Rechtssatz
Die Fälle eines Aussagenotstands nach § 290 Abs 1 StGB setzten durchwegs voraus, daß der Täter an der erfolgreichen Geltendmachung eines ihm zukommenden Entschlagungsrechtes gehindert ist; die Besorgnis von Nachteilen aus der tatsächlichen Inanspruchnahme eines im konkreten Fall schon eingeräumten Entschlagungsrechtes dagegen vermag nach dem klaren Wortlaut des § 290 Abs 1 StGB einen entschuldigenden Aussagenotstand nicht zu begründen (vgl ÖJZ-LSK 1983/191). Auch eine (methodisch zulässige) analoge Anwendung dieses Entschuldigungsumstand auf solche Fälle kommt nicht in Betracht, weil bei ihnen das Offenliegen des Befreiungsgrundes bereits vorauszusetzen ist und dessen Inanspruchnahme allein keinesfalls zum Nachteil des die Aussage Verweigernden verwertet werden darf (vgl etwa RZ 1976/7 ua).
10 Os 155/85 | OGH | 04.03.1986 |
Veröff: JBl 1986,737 = RZ 1986/63 S 219 |
14 Os 94/17f | OGH | 12.12.2017 |
Auch; Beisatz: Die befürchteten Nachteile müssen als Folge der Offenbarung der für die Aussagebefreiung maßgeblichen Tatsachen drohen, es genügt nicht, dass sie als Konsequenz der Inanspruchnahme dieses Rechts an sich zu befürchten wären, zumal eine solche keinen für die Beweiswürdigung verwertbaren Umstand darstellt. (T1) |
Dokumentnummer
JJR_19860304_OGH0002_0100OS00155_8500000_002
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