BFG RM/7100009/2019

BFGRM/7100009/201910.3.2020

Maßnahmenbeschwerde wegen behaupteten tätlichen Angriffs gegen Bf.

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RM.7100009.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/17/0055. Zurückweisung mit Beschluss vom 8.9.2020.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache - Maßnahmenbeschwerde - vom 21.8.2018 des Bf., Adr., vertreten durch Vertreter, wegen behaupteter Verletzung in Rechten durch Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, "tätlicher Angriff eines Polizeiorgans auf den Beschwerdeführer",
bei einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch Organe der Finanzpolizei FPT für das FA Wien 2/20/21/22 im Lokal AdrLokal,
nach der am 26.2.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung im fortgesetzten Verfahren zu Recht erkannt:

I) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II) Der Kostenanspruch gründet sich auf § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3, 4 und 5 VwG-AufwandsersatzVO idgF.
Die Kosten iHv
Euro 57,40 Vorlageaufwand, Euro 368,80 Schriftsatzaufwand und Euro 461,00 Ersatz des Verhandlungsaufwandes, insgesamt Euro 887,20,
sind dem Bund binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Das gegenständliche Verfahren betraf die Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers (idF Bf.) Bf., datiert 21.8.2018, beim BFG eingelangt per Fax am 22.8.2018.

Es handelte sich um das fortgesetzte Verfahren in dieser Beschwerdesache.
Mit Erkenntnis des VwGH Ra 2019/17/0089 v. 12.11.2019 war die Entscheidung des BFG RM/7100011/2018 vom 9.7.2019 zum ersten Verfahren zur o.a. Maßnahmenbeschwerde aufgehoben worden.

Die Aufhebung der Entscheidung durch den VwGH erfolgte wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Unterlassen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung).

Die mündliche Verhandlung fand nun im fortgesetzten Verfahren am 26.2.2020 beim BFG statt.

Die verfahrensgegenständliche Maßnahmenbeschwerde vom 21.8.2018 war wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Lokal AdrLokal, durch einen "tätlichen Angriff eines Polizeiorgans (WEGA) auf den Beschwerdeführer" erhoben worden.
Es wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären sowie Gebührenersatz gem. § 35 VwGVG und § 26 VwGVG auszusprechen.

Begründend wurde angeführt, dass die Finanzpolizei FPT im angeführten Lokal eine Kontrolle nach den GSpG durchgeführt habe. Ein Polizeiorgan der WEGA habe an diesem Tag dem Bf. einen Schlag gegen den Kopf/Hals versetzt und diesen sodann einige Sekunden im Halsbereich gewürgt. Zur Rechtswidrigkeit wurde im Schriftsatz u.a. festgehalten, dass ein Schlag zum Kopf/Halsbereich sowie Würgen einer Person gesetzlich nicht gedeckt sei. Der Bf. sei insbesondere in seinem Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1 EGRC) und auf Nichtvornahme einer erniedrigenden Behandlung (Art. 4 EGRC und Art. 3 EMRK) verletzt worden.

Wie durch die Richterin in der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2020 festgehalten wurde, wird auf das erste Verfahren zu dieser Maßnahmenbeschwerde, auf das Verfahren zu GZ. RM/7100011/2018 vom 9.7.2019 und die Entscheidung des VwGH darüber hingewiesen.
Die dem BFG aus dem ersten Verfahren vorliegenden Unterlagen bilden einen Bestandteil des fortgesetzten Verfahrens.

Die wesentlichen Punkte des ersten Verfahrens sind hier nochmals zusammengefasst dargestellt:

Die Maßnahmenbeschwerde war auch beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht worden und von diesem mit Schreiben vom 25.9.2018, einlangend beim BFG am 3.10.2018, nach gesetzten Ermittlungshandlungen an das BFG zuständigkeitshalber weitergeleitet worden. Das Verwaltungsgericht legte dazu den Gerichtsakt samt Behördenakt (Gz. 102**) vor.
Dem Gerichtsakt lag u.a. ein Aktenvermerk über die erfolgte Akteneinsicht des Vertreters des Bf. vom 21.9.2018 bei. Der Vertreter, der den Bf. auch im Verfahren vor dem BFG vertrat, bestätigte darin auch die Übernahme einer Ausfertigung der Gegenschrift der LPD Wien vom 17.9.2018.

Mit Beschluss des BFG vom 3.4.2019 wurde die belangte Behörde, Finanzpolizei FPT, um Stellungnahme zur Maßnahmenbeschwerde sowie um Auskunft u.a. zu folgenden Fragen ersucht: ... "A) ob und welchen Kontakt es zum Bf. im Rahmen der durchgeführten Kontrolle seitens der handelnden Organe, sowohl der Finanzpolizei als auch der Organe der Sicherheitsbehörde gegeben hat. Angabe zu Gesprächen etc. Gab es durch die handelnden Organe Wahrnehmungen zum Vorwurf des Bf. (tätlicher Angriff) in der Beschwerde? …
A1) Wurde der Bf. niederschriftlich einvernommen? Falls ja, bitte um Vorlage der Niederschrift."

Mit Fax vom 3.4.2019 brachte der Vertreter des Bf. einen Fristsetzungsantrag gem. Art. 133 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 7 B-VG beim BFG ein. Infolge des Erkenntnisses des BFG vom 9.7.2019 wurde das Verfahren zum Fristsetzungsantrag durch Beschluss des VwGH am 29.9.2019 eingestellt.

In der Stellungnahme der belangten Behörde vom 24.4.2019 zum Beschluss vom 3.4.2019 wurde u.a. zum Ablauf der Amtshandlung wie auch zum Vorwurf des Bf. ausgeführt:

"... Zum Sachverhalt - Am 11.07.2018 wurde durch Kontrollorgane der Finanzpolizei Wien, FPT, unter Assistenzleitung von Einsatzkräften der Abteilung Sondereinheiten (WEGA) im Gewerbestandort in AdrLokal auf Grundlage des § 50 Abs. 4 GSpG eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des Glückspielgesetzes durchgeführt. Es handelt sich hier um ein Lokal ohne Bezeichnung mit mehreren Räumen, welches verschlossen war und auch nach mehrmaligem Klingeln, Klopfen und Androhung von Zwangsmaßnahmen nicht geöffnet wurde.

Mittels Aufsperrdienst wurde die verschlossene Eingangstür hinter der offenen Glastür geöffnet (10:48 Uhr). Die zur Unterstützung gerufene Einsatzgruppe-WEGA sicherte das Lokal und musste noch weitere Türen (unter anderem eine als Garderobe getarnte Geheimtür) gewaltsam öffnen, um in die dahinter gelegenen Räumlichkeiten zu gelangen, in denen sich die Glücksspielgeräte befanden. Um 10:53 Uhr erfolgte nach Sicherung durch die Wega das Betreten des Lokals durch Organe der Finanzpolizei. In den nunmehr zugänglichen Räumen wurden neun Spielgeräte und vier weitere Eingriffsgegenstände aufgefunden und in weiterer Folge in Anwendung des § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig beschlagnahmt. ….
Im Lokal wurde zu Beginn der Kontrolle durch Einsatzkräfte der WEGA der rumänische Staatsbürger, Herr Bf., angetroffen und vor das Lokal geleitet, wo die weitere Amtshandlung durch die Finanzpolizei übernommen wurde. Er gab an, nur für zwei Stunden am Tag als Putzkraft im Lokal beschäftigt zu sein - siehe Anlage Personenblatt. Eine Abfrage ergab, dass er als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei der Firma AG.GmbH laufend gemeldet ist. Er gab an, nichts mit den Spielgeräten und mit dem Auszahlen zu tun zu haben. …"

Zum Inhalt der Maßnahmenbeschwerde war u.a. angeführt:
Zum geäußerten Vorwurf "Die belangte Behörde bzw. ein ihr zurechenbares Organ (WEGA) hat an diesem Tag dem Beschwerdeführer einen Schlag gegen den Kopf/Halsbereich versetzt und diesen sodann einige Sekunden im Halsbereich gewürgt" wurde seitens des zuständigen Sachbearbeiters in den unter Zl. geführten Akt der Staatsanwaltschaft Wien Einsicht genommen und Kopien von sachverhaltsrelevanten Schriftstücken gezogen. Demnach wurden im Auftrag der StA Wien durch das Büro für Qualitätssicherung, Referat Besondere Ermittlungen der LPD Wien ua zeugenschaftliche Einvernahmen der einschreitenden WEGA Einsatzkräfte, Herrn RvI. PM und Herrn RvI HJo durchgeführt.
Als Zeuge einvernommen, gab Herr RvI PM u.a. an, dass er den Betroffenen, um dessen Aufmerksamkeit zu erwecken mit der linken Hand am Hinterkopf oder seitlich am Kragen ergriffen und ihn leicht zu sich gezogen zu haben. Der Griff sei auch nicht aufrechterhalten und sei der Betroffene damit auch nicht gewürgt worden. Jeglicher Misshandlungsvorwurf werde zurückgewiesen, auch habe er den Bf. nicht geschlagen. ….. Über die Anzahl der in dem Gebäude befindlichen Personen war nichts bekannt. Die Vordereingangstüre sei in der Folge durch einen von der Finanzpolizei bereitgestellten Schlosser geöffnet worden. Durch den vordersten Mann im Zugriffsteam konnte eine Person hinter einer Theke wahrgenommen werden, wobei diese aufgefordert wurde, aus dem Gebäude herauszutreten. Die betreffende Person, welche sich später als der Bf. herausstellte, wollte nicht auf die Frage nach einem Schlüssel antworten, sondern habe lediglich "wirre Angaben" von sich gegeben. Es wurde ihm sodann durch Handzeichen gedeutet, dass der Schlüssel benötigt werde. Der Bf. habe erneut wirre und größtenteils unverständliche Angaben gemacht und dabei ins Leere geblickt. Für ihn habe es den Anschein gehabt. als wollte er der Amtshandlung nicht folgen bzw. sachdienliche Hinweise erteilen, "wobei er plötzlich wieder in einen unverständlichen Redeschwall verfallen sei." Um die Aufmerksamkeit wieder zu erwecken, habe er ihn mit der linken Hand im Hinterkopf/Nackenbereich berührt und ihn leicht zu sich gezogen. Der Griff in den Nacken habe lediglich dazu gedient dessen Aufmerksamkeit zu erlangen und sollte diese Geste die Ernsthaftigkeit der Situation klarmachen. Der besagte Schlüssel konnte in weiterer Folge hinter der Theke im Eingangsraum an einem Nagel hängend aufgefunden werden und die besagte Türe damit beschädigungsfrei geöffnet werden. Ausdrücklich betont wurde, dass der Bf. zu keinem Zeitpunkt geschlagen, geschweige denn gewürgt wurde. Vorort wurde durch den Bf. keine Verletzung behauptet.

Ebenfalls wurde Hr. RvI HJo, Abteilung Sondereinheiten (WEGA), zum behaupteten Vorfall anlässlich der Unterstützungsmaßnahme für die Finanzpolizei einvernommen. Laut der aus dem Akt der StA Wien gezogenen Stellungnahme sei es nicht bekannt gewesen, wie viele Personen sich im Lokal befanden bzw. ob das Lokal mit einer Reizgasanlage bestückt war. Er selbst sei einer der Letzten gewesen, der das Lokal betreten habe. Als er den Raum betrat, wurde bereits eine Person aus dem Lokal eskortiert und der Finanzpolizei zur weiteren Amtshandlung übergeben. Es wurde eine als Garderobe getarnte Tür gefunden, welche vorerst nicht geöffnet, aber letztendlich hinter einer hölzernen Konstruktion versteckten Durchgang hinter der Theke des Lokals umgangen werden konnte. Dahinter seien weitere Räume gewesen, in welchen zahlreiche Glücksspielautomaten standen. Der im Raum befindliche (Anmerkung Bf.) habe unzusammenhängende Angaben gemacht bzw. gab dieser zu verstehen, kein Deutsch zu sprechen bzw. uns nicht zu verstehen. Dabei habe seine Stimme gelassen und gefasst gewirkt. Es konnte durch ihn zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen werden, dass der Mann geschlagen oder gewürgt wurde, noch wurde vor Ort so etwas von ihm behauptet. Er habe die ganze Zeit hindurch ruhig gewirkt und sei dieser weder aufgebracht, eingeschüchtert oder offensichtlich verletzt gewesen. Zu den vom Beschwerdeführer angegebenen Behauptungen könne er nicht mehr angeben.
Laut dem in der Anlage angeschlossenen Abschlussbericht der LPD Wien, Referat Besondere Ermittlungen, habe der als Zeuge einvernommene Bf. angegeben, von einem Exekutivorgan auf "seiner rechten Seite ergriffen und dann 2 - 3 Sekunden gedrückt worden zu sein". Er habe sich nicht in ärztliche Behandlung gegeben, er sei nicht geschlagen worden, sondern den Schlag gegen die rechte Halsseite in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen zu haben.
Zur Beteiligung der einschreitenden Organe der Finanzpolizei sei festgehalten, dass sich diese bis zum Zeitpunkt der Sicherung des Lokals durch die WEGA auf dem Gehsteig vor dem Lokal befanden und aus diesem Grunde zu den in den Raum gestellten Behauptungen eines Würgens oder eines Schlages auf den Kopf keine Wahrnehmungen machen konnten. Es kann lediglich angegeben werden, dass der Bf. gegenüber den Einsatzkräften der Finanzpolizei keine Angaben hinsichtlich einer Verletzung tätigte.
Die der Stellungnahme angeschlossenen Kopien zeigen drei Abbildungen des Bf. im Bereich des Eingangs zum Lokal und sind auch auf diesen Abbildungen keine Verletzungen wahrnehmbar. Auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse wurde mit diesem lediglich ein in rumänischer Sprache abgefasstes Personenblatt aufgenommen, welches dieser ohne Hinweise auf einen möglichen "Angriff" seitens der WEGA ausfüllte …...

Nochmalig betont wird; dass seitens des Bf. in Anwesenheit der Organe der Finanzpolizei keine Hinweise auf eine etwaige Verletzung gegeben wurden, im Gegenteil er wirkte gefasst und gelassen und gab an, lediglich als Putzkraft im Lokal tätig zu sein und mit den Glücksspielgeräten nichts zu tun zu haben. ...

In einer Zusammenschau
- der im Abschlussbericht der LPD Wien wiedergegebenen Angaben des Bf.,
- "er sei nicht geschlagen worden und habe sich nicht in ärztliche Behandlung gegeben,
- der Aussage des Wega - Beamten PM, welcher einen Körperkontakt zur "Erweckung der Aufmerksamkeit" einräumte, jedoch den seitens des Rechtsvertreters behaupteten Vorwurf eines Schlages auf den Kopf und/oder eines Würgens in Abrede stellte,
- mit der Angabe des Wega - Beamten RvI. HJo, der angab, von einem Schlagen oder Würgen nichts wahrgenommen zu haben, eine derartige Behauptung sei seitens des Bf. vor Ort nicht aufgestellt worden, dessen Stimme sei die ganze Zeit hindurch "ruhig und weder aufgebracht, eingeschüchtert oder offensichtlich verletzt gewesen",

kann unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Bf. den Erhebungsorganen der Finanzpolizei gegenüber keine Misshandlung durch Exekutivorgane behauptete, davon ausgegangen werden, dass die seitens des Rechtsvertreters inkriminierten Misshandlungsvorwürfe nicht den Fakten entsprechen."

Die belangte Behörde beantragte die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde als unbegründet sowie Kostenersatz gem. VwG-Aufwandersatzverordnung; Ersatz des Schriftsatzaufwandes, Vorlageaufwandes und in eventu Verhandlungsaufwand.

Mit Beschluss des BFG vom 30.4.2019 wurden dem Bf. / dessen Vertreter, zur Wahrung des Parteiengehörs, die Stellungnahme vom 24.4.2019 sowie die angeführten Unterlagen übermittelt:

Blatt

Unterlagen

1 - 5 6 - 10 11 - 13 14 - 15 16 - 17 18 - 19 20

Stellungnahme vom 24.4.2019 - FinPol Aktenvermerk vom 17.7.2018 zur Kontrolle vom 11.7.2018 Fotos Bf. vor dem Lokal bei der Amtshandlung Abschlussbericht LPD Wien vom 29.10.2018 Stellungnahme vom 18.9.2018 RvI PM (WEGA) Beschuldigtenvernehmung vom 3.10.2018 RvI PM Stellungnahme vom 18.9.2018 RvI HJo

21

Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien vom 8.11.2018 - Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens betreffend PM

22 - 23

Zeugenvernehmung vom 1.10.2018 Bf.

Aus den Unterlagen war zum behaupteten Angriff gegen den Bf. zu entnehmen:

Im Aktenvermerk des Einsatzleiters der Finanzpolizei vom 17.7.2018 zur Kontrolle nach dem GlücksspielG am 11.7.2018 war hinsichtlich der Person des Bf. angegeben, dass es sich bei diesem um einen geringfügig beschäftigten Arbeiter (angebliche Putzkraft) handelte.
Die Fotos die den Bf. vor dem Lokal zeigten, zeigten keine Handlungen der Amtsorgane (weder WEGA noch Finanzpolizei) gegenüber dem Bf. Sämtliche abgebildete Personen wirkten ruhig.
Der Abschlussbericht der LPD Wien vom 29.10.2018 war an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtet. Der Bericht betraf Ermittlungen gegen RvI PM wegen des Verdachts auf Körperverletzung sowie Verdachts auf strafbare Handlungen unter Ausnützung einer Amtsstellung zum Nachteil des Bf. Dem Bericht war zu entnehmen, dass als Zeugen sowohl der Bf. als auch die bei der Kontrolle anwesenden Amtsorgane vernommen worden waren.
Aus den Zeugeneinvernahmen geht hervor, dass keinerlei Misshandlung des Bf. durch Schlagen oder Würgen wahrgenommen worden ist und dass sich auch der Bf. während der Amtshandlungen dahingehend nicht geäußert hatte.
RevI PM schilderte in seiner Stellungnahme vom 18.9.2018 u.a. den Ablauf der Amtshandlung. Er gab an, den Bf., um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen, mit der linken Hand am Nacken ergriffen zu haben und ihn leicht zu sich gezogen zu haben. Bei der Einvernahme als Beschuldigter am 3.10.2018 bezog er sich auf den Inhalt seiner Stellungnahme und gab an, den Griff nicht aufrecht erhalten zu haben und den Bf. nicht gewürgt zu haben. Er wies jeglichen Misshandlungsvorwurf zurück.
Der Stellungnahme des RevI HJo war u.a. zu entnehmen, dass die Stimme der angehaltenen und befragten Person (Anmerkung: des Bf.) gelassen und gefasst klang. Dass der Mann geschlagen oder gewürgt worden sei, war von ihm nicht wahrgenommen worden. Der Mann behauptete dies vor Ort nicht, er wirkte die ganze Zeit ruhig und weder aufgebracht noch eingeschüchtert.

Am 1.10.2018 gab der Bf. bei seiner Einvernahme vor der LPD Wien in Anwesenheit seines rechtlichen Vertreters u.a. an, dass er, bei der im Zuge der Amtshandlung gestellten Frage der Polizisten nach einem Schlüssel für eine Türe, von einem Polizisten mit der Hand an der rechten Seite ergriffen und 2 - 3 Sekunden gedrückt worden war. Er gab an Luft bekommen zu haben und dass er atmen konnte. Er sei an der Halsseite rot gewesen und er habe sich erschrocken. Er war danach nicht beim Arzt. Er gab an nicht geschlagen worden zu sein. Zum Inhalt der Beschwerde, worin stand, dass er geschlagen wurde, gab er an, dass er gemeint hatte, dass er plötzlich einen Schlag gegen die rechte Halsseite in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen habe.

Mit Erledigung vom 8.11.2018 stellte die Staatsanwaltschaft Wien das Ermittlungsverfahren zum Vorfall vom 11.7.2018 wegen §§ 83 (1), 313 StGB gegen PM ein. Die Einstellung erfolgte, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand (§ 190 Z 2 StPO). Mit der "Benachrichtigung über die Einstellung des Verfahrens" wurde auch der Bf. verständigt. Anträge zur Fortführung des Verfahrens wurden nicht gestellt.

Die Stellungnahme des Vertreters des Bf. zum o.a. Beschluss des BFG vom 30.4.2019, langte mit Fax vom 8.5.2019 beim BFG ein. Datiert war die Stellungnahme mit 3.4.2019.
Die Stellungnahme lautete: "Sämtliche Zeugenaussagen werden bestritten, sofern diese mit dem eigenen Vorbringen in Widerspruch stehen. Der Beschwerdeführer legt ein Video über den gegenständlichen Vorfall mittels beiliegendem "WeTransfer-Link" vor. Sollte das Gericht diesen Link nicht öffnen können/dürfen, so möge dies bekanntgeben, auf welchem Medium ein Video übermittelt werden kann. https:// we.tl/t-B....
Der Beschwerdeführer verzichtet nunmehr - sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentlichen Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat - ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."

 

Fortgesetztes Verfahren, nach dem Erkenntnis des VwGH vom 12.11.2019

Die mündliche Verhandlung wurde für den 26.2.2020 angesetzt.
Die Ladungen zur Verhandlung ergingen mit Datum 16.1.2020 an den Bf. im Wege seines Vertreters sowie an die belangte Behörde und den Bf. persönlich. In der Ladung wurde auf die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens des Bf., aber auch darauf hingewiesen, dass ein Nichterscheinen der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht. Die Zustellung der Ladungen erfolgte nachweislich an die Parteien am 21.2.2020.
Der Beamte der WEGA, PM, der die Handlung gegenüber dem Bf. gesetzt hatte, wurde mit Ladung vom 17.1.2020, Zustellung am 21.1.2020, als Zeuge geladen.
Da es sich bei dem Bf. um einen rumänischen Staatsbürger handelte und dem BFG zu dessen Kenntnissen der deutschen Sprache keine klaren Angaben vorlagen, wurde zur Verhandlung, zur Sicherstellung des sprachlichen Verständnisses, ebenfalls ein gerichtlich beeideter Dolmetsch (Ladung vom 17.1.2020) geladen.

Mit Schreiben des Vertreters des Bf., Urkundenvorlage, datiert 22.1.2020, beim BFG eingelangt per Post am 4.2.2020, wurde ein DVD-Datenträger mit Videomaterial vorgelegt.
Im Schreiben war angeführt:
"Auf diesem Datenträger ist der gegenständliche Vorfall dokumentiert. Sollte das Gericht diesen Datenträger nicht öffnen können/dürfen, so möge es bekanntgeben, auf welchem Medium ein Video übermittelt werden kann. Der Bf. verzichtet nunmehr - sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentliche Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat - ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."

Die Einsichtnahme in die DVD durch die Richterin ergab, dass es sich um eine schwarz-weiß-Aufnahme, ohne Ton, einer Videokamera handelte, die aus der Sicht des Video-Betrachters links oben im aufgenommenen Raum angebracht gewesen sein musste.
Es wurde über die Aufnahme und deren Inhalt der folgende Aktenvermerk vom 6.2.2020 verfasst:

"Dauer Video 9 sec lt. Anzeige im Video - Datum 2018-07-11 - Zeitangabe: 12:01:41 bis 12:01:51

Beginn: zu sehen
Raum mit Spielapparaten, 3 WEGA-Beamte, links, Mitte, rechts an der Tür,
Bf. im Vordergrund rechts unterer Bildrand

Es wurde auch vermerkt, dass zwischen der Zeitangabe im Videomaterial und dem Einsatzbericht eine Differenz bestand.
Laut Bericht der Finanzpolizei war der Kontrollbeginn um 10:53 Uhr und erfolgte das Einschreiten der WEGA um 10:48 Uhr. Die Einvernahme des Bf., laut abgefasstem Personenblatt, erfolgte um 11:15 Uhr. Das Ende der gesamten Amtshandlung war im Bericht mit 15:10 Uhr angegeben.

Mündliche Verhandlung
Die Verhandlung vor dem BFG fand am 26.2.2020, von 08.40 Uhr bis 10.55 Uhr, statt.
Auf die erstellte Niederschrift zur Verhandlung samt Beilagen wird verwiesen.
Die Niederschrift wurde den Parteien, zusammen mit dem angeführten Aktenvermerk vom 6.2.2020 sowie der Niederschrift über die Zeugeneinvernahme, ausgefolgt.

Zur Verhandlung waren weder der Bf. noch dessen für das Verfahren ausgewiesener Vertreter. Vertreter, erschienen. Als Vertreter des Bf., d.h. konkret für den Substituten des ausgewiesenen Vertreters, für Substitut, 1010 Wien, war SW erschienen; dieser berief sich auf die Vertretungsvollmacht nach RAO.
Da der Bf. nicht erschienen war, bestand keine Notwendigkeit einer Übersetzungstätigkeit sodass die anwesende Dolmetscherin wieder entlassen wurde.
Zur Frage der Richterin nach dem Grund des Nichterscheinens des Bf. hatte der Vertreter keine Angaben. Er brachte jedoch vor, dass die gegenüber der LPD Wien erfolgte Zeugenaussage des Bf. vom 1.10.2018 zum Vorbringen erhoben wird.

Die Richterin trug den Sachverhalt vor und verwies auch auf das durchgeführte erste Verfahren RM/7100011/2018, das Erkenntnis des VwGH vom 12.11.2019 sowie auf das Protokoll über die Einvernahme des Bf. vom 1.10.2018 bei der LPD Wien zum Vorfall.

Von der Richterin nach Angaben zum beigebrachten Video befragt, gab der Vertreter an "Man sieht den Vorfall auf dem Video ausführlich, auch der tätliche Angriff ist darauf zu sehen. Es handelt sich um einen Schlag im juristischen Sinn und damit ist auch die Aussage des WEGA Beamten widerlegt (er wollte nur die Aufmerksamkeit erregen)."

Den Vertretern der belangten Behörde sowie dem Vertreter des Bf. wurde danach der übermittelte Datenträger /DVD mehrmals vorgespielt und wurde ihnen der Aktenvermerk vom 6.2.2020 übergeben.

Auf die Frage der Richterin nach Anmerkungen zum Video gab der Vertreter des Bf. an, "dass der "Griff" nach einer Sekunde als Schlag zu beurteilen ist und damit auch die Darstellung des Bf. gegenüber der LPD bestätigt wird."

Die Richterin zitierte aus der Niederschrift über die Vernehmung des Bf. vor der LPD Wien am 1.10.2018, insbesondere Angaben auf Seite 3.
Der Bf. gab u.a. an, bei der Befragung von einem Polizisten mit dessen Hand an seiner rechten Seite ergriffen und 2 - 3 Sekunden gedrückt worden zu sein. Er habe Luft bekommen und konnte atmen. Er sei danach auf der Halsseite rot gewesen, habe sich erschrocken, sei aber nicht zum Arzt oder ins Spital gegangen. Er gab an, nicht geschlagen worden zu sein. Er relativierte die Angabe in der Beschwerde, dass er geschlagen worden wäre, und gab an, den Schlag in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen zu haben.

Auf die Frage der Richterin, warum es gegenüber der LPD Wien damals seitens des rechtlichen Vertreters des Bf. keine Fragen und weitere Ausführungen gegeben hatte, machte der anwesende Vertreter des Bf. keine Angaben.
Zur Frage warum das Video nicht bereits in den Verfahren vor der LPD, vor dem Verwaltungsgericht Wien, vor der Staatsanwaltschaft als Nachweis vorgelegt worden sei, verwies der anwesende Vertreter auf den ausgewiesenen Vertreter des Bf. Er merkte an, dass sich ihm die Relevanz der Frage nicht erschließe und verwies auf das herrschende Unmittelbarkeitsprinzip vor den Verwaltungsgerichten.

Der ausgewiesene Vertreter des Bf. Vertreter ist, wie der anwesende Vertreters angab, nicht erschienen "weil er nicht kommen kann aus Linz, auf Grund einer Terminkollision".

Der Vertreter der Behörde verwies auf die im Akt aufliegenden drei Fotos, worauf der Bf. mit den einschreitenden Beamten der WEGA zu sehen war. Nach seiner Ansicht ist der Bf. darauf in ruhiger, gelassener Position zu sehen. Wäre ein tätlicher Angriff vorgelegen, wäre ein anderes Verhalten an den Tag gelegt worden.

Der Leiter der damaligen Kontrollmaßnahme, Herr FM, schilderte zur Amtshandlung: "Wir haben dieses Lokal aufgrund einer Anzeige kontrolliert. Wir haben vor der Kontrolle die Polizei informiert. Die WEGA ist dazugekommen, sie haben als erstes den Raum betreten. Bevor die Finanzpolizei das Lokal betreten hat, wurde durch die WEGA die Sicherheit hergestellt."
Beim Zusammentreffen zwischen WEGA und Bf. im Lokal waren keine Organe der Finanzpolizei anwesend, da dies noch die Phase der "Sicherheitsherstellung" war. Weiter gab Herr FM an, dass die WEGA mit dem Bf. zur Ausweiskontrolle aus dem Lokal gekommen ist. Nach seinem Eindruck wirkte der Bf. aufgeregt, aber nicht wütend oder verärgert. Ein tätlicher Angriff wurde gegenüber der Finanzpolizei nicht erwähnt. Der Bf. zündete sich im weiteren Verlauf eine Zigarette an und meinte so etwas wie "Wieso sind so viele Leute da?" Man konnte mit dem Bf. ohne Probleme in deutscher Sprache kommunizieren, es war genügend Deutsch vorhanden, um eine ordentliche Kommunikation zu führen.
Herr FM gab an, dass der Bf. keine Angaben wie, "mir tut etwas weh, ich wurde geschlagen etc." gemacht hat. Auf die Frage warum er die Tür nicht geöffnet habe, meinte der Bf., dass er im hinteren Raum gesaugt habe und das Klopfen nicht gehört hätte. Wenn der Bf. eine Verletzung behauptet hätte, wäre sofort die Rettung gerufen worden. Das im Akt befindliche Personenblatt enthält keine Anmerkungen über einen tätlichen Angriff, Schlag etc..

SW hatte keine Fragen an den Leiter der Kontrollmaßnahme. Er merkte zu den auch ihm vorliegenden Fotos an, dass nach seinem persönlichen Eindruck auf dem ersten Foto, nach dem Gesichtsausdruck des Bf., zu sehen sei, dass dieser eingeschüchtert und verängstigt wirkt. Es erschließe sich ihm nicht, warum der Bf. gerade gegenüber der WEGA hätte sagen sollen, "mir tut etwas weh".

Es erfolgte die Zeugeneinvernahme des RevInsp. PM und wurde darüber eine Niederschrift aufgenommen, auf die verwiesen wird.
Der Zeuge schilderte u.a. den Ablauf der Amtshandlung und die vorgefundene Situation, die Räumlichkeiten. Eine Tür war versperrt und um sie nicht aufbrechen zu müssen, sei der Bf. nach dem Schlüssel gefragt worden. Der Zeuge hatte den Eindruck, dass der Bf. die Fragen nicht verstanden hatte und möglicherweise schlecht Deutsch konnte. Das Gespräch dauerte einige Minuten und wurden auch Antworten gegeben. Der Zeuge fasste den Bf., der zu Boden blickte, an der Schulter um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Bf. erschien dem Zeugen beleidigt, aber der Bf. wurde von niemandem geschlagen oder bedroht. Der Bf. wurde der Finanzpolizei übergeben.
Das übermittelte Video wurde dem Zeugen vorgespielt und er gab an, dass er der Beamte in der Mitte war. Er erinnere sich an das Fassen des Bf. an der Schulter. "ich habe ihm keine Watsche gegeben".

Der Vertreter des Bf. und die Vertreter der Behörde hatten keine Fragen an den Zeugen.

Zu den drei Fotos mit dem Bf. gab der Zeuge nur an, dass der Bf. eine Geldbörse in der Hand hielte, aber es sei ihm kein besonderes Verhalten ersichtlich.
Der Zeuge hatte keine ergänzenden Anmerkungen zu seiner der LPD Wien übergebenen Stellungnahme vom 18.9.2018 zum Vorfall.
Über die Einstellung des Verfahrens vor der Staatsanwaltschaft war der Zeuge informiert.

Die Zeugeneinvernahme endete um 10.00 Uhr und wurde der Zeuge entlassen.

Der anwesende Vertreter des Bf. ergänzte, dass aus dem vorgelegten Video ersichtlich sei, dass ein tätlicher Angriff des Polizeiorgans vorgelegen sei und nicht nur ein "Griff" wie im Aktenvermerk vom 6.2.2020 angeführt bzw. wie vom Zeugen ausgesagt.

Zur Frage der Richterin an den Vertreter wie dieser einen tätlichen Angriff definiere, verwies dieser auf den Inhalt des Videos. Es habe sich nicht nur um einen Griff gehandelt um die Aufmerksamkeit des Bf. zu erlangen und es wäre aufgrund des heute durchgeführten Beweisverfahrens der Maßnahmenbeschwerde stattzugeben.

Die Richterin fragte den Vertreter nach seiner Beurteilung des Fortgangs des Videos. Das Video zeige ein Zugehen des Beamten auf den Bf. und eine Aktion gegen dessen rechte Seite/Nacken/Schulter. Dann verschwinde der Bf. hinter dem Bildschirmrand und das weitere Vorgehen sei nicht ersichtlich.

Der Vertreter gab dazu an, dass schon bei der ersten Aktion ein Schlag im juristischen Sinn vorliege und schon aus diesem Grund von einem tätlichen Angriff auszugehen sei.

Der Vertreter der Behörde brachte an den Vertreter gerichtet vor, dass in der Maßnahmenbeschwerde angegeben sei, dass der Bf. im Halsbereich gewürgt worden sei. Auf dem gegenständlichen Video sei nichts von einem Würgen zu erkennen.

Der Vertreter verwies dazu auf seine vorherige Antwort.

Auf die Frage der Richterin an den Vertreter, ob er das Würgen des Bf. auf dem Video gesehen habe, sagte dieser "Nein".

Das Beweisverfahren wurde um 10.20 geschlossen.

Die Parteien wurden gebeten den Verhandlungssaal zu verlassen.
Nach deren Wiedererscheinen verkündete die Richterin die Beschwerdeentscheidung mit den wesentlichen Entscheidungsgründen.
Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.

Die Verhandlung wurde um 10.55 Uhr beendet.
Den Parteien wurde jeweils eine Ausfertigung der Niederschrift samt darin angeführter Beschwerdeentscheidung und Beilagen übergeben. Auf die schriftliche Ausfertigung wurde hingewiesen.

Mit Schreiben des ausgewiesenen Vertreters des Bf. vom 27.2.2020, eingelangt per Post am 2.3.2020, wurde beantragt das BFG möge ein schriftliches Erkenntnis gem. § 29 VwGVG ausfertigen.

 

Über die Beschwerde wurde erwogen

Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers, Bf. (idF Bf.), datiert 21.8.2018, wurde per Fax beim Bundesfinanzgericht (BFG) eingebracht. Angemerkt wird, dass zeitgleich die Maßnahmenbeschwerde auch beim Verwaltungsgericht Wien erhoben wurde. Nach dort durchgeführtem Ermittlungsverfahren wurde die Beschwerde samt Gerichts- und Behördenakt zuständigkeitshalber an das BFG weitergeleitet.

Mit dem Schriftsatz vom 21.8.2018 wurde durch den Vertreter des Bf. gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die LPD Wien im Lokal AdrLokal, am 11.7.2018 wegen eines "Tätlichen Angriffs eines Polizeiorgans (WEGA) auf den Beschwerdeführer" eine Maßnahmenbeschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten erhoben.

Aufgrund der Aktenlage stand fest, dass durch die Organe der Finanzpolizei unter Assistenzleistung von Einsatzkräften der Abteilung Sondereinheiten (WEGA) im gegenständlichen Lokal am 11.7.2018 eine Kontrolle nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes durchgeführt worden war.
Der Bf. wurde im Verlauf dieser Amtshandlung im Lokal angetroffen. Bei diesem handelte es sich laut Meldung bei der Sozialversicherung um einen geringfügig beschäftigten Arbeiter der AG.GmbH; nach dessen eigenen Angaben gegenüber den Kontrollorganen und im ausgefertigten Personenblatt war er als Putzkraft tätig.

Strittig war der in der Maßnahmenbeschwerde erhobene Vorwurf des "tätlichen Angriffs eines Polizeiorgans gegen den Bf." im Laufe der Amtshandlung.

Rechtsgrundlagen

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ) wegen Rechtswidrigkeit.
Ist im Verfahren wegen AuvBZ gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die AuvBZ für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben ( § 28 Abs. 6 VwGVG).

Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die AuvBZ wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Ein solcher Verwaltungsakt liegt vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar, d.h. ohne vorangegangenen Bescheid, in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BFGG obliegen dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht - BFG) Entscheidungen über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
Abs. 2 - Abgabenbehörden des Bundes sind ausschließlich: 1. Bundesministerium für Finanzen, 2. Finanzämter, 3. Zollämter.
Abs. 3 - Zu den sonstigen Angelegenheiten (Abs. 1) gehören:
Z 2 - Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gegen Abgabenbehörden des Bundes, soweit nicht Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (Abs. 1) oder der Beiträge (Z 1) betroffen sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50 Glücksspielgesetz (GSpG) lauten:
§ 50 (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.
(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.
(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.
(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig.
….

Hinsichtlich der Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit der Abgabenbehörden ist in der Durchführungsverordnung des AVOG 2010 - AVOG - DV bestimmt:

Laut § 10b Abs. 1 AVOG-DV wird die Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit gemäß § 9 Abs. 3 AVOG 2010 mit Sitz in Wien und Dienststellen bei allen Finanzämtern gemäß § 4 Abs. 1 eingerichtet.
Abs. 2 Z 2 lit c - Der Finanzpolizei obliegt im Rahmen ihrer Unterstützungstätigkeit für die Finanzämter als Abgabenbehörden wie diesen die Wahrnehmung des Glücksspielgesetzes.

§ 24 VwGVG lautet:
Abs. 1 Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Abs. 2 Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Abs. 3 Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Abs. 4 Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Abs. 5 Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

Für das Gericht stand aufgrund der Aktenlage fest, dass es sich bei der gegenständlichen Amtshandlung um eine Kontrolle des Teams FPT der Finanzpolizei für das FA Wien 2/20/21/22 zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GlückspielG im gegenständlichen Lokal handelte.
Zur Sicherung der Ausübung der Überwachungsbefugnisse der Finanzpolizei wurden gem. § 50 Abs. 3 GSpG die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beigezogen.
Das Ersuchen um Assistenz begründete sich im Verdacht, dass das Betreten des Lokals nicht ohne gewaltsames Öffnen von Türen und nicht ohne Gefährdung der Beamten der Finanzpolizei erfolgen könnte. Die durch die Amtsorgane der WEGA gesetzten Handlungen, die Sicherung der Anfangsphase der Kontrollmaßnahme, waren somit der Finanzpolizei zuzurechnen.

Zuständigkeit des BFG
Die Kontrollmaßnahme erfolgte durch Organe der Finanzpolizei aus eigenem Antrieb unter der Assistenz von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
Es handelte sich um eine nicht unübliche Kontrolle eines Lokals nach den Bestimmungen des GlückspielG aufgrund des Verdachts des Vorliegens eines illegalen Glücksspiellokals. Der Ablauf der Amtshandlung vom 11.7.2018 war in der Stellungnahme der Finanzpolizei vom 24.4.2019 sowie im Aktenvermerk/Gedankenprotokoll des Einsatzleiters vom 17.7.2018 ausführlich dargelegt.

Die Kontrollmaßnahme war der Finanzpolizei als besondere Organisationseinheit der Abgabenbehörden zuzurechnen und fiel somit die Entscheidung über die vorliegende Maßnahmenbeschwerde gem. § 1 Abs. 1 BFGG in die Zuständigkeit des BFG.

Rechtzeitigkeit der Beschwerde
Die Kontrollmaßnahme fand am 11.7.2018 statt. Die Maßnahmenbeschwerde wurde am 21.8.2018 per Fax beim BFG eingebracht. Die Beschwerde wurde innerhalb der 6-wöchigen Frist erhoben und war daher rechtzeitig.


Unstrittig war, dass der Bf. während der Amtshandlung im Lokal angetroffen wurde. Sowohl die Organe der WEGA als auch die Organe der Finanzpolizei traten mit dem Bf. in Kontakt. Dabei kam es zu einem körperlichen Kontakt zwischen einem der Beamten der WEGA und dem Bf.

Ob es sich, wie in der Beschwerde behauptet wurde, um einen "tätlichen Angriff" und eine rechtswidrige Vorgangsweise, d.h. rechtswidrige Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, gegenüber dem Bf. handelte, war in der Folge durch das BFG zu beurteilen.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergab sich aus
- den dem BFG zum Beweis vorliegenden und dem Bf. im Wege des Vertreters mit Beschluss vom 30.4.2019 zur Kenntnis gebrachten Unterlagen (siehe dazu in den Entscheidungsgründen) - dies sind Stellungnahmen und Akten der Finanzpolizei, der LPD Wien, des Verwaltungsgerichts Wien, der Staatsanwaltschaft Wien;
sowie
- dem Inhalt des Videos vom Kontrolltag,
- der protokollierten Zeugenaussage des Bf. vom 1.10.2018 und
- dem Vorbringen und den Feststellungen
anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2020 vor dem BFG.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war mit der Beschwerde beantragt worden und erfolgte im nunmehr fortgesetzten Verfahren iSd § 24 VwGVG und entsprechend den zum ersten Verfahren ergangenen Feststellungen im Erkenntnis des VwGH " …. um sich als Gericht im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und darauf seine Beweiswürdigung zu gründen … ".

Zur Verhandlung vom 26.2.2020 waren die Parteien sowie als Zeuge der betroffene Beamte der WEGA geladen worden.
Die Ladungen vom 16.1.2020 wurden nachweislich zugestellt, die Zustellnachweise vom 21.1. bzw. 22.1.2020 lagen dem BFG vor. Die Parteien und der Zeuge wurden somit ordnungsgemäß zur Verhandlung geladen.

Dem nach zugestellter Ladung zur Verhandlung mit Schriftsatz vom 22.1.2020 unter einer Bedingung mitgeteilte Verzicht des Bf. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung war durch das Gericht nicht Rechnung zu tragen.
Zum einen kann ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung nicht einseitig, sondern gem. der Bestimmung des § 24 Abs. 3 letzter Satz VwGVG nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Diese lag nicht vor.
Zu anderen kann, selbst bei gegebener ernsthafter Absicht verzichten zu wollen, ein solcher Verzicht nicht an eine an das Gericht gestellte Bedingung ("... sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentliche Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat ...") geknüpft werden.

Zur Verhandlung waren weder der Bf. noch dessen im Verfahren ausgewiesener Vertreter, Rechtsanwalt Vertreter, erschienen.
Als berufsmäßiger Vertreter des Bf., d.h. für den genannten Substituten des ausgewiesenen Vertreters, für Rechtsanwalt Substitut, 1010 Wien, war SW erschienen; dieser berief sich auf die erteilte Vertretungsvollmacht.

Auf die Frage der Richterin zum Grund des Fernbleibens des Bf. machte der anwesende Vertreter, SW, keine Angaben.
Der Vertreter erhob jedoch die durch die LPD Wien protokollierte Zeugenaussage des Bf. vom 1.10.2018 zum Vorbringen.
Das Fernbleiben des ausgewiesenen Vertreters wurde damit begründet, dass dieser aus Linz nicht kommen konnte und wurde auf eine Terminkollision verwiesen.

Durch das Gericht wurde das Fernbleiben des Bf. von der Verhandlung als ausdrücklicher Verzicht des Bf. auf seine Anwesenheit bei der Verhandlung beurteilt.
Dass der Bf. sein Recht auf persönliche Äußerung vor dem Gericht offensichtlich nicht ausüben wollte, bestätigte sich für das Gericht schlüssig auch durch den bereits im Schriftsatz vom 22.1.2020 enthaltenen beabsichtigten Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Der Durchführung der Verhandlung stand das Fernbleiben des Bf. aufgrund der Vertretung durch den anwesenden berufsmäßigen Parteienvertreter jedoch nicht entgegen.

Bei Vortrag des Sachverhalts in der Verhandlung war durch die Richterin auch auf das erste Verfahren zur Beschwerde verwiesen worden.
U.a. wurde in diesem zum Beschluss des BFG vom 30.4.2019 (damit wurde die beschwerdeführende Partei zu den angeführten Unterlagen und den darin enthaltenen Ausführungen um Stellungnahme ersucht; siehe dazu in den Entscheidungsgründen) mit Fax vom 8.5.2019 eine aus lediglich vier Sätzen bestehende Stellungnahme des Bf. beigebracht.
Die Stellungnahme lautete: "Sämtliche Zeugenaussagen werden bestritten, sofern diese mit dem eigenen Vorbringen in Widerspruch stehen. Der Beschwerdeführer legt ein Video über den gegenständlichen Vorfall mittels beiliegendem "WeTransfer-Link" vor. Sollte das Gericht diesen Link nicht öffnen können/dürfen, so möge dies bekanntgeben, auf welchem Medium ein Video übermittelt werden kann. https:// we.tl/t-B....
Der Beschwerdeführer verzichtet nunmehr - sofern das Gericht das Video gesichtet und dessen wesentlichen Bestandteile als Sachverhalt festgestellt hat - ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."

Anzumerken war dazu, dass sich diese Stellungnahme und damit verbunden die Mitwirkung im Verfahren zu diesem Zeitpunkt lediglich auf den o.a. Inhalt beschränkte.

Der Vertreter des Bf. gab auf die an ihn in der Verhandlung gestellte Frage der Richterin nach Angaben zur dem Gericht übermittelten Videoaufnahme an:
"Man sieht den Vorfall auf dem Video ausführlich, auch der tätliche Angriff ist darauf zu sehen. Es handelt sich um einen Schlag im juristischen Sinn und damit ist auch die Aussage des WEGA Beamten widerlegt (er wollte nur Aufmerksamkeit erregen)."

- Beweis wurde u.a. in der Verhandlung auch erhoben durch Erörterung des Protokolls vom 1.10.2018 sowie durch Einsichtnahme in die Videoaufnahme vom Kontrolltag und Erörterung des Inhalts.

- Zum Protokoll über die Zeugenaussage des Bf. vom 1.10.2018:
Die in der Verhandlung zum Vorbringen erhobene protokollierte Zeugenaussage des Bf. betraf dessen Befragung durch die LPD Wien zum Vorwurf des tätlichen Angriffs durch einen Polizeibeamten bei der Kontrollmaßnahme.
Der Bf. sagte damals in Anwesenheit eines Dolmetschers und seines Rechtsanwalts Vertreter (ausgewiesener Vertreter auch im gegenständlichen Verfahren) aus. Angemerkt wird, dass der Inhalt des Protokolls bereits im ersten Verfahren für das BFG eine Entscheidungsgrundlage bildete.
Dem Protokoll war zu entnehmen, dass der Bf. ordnungsgemäß über seine Rechte und Pflichten belehrt worden war, u.a. über die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage. Der Bf. verzichtete ausdrücklich auf sein Recht auf Aussageverweigerung. Er bestätigte über seine Rechte informiert worden zu sein und die Infoblätter über Opferrechte und Opferbetreuung erhalten zu haben.
Er gab nach der Belehrung freiwillig u.a. an, dass er von Polizisten mehrmals nach einem Schlüssel für eine versperrte Tür gefragt worden war. Bei der letzten Frage nach dem Schlüssel, wurde er von einem Polizisten mit der Hand an seiner rechten Seite ergriffen und dann 2 - 3 Sekunden gedrückt. Auf die Frage, ob er Luft bekommen habe, antwortete der Bf. dass er Luft bekommen hat und auch atmen konnte. Nachher war er rot auf der Halsseite und er hatte sich erschreckt. Er gab an danach nicht beim Arzt oder im Spital gewesen zu sein. Er gab auf die Frage, ob er geschlagen wurde, an, nein, er wurde nicht geschlagen.
Zur Angabe in der Beschwerde, dass er geschlagen worden sei, brachte er vor, dass dies nicht so gemeint war. Er meinte, dass er plötzlich einen Schlag gegen den Hals in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen hat. So war das gemeint. Sonst war nichts passiert, die Polizei fand den Schlüssel und der Einsatz war damit zu Ende.
Es war auch festgehalten "Sonst kann ich nichts mehr dazu angeben. Mein Rechtsanwalt hat auch keine weiteren Fragen dazu. Ich stehe noch immer unter Schock. Ich habe mich erschreckt und habe damit nicht gerechnet."

- Zu den Zeugenaussagen der Amtsorgane der WEGA, insbesondere des Beamten PM:
Dem Bericht der LPD Wien vom 29.10.2018 und den darin enthaltenen Zeugenaussagen der beteiligten Amtsorgane war zu entnehmen, dass von keiner der zeugenschaftlich einvernommenen Personen eine solche, dem Vorwurf zugrundeliegende, Handlung bzw. behauptete Misshandlung des Bf. durch Schlagen oder Würgen während der Amtshandlung wahrgenommen worden war. Die Zeugen gaben sämtlich an, dass der Bf. zu keiner Zeit gegenüber den Amtsorganen Angaben zu einer erfolgten Misshandlung oder Verletzung gemacht hatte.
Der Polizeibeamte, PM, der auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BFG am 26.2.2020 als Zeuge vernommen wurde, gab bei seiner damaligen Aussage als Beschuldigter gegenüber der LPD Wien am 3.10.2018 zu Protokoll, dass er den Bf. am Hinterkopf oder seitlich ergriffen und zu sich herangezogen hatte um seine Aufmerksamkeit wieder zu bekommen. Dies aus dem Grund, da der Bf. auf die Fragen der Amtsorgane nicht antwortete bzw. wirre Angaben machte, schlecht Deutsch sprach und abwesend wirkte. Er verwies zudem auf seine der LPD Wien vorgelegene Stellungnahme vom 18.9.2018. Die darin enthaltenen Angaben entsprachen der o.a. Aussage.
Das Verfahren gegen den Polizeibeamten als Beschuldigter wurde seitens der Staatsanwaltschaft Wien am 8.11.2018 gem. § 190 Z 2 StPO eingestellt, da kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung gegeben war und wurde der Bf. darüber informiert. Anträge des Bf. auf eine Fortführung des Verfahrens lagen nicht vor.

Der Polizeibeamte schilderte in der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2020 u.a. das Lokal, die Räumlichkeit und zum Verlauf der Amtshandlung, dass diese vorsichtig erfolgt sei, da man auch mit dem Aktivieren von Gaskartuschen rechnen musste.
Zum Kontakt mit dem Bf. gab er an, dass dieser Kontakt infolge einer Frage nach einem Schlüssel zu einer versperrten Tür im kontrollierten Lokal zustande gekommen war. Der Zeuge hatte den Eindruck, dass der Bf. die Frage nicht verstanden hatte, möglicherweise schlecht Deutsch verstand und um seine Aufmerksamkeit wieder zu bekommen, fasste der Zeuge den Bf. an der Schulter.
Der Bf. wurde von ihm nicht geschlagen oder bedroht.
Zum Inhalt des gezeigten Videos gab der Zeuge an, dass er die Person sei, die nach dem Bf. fasste.
Er betonte nochmals, dass er dem Bf. "Zit: ... keine Watsche" gegeben hatte. Der Zeuge nahm auch Bezug auf seine Stellungnahme vom 18.9.2018 gegenüber der LPD Wien und hatte keine Ergänzungen dazu.

Der bei der Verhandlung anwesende Vertreter des Bf. hatte keine Fragen an den Zeugen.

- Angaben der Organe der Finanzpolizei
Da die Sicherungsmaßnahmen im Lokal durch die Organe der WEGA erfolgten und die Organe der Finanzpolizei erst danach das Lokal betraten, waren diese zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Vorfalls mit dem Bf. nicht im Lokal anwesend.
Wie aus der Stellungnahme der Finanzpolizei vom 24.4.2019 und in der Verhandlung am 26.2.2020 aus den Angaben des Einsatzleiters, FM, hervorging, trafen die Organe der Finanzpolizei und der Bf. vor dem Lokal aufeinander.
Der Bf. machte gegenüber den Beamten keine Angaben über eine etwaige Verletzung, Misshandlung, einen tätlichen Angriff. Der Bf. wirkte für ihn aufgeregt, aber nicht verärgert. Eine Kommunikation mit ihm war möglich und gab der befragte Bf. an, dass er das Klopfen der Beamten nicht gehört und die Tür nicht geöffnet hätte, weil er mit Staubsaugen im Lokal beschäftigt gewesen sei. Beim Rauchen einer Zigarette meinte der Bf. noch so etwas wie "warum sind so viele Leute da".

Der Vertreter des Bf. hatte bei der Verhandlung keine Fragen an den Leiter des Einsatzes.

- Fotodokumentation vom Kontrolltag
In der Verhandlung wurden auch drei im Akt vorhandene und den Parteien bekannte Fotos besprochen, die den Bf. vor dem Lokal mit Beamten der WEGA und der Finanzpolizei (dem Leiter der Kontrollmaßnahme FM) zeigten. Der Bf. machte für den Vertreter der Behörde auf diesen Fotos einen ruhigen, gelassenen Eindruck. Der Vertreter des Bf. meinte, dass der Bf. nach dem Gesichtsausdruck eingeschüchtert und verängstigt wirkte.

- Zur beigebrachten Videoaufnahme zum Vorfall:
Im fortgesetzten Verfahren wurde das angeführte Video dem BFG mit Schriftsatz vom 22.1.2020, einlangend 4.2.2020, zur Einsichtnahme auf einer DVD übermittelt.
Durch die Richterin wurde die DVD eingesehen und über den Inhalt des Videos am 6.2.2020 ein Aktenvermerk erstellt.
Dieser Aktenvermerk wurde den Parteien in der mündlichen Verhandlung übergeben.

Folgender Inhalt des Videos war im Aktenvermerk festgehalten:
"Dauer Video 9 sec lt. Anzeige im Video - Datum 2018-07-11 - Zeitangabe: 12:01:41 bis 12:01:51
Beginn: zu sehen
Raum mit Spielapparaten, 3 WEGA-Beamte, links, Mitte, rechts an der Tür,
Bf. im Vordergrund rechts unterer Bildrand

Nach dem Abspielen des Videos in der Verhandlung gegenüber den Parteien merkte der Vertreter des Bf. an, "dass der Griff nach einer Sekunde als Schlag zu beurteilen ist und damit auch die Darstellung des Bf. gegenüber der LPD bestätigt wird."

Zu den durch die LPD protokollierten Angaben des Bf. vom 1.10.2018 befragt, machte der anwesende Vertreter keine Angaben.

Zur Frage warum das Video nicht schon bereits in den früheren Verfahren bei der LPD, beim Verwaltungsgericht Wien, bei der Staatsanwaltschaft, als Nachweis zum Vorfall vorgelegt worden sei, verwies der anwesende Vertreter auf den ausgewiesenen Vertreter und das herrschende Unmittelbarkeitsprinzip vor den Verwaltungsgerichten.

Nach der Einvernahme und Entlassung des Zeugen ergänzte der Vertreter zur Videoaufnahme, dass daraus ersichtlich sei, dass ein tätlicher Angriff des Polizeiorgans vorgelegen sei und nicht nur ein "Griff" wie im Aktenvermerk angeführt bzw. vom Zeugen ausgesagt wurde.
Auf die Frage der Richterin, wie der Vertreter einen tätlichen Angriff definiere, verwies dieser auf den Inhalt des Videos und hielt fest, dass der Maßnahmenbeschwerde stattzugeben sei.

Zum Fortgang des Videos durch die Richterin befragt, da in diesem ab der zweiten Sekunde der Bf. nicht mehr zu sehen war, gab der Vertreter an, dass schon bei der ersten Aktion ein Schlag im juristischen Sinn vorliege und schon aus diesem Grund von einem tätlichen Angriff auszugehen sei.
Auf die Frage des Behördenvertreters sowie der Richterin, ob er das in der Beschwerde vorgeworfene Würgen des Bf. auf dem Video gesehen hat, antwortete der Vertreter mit "Nein". Er verwies aber auf seine frühere Antwort.

Rechtliche Würdigung

Der Vorwurf in der Maßnahmenbeschwerde bestand darin, dass gegenüber dem Bf. ein tätlicher Angriff durch ein Polizeiorgan erfolgt wäre.
Der Bf. wäre nach dem in der Beschwerde formulierten Vorwurf durch einen Schlag gegen den Kopf/Hals und durch folgendes, Sekunden dauerndes, Würgen im Halsbereich in seinen Rechten verletzt worden.

Demzufolge wurden dem Polizeiorgan zwei gegen den Bf. gerichtete Handlungen vorgeworfen:
nämlich ein Schlag gegen den Kopf/Hals und ein folgendes, Sekunden dauerndes Würgen im Halsbereich.

Hinsichtlich des vorgeworfenen Würgens des Bf. wurde durch das Gericht festgestellt, dass dieser Vorwurf in den eigenen, vor der LPD am 1.10.2018 zu Protokoll gegebenen, Aussagen des Bf. schlicht nicht enthalten war.
Diese Zeugenaussage war zeitnah zur Kontrollhandlung erfolgt. Es war daher davon auszugehen, dass der Bf. sich noch gut an den Vorfall erinnern konnte und schlug sich das auch in der Darstellung von Details nieder.
Der Bf. sagte unter Wahrheitspflicht, freiwillig, in Anwesenheit seines rechtlichen Vertreters aus.
Es lag für das Gericht kein Grund vor, die Angaben des Bf. in Zweifel zu ziehen, aber auch kein Grund nicht enthaltene Angaben beizufügen.

Der Videoaufnahme über den Vorfall vom 11.7.2018 war zum Vorwurf, dass der Bf. gewürgt worden wäre, ebenfalls nichts zu entnehmen.
In der zweiten Sekunde der Aufnahme war der Bf. nicht mehr zu sehen. Er befand sich dann außerhalb des Bildrandes der Aufnahme. Es war jedoch zu sehen, dass sich der rechte Arm des Polizeiorgans nach der zweiten Sekunde vom Bf. wegbewegte und entfernt gehalten wurde. Demzufolge war es nicht möglich, dass der Bf. gewürgt wurde oder eine einem Würgen entsprechende Handlung ausgeführt wurde.
Das Video wurde in der Verhandlung abgespielt.
Der Vertreter des Bf. bestätigte in der Verhandlung, dass das Video kein Würgen des Bf. zeigte.
In sämtlichen unter Wahrheitspflicht erfolgten Zeugenaussagen der vernommenen Beamten waren keine Angaben über Würgen oder ähnliches Vorgehen gegenüber dem Bf. enthalten.

Das BFG kam daher zum Schluss, dass diesem Teil des Vorwurfs jegliche Grundlage fehlte und in der Beschwerde ein nicht den Tatsachen entsprechender Vorwurf erhoben worden war.
Der Vorwurf des Würgens des Bf. war somit zu Unrecht erfolgt. Es war kein solches Handeln des Polizeiorgans vorgelegen und verblieb daher auch kein Raum für das Vorbringen der Rechtswidrigkeit in diesem Punkt.

Zum weiteren Vorwurf eines erfolgten Schlages gegen den Kopf/Hals des Bf. war der in der Verhandlung zitierten (siehe Niederschrift vom 26.2.2020), protokollierten Aussage des Bf. vom 1.10.2018 u.a. folgendes zu entnehmen:
"... Bei der letzten Frage wo der Schlüssel ist, wurde ich von einem Polizisten mit seiner Hand auf meine rechte Seite ergriffen und dieser hatte mich 2 - 3 Sekunden gedrückt. …. ich war nachher ganz rot auf der Halsseite …. Ich wurde gefragt, ob ich von einem Polizisten geschlagen wurde. Nein, ich wurde nicht geschlagen. Ich kann nicht angeben, welcher Polizist mich geschlagen hat, da alle maskiert waren. In der Beschwerde steht, dass ich geschlagen wurde. Ich meinte damit, dass ich plötzlich einen Schlag gegen meine rechte Halsseite in Verbindung mit dem Zugreifen bekommen habe. So war das gemeint. …."

Der Bf. machte diese seine Aussage im Beisein eines Dolmetschers und seines rechtlichen Vertreters. Die protokollierte Aussage wurde gelesen und war auch ohne weiteren Einwand und ohne Korrekturen verblieben.

Grundsätzlich waren auch diese Angaben des Bf. nicht in Zweifel zu ziehen.
Jedoch sprach der Bf. in seiner Aussage von einem "Ergreifen". Er verneinte klar, dass er geschlagen wurde. Zu einem Schlag gegen den Kopf machte der Bf. keine Angaben.

Es verblieb die Darstellung des Erschreckens des Bf. über das Zugreifen des Polizisten an seine Halsseite und ein diesem folgendes kurzes Drücken von 2 - 3 Sekunden. Der Bf. relativierte damit auch den in der Beschwerde enthaltenen Vorwurf des Schlagens.

In der Videoaufnahme war nach einer Sekunde ein Zugehen des Beamten auf den Bf. und ein Greifen mit der linken Hand nach dem Nacken des Bf. zu sehen. Ein Heranziehen und Hinunterdrücken konnte nur vermutet werden, da sich das weitere Geschehen unter dem Rand der Aufnahme zutrug. Der in der Aufnahme noch zu sehende Beamte bewegte sich leicht und stand dann ruhig, wobei von einem Sprechen mit dem Bf. ausgegangen werden konnte. Der Beamte zog in der siebenten Sekunde der Aufnahme seinen linken Arm zurück, es wurde der Bf. losgelassen. Die beiden weiteren Beamten standen in der Zeit ruhig rechts und links im Bild zu sehen.

Der Polizist, PM, der auch in der mündlichen Verhandlung vernommen wurde, sagte aus, dass er den Bf. mit der linken Hand am Hinterkopf, seitlich ergriffen und zu sich gezogen hatte. Dies entsprach auch seinen früheren Angaben vor der LPD Wien (am 3.10.2018) und ergab sich daraus kein Widerspruch zur Aussage des Bf.
Das gegen den Polizisten wegen Verdachts der Körperverletzung und Verdachts auf strafbare Handlungen unter Ausnützung einer Amtsstellung bei der Staatsanwaltschaft geführte Verfahren, wurde am 8.11.2018 eingestellt, da für eine weitere Verfolgung kein tatsächlicher Grund vorlag.
Darin war für das BFG ein weiters Indiz gegen das Vorliegen des behaupteten tätlichen Angriffs zu sehen.

Die weiteren, unmittelbar oder mittelbar bei dem Vorgang sowie im Fortgang der Kontrollhandlung am 11.7.2018, anwesenden Amtsorgane schilderten in ihren zeitnah zur Kontrollmaßnahme erfolgten Zeugenaussagen den Bf. als ruhig, gelassen und weder aufgebracht noch eingeschüchtert. Es wurde keine Misshandlung oder Verletzung des Bf. durch Schlagen oder Würgen wahrgenommen und wurde dies gegenüber den Amtsorganen durch den Bf. auch nicht behauptet.
Diese Angaben wurden nochmals durch den bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Leiter des Einsatzes, FM, bestätigt. Er berichtete u.a. von einer ruhigen Kommunikation mit dem Bf.

Der Vertreter des Bf. beurteilte in der mündlichen Verhandlung das Geschehen auf dem Video, d.h. das Zugreifen des Beamten als "juristischen Schlag" und als erfolgten tätlichen Angriff.
Eine konkrete Angabe zum Ausdruck "juristischer Schlag" bzw. zur Frage wie er einen tätlichen Angriff definiere, machte der Vertreter nicht, sondern verwies auf das Video und gab an, dass der Bf. für ihn nach dem auf dem Foto ersichtlichen Gesichtsausdruck eingeschüchtert und verängstigt wirkte.

Die vor dem Lokal am Kontrolltag angefertigten Fotos, die den Bf. mit den Beamten der WEGA bzw. der Finanzpolizei zeigten, ließen das Gericht auf keine unverhältnismäßige Situation schließen. Eine Verletzung des Bf. war nicht zu erkennen.
Da ein Foto jedoch eine Momentaufnahme darstellt, war aus diesem allein nicht feststellbar, ob der Gesichtsausdruck tatsächlich eine Einschüchterung oder Verängstigung ausdrückte.
Zum Geschehen vor dem Lokal, lagen jedoch ebenfalls die Aussagen der involvierten Personen, u.a. des Einsatzleiters FM, vor. Dieser bestätigte eine ruhiges und gelassenes Verhalten des Bf., keine Einschüchterung. Dessen Angaben sowie deren Wahrheitsgehalt waren für das Gericht nicht in Zweifel zu ziehen und war deren Realitätsgehalt, aufgrund seiner Anwesenheit vor Ort höher einzustufen, als die Beurteilung des Fotos durch den Vertreter.

Für das BFG bestand kein Grund die persönlichen Angaben des Bf. gegenüber der LPD Wien am 1.10.2018 über seine eigene, als Opfer/Geschädigter, empfundene Wahrnehmung des Vorfalls hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts in Zweifel zu ziehen. Der Bf. gab darin an durch den Polizisten nicht geschlagen worden zu sein.

Selbst wenn das auf dem Video ersichtliche, möglicherweise als rasch zu beurteilende, unvermittelte Zugreifen des Amtsorgans den Bf. erschreckte und der folgende Kontakt mit der Hand eine eventuelle Rötung an der Halsseite zur Folge hatte, war in diesem - nur wenige Sekunden dauernden Handeln - weder ein tätlicher Angriff noch eine Misshandlungsabsicht feststellbar.
Wie der Polizist glaubhaft aussagte, erfolgte das Zugreifen mit der Absicht die Aufmerksamkeit des Bf. zu erwecken. Darin war jedoch kein Vorsatz für einen tätlichen Angriff gegenüber dem Bf. zu erblicken. Auch wenn ein Zugreifen mit Handschuhen (Schutzausrüstung) möglicherweise beim Bf. ein Erschrecken und das Empfinden eines Schlages auslöste, war damit kein Vorliegen eines Schlages im Sinne eines körperlichen oder tätlichen Angriffs zu begründen. Durch das Zugreifen wurde der Bf. weder misshandelt noch trat ein körperlicher Schaden auf.
Auch war aus dem weiteren Verhalten des Bf. nicht auf eine für ihn bedrohliche Situation zu schließen.

Daraus folgend verblieb kein Raum für den in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Vorwurf des Schlagens des Bf. und folglich eines "tätlichen Angriffs" durch ein Amtsorgan gegen den Bf.
Nicht nur, dass es sich bei einem tätlichen Angriff um eine wider den Körper der Person gerichtete Aktivität handeln muss, die eine körperliche Einwirkung mit dem Ziel des Misshandelns oder des Zufügens eines sonstigen körperlichen Leids beinhaltet, ist ein diesbezüglicher Vorsatz erforderlich.

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens und der erhobenen Beweise kam das BFG zum Schluss, dass der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, dass am Tag der Kontrolle, am 11.7.2018, ein "tätlicher Angriff eines Polizeiorgans auf den Bf." vorlag, zu Unrecht erhoben wurde.

Der im Verfahren behauptete tätliche Angriff gegen den Bf. bei der gegenständlichen Kontrolle nach dem GlücksspielG war weder in Form des Würgens noch in einem Schlag gegen den Kopf/Halsbereich vorgelegen. Es lag somit keine rechtswidrige Handlung der an der Kontrollmaßnahme beteiligten Amtsorgane, des Beamten der WEGA, vor.

Die Beschwerde war daher wie im Spruch angeführt als unbegründet abzuweisen.

Auf die erfolgte Verkündung der Entscheidung mit den wesentlichen Entscheidungsgründen bei der mündlichen Verhandlung am 26.2.2020 wird hingewiesen.

Kostenentscheidung

Die Kostenansprüche gründen sich auf § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm mit § 1 Z 3, 4 und 5 VwG-Aufwandsersatzverordnung in der geltenden Fassung.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 3 ist, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 7 ist der Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten.

Gemäß § 1 VwG-AufwErsV wird die Höhe der jeweilig zu ersetzenden Pauschbeträge in den Ziffern 1 - 7 festgesetzt.
Demnach ergibt sich als Aufwandersatz, welcher der belangten Behörde als obsiegende Partei zu leisten ist, aus
Z 3 - Ersatz des Vorlageaufwands iHv Euro 57,40,
Z 4 - Ersatz des Schriftsatzaufwands iHv Euro 368,80 und
Z 5 - Ersatz des Verhandlungsaufwandes iHv Euro 461,00.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der iSd Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Eine ordentliche Revision an den VwGH ist daher nicht zulässig.

 

 

Wien, am 10. März 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Glücksspiel

betroffene Normen:

§ 35 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 24 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 10b Abs. 1 AVOG 2010 - DV, Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl. II Nr. 165/2010
Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 132 Abs. 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 1 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 50 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989

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