Normen
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §22;
UStG 1994 Anh Art28;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §22;
UStG 1994 Anh Art28;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist eine deutsche Genossenschaft, die die Trocknung von Mais und Getreide durchführt und als solche auch Lieferungen von gemäß § 22 UStG 1994 pauschalierten österreichischen Landwirten nach Deutschland (innergemeinschaftliche Lieferungen) erhalten hat.
2 Die Revisionswerberin rechnete mit Gutschriften ab und machte für das Jahr 2011 die durch sie für die Lieferungen der pauschalierten Landwirte aus Österreich in Höhe von 12% errechneten Beträge als Vorsteuern geltend.
3 Die Umsatzsteuer 2011 wurde erklärungsgemäß mit einem Vorsteuerüberhang 313.996,51 EUR veranlagt.
4 Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden aus elf Gutschriften resultierende Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 13.996,02 EUR nicht anerkannt. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass diese Gutschriften für Lieferungen österreichischer pauschalierter Landwirte die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der Lieferanten nicht enthalten hätten.
5 Das Finanzamt nahm daraufhin das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2011 wieder auf, erließ der Prüfung entsprechende Bescheide und setzte dann darin die Umsatzsteuer 2011 mit einem Vorsteuerüberhang 300.000,49 Euro fest.
6 Daraufhin erhob die Revisionswerberin sowohl gegen den Wiederaufnahme- als auch gegen den Umsatzsteuerbescheid Berufung (nunmehr: Beschwerde). Begründend wies sie insbesondere darauf hin, dass pauschalierte Landwirte seitens der Finanzverwaltung keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhielten, weshalb in der umsatzsteuerlichen Handhabung ein Widerspruch bestehe.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden ab. Begründend führte es aus, die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 2011 sei zu Recht erfolgt, weil der Umstand, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern nicht angegeben gewesen seien, während der abgabenbehördlichen Prüfung neu hervorgekommen sei.
8 Rechnungen müssten gemäß § 11 Abs. 1 lit. i UStG 1994 idF BGBl. I Nr. 34/2010 "soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" als Angabe enthalten.
9 Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 könne ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden seien, ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen. Daraus gehe hervor, dass nur die in einer den Bestimmungen des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer als Vorsteuer abgezogen werden könne.
10 Art. 28 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 bestimme, dass das Finanzamt Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 UStG 1994 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen habe, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen benötigten.
11 Zur Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben führe § 22 Abs. 1 zweiter Absatz, erster Satz UStG 1994 aus, dass die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 anzuwenden seien. Diese Bestimmung sehe die Anwendung von § 6 Abs. 1 Z 1 bis 7 UStG 1994 nicht vor. Echte Steuerbefreiungen kämen daher im Rahmen der Lieferung durch pauschalierte Landwirte nicht zur Anwendung.
12 Für die Lieferung im Binnenmarkt sei durch den ausführenden Unternehmer gemäß Art. 21 Abs. 3 UStG 1994 eine Zusammenfassende Meldung (ZM) abzugeben. Auch Landwirte, die der Pauschalierung gemäß § 22 UStG 1994 unterlägen, seien davon betroffen, obwohl ihre innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei sei.
13 In Rechnungen (ebenso in Gutschriften) über derartige steuerpflichtige innergemeinschaftliche Lieferungen pauschalierter Landwirte sei gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 lit. i UStG 1994 auch die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifkationsnummer anzugeben.
14 Der Beschwerdebehauptung, dass pauschalierten Landwirten eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht erteilt werde, sei zu entgegnen, dass das Finanzamt gemäß Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 UStG 1994 versteuerten, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen habe, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen benötigten.
15 Da die betreffenden Rechnungen (Gutschriften) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Lieferanten unbestritten nicht enthalten hätten, sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.
16 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
17 Der Verwaltungsgerichtshof leitete gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren ein; das mitbeteiligte Finanzamt brachte eine Revisionsbeantwortung ein.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
20 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21 Die Revisionswerberin bringt vor, die außerordentliche Revision sei zulässig, weil durch die Auslegung des UStG 1994 durch das Bundesfinanzgericht ein grenzüberschreitender Vorgang im Vergleich zu einem innerösterreichischen Vorgang ohne sachliche Rechtfertigung schlechter gestellt würde. Aufgrund der asymmetrischen Benachteiligung der innergemeinschaftlichen Lieferung sei der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer im Unternehmensbereich nicht gewahrt.
22 Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet. 23 Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994 in der im Revisionsfall
anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 34/2010 ist, "soweit der Unternehmer im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer" auf der Rechnung anzugeben und bildet daher ein notwendiges Rechnungsmerkmal.
24 Die verpflichtende Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf der Rechnung gilt allerdings nicht für Unternehmer, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 UStG 1994 versteuern, weil Art. 28 UStG 1994 ihnen nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ermöglicht. So haben pauschalierte Land- und Forstwirte, die keine innergemeinschaftlichen Lieferungen und keine innergemeinschaftlichen Erwerbe tätigen, nach dieser Bestimmung keinen Anspruch auf die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Daraus erschließt sich, dass für sie insoweit auch die Notwendigkeit der Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als notwendiges Rechnungsmerkmal iSd § 11 Abs. 1 UStG 1994 entfällt.
25 Dies gilt aber ungeachtet eines Anspruchs auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auch für pauschalierte Land- und Forstwirte, die innergemeinschaftliche Lieferungen erbringen, weil für eine höhere Anforderung an ihre Rechnungen keine sachliche Rechtfertigung besteht.
26 Für eine unterschiedliche Behandlung der "Inlandslieferung" und der innergemeinschaftlichen Lieferung in Bezug auf die Rechnungslegung durch die Verwaltungspraxis - wie sie die Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen vorsehen (vgl. Rz 1556 UStR 2000, wonach nur im Inlandsfall ein Hinweis auf den angewandten Durchschnittssteuersatz ausreicht) - besteht daher keine Rechtfertigung.
27 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
28 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 15. September 2016
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