Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.3300011.2013
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2016/16/0027. Zurückweisung mit Beschluss vom 2.5.2016.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Finanzstrafsache gegen A , vertreten durch Rechtsanwälte , wegen Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerde der Beschuldigten vom 6. Juni 2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 14. Mai 2013, StNr. X , betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Nach einer in Abwesenheit der Beschuldigten durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Spruchsenat I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz diese mit Erkenntnis vom 2. Juli 2012, StrNr. Y , schuldig erkannt, sie hat im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich als verantwortliche Unternehmerin
1. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume 03/2009, 07/2009, 10-12/2009 und 01-09/2010 Verkürzungen an Umsatzsteuer in Höhe von € 30.537,30 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und
2. Lohnsteuer für die Zeiträume 02-03/2009, 11/2009 und 01-06/2010 in Höhe von € 1.477,32 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für die Zeiträume 12/2009 und 01-06/2010 in Höhe von € 2.747,88 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages nicht bekannt gegeben.
Sie hat hiedurch begangen zu 1. Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und zu 2. Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und wurde hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG iAd § 21 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 11.000,00, im Falle deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen bestraft. Die zu ersetzenden Kosten des Verfahrens wurden mit € 500,00 bestimmt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2013, beim Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz eingelangt am 4. März 2013, brachte die Beschuldigte durch ihren nunmehrigen Verteidiger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in eventu eine Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates ein. Am 1. Februar 2013 sei der Beschuldigten die schriftliche Ausfertigung dieses Erkenntnisses zugestellt worden.
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte die Beschuldigte im Wesentlichen aus, das Erkenntnis sei ihr erstmals am 1. Februar 2013 zugestellt worden. Erst mit diesem Schreiben, wobei es sich um die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses des Spruchsenats I gehandelt habe, habe die Beschuldigte erstmals Kenntnis darüber erlangt, dass am 2. Juli 2012 eine mündliche Verhandlung bei der genannten Behörde stattgefunden hat. Eine ordnungsgemäße Ladung zu dieser mündlichen Verhandlung sei ihr demgegenüber zu keiner Zeit zugekommen, sodass sie keinerlei Kenntnis über das Stattfinden dieser mündlichen Verhandlung gehabt habe und ihr aus diesem Grunde auch nicht habe beiwohnen können. Auf entsprechende Erhebungen der nunmehrigen Vertreter der Beschuldigten bei der zuständigen Behörde aus Anlass der Zustellung des Straferkenntnisses hin sei ihr mitgeteilt worden, dass hinsichtlich der Ladung mehrere Zustellversuche durch Hinterlegung erfolgt seien. Tatsächlich habe die Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einer Hinterlegung gehabt. Verständigungen über die Hinterlegung habe die Beschuldigte nicht erhalten.
Die Beschuldigte habe aufgrund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses, nämlich dem Nichtvorfinden einer Hinterlegungsanzeige des Zustellorgans betreffend die Vorladung(en) zur mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2012, ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von der Hinterlegung der Ladung erlangt. Die Beschuldigte sei sohin nicht in der Lage gewesen, der Ladung zur anberaumten mündlichen Verhandlung Folge zu leisten und im Rahmen der mündlichen Verhandlung die ihr zukommenden Rechte wahrzunehmen. Der Beschuldigten sei es sohin aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und sich dort zu verantworten. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Beschuldigten habe für diese ohne Zweifel einen wesentlichen Nachteil dargestellt.
Die Beschuldigte hätte dem Senat insbesondere darlegen können, dass sie der Ansicht sei, alle erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen der steuerlichen Vertretung rechtzeitig erteilt und übergaben zu haben. Alle von der steuerlichen Vertretung vorgelegten Unterlagen seien dann von der Beschuldigten unterfertigt und unverzüglich eingereicht worden. Sollten daher Umsatzsteuervoranmeldungen nicht oder nicht zeitgerecht erstattet worden sein, würde die Beschuldigte kein strafrechtlich relevantes Verschulden daran treffen, da sich die Beschuldigte auf die ordnungsgemäßen und zeitgerechten Veranlassungen der steuerlichen Vertretung habe verlassen dürfen. Aufgrund der Einlassung der Beschuldigten hätte der Senat jedenfalls weitere Erhebungen betreffend die ordnungsgemäße Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen durchführen müssen. Weiters hätte die Beschuldigte darlegen können, dass tatsächlich nicht alle von ihr geleisteten Zahlungen erfasst worden seien und tatsächlich die Umsatzsteuer vollständig – wenn auch mitunter verspätet – entrichtet worden sei.
Da die Beschuldigte erst mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses (am 1. Juli 2013) vom Stattfinden der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt habe, sei es ihr zudem nicht möglich gewesen, zu einem früheren Zeitpunkt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu stellen. Der Beschuldigte könne kein, jedenfalls kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der mündlichen Verhandlung vorgeworfen werden.
Die Beschuldigte habe regelmäßig die Post an ihrer Zustelladresse gewissenhaft bearbeitet und diese auch genau kontrolliert. Die Beschuldigte gehe daher davon aus, dass tatsächlich vom zuständigen Zustellorgan gar keine Hinterlegungsanzeige(n) hinterlassen worden sei[en]. Sollte dies doch erfolgt sein, bestünde nur die Möglichkeit, dass die Beschuldigte die Hinterlegungsanzeige in der täglichen Flut von Zeitschriften, Prospekten oder diversen Werbematerialien übersehen und unentdeckt weggeworfen habe. Dies erscheine jedoch unwahrscheinlich, da die Beschuldigte die Post immer besonders gewissenhaft auf wichtige Schreiben und insbesondere behördliche Zustellungen hin prüfen würde (Bescheinigungsmittel: Einvernahme des Zustellorgans, PV).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand würden aus diesen Gründen vorliegen und die Beschuldigte stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Verhandlung insbesondere durch Aufhebung des Straferkenntnisses, Ladung zu einer mündlichen Verhandlung und Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat I als Finanzstrafbehörde erster Instanz beim Finanzamt Innsbruck.
Weiters erhob die Beschuldigte mit diesem Schriftsatz eventualiter das Rechtsmittel der Berufung gegen das gegenständliche Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 und erstattete dazu Vorbringen hinsichtlich des Schuldausspruchs und der Strafzumessung.
Mit Bescheid vom 18. März 2013 hat der Spruchsenat I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verhindert, dass einer Partei, die gegen ein unverschuldet oder nur leicht fahrlässig bzw. nicht auffallend sorglos verschuldet unvorhergesehenes oder unabwendbar eintretendes Ereignis nichts unternehmen kann, wegen der prozessualen Folgen dieses Ereignisses die Prüfung ihres materiellen Anspruches verweigert wird. Die Anwendung des § 167 FinStrG setzt voraus, dass eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt wurde und die betreffende Partei dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Die Versäumung einer mündlichen Verhandlung tritt dann nicht ein, wenn eine Partei hierzu nicht (oder nicht ordnungsgemäß) geladen wurde. Die Behauptung, dass die Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht bzw. nicht ordnungsgemäß zugestellt worden wäre, bildet somit keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 167 FinStrG.
Weiters hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 19. März 2013 die Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 zurückgewiesen.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei nicht fristgerecht. Die Rechtsmittelfrist würde einen Monat betragen und mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses beginnen. Im gegenständlichen Fall sei das Erkenntnis mit 7. November 2011 beim Postamt 1 hinterlegt worden. An diesem Tag würde das Dokument als zugestellt gelten. Die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments würde keine Rechtswirkungen auslösen. Die am 28. Februar 2013 eingebrachte Berufung sei somit 83 Tage verspätet.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2013 brachte die Beschwerdeführerin am 22. April 2013 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der gegenständlichen Rechtsmittelfrist, in eventu eine Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013 (siehe dazu das abweisende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 31.12.2015, RV/3300006/2013), in eventu einen Antrag auf Zahlungserleichterung (siehe dazu den abweisenden Bescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom 25. Mai 2013) ein.
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung führte die Beschwerdeführerin begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführerin sei das Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 erstmals am 1. Februar 2013 wirksam zugestellt und in weiterer Folge fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden.
Daraufhin sei der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 19. März 2013 erlassen und am 21. März 2013 zugestellt worden.
Erst mit Erhalt des Zurückweisungsbescheides habe die Beschwerdeführerin erstmals Kenntnis davon erlangt, dass das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Juli 2012 bereits am 7. November 2012 beim Postamt 1 hinterlegt worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin keinerlei Kenntnis von einer Hinterlegung vom 7. November 2012 beim Postamt 1 gehabt. Eine Verständigung der Hinterlegung habe die Beschwerdeführerin nämlich nicht erhalten.
Die Beschwerdeführerin habe daher aufgrund eines unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses, nämlich dem Nichtvorfinden einer Hinterlegungsanzeige des Zustellorgans betreffend die Zustellung des Erkenntnisses des Spruchsenates vom 2. Juli 2012, ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von der Hinterlegung erlangt. Die Beschwerdeführerin sei sohin nicht in der Lage gewesen, das Straferkenntnis zu beheben und ein Rechtsmittel zu erheben.
Erstmals habe anhand des Zurückweisungsbescheides über die Berufung vom 28. Februar 2013 des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz, welcher am 21. März 2013 zugestellt worden sei, seitens der Beschwerdeführerin festgestellt werden können, dass das angefochtene Straferkenntnis bereits am 7. November 2012 hinterlegt worden und mit 7. Dezember 2012 in Rechtskraft erwachsen sei. Aus diesem Grunde sei es der Beschwerdeführerin keinesfalls möglich gewesen, fristgerecht (gerechnet ab dem Tag der Hinterlegung) Berufung gegen das Straferkenntnis einzubringen. Erst mit der eigenhändigen Übernahme des Straferkenntnisses am 1. Februar 2013 sei das Schriftstück erstmals in den Verfügungsbereich der Beschwerdeführerin gelangt, sodass erst ab diesem Zeitpunkt eine wirksame Zustellung erfolgt sei und daher tatsächlich binnen offener Frist ein Rechtsmittel erhoben worden sei.
Der Beschwerdeführerin könne kein, jedenfalls kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der fristgerechten Erhebung eines Rechtsmittels angelastet werden. Die Beschwerdeführerin habe hat regelmäßig die Post an ihrer Zustelladresse gewissenhaft bearbeitet und diese auch genau kontrolliert. Sie gehe daher davon aus, dass tatsächlich vom zuständigen Zustellorgan gar keine Hinterlegungsanzeige(n) ordnungsgemäß hinterlassen worden sei[en]. Sollte dies jedoch erfolgt sein, bestünde nur die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin die Hinterlegungsanzeige in der täglichen Flut von Zeitschriften, Prospekten oder diversen Werbematerialen übersehen und unentdeckt weckgeworfen habe. Dies erscheine jedoch unwahrscheinlich, da die Beschuldigte die Post immer besonders gewissenhaft auf wichtige Schreiben und insbesondere behördliche Zustellungen hin prüfen würde.
Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt die Beschwerdeführerin sohin zunächst den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der gegenständlichen Rechtsmittelfrist.
Für den Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erstattete die Beschuldigte unter einem das Rechtsmittel der Berufung gegen das gegenständliche Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Juli 2012 und erstattete dazu Vorbringen hinsichtlich des Schuldausspruchs und der Strafzumessung.
Das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom 14. Mai 2013 als verspätet zurückgewiesen und dazu begründend ausgeführt, der Antrag auf Wiedereinsetzung müsse gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde gestellt werden, bei der die Frist wahrzunehmen war oder die Verhandlung stattfinden sollte. Laut Aktenvermerk vom 28. Februar 2013 sei von einem Mitarbeiter der Rechtsanwälte Akteneinsicht im Amte genommen und diverse Aktenteile in Kopie zur Verfügung gestellt worden. Die Monatsfrist würde somit ab diesem Datum zu laufen beginnen und mit 28. März 2013 enden. Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung würde das Datum 18. April 2013 und den Poststempel vom 19. April 2013 tragen. Somit sei der Antrag verspätet eingebracht. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei daher gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG zurückzuweisen.
Gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom 14. Mai 2013 richtet sich die hier gegenständliche Beschwerde der Beschuldigten vom 6. Juni 2013, in welcher wie folgt vorgebracht wurde:
Grundsätzlich richtig sei, dass seitens einer Mitarbeiterin der ausgewiesenen Vertreter Akteinsicht bei der zuständigen Behörde genommen worden, um einen Überblick über das behängende Verwaltungsstrafverfahren zu erhalten. Dabei sei ihr jedoch der Akt zu keiner Zeit ausgehändigt worden. Auf Nachfrage bezüglich eines Kopiergerätes sei von der Behörde bzw. dem zuständigen Beamten mitgeteilt worden, dass Kopien von Strafakten seitens der Behörde bzw. dem zuständigen Beamten selbst angefertigt würden. So auch im gegenständlichen Fall! In weiterer Folge seien die wesentlichen Akteninhalte – jedoch ohne die diesbezüglichen Zustellnachweise – von der Behörde bzw. dem zuständigen Beamten kopiert und der Mitarbeiterin der Vertreter der Beschwerdeführerin ausgehändigt worden. Zwar hätten die Vertreter der Beschwerdeführerin anlässlich der Akteneinsicht inhaltliche Informationen über den Verfahrensstand erhalten, genaue Kenntnisse über die diesbezüglichen Zustellungen hätten bei diesem Termin nicht gewonnen werden können. Mangels Kenntnisnahme von etwaigen Zustellungen bzw. Zustellungsnachweisen würde sich eindeutig ergeben, dass dieses Datum keinesfalls für die Berechnung der Monatsfrist des § 167 FinStrG heranzuziehen sei.
Mit 1. Februar 2013 sei der Beschwerdeführerin die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses des Spruchsenates I erstmals wirksam zugestellt worden. Von etwaigen vormaligen Zustellversuchen habe die Beschwerdeführerin keine Kenntnis gehabt. Vielmehr sei erst mit 1. Februar 2013 die Zustellung eigenhändig übernommen worden, sodass auch mit diesem Datum erstmals wirksam zugestellt worden sei, weshalb die Berufungsfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen würde. Daraufhin sei am 28. Februar 2013, sohin fristgerecht, das Rechtsmittel der Berufung eingebracht worden. Am 21. März 2013 sei den ausgewiesenen Vertretern der Beschwerdeführerin der Zurückweisungsbescheid zugestellt worden, mit welchem die Berufung als verspätet zurückgewiesen worden sei. Am selben Tag sei ebenso der Bescheid vom 18. März 2013 zugestellt worden, mit welchem der Antrag betreffend die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin habe erst mit Erhalt dieses Zurückweisungsbescheids vom 19. März 2013, zugestellt am 21. März 2013, erstmals Kenntnis davon erlangt, dass in der gegenständlichen Angelegenheit das Straferkenntnis bereits mit 7. November 2012 beim Postamt 1 hinterlegt und in weiterer Folge mit 7. Dezember 2012 in Rechtskraft erwachsen sei.
Wie bereits ausgeführt, habe die Beschwerdeführerin erstmals am 21. März 2013 Kenntnis davon erlangt, dass ihr das Straferkenntnis zugestellt worden sei. Lediglich aus der Begründung des Zurückweisungsbescheides habe die Beschwerdeführerin in Erfahrung bringen können, dass das Straferkenntnis bereits am 7. November 2012 hinterlegt worden sei und die dagegen erhobene Berufung als verspätet anzusehen sei. Daraus würde erhellen, dass erst ab diesem Zeitpunkt, nämlich dem 21. März 2013 – der erstmaligen Kenntniserlangung – die Frist für die Wiedereinsetzung zu laufen beginnen würde.
Gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG sei der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb eines Monats nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde zu stellen, bei der die Frist wahrzunehmen war oder die Verhandlung stattfinden sollte. Im Falle der Versäumung einer Rechtsmittelfrist sei dies die Behörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen war. Die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags sei bei Versäumung einer Rechtsmittelfrist ab Kenntnis der Verspätung des eingebrachten Rechtsmittels zu berechnen.
In der gegenständlichen Angelegenheit sei das Straferkenntnis erstmals mit 1. Februar 2013 eigenhändig von der Beschwerdeführerin übernommen worden. Die Beschwerdeführerin sei sodann unbedenklich davon ausgegangen, dass ab diesem Zeitpunkt die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt, infolge sodann, berechnet ab diesem Zeitpunkt, fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben worden sei. Wie bereits ausgeführt habe mit dem Zurückweisungsbescheid seitens der Beschwerdeführerin völlig überrascht festgestellt werden müssen, dass eine Zustellung bereits durch Hinterlegung erfolgt sei und das Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen sei.
Sohin würde sich zweifelsfrei ergeben, dass für das Ingangsetzen der Frist nach § 167 FinStrG ausschließlich auf das Datum der Zustellung des Zurückweisungsbescheides abzustellen sei, da hiermit das Hindernis, das zur Fristversäumnis geführt habe, erstmals aufgehört habe. Berechnet ab diesem Zeitpunkt sei sohin der Wiedereinsetzungsantrag jedenfalls fristgerecht eingebracht worden.
Mit dem erstatteten Wiedereinsetzungsantrag sei die verspätete Berufung nachgeholt worden, weshalb auf den diesbezüglichen Schriftsatz verwiesen wird.
Aufgrund des Umstandes, dass der Wiedereinsetzungsantrag jedenfalls rechtzeitig eingebracht worden sei und infolge der Zurückweisungsbescheid zu Unrecht erlassen worden sei, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, der Beschwerde Folge zu geben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand stattzugeben.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 265 Abs. 1s lit. a FinStrG sind die zum 31. Dezember 2013 beim unabhängigen Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz anhängigen Rechtsmittel vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen und wirken bereits gestellte Anträge auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Gemäß § 79 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde dem Beschuldigten und den Nebenbeteiligten in jeder Lage des Verfahrens und auch nach dessen Abschluss die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer finanzstrafrechtlichen oder abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung solcher Pflichten erforderlich ist; sie kann ihnen statt dessen auch Abschriften (Ablichtungen) ausfolgen. Sind Beschuldigte oder Nebenbeteiligte blind oder hochgradig sehbehindert und nicht durch Verteidiger oder Bevollmächtigte vertreten, so hat ihnen die Finanzstrafbehörde auf Verlangen den Inhalt der Akten oder Aktenteile durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.
Gemäß § 79 Abs. 2 FinStrG sind von der Akteneinsicht ausgenommen Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden, Meldungen, Berichte und dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde.
Gemäß § 167 Abs. 1 FinStrG idgF ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten oder dem Nebenbeteiligten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 167 Abs. 2 FinStrG idF BGBl. Nr.312/1987, in Geltung bis 31.12.2013, musste der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde gestellt werden, bei der die Frist wahrzunehmen war oder die Verhandlung stattfinden sollte. Diese war auch zur Entscheidung über den Antrag berufen.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der Monatsfrist im Sinne des § 167 Abs. 2 FinStrG eingebracht wurde.
Am 28. Februar 2013 wurde beim Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde durch Mag. B , Mitarbeiterin bei der Rechtsanwaltskanzlei , eine Akteneinsicht in den Finanzstrafakt der Beschwerdeführerin vorgenommen. In diesem Strafakt findet sich dazu folgender Aktenvermerk vom 28. Februar 2013: „Akteneinsicht Rechtsanwälte . Diverse Kopien wurden ausgehändigt.“
Die Akteneinsicht steht nur für die in § 79 Abs. 1 FinStrG angeführten Zwecke zu. Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, erfolgte die Anfertigung und Ausfolgung von Kopien nach diesbezüglicher Anfrage der Kanzleimitarbeiterin durch einen Bediensteten des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde; im Übrigen entspricht die Ausfolgung von Ablichtungen anstelle der Einsichtnahme der Bestimmung des § 79 Abs. 1 FinStrG.
Da das Bundesfinanzgericht von dem in der Beschwerdeschrift dargestellten Sachverhalt ausgegangen ist, erübrigen sich die beantragten Einvernahmen der Zeugin Mag. B bzw. der Beschwerdeführerin.
In der Beschwerdeschrift wird vorgebracht, die Vertreter der Beschwerdeführerin hätten anlässlich der Akteneinsicht inhaltliche Informationen über den Verfahrensstand, nicht aber genaue Kenntnisse über die diesbezüglichen Zustellungen gewonnen. Dazu ist darauf zu verweisen, dass das Recht auf Akteneinsicht keinen Selbstzweck, sondern ein Hilfsmittel zur Verfolgung der abgaben- bzw. finanzstrafrechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin darstellt (vgl. dazu VwGH 22.6.2001, 2000/13/0037). Dass die Finanzstrafbehörde die begehrte Akteneinsicht real verweigert hätte, behauptet weder die Beschwerdeführerin konkret noch ergibt sich dies aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Wird ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der nicht abgewiesen wird, dann liegt es bei der Partei, diese Möglichkeit zu nützen (VwGH 24.1.2001, 99/16/0081). Wenn daher im gegenständlichen Fall Fristenläufe wie etwa die Wahrung einer Rechtsmittelfrist für die Verfolgung der Interessen der Beschwerdeführerin von Relevanz waren, ist es Sache der Partei bzw. deren – rechtskundigen – Vertreter, neben den ihnen bereits ausgehändigten Ablichtungen auch Einsicht in diesbezügliche Aktenteile wie etwa Zustellnachweise zu nehmen bzw. deren Ablichtung zu beantragen.
Die Monatsfrist des § 167 Abs. 2 FinStrG beginnt mit Aufhören des Hindernisses. Als Hindernis im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jenes Ereignis zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf einer Frist zur Erhebung des Rechtsmittels, so hört das Hindernis auf, sobald der Beschwerdeführer den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung zugestellt worden ist (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Rz. 22 zu §§ 167-168 FinStrG, mit Hinweis auf VwGH 9.11.1987, 87/10/0167, 0168; VwGH 23.9.1994, 94/02/0270, VwGH 4.3.1999, 99/16/0011, 0012, VwGH 30.5.2001, 99/13/0265, und VwGH 29.10.2003, 2003/13/0098, 0112).
Da jedenfalls mit der am 28. Februar 2013 vorgenommenen Akteneinsicht das Hindernis, das die Fristeinhaltung verhindert hat, weggefallen ist, begann die Monatsfrist des § 167 Abs. 2 FinStrG an diesem Tag zu laufen, weshalb sich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18. April 2013 (laut Poststempel versendet am 19. April 2013) als verspätet erweist.
Der Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom 14. Mai 2013 erging daher zu Recht, weshalb die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Zur Zulässigkeit einer Revision: Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof besteht daher kein Anlass.
Innsbruck, am 31. Dezember 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 265 Abs. 1s lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise: | VwGH 30.05.2001, 99/13/0265 |