BFG RV/3100671/2012

BFGRV/3100671/201216.6.2014

Vorliegen von neuen Tatsachen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100671.2012

 

Entscheidungstext

Innrain 32

6020 Innsbruck

www.bfg.gv.at

DVR: 2108837

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch  Berater,  gegen den Bescheid des FA ABC vom 14.09.2010 betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2007 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Bf (Beschwerdeführer) hat für das Jahr 2007 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Vollpauschalierung.

Im Formular Komb 26 wurden Einnahmen aus bäuerlicher Nachbarschaftshilfe, soweit diese die Maschinenselbstkosten (ÖKL-Richtwerte) übersteigen, im Betrag von 6.087,65 €, und Einnahmen aus (überwiegenden) Maschinendienstleistungen gegenüber Nichtlandwirten abzüglich 50% pauschale Betriebsausgaben in Höhe von 2.483,89 €, erklärt.

Die Veranlagung für das Jahr 2007 erfolgte erklärungsgemäß (Einkommensteuerbescheid vom 2. März 2009).

Am 10. August 2010 wurde ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2007 gestellt und beantragt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 4.693,49 € festzusetzen.

Begründend wurde ausgeführt, im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses 2009 sei festgestellt worden, dass der Bf bäuerliche Nachbarschaftshilfe leiste, welche über den Maschinenring B abgerechnet werde. Dieser Sachverhalt treffe auch auf das Jahr 2007 zu. Diese Leistungen würden nur gegenüber Landwirten erbracht und seien im Rahmen der Landwirtschaft von untergeordneter Bedeutung. Zudem seien die reinen Maschinenselbstkosten ohne Arbeitsleistung verrechnet worden. Da unter diesen Umständen die ÖKL-Richtsätze zur Schätzung der Betriebsausgaben herangezogen werden könnten und sich die verrechneten Maschinenselbstkosten unter den ÖKL-Richtsätzen befinden würden, seien die Einnahmen aufgrund der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe gemäß Rz 4206 ff EStR nicht anzusetzen. Als Nachweis werde eine Bestätigung des Maschinenrings B vom 16. Juli 2010 übermittelt. Diese lautet wie folgt:

Der Maschinenring B bestätigt, dass es sich bei den Dienstleistungen des Herrn Bf1 in den Jahren 2007 + 2008 um Tätigkeiten im Rahmen der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe (Erbringung gegenüber Landwirten) handelt. Es werden, reine Maschinenselbstkosten ohne Arbeitsleistung verrechnet, die Maschinenselbstkosten liegen unter den ÖKL-Richtsätzen.“

Mit Bescheid vom 14. September 2010 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2007 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, eine geänderte rechtliche Beurteilung eines schon bekannt gewesenen Sachverhaltes (Erbringung von Dienstleistungen gegenüber Landwirten) stelle keinen Wiederaufnahmegrund dar.

In der gegen den genannten Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung vom 28. September 2010 wurde zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, der tatsächliche Sachverhalt sei anlässlich der Erstellung der Jahreserklärung nicht bekannt gewesen. Aus der Zusammenstellung des Maschinenrings sei nicht ersichtlich, ob die Beträge unter den ÖKL-Richtsetzten gelegen seien oder nicht. Erst ein Schreiben des Maschinenrings aus dem Jahr 2009 habe diesbezüglich Klarheit gebracht. Da die die Einnahmen zur Gänze unterhalb der Richtsätze gelegen seien, seien sie im Rahmen der Pauschalierung erfasst.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 14. Mai 2012 wurde ausgeführt, im Streitfall sei eine bestimmte Form der landwirtschaftlichen Pauschalierung in Anspruch genommen und somit ein Wahlrecht konsumiert worden. Sämtliche Sachverhaltselemente wären bereits bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung zur Verfügung gestanden bzw. hätte man diese damals beschaffen können.

In der Beilage zur Einkommensteuer werde auf dem Formular Komb 26 (Seite 2) ganz eindeutig auf die ÖKL-Richtsätze hingewiesen. Es sei daher Aufgabe des Abgabepflichtigen gewesen, zu eruieren, inwieweit die ÖKL Richtsätze tatsächlich übertroffen worden seien. Es würden keine neuen Tatsachen vorliegen, die ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht hätten werden können.

Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 12. Juni 2012 wurde ausgeführt, dem steuerlichen Vertreter würden bei Erstellung der Steuererklärungen von Landwirten nur die aufgezeichneten Einnahmen vorliegen. Es sei daher eine „Auftragnehmerstatistik“ vom Maschinenring angefordert worden. Aus dieser sei allerdings nicht ersichtlich, ob der Leistungsempfänger Landwirt sei oder nicht. Ebensowenig sei erkennbar, ob die verrechneten Beträge unterhalb der ÖKL-Richtsätze gelegen seien. Aus diesem Grund seien die Betriebsausgaben fälschlicherweise mit 50 % der Einnahmen geschätzt worden. Die Schätzung habe sich mangels Vorliegens von ausreichenden Informationen als unrichtig erwiesen. Nur mit Mühe sei es dem steuerlichen Vertreter gelungen, die Bestätigung für die Jahre 2007 und 2008 zu erhalten. Darin könne kein grobes Verschulden erblickt werden.

II.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Gemäß § 303 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012 kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

2.) Ein Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird (§ 303 Abs. 2 BAO).

§ 303 BAO in der Fassung des Bundesgesetztes, BGBl. I Nr. 14/2013, tritt mit 1.1.2014 in Kraft und ist, soweit die Bestimmung Beschwerden betrifft, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden (§ 323 Abs. 37 BAO).

3.) Die Wiederaufnahmegründe sind bei der antragsgebundenen Wiederaufnahme dieselben wie bei der amtswegigen Wiederaufnahme. Der Neuerungstatbestand fordert, dass (entscheidungswesentliche) Tatsachen oder Beweismittel im (abgeschlossenen) Verfahren neu hervorkommen und zwar in jenem Verfahren, dass bereits durch Bescheid abgeschlossenen ist (vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 45).

4.) Was das „neu Hervorkommens“ von Tatsachen und Beweismitteln nach § 303 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012 anbelangt, gibt es zwei Kommentarmeinungen:

Nach Ritz ist sowohl bei der amtswegigen als auch bei der antragsgebundenen Wiederaufnahme, einzig der Wissenstand der Abgabenbehörde, bezogen auf die Aktenlage im Zeitpunkt der Erlassung des das Verfahren abschließenden Bescheides maßgebend (vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 45 und die dort angeführte Judikatur).

Nach Fischerlehner (vgl. Abgabenverfahren, Taschenkommentar, § 303 Tz 6) bilden hingegen Umstände, die der Partei im abgeschlossenen Verfahren bereits bekannt waren, keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund.

5.) Nach der Ansicht von Ritz würden weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien darauf hindeuten, dass eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt werden sollte. Aus diesem Grund sei eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde im wiederaufgenommenen Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, das sie bereits in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können, die nunmehr in einem wiederaufgenommenen Verfahren erlassen werden soll (VwGH vom 31.5.2011, 2009/15/0135). Durch die Vereinheitlichung der Wiederaufnahmevoraussetzungen sei die Judikatur, wonach für eine Antragswiederaufnahme die Wiederaufnahmsgründe für die Partei neu hervorkommen müssten, überholt (vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 47).

6.) Nach der Meinung von Fischerlehner berechtigen hingegen nur solche Tatsachen oder Beweismittel zur Wiederaufnahme, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, jedoch mangels Kenntniserlangung durch die Abgabenbehörde oder die Partei nicht berücksichtigt werden konnten.

Ob diese Tatsachen oder Beweismittel „neu hervorgekommen“ seien, sei aus der Sicht der jeweiligen Verfahrenspartei zu beurteilen. Daher würden Umstände, die der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt gewesen seien, jedoch bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien, keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund für eine amtswegige Wiederaufnahme bilden. Umstände, die der Partei (§ 78) im Zeitpunkt der Entscheidung zwar bekannt, jedoch (etwa aufgrund einer Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht) bei der Bescheiderlassung nicht berücksichtigt werden konnten, könnten keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund für eine Wiederaufnahme über Antrag der Partei, bilden. Andernfalls käme dieser Bestimmung kein sinnvoller normativer Inhalt zu (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren, Taschenkommentar, § 303 Tz 6).

7.) Letztgenannter Rechtsansicht schließt sich das Bundesfinanzgericht an. Dies aus folgenden Erwägungen:

7.1.) Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 dienen die Änderungen der Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht nur der Vereinfachung des Verfahrensrechts. Die Änderungen tragen auch rechtspolitischen (bzw. verfassungsrechtlichen Bedenken) gegen die Unterschiede bei der Wiederaufnahme auf Antrag und jener von Amts wegen Rechnung. Ebenso wie auch bei den anderen Verfahrenstiteln der BAO (insbesondere bei den §§ 293, 293b, 295, 295a und 299 BAO) ist eine Harmonisierung der Rechtslage für amtswegige wie für antragsgebundene Wiederaufnahme des Verfahrens sachgerecht.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens dient grundsätzlich der Gleichmäßigkeit der Besteuerung; dies unabhängig davon, ob sie sich zu Gunsten des Abgabengläubigers oder zu Gunsten des Abgabenschuldners auswirkt. Sie darf somit (aus Ermessensüberlegungen) nur ausnahmsweise unterbleiben (vgl. ErläutRV 2007 BlgNr 24. GP , 22).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes lässt sich aus den Gesetzesmaterialien nur ableiten, dass die bis zum 31.12.2013 bei der Wiederaufnahme auf Antrag und von Amts wegen bestehenden, gesetzlich normierten, unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen beseitigt werden sollten. Die antragsgebundene Wiederaufnahme war nur binnen drei Monaten ab nachweislicher Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes möglich. Neue Tatsachen und Beweismittel haben nur dann einen tauglichen Wiederaufnahmegrund dargestellt, wenn sie im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht wurden. Der Wiederaufnahmeantrag unterlag der Entscheidungspflicht und setzte ein rechtskräftiges Verfahren voraus. Die Harmonisierung erfolgte in der Weise, dass ab 1.1.2014 die für die amtswegige Wiederaufnahmen geltenden Voraussetzungen (Ermessen, Verjährungsfristen, kein Verschulden, keine Notwendigkeit der formellen Rechtskraft) auch für die Wiederaufnahme auf Antrag gelten (vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 2).

Durch die Beseitigung der Befristung und des Verschuldens bei der antragsgebundenen Wiederaufnahme wurde den gegen diese Unterschiede vorgebrachten rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen. Der Gesetzgeber wollte mit dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 vorrangig eine Vereinheitlichung der Anwendungsvoraussetzungen für die amtswegige und die antragsgebundene Wiederaufnahme erreichen (vgl. Marchgraber/Pinetz, Neuerungen bei der Wiederaufnahme des Verfahrens durch das Finanzverwaltungsgesetz 2012, FJ 2013, 169).

7.2.) Insoweit Ritz unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Ritz, BAO5, § 303, Tz 46) die Ansicht vertritt, maßgebend für das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel sei einzig der Wissenstand der Abgabenbehörde, bezogen auf die Aktenlage im Zeitpunkt der Erlassung des das Verfahren abschließendes Bescheides, ist festzuhalten, dass die von ihm zitierte Judikatur ausschließlich zur amstwegigen Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO alte Fassung ergangen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 303 Abs. 1 BAO alte Fassung war für die Lösung der Frage des Neuhervorkommens von Tatsachen und Beweismitteln bei der antragsgebundenen Wiederaufnahme des Verfahrens jedoch entscheidend, ob diese Umstände im abgeschlossenen Verfahren der Partei bekannt waren oder nicht (vgl. VwGH 28.9.1998, 96/16/0158; 26.2.2003, 97/13/0081). Weshalb dieser Judikatur „als Folge der Gesetzesänderung „der Boden entzogen sein soll“, ist für das Bundesfinanzgericht nicht ersichtlich, zumal Ritz und das Bundesministerium für Finanzen schon zur § 303 Abs. 1 BAO alte Fassung nachstehende - von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs abweichende - Rechtsansicht vertreten haben (vgl. Ritz, BAO4, § 303 Tz 27 und vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 47):

„Für die Frage des Neuhervorkommens ist – ebenso wie für die amtswegige Wiederaufnahme – der Kenntnisstand der Abgabenbehörde (im jeweiligen Verfahren) maßgebend, nicht jedoch, ob im Zeitpunkt des abgeschlossenen Verfahrens diese Umstände der Partei bekannt waren (BMF, AÖF 2006/192, Abschn.2.1.; aM VwGH 28.9.1998, 96/16/0158; 26.2.2003, 97/13/0081). Dies ergibt sich ua aus § 303 Abs. 1 lit b (arg „ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht)“.

7.3.) Folgt man der Rechtsansicht von Ritz, wonach für die Frage des Neuhervorkommens von Tatsachen sowohl bei der amtswegigen als auch der antragsgebundenen Wiederaufnahme ausschließlich der Kenntnisstand der Abgabenbehörde (im jeweiligen Verfahren) maßgebend sein soll, würde der ab 1.1.2014 geltende § 303 BAO dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit eröffnen, nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 243 BAO) und nach Ablauf der einjährigen Frist zur Bescheidbehebung (§ 299 BAO) die Rechtsrichtigkeit von Abgabenbescheiden in einer Weise in Frage zu stellen, die im Ergebnis der Erhebung einer Beschwerde gleichkommt, zumal die Umstände in der Regel der Partei (nicht aber dem Finanzamt) bekannt sind.

Eine derartige Intention kann dem Gesetzgeber nach Meinung des Bundesfinanzgerichts jedoch nicht unterstellt werden.

Hinzu kommt noch, dass nach der (bisherigen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das antragsgebundene Wiederaufnahmeverfahren nicht den Zweck hat, allfällige Verhältnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren. Das Verfahren soll nur die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen (VwGH 27.01.2011, 2007/15/0262). Nach Meinung des Bundesfinanzgerichtes muss ein derartiger Normzweck aber auch dem § 303 Abs. 1 BAO neue Fassung zukommen.

7.4.) Was die im Abgabenverfahren vorgelegte Bestätigung des Maschinenrings B vom 16. Juli 2010 anbelangt, ist festzuhalten, dass es sich hiebei um ein Beweismittel handelt, dass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht existent war, sondern erst nach Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 2007 (Ausfertigungsdatum 2. März 2009) erstellt worden ist. Derartige Beweismittel (nova producta) stellen keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar.

Im Vorlageantrag vom 12. Juni 2012 wurde behauptet, erst durch diese Bestätigung sei für den steuerlichen Vertreter „neu hervorgekommen“, dass die landwirtschaftlichen Nebenleistungen gegenüber Landwirten erbracht worden seien und der Verrechnungswert unter den Selbstkosten der ÖKL-Richtwerte gelegen sei.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom 18. April 2014 wurde der Bf ersucht mitzuteilen, aus welchen Gründen ihm im Zeitpunkt der Erteilung des Einkommensteuerbescheides 2007 nicht bekannt gewesen sein soll, dass er die gegenüber den Maschinenring abgerechneten Leistungen gegenüber Landwirten und auf reiner Selbstkostenbasis ohne Arbeitsleistung erbracht hat. Der Vorhalt vom 18. April 2014 blieb unbeantwortet. Dass dem Bf nicht bewusst gewesen sein soll, wem gegenüber (Landwirten oder Nichtlandwirten) und zu welchen Konditionen (Verrechnung von Maschinenselbstkosten, Verrechnung der ÖKL-Sätze etc) er die gegenständlichen Dienstleistungen (zB Mist laden, pflügen, eggen, Mist ausbringen, Ballen pressen etc.) erbracht hat, hält das Bundesfinanzgericht für unglaubwürdig. Im Streitfall ist sohin das Vorliegen von neuen Tatsachen und Beweismitteln zu verneinen ist. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

III.) Zulässigkeit der Revision:

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob der Wissenstand der Abgabenbehörde für das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln auch für die antragsgebundene Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012 maßgebend ist, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt.

 

 

 

Innsbruck, am 16. Juni 2014

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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