OGH 2Ds4/19i (RS0132729)

OGH2Ds4/19i4.7.2019

Rechtssatz

Die Öffentlichkeit erwartet von einem Richter, dass er sich auch ohne Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit bei öffentlichen Äußerungen an das (ihm beruflich obliegende) Sachlichkeitsgebot hält. Denn das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Rechtsprechung bedingt, dass ein Richter seine äußere und innere Unabhängigkeit, seine Neutralität und erkennbare Distanz, die auch in aktuellen politischen Auseinandersetzungen spürbar bleiben muss (wobei eine sachliche Teilnahme an einem [partei‑]politischen Diskurs nicht unzulässig ist), auf keine Weise in Frage stellt. In diesem Sinn haben Richter aufgrund ihrer besonderen Funktion im Rechtsstaat weitergehende Beschränkungen bei ihren Meinungsäußerungen hinzunehmen.

Normen

RStDG §57 Abs3
RStDG §101 Abs1
MRK Art10

2 Ds 4/19iOGH04.07.2019

Beisatz: Solcherart bewirkt die Beleidigung eines amtierenden Ministers durch einen Richter in einem sozialen Medium ebenso eine Gefährdung des Ansehens des Richterstands und damit eine Pflichtverletzung wie die verbale Vorverurteilung eines Beschuldigten und die spekulativ geäußerte Befürchtung der unsachlichen Bevorzugung eines Beschuldigten durch eine Richterkollegin. (T1)

Dokumentnummer

JJR_20190704_OGH0002_0020DS00004_19I0000_001

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