OGH 15Os14/15w (RS0130105)

OGH15Os14/15w4.9.2024

Rechtssatz

Bei der Bestimmung der gebotenen Sorgfalt sind einerseits die Vielfalt an Websites, auf denen Äußerungen zugänglich gemacht werden, die rasche Entwicklung elektronischer Medien, deren technische Gegebenheiten, die Verkehrsauffassung und die Besonderheiten des Internets zu berücksichtigen, andererseits sind die Sorgfaltsanforderungen – unter Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabs – an die Diversität real existierender Medieninhaber abzustimmen. Schließlich ist – unter dem Blickwinkel des Art 10 MRK – auf den Beitrag, den Diskussionsforen im Internet zu einer offenen und lebendigen Diskussion gesellschaftlich wichtiger Fragen in einer demokratischen Öffentlichkeit leisten, Bedacht zu nehmen.

Normen

MedienG §6 Abs2 Z3a

15 Os 14/15wOGH29.04.2015

Beisatz: Von einem professionellen Betreiber, der auch wirtschaftliche Interessen an in seinem Medium veröffentlichten Kommentaren hat, ist ein höherer Kenntnisstand der einschlägigen Gesetzgebung und Rechtsprechung und somit eine raschere Reaktion zu erwarten, als von einer Privatperson, die auf ihrem Facebook-Profil ein Gästebuch eingerichtet hat. (T1)<br/>Beisatz: Kenntnis von der Rechtswidrigkeit eines Inhalts ist nicht erst bei aktuellem Unrechtsbewusstsein, sondern schon dann anzunehmen, wenn die Rechtsverletzung auch für den juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen wie für jedermann (§ 9 Abs 2 erster Halbsatz StGB) leicht erkennbar ist. (T2)<br/>Beisatz: Die Sorgfaltspflichten des Medieninhabers dürfen nicht überspannt werden. Einerseits ist auf die Schwere der Rechtsverletzung und die Dringlichkeit der Reaktion abzustellen. Andererseits sind Umstände aus der Sphäre des Medieninhabers zu berücksichtigen, wie insbesondere, ob er eine kommerzielle Website betreibt, durch Art und Präsentation eigener Inhalte ein besonderes Risiko einer Rechtsverletzung geschaffen hat oder sonst (etwa aufgrund früherer Vorkommnisse) damit rechnen musste. (T3)

6 Ob 204/17vOGH21.12.2017

Vgl auch; Beis wie T3

15 Os 26/18iOGH12.04.2018

Auch; Beis wie T2; Beisatz: Ist die Rechtsverletzung (etwa § 6 Abs 1 MedienG) nicht offenkundig, wird dies gegenüber dem Medieninhaber aber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht substantiiert beanstandet, so trifft den Medieninhaber (zur Verwirklichung des Ausschlussgrundes nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG) die Obliegenheit zu weiterem Tätigwerden, nämlich zur – unverzüglichen – (Veranlassung einer) juristischen Überprüfung der behaupteten Rechtsverletzung. (T4)

15 Os 50/24bOGH04.09.2024

Dokumentnummer

JJR_20150429_OGH0002_0150OS00014_15W0000_001

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