OGH 6Ob653/81 (RS0009726)

OGH6Ob653/8129.7.1981

Rechtssatz

Der im zweiten Fall des § 94 Abs 2 ABGB ausdrücklich als "Missbrauch des Rechtes" bezeichnete und der zum dritten Fall in ständiger Rechtsprechung aufrecht erhaltene Gedanke einer Verweigerung des Unterhaltsanspruches trotz vorliegender Leistungsfähigkeit des einen und ungedeckter Unterhaltsbedürfnisse des anderen Ehegatten wurzelt in der Wertung, dass die Unterhaltsverpflichtung nur eine Teilbeziehung aus dem vielseitigen Komplex der den Ehegatten wechselseitig obliegenden Rechtspflichten darstellt und dass es daher sittenwidrig erscheine, dass ein Ehegatte, der schuldhaft selbst die gebotene eheliche Gesinnung vermissen lässt, finanziellen Vorteil aus der Lebensgemeinschaft zieht, ohne gleichzeitig auch grundsätzlich die Bereitschaft zu bekunden, die ihn selbst treffenden Verbindlichkeiten aus der Ehe zu erfüllen.

Normen

ABGB §94 Abs2

6 Ob 653/81OGH29.07.1981
5 Ob 558/82OGH30.03.1982

nur: Der im zweiten Fall des § 94 Abs 2 ABGB ausdrücklich als "Missbrauch des Rechtes" bezeichnete Gedanke einer Verweigerung des Unterhaltsanspruches trotz vorliegender Leistungsfähigkeit des einen und ungedeckter Unterhaltsbedürfnisse des anderen Ehegatten wurzelt in der Wertung, dass die Unterhaltsverpflichtung nur eine Teilbeziehung aus dem vielseitigen Komplex der den Ehegatten wechselseitig obliegenden Rechtspflichten darstellt und dass es daher sittenwidrig erscheine, dass ein Ehegatte, der schuldhaft selbst die gebotene eheliche Gesinnung vermissen lässt, finanziellen Vorteil aus der Lebensgemeinschaft zieht, ohne gleichzeitig auch grundsätzlich die Bereitschaft zu bekunden, die ihn selbst treffenden Verbindlichkeiten aus der Ehe zu erfüllen. (T1)

6 Ob 823/82OGH09.06.1983

Auch; nur T1

6 Ob 580/83OGH30.10.1985

Vgl; Beisatz: Rechtsmissbrauch ist dann anzunehmen, wenn der fordernde Ehegatte seinerseits erkennen lässt, dass er nicht bloß einzelne aus dem ehelichen Verhältnis entspringende Verpflichtungen hintansetzt, sondern sich schlechtweg über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft zu seinem persönlichen Eigennutzen hinwegzusetzen bereit ist, dennoch aber vom anderen Ehepartner die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Eheverhältnis begehrt (hier: Kosten der vom hintergangenen Ehegatten zur Klärung ehestörenden Verhaltens des anderen Ehegatten veranlassten Erhebungen). (T2) Veröff: SZ 58/164 = JBl 1986,524

1 Ob 717/86OGH04.03.1987

Vgl; Beis wie T2 nur: Rechtsmissbrauch ist dann anzunehmen, wenn der fordernde Ehegatte seinerseits erkennen lässt, dass er nicht bloß einzelne aus dem ehelichen Verhältnis entspringende Verpflichtungen hintansetzt, sondern sich schlechtweg über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft zu seinem persönlichen Eigennutzen hinwegzusetzen bereit ist, dennoch aber vom anderen Ehepartner die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Eheverhältnis begehrt. (T3)

7 Ob 660/88OGH20.10.1988

Beis wie T3

8 Ob 563/90OGH21.02.1991

nur T1

5 Ob 38/99wOGH13.04.1999

Vgl; Beis wie T3; Beisatz: Nur aus krassen oder zumindest besonders schweren Eheverfehlungen des Unterhaltsberechtigten, die dem anderen Teil eine Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens unzumutbar machen oder das Begehren nach Unterhalt als sittenwidrig ansehen ließen, kann ein Unterhaltsverlust gerechtfertigt werden. (T4); Beisatz: Zwar können auch schwere Verfehlungen gegen die wirtschaftliche Sphäre des Verpflichteten den Missbrauchstatbestand erfüllen, an die erforderliche Schwere des ehewidrigen Verhaltens ist aber ein sehr strenger Maßstab anzulegen. (T5)

6 Ob 108/08pOGH05.06.2008

Vgl; Beisatz: Beleidigungen und Beschimpfungen, aber auch verhältnismäßig geringfügige Verstöße gegen eheliche Verhaltensweisen und -gebote können nicht Grund für den Verlust des Unterhaltsanspruchs sein. (T6); Beisatz: Die Verwirkungstatbestände des § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB, des § 68a Abs 3 EheG und des § 74 EheG stellen in ihrem Zusammenspiel ein durchgängiges Rechtsschutzsystem zugunsten von Unterhaltspflichtigen dar. Dieses soll verhindern, dass ein (vormaliger) Ehegatte vom anderen die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem (früheren) Eheverhältnis -also Unterhaltsleistungen - begehrt, obwohl er selbst nicht nur einzelne dieser Verpflichtungen hintansetzt, sondern sich schlechthin über alle Bindungen aus der (früheren) ehelichen Partnerschaft zu seinem persönlichen Eigennutzen hinwegzusetzen bereit ist. (T7); Beisatz: Dass der Unterhaltsberechtigte bestimmte Verhaltensweisen zu einem Zeitpunkt gesetzt hat, zu dem die Ehe der Parteien bereits unheilbar zerrüttet war, entbindet grundsätzlich nicht von der Prüfung der Frage, ob er nicht seine Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung des Maßstabs des § 74 EheG verwirkt hat. Voraussetzung für eine derartige Prüfung ist aber jedenfalls die Herbeiführung der Zerrüttung durch den an sich Unterhaltspflichtigen. (T8)

1 Ob 180/13xOGH17.10.2013

Vgl

7 Ob 181/17vOGH26.09.2018

Auch

Dokumentnummer

JJR_19810729_OGH0002_0060OB00653_8100000_001

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