwortung dieses Vorhaltes brachte der Bf. vor, er arbeite mindestens einmal in der Woche im Homeoffice. Dadurch würden ihm Internetkosten erwachsen. Diese würden sich nach Abzug eines Privatanteiles von 50% auf 295,50 EURO pro Jahr belaufen. Dazu legte der Bf. Rechnungen vor. Außerdem übermittelte er Auszüge seines Terminkalenders, woraus zu ersehen sei, dass er immer wieder im Homeoffice arbeite.

Das Finanzamt wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen als unbegründet ab. Alle im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Bf. stehenden Aufwendungen würden vom Dienstgeber ersetzt werden oder seien durch den allgemeinen Werbungskostenpauschbetrag von 132,00 EURO abgedeckt. Der Bf. habe daher keine zusätzlichen Ausgaben zu tragen, weshalb das Vertreterpauschale nicht gewährt werden könne. Ein 50%iger Anteil der Internetkosten für einen Tag pro Woche im Homeoffice erscheine jedenfalls zu hoch. Somit sei davon auszugehen, dass diese Kosten durch das Werbungskostenpauschale abgedeckt seien.

Der Bf. stellte Vorlageanträge. Seine Bürotätigkeit beschränke sich nicht nur auf den Freitag, sondern fände auch an anderen Wochentagen statt entweder morgens oder abends. Außerdem bezahle der Arbeitgeber keine Taggelder. Dazu wurden beispielhaft Reiseabrechnungen und Gehaltszettel übermittelt sowie Auszüge aus dem Terminkalender.

Das Finanzamt legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vor. Im dazu erstellten Vorlagebericht führte es noch ergänzend aus, die Tätigkeitsbeschreibung im Angestelltenvertrag mit der **Y** zeige, dass der Bf. nicht nur in völlig untergeordnetem Ausmaß andere Tätigkeiten als Vertretertätigkeiten verrichte. Aus den vorgelegten Kalenderaufzeichnungen gehe hervor, dass der Bf. hauptsächlich eine Betreuungs- und Beratungsfunktion habe. Außerdem sei nicht zu erkennen, welche Aufwendungen der Bf. selbst zu tragen habe. Im Dienstvertrag stehe, dass der Bf. Tages- und Nächtigungsgelder erhalte. Auch die Internetkosten seien bei einem Tag Homeoffice pro Woche nicht so hoch, dass sie das allgemeine Werbungskostenpauschale überstiegen.

Das Gericht erließ mit Datum 12.10.2022 einen Mängelbehebungsauftrag und trug dem Bf. auf eine den Beschwerden bis dato fehlende Begründung nachzureichen. Der Bf. habe im Verfahren bislang nicht ausgeführt, aus welchen Gründen ihm das Vertreterpauschale zustehe.

Mit Schriftsatz vom 4.11.2022 brachte der Bf. fristgerecht im Wesentlichen vor, er sei überwiegend im Außendienst tätig und zwar zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung für das Unternehmen.

Mit Vorhalt des Gerichtes vom 20.4.2023 wurde dem Bf. unter Darstellung der Rechtslage mitgeteilt, dass - was im Verfahren bisher nicht angesprochen worden sei - Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 ab dem Jahr 2018 das Vertreterpauschale kürzten.

Dazu wurde ihm vorgehalten, dass in den vorliegenden Lohn/Gehaltsabrechnungen für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2018 "steuerfreie Bezüge PAR 26" in Höhe von 1.216,44 EURO, 1.340,70 EURO und 1.458,42 EURO zusammen also ein Betrag von 4.041,86 EURO ausgewiesen sei. Dieser Betrag übersteige bereits den Höchstbetrag des Vertreterpauschales von 2.190,00 EURO. Für das Jahr 2019 befänden sich in den Akten Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Zeiträume Jänner, Februar, April, Mai, Juni und Juli. Dort seien "steuerfreie Bezüge PAR 26" in Höhe von 71,94 EURO, 143,88 EURO, 287,76 EURO, 313,92 EURO, 366,24 EURO, und 418,56 EURO somit zusammen ein Betrag von 1.602,30 EURO ausgewiesen. Gehe man davon aus, dass für die restlichen 6 Monate des Jahres 2019 ebenfalls Kostenersätze im Gesamtbetrag von rund 1.600,00 EURO gezahlt wurden, dann hätten die Kostenersätze im Jahr 2019 von dann rund 3.200,00 EURO ebenfalls den Pauschalhöchstbetrag überstiegen. Diesfalls könnte unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen für das Vertreterpauschale erfüllt worden seien, für die Jahre 2018 und 2019 kein Vertreterpauschale gewährt werden.

Der Bf. wurde ersucht, die übrigen dem Gericht nicht vorliegenden Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Jahre 2018 und 2019 vorzulegen. Auch wurde ersucht bekannt zu geben, um welche Kostenersätze es sich dabei im Konkreten gehandelt habe. Angesichts der laufenden Reisetätigkeit des Bf. sei anzunehmen, dass dies der Ersatz von Tages- und Nächtigungsgeldern sowie Kilometergeldern für die Dienstreisen gewesen sei.

Dazu teilte der Bf. in seiner Eingabe vom 15.5.2023 mit, dass ihm nicht mehr alle Gehaltsabrechnungen vorlägen. Bei den angeführten Auslagenersätzen handle es sich nicht um Tages- und Nächtigungsgelder sondern um Bewirtungsspesen an Kunden bzw. Homeofficekosten. Eine Bewertung, ob nun die Jahre 2018 und 2019 damit obsolet seien, möchte er nicht abgeben.

Mit Emails vom 31.5.2023 legte der Bf. dazu verschiedene Spesenbelege vor.

Das Gericht forderte den Bf. mit Email vom 7.7.2023 noch dazu auf, eine Bestätigung seiner Arbeitgeberin **Y** über die ihm in den Jahren 2018 und 2019 ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder vorzulegen.

In Entsprechung dieser Aufforderung legte der Bf. mit Email vom 18.7.2023 seine von der Steuerberaterin seiner Arbeitgeberin ausgestellten und bestätigten Jahreslohnzettel für die Jahre 2018 und 2019 sowie das Lohnkonto für die Jahre 2018 und 2019 vor.

Der Vorhalt des Gerichtes sowie die entsprechenden Eingaben des Bf. wurden dem Finanzamt zur allfälligen Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme erfolgte nicht mehr.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesministerium für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmung erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 382/2001.

Nach § 1 Z 9 der zit. Verordnung können Vertreter anstelle des Pauschbetrages für Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich an Werbungskosten absetzen. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Gemäß § 4 der zit. Verordnung kürzen Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die jeweiligen Pauschbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfGH 26.02.2018, V 45/2017, wurde die Wortfolge ", ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)" in § 4 der Verordnung des Bundesministers BGBl II 382/2001 als gesetzwidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des Tages der Kundmachung des VfGH-Erkenntnisses am 20.03.2018 (BGBl II 48/2018) in Kraft und ist die Verordnung in der Fassung vor Aufhebung mangels Erstreckung der Anlassfallwirkung nach Art. 139 Abs. 6 B-VG auf vor der Aufhebung verwirklichte Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles nicht anzuwenden.

Mit BGBl II 68/2018 wurde die Verordnung BGBl II 382/2001 dahingehend geändert, dass sich die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Wortfolge nicht mehr in § 4 Abs. 1 findet, sodass Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 nunmehr auch das Vertreterpauschale kürzen. Gemäß § 6 Abs. 4 der geänderten Fassung ist § 4 Abs. 1 in der durch BGBl II 68/2018 geänderten Fassung (also ohne die betreffende Wortfolge) erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden. Für das Streitjahr 2017 kürzen daher Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 nicht das Vertreterpauschale.

Zunächst ist zu beurteilen, ob der Bf. als Vertreter im Sinne der obigen Rechtsvorschriften einzustufen ist.

Vertreter sind nach der übereinstimmenden Lehre, Verwaltungsübung und Rechtsprechung Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Unschädlich sind Innendiensttätigkeiten wie die Abrechnung mit Kunden, der Nachweis des Arbeitseinsatzes, die Einholung von Weisungen und die Entgegennahme von Waren, also in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers verrichtete Tätigkeiten, die sich als Notwendigkeit aus der im Außendienst verbrachten Verkaufstätigkeit ergeben (vgl. für viele BFG 24.2.2014, RV/1100397/2011 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung).

Nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag (Punkt 1.) waren die Dienststellung und das Aufgabengebiet des Bf. bei der Fa. **X** GmbH & Co KG (bis Juni 2017) u.a. folgende:

  1. 1. Der Angestellte erhält die Stellung eines Außendienstmitarbeiters (offizielle Bezeichnung: Werksvertreter) für das Verkaufsgebiet Österreich Süd … (lit.a).
  2. 2. Der Angestellte hat alle Aufgaben eines Außendienstmitarbeiters zu erledigen, die üblicherweise im Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet stehen, insbesondere hat er die Kunden zu betreuen und die Zusammenarbeit mit den Kunden systematisch auszubauen. Dabei hat der Angestellte die Kunden zu besuchen, zu beraten, die Maschinen und Werkzeuge praktisch vorzuführen, Händler und deren Personal an den Maschinen und Werkzeugen zu schulen, Endverbraucher allein oder gemeinsam mit den Händlern zu besuchen und an Messen, Ausstellungen und Hausausstellungen teilzunehmen…. (lit. b).
  3. 3. Der Angestellte hat Kundendienstarbeiten, soweit erforderlich und möglich, an Ort und Stelle selbst durchzuführen. (lit. c);
  4. 4. Der Angestellte ist berechtigt und verpflichtet an der bestmöglichen Gestaltung des Verkaufs mitzuwirken (lit. d).
  5. 5. Der Angestellte ist für den Verkauf aller **X** Produkte zuständig, welche die Firma im Verkaufsprogramm führt (lit. j).

Nach dem vorliegenden Angestelltendienstvertrag (Punkt IV) war das Aufgabengebiet des Bf. bei der Firma **Y** GmbH (ab Juli 2017) Folgendes:

Der Angestellte wird als Werks-Außendienst beschäftigt. Zu seinen Aufgaben zählt insbesondere die Vermittlung von Kaufverträgen über die vom Arbeitgeber entwickelten montagefreundlichen Heizungs- und Sanitärsysteme.
Die vereinbarte Tätigkeit umfasst alle mit ihr gewöhnlich verbundenen Aufgaben wie offensive Marktbearbeitung, Beratung, Baustellenvorbereitung, Unterlagenwartung, Anboterstellung und Preisauskünfte, Baustellenschulung, Vorbereiten und Abhalten von Schulungen, Messerepräsentanz, Garantieabwicklung etc. nach Maßgabe der jeweiligen Vorgaben des Arbeitgebers. Das Aufgabengebiet ist die Betreuung von Installateuren, Großhändlern, Bauträgern und Planern in der Sanitär- und Heizungsbranche sowie der Wohnbaugenossenschaften.

Der Bf. legte im Verfahren auch seinen Terminkalender auszugsweise vor, in welchem Tag für Tag die Kundenkontakte und deren Inhalte unter Angabe der Dauer stichwortartig festgehalten sind. Aus diesen Aufzeichnungen ist zu ersehen, dass der Bf. hauptsächlich im Außendienst tätig war, was sich auch aus den vorliegenden Reiseabrechnungen ergibt, und dass seine Tätigkeit nicht nur in der Beratung und Betreuung von Kunden bestand, sondern auch im Einholen von Aufträgen und der Entgegennahme von Warenbestellungen.

Nach Ansicht des Gerichtes kann nicht nur als Vertreter gelten, wer neue Kunden gewinnt, sondern auch wer mit bestehenden Kunden im Außendienst Verkaufsgeschäfte abschließt und diese Kunden dann auch berät, betreut und schult.

Wenn das Finanzamt im Vorlagebericht anführt, dass aus den Kalenderaufzeichnungen des Bf. hervorgehe, dass er hauptsächlich Kunden betreue, dann erscheint dieser Hinweis nicht zielführend. Das Abschließen von Geschäften mit Kunden und deren laufende Betreuung ist nämlich als Einheit aufzufassen, bei der unerheblich ist, welcher Teil überwiegt. Es würde sonst von Zufälligkeiten abhängen, ob ein Vertreter Anspruch auf das Vertreterpauschale hätte, je nachdem ob er in einem Jahr mehr Bestellungen aufnimmt oder mehr die Kunden betreut, die bei ihm Bestellungen vornehmen. Entscheidend ist, dass das Abschließen von Geschäften und die dazu gehörige Kundenbetreuung den wesentlichen Teil seiner Arbeit ausmacht. Nach den vorliegenden Kalenderunterlagen ist dies zu bejahen. Auch die vorliegenden Arbeitsverträge bestätigen dies.

Das Finanzamt sieht hingegen in folgendem Passus des Angestelltendienstvertrages mit der Fa. **Y** einen Beleg dafür, dass der Bf. nur in einem untergeordneten Ausmaß als Vertreter tätig sei: Die vereinbarte Tätigkeit umfasst alle mit ihr gewöhnlich verbundenen Aufgaben wie offensive Marktbearbeitung, Beratung, Baustellenvorbereitung, Unterlagenwartung, Anboterstellung und Preisauskünfte, Baustellenschulung, Vorbereiten und Abhalten von Schulungen, Messerepräsentanz, Garantieabwicklung etc. nach Maßgabe der jeweiligen Vorgaben des Arbeitgebers. Das Aufgabengebiet ist die Betreuung von Installateuren, Großhändlern, Bauträgern und Planern in der Sanitär- und Heizungsbranche sowie der Wohnbaugenossenschaften.

Dieser Passus gibt aber nur wider, dass der Bf. auch alle mit seiner Vertretertätigkeit verbundenen Aufgaben wahr zu nehmen hat. Derartige Tätigkeiten fallen unter den Begriff Beratung und Betreuung von Kunden und sind daher nicht schädlich.

Nach Ansicht des Gerichtes ist der Bf. daher als Vertreter einzustufen.

Für das Finanzamt steht der Anerkennung des Vertreterpauschales auch entgegen, dass dem Bf. keinerlei Aufwendungen bzw. nur Aufwendungen, welche das allgemeine Werbungskostenpauschale von 132,00 EURO nicht überstiegen hätten, entstanden seien. Dazu ist zu sagen, dass es ausreicht, wenn dem Bf. dem Grunde nach Werbungskosten entstanden sind. Ein Übersteigen des allgemeinen Werbungskostenpauschales ist nicht erforderlich. Nur in dem Fall, dass überhaupt keine Werbungskosten vorlägen, würde die Anerkennung des Pauschales nicht in Betracht kommen (vgl. UFS 9.5.2012, RV/0582-K/11).

Im gegenständlichen Fall konnte der Bf. darlegen, dass ihm von seinen Arbeitgebern nicht ersetzte Telefon- und Internetkosten angefallen sind. Die diesbezüglichen Ausführungen des Bf. sind durch Belege gestützt und erscheinen glaubhaft. Die Höhe dieser Kosten und also auch das Ausmaß eines Privatanteiles sind unerheblich, solange ein Betrag größer Null verbleibt, was im gegenständlichen Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Internetkosten sind bei einer Tätigkeit als Vertreter glaubhaft.

Für das Jahr 2017 ist daher das Vertreterpauschale wie beantragt mit 2.190,00 EURO zu berücksichtigen.

Der Beschwerde für das Jahr 2017 war daher Folge zu geben.

Was die Jahre 2018 und 2019 angeht, so gilt, dass Kostenersätze des Arbeitgebers gemäß § 26 EStG das Vertreterpauschale kürzen.

Nach den zuletzt vorgelegten Unterlagen der Arbeitgeberin des Bf. für die Jahre 2018 und 2019 erhielt der Bf. nicht steuerbare Bezüge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 (Reisekostenvergütungen) von 1.458,42 EURO bzw. 725,94 EURO. Überdies erhielt der Bf. laut Lohnkonto Auslagenersätze von 1.240,91 EURO bzw. 1.539,72 EURO. Letztere sind allerdings nach der Verwaltungspraxis nicht als Kostenersätze in Abzug zu bringen (vgl. Rz 425 LStR). Demnach kürzt sich das Vertreterpauschale für die Jahre 2018 und 2019 von jeweils 2.190,00 EURO auf 731,58 EURO bzw. 1.464,06 EURO.

Den Beschwerden für die Jahre 2018 und 2019 war daher teilweise Folge zu geben.

Daraus ergeben sich folgende Bemessungsgrundlagen und Abgaben:

2017:
Gesamtbetrag der Einkünfte laut FA von 42.516,91 EURO zuzüglich des allgemeinen Werbungskostenpauschales von 132,00 EURO abzüglich des Vertreterpauschales von 2.190,00 EURO ergibt einen Gesamtbetrag der Einkünfte laut BFG von 40.458,91 EURO. Nach Abzug der (neu eingeschliffenen) Topf-Sonderausgaben von 365,95 EURO, der Steuerberatungskosten von 205,00 EURO und des Kirchenbeitrages von 136,59 EURO ergibt sich ein Einkommen von 39.751,37 EURO. Davon errechnet sich eine Steuer laut Tarif von 9.975,57 EURO. Abzüglich des Verkehrsabsetzbetrages von 400,00 EURO und zuzüglich der Steuer für sonstige Bezüge von 337,75 EURO ergibt sich eine Einkommensteuer von 9.913,32 EURO und nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer von 11.032,46 EURO eine Abgabengutschrift von gerundet 1.119,00 EURO.

2018:
Gesamtbetrag der Einkünfte laut FA von 48.312,03 EURO zuzüglich des allgemeinen Werbungskostenpauschales von 132,00 EURO abzüglich des Vertreterpauschales von 731,58 EURO ergibt einen Gesamtbetrag der Einkünfte laut BFG von 47.712,45 EURO. Nach Abzug der (neu eingeschliffenen) Topf-Sonderausgaben von 256,90 EURO und des Kirchenbeitrages von 140,69 EURO ergibt sich ein Einkommen von 47.314,86 EURO. Davon errechnet sich eine Steuer laut Tarif von 13.152,24 EURO. Abzüglich des Verkehrsabsetzbetrages von 400,00 EURO und zuzüglich der Steuer für sonstige Bezüge von 418,03 EURO ergibt sich eine Einkommensteuer von 13.170,27 EURO und nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer von 13.563,89 EURO eine Abgabengutschrift von gerundet 394,00 EURO.

2019:
Gesamtbetrag der Einkünfte laut FA von 47.445,30 EURO zuzüglich des allgemeinen Werbungskostenpauschales von 132,00 EURO abzüglich des Vertreterpauschales von 1.464,06 EURO ergibt einen Gesamtbetrag der Einkünfte laut BFG von 46.113,24 EURO. Nach Abzug der (neu eingeschliffenen) Topf-Sonderausgaben von 289,22 EURO und des Kirchenbeitrages von 144,91 EURO ergibt sich ein Einkommen von 45.679,11 EURO. Davon errechnet sich eine Steuer laut Tarif von 12.465,22 EURO. Abzüglich des Verkehrsabsetzbetrages von 400,00 EURO und zuzüglich der Steuer für sonstige Bezüge von 418,03 EURO ergibt sich eine Einkommensteuer von 12.483,25 EURO und nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer von 13.199,87 EURO eine Abgabengutschrift von gerundet 717,00 EURO.

Nichtzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt im Wesentlichen eine Sachverhaltsfrage vor. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist nicht gegeben.


 

Klagenfurt am Wörthersee, am 28. September 2023

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 26 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993

Verweise:

BFG 24.02.2014, RV/1100397/2011
UFS 09.05.2012, RV/0582-K/11

Stichworte