OGH 11Os79/03 (RS0118038)

OGH11Os79/0328.12.2020

Rechtssatz

Wurden den Geschworenen in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene Aussageprotokolle überlassen, kann eine darin gelegene Umgehung im Sinn des § 252 Abs 4 StPO aus § 345 Abs 1 Z 4 StPO gerügt werden, soweit die Protokolle den Geschworenen auch bekannt geworden sind.

Normen

StPO §252 Abs4
StPO §322
StPO §345 Abs1 Z3
StPO §345 Abs1 Z4

11 Os 79/03OGH09.09.2003
15 Os 4/05kOGH17.02.2005

Auch

12 Os 138/08yOGH23.10.2008

Beisatz: Missachtet der Vorsitzende jedoch den gesetzlichen Auftrag, Vernehmungsprotokolle oder andere von § 252 Abs 1 StPO erfasste Schriftstücke auszusondern, die in der Hauptverhandlung nicht verlesen worden oder sonst prozessförmig vorgekommen sind, und werden diese Beweisergebnisse den Geschworenen bekannt, verstößt er gegen das Umgehungsverbot des § 252 Abs 4 StPO. (T1)

14 Os 73/11hOGH08.11.2011

Vgl auch

12 Os 43/12hOGH26.06.2012

Auch; Beis wie T1

15 Os 7/16tOGH27.06.2016

Auch

11 Os 82/17vOGH13.09.2017

Auch

14 Os 21/18xOGH10.04.2018

Auch; Beisatz: Es gilt zu verhindern, dass Beweise, die in der Hauptverhandlung in Befolgung des § 252 Abs 1 StPO nicht vorgeführt wurden, mangels Aussonderung gleichsam „über die Hintertüre“ den Geschworenen doch noch zur Kenntnis gelangen und der Schutzzweck des § 252 StPO solcherart zunichte gemacht wird. Deshalb kann auch die Anweisung, wonach bestimmte Aktenstücke nicht verwertet werden dürfen, die von § 322 zweiter Satz StPO geforderte faktische Aussonderung nicht ersetzen, weil das Augenmerk der Laienrichter dadurch geradezu zwingend auf solche Aussagen gelenkt wird und eine solche, der gesetzlichen Anordnung des § 322 zweiter Satz StPO zuwiderlaufende Anweisung keine Pflicht der Geschworenen im Sinn des § 302 Abs 2 StPO begründet. (T2)

11 Os 88/20fOGH28.12.2020

Vgl; Beisatz: Kein Verstoß gegen das in § 252 Abs 4 StPO statuierte Umgehungsverbot durch Unterbleiben der Aussonderung (§ 322 zweiter Satz StPO) eines Schriftstücks, das zwar in der Hauptverhandlung nicht vorkam, aber (dem bedingten Verlesungsverbot des) § 252 Abs 1 StPO gar nicht unterliegt. (T3)<br/>Beisatz: Hier: „Privatgutachten". (T4)

Dokumentnummer

JJR_20030909_OGH0002_0110OS00079_0300000_002