OGH 7Ob517/80 (RS0012972)

OGH7Ob517/8013.12.2022

Rechtssatz

Bei der Auslegung des Begriffes "sittliche Pflicht" ist davon auszugehen, dass die Bestimmungen des § 785 ABGB die Gleichstellung aller pflichtteilsberechtigten Kinder bezwecken. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine Schenkung, mit der einer sittlichen Pflicht entsprochen wurde, nur dann anzunehmen, wenn hiezu eine besondere aus den konkreten Umständen des Falles erwachsene, in den Geboten der Sittlichkeit wurzelnde Verpflichtung des Schenkers (Erblassers) bestand. Dies lässt sich nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen Schenker und Beschenkten, ihres Vermögens und ihrer Lebensstellung entscheiden.

Normen

ABGB §785

7 Ob 517/80OGH24.04.1980

NZ 1981,29

3 Ob 583/82OGH20.10.1982

nur: Unter diesem Gesichtspunkt ist eine Schenkung, mit der einer sittlichen Pflicht entsprochen wurde, nur dann anzunehmen, wenn hiezu eine besondere aus den konkreten Umständen des Falles erwachsene, in den Geboten der Sittlichkeit wurzelnde Verpflichtung des Schenkers (Erblassers) bestand. Dies lässt sich nur von Fall unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen Schenker und Beschenkten, ihres Vermögens und ihrer Lebenstellung entscheiden. (T1); Beisatz: Dass der Beschenkten für ihre Leistungen geradezu ein Lohn als Pflegerin oder ein familienrechtlicher Abgeltungsanspruch gemäß § 98 EheG zusteht, ist nicht Voraussetzung für das Bestehen einer sittlichen Pflicht iSd § 785 Abs 3 ABGB. (T2) = RZ 1983/65 S 276

8 Ob 549/84OGH13.12.1984

nur T1

5 Ob 589/89OGH05.09.1989

Vgl; nur T1; Beis wie T2

2 Ob 529/95OGH05.09.1996

Vgl auch

4 Ob 136/97xOGH10.06.1997

Ähnlich

7 Ob 304/97zOGH29.10.1997

Veröff: SZ 70/231

1 Ob 46/01yOGH24.04.2001

Beis wie T2; Beisatz: Entscheidend ist, ob die vom Beschenkten erbrachte Leistung weit über dasjenige hinausgeht, was dieser normalerweise für den Erblasser im Rahmen der Beistandspflicht tut. (T3)

4 Ob 138/02aOGH20.08.2002

Vgl auch; Beis wie T3; Beisatz: Beispiele für sittliche Pflicht: die beschenkte Ehegattin hatte ihren Mann viele Jahre hindurch täglich beim Waschen, An- und Auskleiden und Gehen geholfen; Lebensgefährtin pflegte Erblasser jahrelang nach einem Schlaganfall; Tochter ersparte Vater durch intensive Pflege die sonst unumgängliche Fremdpflege, wie etwa den Aufenthalt in einem Pflegeheim. (T4)

3 Ob 75/02dOGH26.02.2003

Vgl auch; Beisatz: Bei Schenkungen in Erfüllung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands ist auf den Anlass, das Verhältnis von Geschenkgeber und Geschenknehmer zueinander, ihre Lebensverhältnisse sowie auf die Vermögensverhältnisse der Beteiligten abzustellen. (T5)

9 Ob 112/04tOGH06.06.2005

nur T1

8 Ob 80/05fOGH06.10.2005

Auch

9 Ob 53/05tOGH24.10.2005
6 Ob 170/05aOGH09.11.2006

Beisatz: In den Hauptanwendungsfällen beruht die Schenkung aus sittlicher Pflicht auf familiärer Bindung oder einer Notlage des Beschenkten. (T6); Beisatz: Die sittliche Pflicht kann nur insoweit bestehen, als das nach der Vermögens- und Einkommenssituation der Beteiligten vernünftige Maß nicht unverhältnismäßig überschritten wird. (T7)

5 Ob 191/10iOGH24.01.2011

nur T1; Beisatz: Sodass sich wegen der Einzelfallbezogenheit ‑ ausgenommen korrekturbedürftige Fehlbeurteilungen ‑ regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen wird. (T8)

2 Ob 14/12sOGH07.08.2012

nur T1; Beis wie T2; Auch Beis wie T8; Beisatz: Hier: Maßgebliche Beiträge der beschenkten Ehegattin zur Haushaltsführung und zum Bau des Hauses, dessen Wert zum weitaus überwiegenden Teil den Wert der Liegenschaft des Erblassers bestimmte. (T9)

6 Ob 101/14tOGH28.08.2014

Auch; Beisatz: Das österreichische Erbrecht sieht als Grundsatz einen Pflichtteilsanspruch bestimmter naher Angehöriger vor, der nur in besonders gewichtigen Fällen nicht zum Tragen kommen soll. Eine ausdehnende Auslegung des Begriffs der „sittlichen Pflicht“ würde dieses System entgegen dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers unterlaufen und den Anrechnungsregeln des österreichischen Erbrechts widersprechen. Eine sittliche Pflicht des Erblassers gegenüber seiner Ehefrau besteht nur dann, wenn diese Leistungen erbrachte, die weit über das hinausgehen, was normalerweise eine Ehefrau für ihren Mann im Rahmen der Beistandspflicht tut. (T10)<br/>Beis wie T8

2 Ob 91/16wOGH20.06.2017

Auch; Beis wie T2

2 Ob 224/22pOGH13.12.2022

Vgl; nur T1

Dokumentnummer

JJR_19800424_OGH0002_0070OB00517_8000000_002