OGH 14Os128/89 (RS0098367)

OGH14Os128/898.11.1989

Rechtssatz

Bei Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung gemäß § 263 StPO besteht ebensowenig ein Recht des Angeklagten auf Wahrung einer Vorbereitungsfrist wie bei einer bloßen Anklagemodifizierung, die die Tatidentität unberührt lässt. Wäre der Angeklagte aber in der Lage gewesen, zur Widerlegung der zusätzlichen Vorwürfe noch etwas vorzubringen oder hätte er sich zu diesem Behufe noch vorbereiten müssen, so wäre es ihm unbenommen gewesen, mit entsprechender Begründung auf Wiedereröffnung des Beweisverfahrens oder Vertagung der Hauptverhandlung anzutragen und ein allfällig abweisendes Zwischenerkenntnis unter den dafür erforderlichen sonstigen Voraussetzungen sodann zum Gegenstand einer Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO zu machen.

Normen

StPO §221 Abs1
StPO idF Strafprozessreformbegleitgesetz I (BGBl I 2007/93) §221 Abs2
StPO §262 C
StPO §263
StPO §281 Abs1 Z4 B

14 Os 128/89OGH08.11.1989
14 Os 114/89OGH22.11.1989
15 Os 42/92OGH26.11.1992

Vgl auch

15 Os 48/05fOGH28.06.2005

Auch; Beisatz: Im Übrigen wäre es dem Angeklagten unbenommen gewesen, nach Ausdehnung der Verhandlung einen vom Schwurgerichtshof im Lichte des Art 6 Abs 3 lit b EMRK zu prüfenden Antrag auf Vertagung zur besseren Vorbereitung seiner Verteidigung zu stellen, dessen Abweisung er nach § 345 Abs 1 Z 5 StPO bekämpfen hätte können. (T1)

13 Os 60/08kOGH23.07.2008

Vgl; Beisatz: Ein Antrag auf Vertagung der Hauptverhandlung zwecks besserer Vorbereitung ist im Licht des Art 6 Abs 3 lit b MRK zu prüfen. (T2)

13 Os 54/10fOGH19.08.2010

Auch; Beis ähnlich wie T1; Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Das Recht des Angeklagten, über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu verfügen (Art 6 Abs 3 lit b MRK), kann ‑ übrigens gleich, ob die Ausdehnung der Anklage zur Anwendbarkeit eines im dargelegten Sinn strengeren Strafgesetzes führt oder nicht ‑ durch entsprechende Antragstellung in der Hauptverhandlung effektuiert und bei Antragsabweisung zum Gegenstand einer Urteilsanfechtung aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO gemacht werden. Denn dieser Nichtigkeitsgrund rekurriert seit dem StrafprozessänderungsG 1993, BGBl 1993/526, direkt auf Art 6 MRK, womit auch ohne Rückgriff auf eine einfachgesetzliche Bestimmung der StPO ein subjektives Recht des Angeklagten auf Vertagung bloß zur Vorbereitung auf die Verteidigung gegen die neue Beschuldigung bejaht werden kann. Damit werden grundrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Recht des Angeklagten auf eine effektive Verteidigung verfassungskonform begegnet. (T3)

14 Os 33/11aOGH24.05.2011

Auch; Beis ähnlich wie T1; Beis wie T2; Beis wie T3

13 Os 142/11yOGH19.01.2012
11 Os 102/13dOGH17.09.2013
11 Os 109/17iOGH14.11.2017

Auch

Dokumentnummer

JJR_19891108_OGH0002_0140OS00128_8900000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)