OGH 4Ob138/79 (RS0022866)

OGH4Ob138/7919.2.1980

Rechtssatz

Unter den guten Sitten ist der Inbegriff jener Rechtsnormen zu verstehen, die im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, die sich aber aus der richtigen Betrachtung der rechtlichen Interessen ergeben. Die guten Sitten werden mit dem ungeschriebenen Recht gleichgesetzt zu dem neben den allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch die allgemein anerkannten Normen der Moral gehören.

Normen

ABGB §879 BI

4 Ob 138/79OGH19.02.1980
5 Ob 544/81OGH07.07.1981

Vgl; Beisatz: Sittenwidrig sind Vereinbarungen, die die durch die überwiegend anerkannte Sozialmoral und die immanennen rechtsethischen Prinzipien der geltenden Rechtsordnung der Privatautonomie gezogenen Grenzen überschreiten. (T1)

3 Ob 516/89OGH28.06.1989

nur: Unter den guten Sitten ist der Inbegriff jener Rechtsnormen zu verstehen, die im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen sind, die sich aber aus der richtigen Betrachtung der rechtlichen Interessen ergeben. (T2) <br/>Veröff: SZ 62/123 = EvBl 1990/13 S 82 = JBl 1989,784

8 Ob 558/91OGH30.04.1992

Beisatz: Die Wertentscheidungen und Grundprinzipien der Rechtsordnung sind für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgeblich. (T3) <br/>Veröff: SZ 65/71 = ÖBA 1992,1113 (hiezu Koziol) = JBl 1992,798

10 Ob 501/94OGH14.04.1994

nur T2; Beis wie T3

4 Ob 324/00aOGH13.02.2001

nur T2; Veröff: SZ 74/19

6 Ob 287/00zOGH27.09.2001

nur T2; Beisatz: Sittenwidrigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Abwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollusion ein grobes Missverhältnis zwischen den Interessen der Beteiligten ergibt. Gegen die guten Sitten verstößt, "was dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, das ist aller billig und gerecht Denkenden, widerspricht". (T4)<br/>Veröff: SZ 74/167

5 Ob 129/02kOGH11.06.2002

nur T2; Beis ähnlich wie T3

2 Ob 23/03aOGH12.06.2003

Vgl; Beisatz: Mag der Abschluss von Telefonsex-Verträgen moralisch bedenklich sein, so geht die Missbilligung der Kommerzialisierung des Sexualtriebes hier nicht so weit, dass aus der Rechtsordnung ablesbare Wertungsgesichtspunkte die Qualifizierung solcher Vertragsabschlüsse als unter Nichtigkeitssanktion (mit Entgeltsverlust) stehender Verstoß gegen ungeschriebenes Recht gebieten würden. (T5)

3 Ob 66/06mOGH27.06.2006
1 Ob 145/08tOGH28.01.2009

Vgl auch; Beisatz: Hier: Zur Sittenwidrigkeit eines vereinbarten Rechts auf Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Lizenznehmers in einer als Lizenzvertrag übertitelten Vereinbarung über die Überlassung von Computersoftware gegen einmaliges Entgelt. (T6)

3 Ob 45/12gOGH18.04.2012

Vgl; Beisatz: Moralvorstellungen sind beim Verständnis der guten Sitten nur soweit zu berücksichtigen, als sie in der Rechtsordnung Niederschlag gefunden haben. (T7)<br/>Beisatz: Hier: Sittenwidrigkeit von Vereinbarungen über sexuelle Handlungen verneint. Prostitution ist in Österreich nicht nur nicht verboten, sondern durch landesgesetzliche Vorschriften reglementiert. Daher lassen sich aus dem geltenden Recht keine Rückschlüsse auf für das Sittenwidrigkeitsurteil gemäß § 879 Abs 1 ABGB maßgebliche Moralvorstellungen ziehen. (T8)<br/>Veröff: SZ 2012/45

3 Ob 99/12yOGH11.07.2012

Vgl auch

8 Ob 112/13yOGH29.11.2013

Beis wie T4; Veröff: SZ 2013/118

4 Ob 62/17xOGH03.05.2017
6 Ob 55/18hOGH24.01.2019

Beis wie T1; Beis wie T3; Beis wie T7; Veröff: SZ 2019/5

6 Ob 90/19gOGH27.06.2019
2 Ob 15/19yOGH25.07.2019

Beis wie T3; Beisatz: Hier: Testamentsklausel. (T9)

8 ObA 18/20kOGH27.05.2020

Beis wie T4

4 Ob 21/22zOGH23.02.2022

Vgl; Beis wie T1

Dokumentnummer

JJR_19800219_OGH0002_0040OB00138_7900000_003