UID bei ig. Lieferungen durch pauschalierte Landwirte erforderlich
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100704.2014
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/15/0041. Mit Erk. v. 15.9.2016 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/2101587/2016 erledigt.
Entscheidungstext
Conrad von Hötzendorf-Str. 14-18
8010 Graz
DVR: 2108837
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Ri in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Dr. Norbert Wurmsdobler, Berger Str. 1 a, 94060 Pocking gegen Bescheide des Finanzamt Graz-Stadt
1. vom 12. Juli 2013 über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2011
2. vom 1. April 2014 betreffend Umsatzsteuer 2011
3. vom 9. April 2014 betreffend erster Säumniszuschlag zu Umsatzsteuer 2011
zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (BF) aus Deutschland führt die Trocknung von Mais und Getreide durch. Die Lieferungen dieser Waren erfolgte (auch) durch pauschalierte österreichische Landwirte.
Die BF rechnete mit Gutschriften ab und machte für das Jahr 2011 die durch sie für die Lieferungen der pauschalierten Landwirte aus Österreich in Höhe von 12% errechneten Beträge als Vorsteuern geltend.
Die Umsatzsteuer 2011 wurde erklärungsgemäß mit Minus 313.996,51 Euro veranlagt.
Im Zuge einer Betriebsprüfung wurden aus elf Gutschriften resultierende Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 13.996,02 Euro nicht anerkannt, da diese Gutschriften, welche für Lieferungen österreichischer pauschalierter Landwirte erfolgt waren, die UID-Nummern der Lieferanten nicht enthielten.
Das Finanzamt erließ im wiederaufgenommenen Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2011 der Ansicht der Betriebsprüfung entsprechende Bescheide und setzte die Umsatzsteuer 2011 mit Minus 300.000,49 Euro fest.
In der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 wies die BF darauf hin, dass pauschalierte Landwirte keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten, weshalb in der umsatzsteuerlichen Handhabung ein Widerspruch bestehe.
Es werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens wies auf diese Beschwerde hin.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid abgewiesen und diese Entscheidung unter Hinweis auf Rz 3988, 4154 und 4339 der Umsatzsteuerrichtlinien damit begründet, dass von der bei der Betriebsprüfung vertretenen Ansicht nicht abgegangen werden könne.
Am 11. März 2014 erfolgte eine Berichtigung der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 293 der Bundesabgabenordnung (BAO). Die Umsatzsteuer 2011 wurde im berichtigten Bescheid mit Minus 313.996,51 Euro gegenüber Minus 300.000,49 Euro festgesetzt. Die in diesem Bescheid anerkannte Vorsteuer betrug 325.034,56 Euro gegenüber 311.038,54 Euro in der Beschwerdevorentscheidung.
Die Bf stellte mit Schreiben vom 12. März 2014 einen Vorlageantrag. Mit Schreiben vom 17. März 2014 wurde er zurückgezogen.
Am 1. April erging neuerlich eine Berichtigung der Beschwerdevorentscheidung vom 11. März 2014. Darin wurde die Umsatzsteuer erneut mit Minus 300.000,49 Euro festgesetzt.
Am 22. April langte beim Finanzamt eine Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 1. April 2014 sowie gegen den damit zusammenhängenden Säumniszuschlagsbescheid vom 9. April 2014 ein.
Die Beschwerde richte sich gegen die Stattgabe eines Antrages, der bereits vor Erteilung des Änderungsbescheides vom 1. April 2014 wieder zurückgenommen worden sei.
Der Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 14. Februar 2014 sei mittels Vorlageantrag nur deshalb bekämpft worden, weil nicht sicher gestellt gewesen sei, dass der begünstigende Umsatzsteuerbescheid aufgrund des längeren Postweges nach Deutschland innerhalb der Rechtsmittelfrist zugestellt werden würde. Aufgrund der komplexen Angelegenheit und des langwierigen Verfahrens sei es verständlich, dass der Klient um Rechtssicherheit bemüht gewesen sei. Der Vorlageantrag wäre bei rechtzeitiger Kenntnis vom positiven Bescheid nie gestellt worden.
Zu den einzelnen Bescheiden ist auszuführen:
1.) Bescheid vom 12. Juli 2013 betreffend Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 2011:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren über Antrag der Partei oder von Amts wegen u.a. wieder aufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind.
Im vorliegenden Verfahren waren die UID-Nummern der Lieferanten auf den betreffenden Gutschriften nicht vorhanden. Die BF bestritt diesen Umstand nicht, sondern vertrat die Ansicht, pauschalierten Landwirten könne eine UID-Nummer nicht erteilt werden.
Weitere gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens sprechende Gründe wurden nicht angeführt
Da der Umstand, dass die UID-Nummern nicht angegeben waren, während der Betriebsprüfung neu hervorgekommen ist, erfolgte die Wiederaufnahme des umsatzsteuerverfahrens 2011 zu Recht.
2.) Gemäß § 293 BAO berichtigter Bescheid vom 1. April 2014 betreffend Umsatzsteuer 2011:
Der am 1. April 2014 ergangene Bescheid berichtigte die bereits durch Bescheid vom 11. März 2014 berichtigte Beschwerdevorentscheidung vom 14. Februar 2014 erneut und setzte die Umsatzsteuer 2011 mit Minus 300.000,49 Euro fest.
Zur Erinnerung:
Die Umsatzsteuer 2011 wurde in Euro wie folgt festgesetzt:
Bescheid 12. Juli 2014 mit Minus300.000,49
BVE vom 14. Feb. 2014 mit Minus 300.000,49
Berichtigung 11. März 2014 mit Minus 313.996,51
Berichtigung 1. April 2014 mit Minus 300.000,49
Mit der gegen den Bescheid vom 1. April 2014 erhobenen Beschwerde wurde bekämpft, dass einem bereits vor Erteilung des nunmehr angefochtenen Bescheides zurückgenommen Antrag stattgegeben worden sei.
Dieser Formulierung ist zu entnehmen, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer 2011 mit dem Betrag von Minus 313.996,51 Euro begehrt wurde.
Hinsichtlich der geltend gemachten Vorsteuern ist auszuführen:
§ 11 Abs. 1 lit. i UStG 1994 bestimmt hinsichtlich der Angaben, die eine Rechnung enthalten muss:
"soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer."
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternemen ausgeführt worden sind, ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen.
Daraus geht hervor, dass nur die in einer den Bestimmungen des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Art. 28 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 bestimmt, dass das Finanzamt Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen hat, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen benötigen.
Zur Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben führt § 22 Abs. 1 zweiter Absatz, erster Satz aus, dass die Bestimmungen des § 6 Abs.1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 und 11 anzuwenden sind.
Diese Bestimmung sieht die Anwendung von § 6 Abs. 1 Z 1 bis 7 UStG nicht vor. Echte Steuerbefreiungen kommen daher im Rahmen der Lieferung durch pauschalierte Landwirte nicht zur Anwendung.
Für die Lieferung im Binnenmarkt ist durch den ausführenden Unternehmer gemäß Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 eine ZM abzugeben.
Auch Landwirte, die der Pauschalierung gemäß § 22 UStG unterliegen, sind davon betroffen. Dies, obwohl ihre innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei ist.
In Rechnungen (ebenso in Gutschriften) über derartige steuerpflichtige innergemeinschaftliche Lieferungen pauschalierter Landwirte ist gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit i UStG auch die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifkationsnummer anzugeben.
Der Beschwerdebehauptung, dass pauschalierten Landwirten eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht erteilt wird, ist zu entgegnen, dass das Finanzamt gemäß Art. 28 Abs. 1 Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 UStG versteuern, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen hat, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen benötigen.
Da die betreffenden Rechnungen (Gutschriften) die UID-Nummern der Lieferanten unbestritten nicht enthielten, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.) Säumniszuschlagsbescheid vom 9. April 2014
Beim Säumniszuschlag handelt es sich um eine "Sanktion eigener Art". Er ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (Ritz, BAO5, § 217, Tz 2 und die dort zitierte VwGH-Judikatur).
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Massgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Da die am 15. Februar 2012 fällige Umsatzsteuer 2011 nicht laut Erklärung mit Minus 313.996,51 Euro, sondern richtig mit Minus 300.000,49 festzusetzten war, entstand ein zu hohes Guthaben.
Der Säumniszuschlag wurde daher zu Recht vorgeschrieben.
Zulässigkeit einer Revision
Eine Revision ist in den vorliegenden Fällen unzulässig, da sie jeweils nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Graz, am 10. Juni 2014
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | ig Lieferungen pauschalierter Landwirte, Wiederaufnahme, Säumniszuschlag |