OGH 1Präs2690-2113/12i (RS0127791)

OGH1Präs2690-2113/12i11.6.2012

Rechtssatz

Zur-Kenntnis-Gelangen des Verdachts einer Straftat durch eine Anzeige (§§ 78 Abs 1, 80 Abs 1 StPO) ist vom Ermitteln zu unterscheiden: Ersteres verpflichtet zu Letzterem. Ermitteln bedeutet also: Tätigwerden aufgrund eines zur Kenntnis gelangten Sachverhalts.

Um Menschen davor zu schützen, ohne Anlass zum Objekt eines Strafverfahrens zu werden, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, einen zur Kenntnis genommenen Sachverhalt zuerst rechtlich dahin zu beurteilen, ob er in Richtung eines Geschehens deutet, das - als erwiesen angenommen - (zumindest) einem Tatbestand des materiellen Strafrechts subsumierbar, mithin als Verdacht einer Straftat zu bewerten ist.

Normen

StPO §1 Abs2
StPO §2 Abs1
StPO §78 Abs1
StPO §80 Abs1
StPO §190

1 Präs 2690-2113/12iOGH11.06.2012
12 Os 158/12wOGH07.03.2013

Vgl auch; Beisatz: Das Einlangen einer Selbstanzeige führt noch nicht zum Beginn eines Strafverfahrens. (T1)<br/>Beisatz: Hier: Selbstanzeige im Zusammenhang mit Übergabe zur Strafverfolgung. (T2)

12 Os 158/12wOGH07.03.2013

Vgl auch; Beis wie T1; Beis wie T2

17 Os 13/13kOGH27.06.2013

Auch; Beisatz: Lediglich ein einmal in Gang gekommenes Ermittlungsverfahren kann nach § 190 StPO eingestellt werden (arg „weitere“ [mithin bereits von Seiten der Kriminalpolizei oder der Staatsanwaltschaft durch Ermittlungen oder Zwangsmaßnahmen begonnene] Verfolgung in Z 1 und Z 2). A limine zurückgelegte Anzeigen oder sonst nicht zum Anlass für Ermittlungen genommene Sachverhalte sind kein Fall des § 190 StPO, lösen folglich keine Informations‑ und Verständigungspflichten aus und sind kein Gegenstand einer Fortführung nach §§ 195 f StPO. Irrig erteilte Belehrungen über die Zulässigkeit eines Antrags auf Fortführung eines ‑ nicht geführten ‑ Ermittlungsverfahrens ändern daran nichts. (T3)

14 Os 21/19yOGH25.06.2019

Vgl

11 Os 99/20yOGH07.10.2020

Vgl

Dokumentnummer

JJR_20120611_OGH0002_001PRA02113_12I0000_002