OGH 13Os58/89 (RS0096016)

OGH13Os58/896.7.1989

Rechtssatz

Ausgehend davon, dass § 302 StGB als Täter einen "Beamten" nennt, der die Befugnis hat, "Amtsgeschäfte" vorzunehmen, ist auf § 74 Z 4 StGB zurückzugreifen. Darnach ist Beamter, wer bestellt ist, im Namen der im § 74 Z 4 StGB aufgezählten Gebietskörperschaften und anderen Körperschaften entweder "Rechtshandlungen" oder sonstige "Aufgaben der Bundesverwaltung, Landesverwaltung oder Gemeindeverwaltung" auszuführen. Bezogen auf § 302 StGB ergibt sich daraus, dass die dort angeführten "Amtsgeschäfte" (eines "Beamten") den Oberbegriff für "Rechtshandlungen" und für sonstige "Aufgaben der Bundesverwaltung, Landesverwaltung oder Gemeindeverwaltung" bilden. Sowohl aus der - im Konnex der §§ 74 Z 4 und 302 StGB hergestellten - Zusammenfassung unter einem Oberbegriff als auch aus der Gleichordnung in der Zitierweise des § 74 Z 4 StGB als auch aus der Notwendigkeit, einen Wertungswiderspruch zu vermeiden, folgt, dass die sonstigen Aufgaben der Bundesverwaltung, Landesverwaltung oder Gemeindeverwaltung den Rechtshandlungen wenigstens einigermaßen gleichwertig sein müssen (vgl im Ansatz JBl 1989,260). Mit dieser Gleichwertigkeitsthese verzichtet der OGH auf den in der Auslegung des § 302 StGB bisher vielfach verwendeten, verschwommenen Ausdruck "Organhandeln", der nicht als Begriff angesprochen werden kann, weil er sich einer exakten Definition stets entzogen hat. Desgleichen kann auf den infolge seiner terminologischen Überfrachtung letztlich unergiebigen Definitionsversuch des "Amtsgeschäftes" (ÖJZ-LSK 1978/236 ua) verzichtet werden.

Normen

StGB §302

13 Os 58/89OGH06.07.1989

Veröff: EvBl 1990/5 S 24 = SSt 60/45 = RZ 1990/35 S 77

13 Os 52/89OGH28.09.1989

Beisatz: Gleichwertigkeitsthese. (T1) Veröff: SSt 60/62

13 Os 123/89OGH23.11.1989

Beis wie T1; Veröff: SSt 60/83 = JBl 1990,597 = ZVR 1990/114 S 303

13 Os 141/89OGH21.12.1989

Beis wie T1

16 Os 38/90OGH14.12.1990

Vgl auch; Veröff: EvBl 1991/72 S 318

14 Os 130/90OGH26.02.1991

Vgl aber; Beisatz: Beamte können einen Amtsmissbrauch nur durch die missbräuchliche Vornahme eines Hoheitsaktes im Namen ihres Rechtsträgers oder durch Missbräuche tatsächlicher Art begehen, die wie Organhandlungen zu werten sind. (T2) Veröff: EvBl 1991/119 S 512

11 Os 113/98OGH29.06.1999

Auch

12 Os 70/06wOGH21.09.2006

Vgl auch

15 Os 52/07xOGH11.10.2007

Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Ein Beamter, der ungeachtet seiner Amtspflichten den Geschäftsführer eines Nachtclubs über eine bevorstehende (in seinen Verantwortungsbereich fallende) der Einhaltung fremdenrechtlicher, aber auch verwaltungs- und justizstrafrechtlicher Bestimmungen dienende Kontrolle informiert, setzt damit eine einem Hoheitsakt gleichwertige Handlung, weil auf diese Weise der Zweck der Maßnahme völlig vereitelt wird. (T3)

15 Os 95/08xOGH16.10.2008

Auch; Beisatz: Der Begriff „Amtsgeschäfte" nach § 302 Abs 1 StGB ist nicht auf Rechtshandlungen beschränkt. (T4)

Dokumentnummer

JJR_19890706_OGH0002_0130OS00058_8900000_001

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